OGH 2Ob98/95

OGH2Ob98/9511.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus K*****, vertreten durch Dr.Ekkehard Beer und Dr.Kurt Bayr, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Gerhard G*****, 2. ***** Versicherung*****, beide vertreten durch Dr.Arne Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, 3. Tobias R*****, und 4. I*****Versicherungs-AG, *****beide vertreten durch Dr.Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Zahlung von S 1,358.996,70 und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei und der dritt- und viertbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7.Juli 1995, GZ 4 R 144/95-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der dritt- und viertbeklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 1.März 1995, GZ 5 Cg 217/93b-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden und der viertbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision des Drittbeklagten wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wie folgt zu lauten hat:

"1. Die viertbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 479.492,35 samt 4 % Zinsen seit 1.8.1992 zu bezahlen und die mit S 18.687,28 bestimmten Barauslagen und vorprozessualen Kosten zu ersetzen.

2. Es wird festgestellt, daß die viertbeklagte Partei über die kurze Verjährungsfrist hinaus der klagenden Partei für jeden künftigen Nachteil aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 10.8.1990 im Ausmaß der Hälfte zu haften hat, allerdings begrenzt mit den Haftungshöchstbetragen nach EKHG.

3. Das Mehrbegehren des Inhalts, die viertbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 879.504,35 samt 4 % Zinsen seit Klagszustellung zu bezahlen sowie das Feststellungsmehrbegehren gegenüber der viertbeklagten Partei im Ausmaß von 50 %; weiters das Mehrbegehren des Inhalts, die erst-, zweit- und drittbeklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 1,358.996,70 samt 4 % Zinsen ab Klagszustellung zu bezahlen sowie das Feststellungsbegehren des Inhalts, es werde festgestellt, daß die erst-, zweit- und drittbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand über die kurze Verjährungsfrist hinaus der klagenden Partei aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 10.8.1990 zu haften haben, wird abgewiesen.

4. Die klagende Partei ist schuldig, an Kosten des Verfahrens erster Instanz den erst- und zweitbeklagten Parteien den Betrag von S 172.643,46 (darin enthalten Umsazsteuer und S 28.773,91), der drittbeklagten Partei den Betrag von S 92.426,07 und der viertbeklagten Partei den Betrag von S 18.616,40 zu bezahlen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, den erst- und zweitbeklagten Parteien an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 43.799,58 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 7.299,93), der drittbeklagten Partei den Betrag von S 35.408,87 und der viertbeklagten Partei den Betrag von S 4.213,63 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, an Kosten des Revisionsverfahrens der erst- und zweitbeklagten Partei den Betrag von S 25.413,50, dem Drittbeklagten den Betrag von S 36.462,85 und der viertbeklagten Partei den Betrag von S 594 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 10.8.1990 ereignete sich auf der I*****-Autobahn auf der Richtungsfahrbahn Osten in der Nähe von Z***** ein Verkehrsunfall, an welchem der Kläger als Lenker und Halter eines Motorrades der Marke Yamaha und der Drittbeklagte als Lenker des bei der viertbeklagten Partei haftpflichtversicherten Motorrades der Marke Kawasaki ZX beteiligt waren. Die Richtungsfahrbahn Osten bildet in diesem Bereich eine leichte langgezogene Rechtskurve, sie ist praktisch eben und mißt zwischen den Randlinien 7,45 m. Sie ist durch eine Mittellinie in zwei Fahrstreifen geteilt, von Südwesten her mündet die Autobahnauffahrt Z***** spitzwinkelig ein. Sicht ist auf mehrere hundert Meter gegeben. Nach Durchfahren einer Galerie fuhren der Kläger und der Drittbeklagte auf der Überholspur, um LKW-Züge, die sich auf dem rechten Fahrstreifen befanden, zu überholen. Einer dieser LKW-Züge wurden vom Erstbeklagten (der auch dessen Halter war), gelenkt. Bei Annäherung des Drittbeklagten an den LKW-Zug des Erstbeklagten verriß der Drittbeklagte sein Motorrad nach links und bremste stark ab. Der Kläger fuhr daraufhin auf das Motorrad des Drittbeklagten auf und kam zu Sturz. Er erlitt bei diesem Unfall eine traumatische Amputation des linken Unterschenkels mit Tibiakopffraktur, einen erstgradig offenen Unterschenkelbruch rechts, mehrfache Prellungen und Abschürfungen am rechten Bein und an der rechten Hand und einen Unfallsschock. Er befand sich vom 10. bis 12.8.1990 in der Intensivstation der Klinik I*****, anschließend in der Allgemeinen Unfallchirurgie, und sodann bis 15.11.1990 zur Nachversorgung im Unfallkrankenhaus F*****. Sodann wurde er bis 21.12.1990 in Bad H***** rehabilitiert. Wegen einer Eiterung im Bereich des rechten Unterschenkels wurde er vom 21. bis 24.12.1990 und vom 10.1. bis 6.2.1991 wieder im Unfallkrankenhaus F***** stationär behandelt. Vom 2. bis 26.6.1991 erfolgte wiederum eine Behandlung im Rehabilitationszentrum. Komprimiert hatte der Kläger 20 Tage Schmerzen schweren Grades, sechs Wochen Schmerzen mittleren Grades und 16 bis 18 Wochen Schmerzen leichten Grades zu erdulden.

