OGH 15Os182/95

OGH15Os182/9511.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Jänner 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Riedl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut V***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Dezember 1993, GZ 1 b E Vr 10192/93-10, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tiegs jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Dezember 1993, GZ 1 b E Vr 10192/93-10, verletzt insoweit, als Helmut V***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, das Gesetz in dem in Art 4 Z 1 des 7.Zusatzprotokolls zur EMRK verankerten Doppelbestrafungsverbot.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im oben aufgezeigten Umfang aufgehoben, und es wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Helmut V***** wird von der am 10.November 1993 erhobenen Anklage, er habe am 31.Juli 1993 in Wien Cornelia S***** durch Versetzen von Schlägen und Tritten gegen den Körper, wodurch sie Blutergüsse an beiden Gesichtshälften, im Bereich der Stirn, über dem rechten Auge, am Hals, an beiden Knien, am linken Arm und am Rücken sowie Kratzspuren am linken Arm und am Rücken erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt und hiedurch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit (in gekürzter Form ausgefertigtem) rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19.Oktober 1993, GZ 1 b E Vr 12654/93-8, das auch einen Freispruch enthält, wurde Helmut V***** auf Grund eines am 7.September 1993 erhobenen Strafantrages des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 1.August 1993 in Wien die Cornelia S***** durch Schläge gegen deren Körper, wodurch diese eine Prellung des Schädels und des Gesichtes sowie Abschürfungen an beiden Ellbogengelenken, am linken Kiefer- und Kinnbereich sowie am Hals erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt hatte.

Mit dem - gleichfalls in gekürzter Form ausgefertigten und wiederum einen Freispruch enthaltenden - rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.Dezember 1993, GZ 1 b E Vr 10192/93-10, wurde Helmut V***** auf Grund eines am 10.November 1993 erhobenen Strafantrages neuerlich des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und - unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das oben genannte Urteil - zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe verurteilt, weil er "am 31.7.1993 in Wien die Cornelia S***** durch Schläge und Tritte gegen deren Körper, wodurch sie Blutergüsse an beiden Gesichtshälften, im Bereich der Stirn, über dem rechten Auge, am Hals, an beiden Knien, am linken Arm und am Rücken sowie Kratzspuren am linken Arm und am Rücken erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt" hatte. In diesem Verfahren stand dem Gericht - wie sich aus der Aktenübersicht und aus Punkt 20 der Endverfügung vom 24.Dezember 1993 (ON 11) ergibt - der Akt 1 b E Vr 12654/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als ON 7 zur Verfügung, sodaß die dort (zuerst) erfolgte Verurteilung aktenkundig war.

Rechtliche Beurteilung

Trotz der in den genannten Urteilen aufscheinenden Unterschiede hinsichtlich der Tatzeit und (zum Teil) der erlittenen Verletzungen liegt - wie sich schon daraus ergibt, daß die Anzeige (ON 3 und 5) im zuletzt genannten Akt eine (Teil-)Kopie der Anzeige (ON 2) des erstgenannten ist - beiden Verurteilungen derselbe Sachverhalt zugrunde, sodaß Helmut V***** wegen derselben Tat zweimal verurteilt wurde.

Gemäß Art 4 Z 1 des 7.Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, deretwegen er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt (oder freigesprochen) worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Die sogenannte Sperrwirkung eines strafgerichtlichen Urteils ergibt sich auch aus den Grundsätzen des XX.Hauptstückes der StPO. Der aufrechte Bestand des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19.Oktober 1993, GZ 1 b E Vr 12654/93-8, ließ somit kein neuerliches Urteil über die damit bereits erledigte Sache zu.

Die demnach gesetzwidrig erfolgte (abermalige) Verurteilung des Helmut V***** durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 21. Dezember 1993, GZ 1 b E Vr 10192/93-10, hat sich zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt, sodaß in Stattgebung der vom Generalprokurator zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (§ 33 Abs 2 StPO) spruchgemäß zu entscheiden war.

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