Er war aufgrund seiner Verletzungen mehr als ein Jahr arbeitsunfähig, die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit beträgt 70 %; der Kläger ist entstellt. Es ergibt sich in bezug auf die Gestaltungsmöglichkeiten in der Freizeit und auch auf die berufliche Gestaltungsmöglichkeit ein ständiges sehr wesentliches Defizit. Eine mehrjährige Lebensgemeinschaft mit einem Mädchen wurde im Herbst 1994 von dieser gelöst.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung von S 1,358.996,70 samt Zinsen sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien über die kurze Verjährungsfrist hinaus für künftige Schäden (jeweils bei Beschränkung der Haftung der zweit- und viertbeklagten Partei auf die Höhe der Versicherungssumme). In dem Zahlungsbegehren sind unter anderem enthalten S 800.000 an Schmerzengeld, S 64.000 Fahrzeugschaden und "vermehrte Bedürfnisse", nämlich Kosten für einen PKW in der Höhe von S 94.392 (nach Abzug eines Zuschusses des Landesinvalidenamtes in der Höhe von S 80.000). Der Kläger brachte vor, der Erstbeklagte habe den Unfall dadurch verschuldet, daß er den linken Blinker betätigt und - ohne auf den Nachfolgeverkehr zu achten - nach links ausgelenkt habe, so daß der Hänger auf die linke Fahrspur geraten sei. Dadurch habe sich der Drittbeklagte zu einer Schnellbremsung und zu einem Auslenken nach links veranlaßt gesehen. Trotz der starken seitlichen Versetzung sei der hinter dem Drittbeklagten gefahrene Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, rechtzeitig auf das Versperren seiner Fahrbahn zu reagieren. Da ihm der Bremsweg verkürzt worden sei, habe er das Motorrad des Drittbeklagten berührt und sei so zu Sturz gekommen. Den Drittbeklagten treffe ebenfalls ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls, weil sein Verhalten eine Überreaktion gewesen sei. Erst- und Drittbeklagter hafteten auch als Halter ihrer Fahrzeuge.

Die erst- und zweitbeklagten Parteien wendeten ein, der Erstbeklagte habe weder den linken Blinker betätigt noch habe er das Fahrzeug nach links gelenkt. Das Verschulden am Zustandekommen des Unfalls treffe den Drittbeklagten, der ohne Grund abgebremst und ausgelenkt habe, aber auch den Kläger selbst, weil dieser einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten habe. Das geltend gemachte Schmerzengeld sei überhöht, der Zeitwert des Motorrades des Klägers sei auf dessen Aufwand für die Anschaffung eines PKW anzurechnen, da sonst eine Bereicherung vorliege.

Die dritt- und viertbeklagten Parteien wendeten ein, der Unfall sei nur durch den Erstbeklagten verschuldet worden, weil dieser sein Fahrzeug überraschend auf die linke Fahrspur gelenkt und dadurch eine Abwehrreaktion des Drittbeklagten verursacht habe. Auch der Kläger sei zumindest zu 80 % schuld, weil er einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten habe. Den Drittbeklagten treffe kein Verschulden und, da er nicht Halter, sondern nur Lenker gewesen sei, auch keinerlei Gefährdungshaftung. Auch die dritt- und viertbeklagten Parteien bestritten die Angemessenheit des begehrten Schmerzengeldes.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren gegenüber den erst- und zweitbeklagten Parteien zur Gänze abgewiesen und die dritt- und viertbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 404.492,35 samt 4 % Zinsen seit 1.8.1993 verurteilt und festgestellt, daß die dritt- und viertbeklagten Parteien für jeden künftigen Nachteil aus Anlaß des Verkehrsunfalles zur Hälfte zu haften haben, begrenzt mit den Haftungshöchstbeträgen nach dem EKHG, die viertbeklagte Partei zudem bis zur Höhe der Versicherungssumme für das Motorrad.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Nachdem der Drittbeklagte bereits zwei LKW-Züge überholt hatte, schickte er sich an, auch den auf dem rechten Fahrstreifen mit ca 75 bis 80 km/h fahrenden LKW-Zug des Erstbeklagten zu überholen. Bei Annäherung an diesen LKW-Zug fuhren der Kläger und der Drittbeklagte auf dem linken Fahrstreifen. Der Kläger hielt einen Tiefenabstand von 15 bis 20 m zum vorausfahrenden Drittbeklagten ein. Die genauen Fahrlinien des Klägers und des Drittbeklagten sind nicht mehr feststellbar, insbesondere ist nicht feststellbar, daß der Kläger dieselbe Fahrlinie wie der Drittbeklagte eingehalten hätte oder daß er links versetzt zum Drittbeklagten gefahren wäre. Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß der Erstbeklagte den linken Blinker gesetzt und auf die linke Spur ausgelenkt hätte.

Der Drittbeklagte sah sich bei Annäherung an das Fahrzeug des Erstbeklagten - aus welchen Gründen immer - veranlaßt, sein Motorrad stark abzubremsen und nach links zu verreißen. Der Kläger, der angesichts des starken Bremsmanövers des Drittbeklagten seinerseits zu bremsen versuchte, fuhr in der Folge mit dem Vorderrad seines Motorrades auf die Kennzeichentafel des Motorrades des Drittbeklagten auf und kam dadurch zu Sturz. Zumindest zum Unfallszeitpunkt fuhren Kläger und Drittbeklagter in etwa einer Linie, ca 40 cm von der linken weißen Randlinie entfernt. Die Ausgangsgeschwindigkeit des Klägers betrug im Unfallsbereich ca 120 bis 150 km/h, die Relativgeschwindigkeit 10 bis 15 km/h. Bei einer Geschwindigkeit von 120 bis 150 km/h beträgt der empfehlenswerte Mindesttiefenabstand entsprechend der Reaktionszeit von einer Sekunde 33 bis 42 m. Demnach war der vom Kläger eingehaltene Tiefenabstand nicht ausreichend.

Das vom Drittbeklagten gelenkte Motorrad gehörte seinem Bruder. Er hatte es sich für die gemeinsame Fahrt mit dem Kläger und anderen Freunden nach Zeltweg von seinem Bruder ausgeliehen. Der Bruder des Drittbeklagten hatte an und für sich die Verfügungsgewalt über das Motorrad, er beglich sämtliche mit dessen Betrieb notwendigen Kosten. Die mit der Unfallsfahrt verbundenen notwendigen Kosten wurden vom Drittbeklagten bezahlt.

Aufgrund seiner Behinderung mußte sich der Kläger ein Auto anschaffen, für welches er 174.392 S bezahlte; vom Landesinvalidenamt erhielt er hiefür 80.000 S.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei weder dem Erstbeklagten noch dem Drittbeklagten ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls nachgewiesen worden. Allerdings habe das Verreißen und das starke Abbremsen des Motorrades des Drittbeklagten eine außergewöhnliche Betriebsgefahr bewirkt. Da der Schaden durch diese mitverursacht worden sei, sei eine Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1 vorzunehmen, da den Kläger auch selbst ein Verschulden an dem Unfall treffe. Der Kläger hätte nach § 18 Abs 1 StVO einen solchen Abstand zum Fahrzeug des Drittbeklagten einhalten müssen, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre. Der Drittbeklagte sei auch Halter des Motorrades gewesen, da er die Verfügungsgewalt über das Motorrad ausgeübt habe. Die viertbeklagte Partei hafte gemäß § 22 KHVG als Gesamtschuldner mit dem Drittbeklagten.

Das Erstgericht erachtete ein Schmerzengeld von 400.000 S als angemessen und kürzte die vom Kläger geltend gemachten Heilungskosten von insgesamt S 192.827,40 auf S 107.277,40. Den Fahrzeugschaden könne der Kläger nicht geltend machen, weil er die Anschaffungskosten für den PKW erhalten habe; er müsse sich den dadurch gewonnenen Vorteil mit dem Schaden am Motorrad aufrechnen lassen. Infolge des Quotenvorrechtes des Sozialversicherers seien die Sozialversicherungsleistungen von der 50 %igen Quote des Verdienstentganges abzuziehen, so daß aus diesem Titel nur ein Betrag von S 19.602,90 zuzusprechen sei. Daraus folge, daß das Leistungsbegehren gegenüber der dritt- und viertbeklagten Partei mit S 404.492,35 zu Recht bestehe und deren Haftung für künftige Schäden im Ausmaß von 50 % festzustellen sei.

Dieses Urteil bekämpften der Kläger und die dritt- und viertbeklagten Parteien. Während der Berufung der dritt- und viertbeklagten Parteien nicht Folge gegeben wurde, wurde der Berufung des Klägers teilweise Folge gegeben und wurden die dritt- und viertbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand für schuldig erklärt, dem Kläger den Betrag von S 479.492,35 samt 4 % Zinsen seit 1.8.1992 zu bezahlen; weiters wurde festgestellt, daß die dritt- und viertbeklagten Parteien über die kurze Verjährungsfrist hinaus der klagenden Partei gegenüber für jeden künftigen Nachteil aus Anlaß des Verkehrsunfalles vom 10.8.1990 im Ausmaß der Hälfte zu haften haben, allerdings begrenzt mit den Haftungshöchstbeträgen nach dem EKHG; das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

In Behandlung der Beweisrüge betreffend die Negativfeststellung in bezug auf das Linksblinken des Erstbeklagten führte das Berufungsgericht aus, daß es einer Korrektur dieser Feststellung nicht bedürfe, weil sich dadurch am Ergebnis für die Beteiligten nichts ändere: Links zu blinken, um einen Fahrstreifenwechsel vorzubereiten, sei nämlich in keiner Weise rechtswidrig. Ein solches Verhalten stelle nicht einmal einen Verstoß gegen die in § 9 EKHG geforderte besondere Sorgfalt eines Kraftfahrzeughalters dar. Der Erstbeklagte habe daher durch kurzfristiges Setzen des linken Blinkers allein keinerlei haftungsbegründendes Verhalten gesetzt. Wenngleich die Halterhaftung trotzdem - im Hinblick auf die Unaufklärbarkeit der Frage, ob der LKW nicht doch nach links versetzt wurde - aufrecht bleibe, führe dies wegen der Reihenfolge der Zurechnungsgründe des § 11 EKHG als Kriterium für die Schadensteilung wegen des Verschuldens des Klägers zu keiner Schadensteilung und daher zur Abweisung der Klage gegenüber den erst- und zweitbeklagten Parteien.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht zur Berufung der dritt- und viertbeklagten Parteien aus, daß durch die Reaktion des Drittbeklagten eine außergewöhnliche Betriebsgefahr verursacht wurde. Nach ständiger Rechtsprechung sei die von einem rutschenden oder schleudernden Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr außergewöhnlich, desgleichen auch die, die durch ein Verreißen eines Fahrzeuges ausgelöst werde. Da die Reaktion des Drittbeklagten nicht auf das Verhalten des hinter ihm fahrenden Klägers erfolgte, die außergewöhnliche Betriebsgefahr, die vom Motorrad des Drittbeklagten ausging, somit nicht vom Kläger hervorgerufen wurde, sei die von den dritt- und viertbeklagten Parteien zu vertretende außergewöhnliche Betriebsgefahr ein ausreichend schwerwiegender Zurechnungsgrund im Sinne des § 11 EKHG, um eine Schadensteilung zwischen dem Kläger einerseits und den dritt- und viertbeklagten Parteien anderseits vorzunehmen. Angesichts des Verschuldens des Klägers sei die vom Erstgericht vorgenommene Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 zutreffend.

Zu Recht habe das Erstgericht auch die Haltereigenschaft des Drittbeklagten bejaht. Auch in der Entscheidung ZVR 1960/307 sei die Haltereigenschaft eines Motorradbenützers angenommen worden, der das Motorrad lediglich für eine Sonntagsfahrt entliehen und nur die Benzinkosten getragen hatte. Da der Motorradbenützer jedenfalls während der Dauer des Gebrauches über die Verwendung des Motorrades nach Ort und Zeit zu bestimmen gehabt habe, sei er als Halter anzusehen.

Zum Rechtsmittel des Klägers führte das Berufungsgericht aus, daß diesen die Beweislast für ein den Unfall (mit-)verursachendes Verschulden der anderen Unfallsbeteiligten treffe, so daß dem Drittbeklagten ein Verschulden nicht unterstellt werden könne.

Das Berufungsgericht teilte auch die Auffassung des Erstgerichtes, daß dem Kläger ein Verstoß gegen § 18 Abs 1 StVO vorzuwerfen sei. Von einem "Hintereinanderfahren" im Sinne dieser Gesetzesstelle sei nicht nur dann zu sprechen, wenn sich zwei Fahrzeuge in gleicher Spur fortbewegen, sondern auch dann, wenn sie sich nur in annähernd gleicher Spur fortbewegen und der Abstand (die seitliche Versetzung) nicht so groß ist, daß das Verhalten des Vorausfahrenden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände keinen Einfluß mehr auf das des Nachfahrenden haben kann (ZVR 1986/77). Mit einer seitlichen Versetzung, wie sie im gegenständlichen Fall im Zuge des Abbremsvorganges dem Drittbeklagten höchstens unterstellt werden könne, hätte vom Kläger noch gerechnet werden müssen: Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei die Breite der Fahrspur, auf der sich die beiden Motorräder befanden, mit 3,6 bis 3,7 m anzunehmen. Gehe man von der seitlichen Versetzung der beiden Motorräder zueinander aus, wie sie in der Berufung der klagenden Partei behauptet wurde (und was demnach als höchstmögliche seitliche Versetzung zu unterstellen sei), ergebe sich ein Seitenabstand zwischen den Längsachsen der beiden Motorräder von höchstens 2,2 m. Werde nun die Einengung dieses Seitenabstandes jeweils durch die halben Motorradbreiten um insgesamt rund 80 cm berücksichtigt, bleibe eine seitliche Versetzung von rund 1,4 m, die an sich schon angesichts der hohen gefahrenen Geschwindigkeiten kaum über den seitlichen Sicherheitsabstand hinausgehen dürfte, der beim Überholen einzuhalten wäre. Es liege auf der Hand, daß bei Motorrädern, die mit Geschwindigkeiten von 120 bis 150 km/h auf Autobahnen auf der Überholspur gefahren werden, zwar keine unwillkürlichen, aber willkürliche Schwankungen der Fahrlinie stattfinden könnten, dies insbesondere dann, wenn dies durch ein auch nur geringfügiges seitliches Versetzen etwa eines auf der Normalspur fahrenden LKW aus Sicherheitsgründen erforderlich scheine. Der Kläger hätte daher nicht jedenfalls damit rechnen können, daß ein Linksauslenken des vor ihm fahrenden Motorrades des Drittbeklagten nicht stattfinden werde. Da er zudem, weil er selbst bereits äußerst links fuhr, auf ein solches Linksauslenken nicht mit einem ebensolchen reagieren konnte, wäre er im Sinne des § 18 Abs 1 StVO verpflichtet gewesen, den Sicherheitsabstand hinter dem vor ihm fahrenden Motorrad des Drittbeklagten einzuhalten, der ihm auch bei einem solchen Linksauslenken des vorderen Motorrades das rechtzeitige Anhalten ermöglicht hätte, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Dieses Verschulden des Klägers rechtfertige die vom Erstgericht vorgenommene Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1.

Zu Recht habe das Erstgericht dem Kläger auch den Fahrzeugschaden von 64.000 S aus dem Rechtsgrunde der Vorteilsanrechnung nicht zugesprochen.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes erachtete das Berufungsgericht aber ein Schmerzengeld von 550.000 S für angemessen.

Angesichts des zu berücksichtigenden Mitverschuldens des Klägers vom 50 % ergebe dies eine Abänderung des Ersturteiles im Ausspruch über das Leistungsbegehren im Ausmaß von S 75.000.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil die Entscheidung ZVR 1960/307 in der Literatur kritisiert worden sei, überdies fehle eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 18 Abs 1 StVO bei seitlich versetzt hintereinander fahrenden Motorrädern.

Die klagende Partei bekämpft dieses Urteil hinsichtlich der erst- und zweitbeklagten Partei insoweit, als das Berufungsgericht nicht unter Zugrundelegung einer Halterhaftung im Verhältnis von 3 : 1 zu Lasten der erst-und zweitbeklagten Partei das Leistungsbegehren mit S 1,019.247,52 und das Feststellungsbegehren mit 3/4 als zu Recht bestehend festgestellt hat. Hinsichtlich der dritt- und viertbeklagten Partei wird eine Abänderung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung beantragt.

Die klagende Partei beantragt daher, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß alle beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für schuldig erkannt werden, dem Kläger den Betrag von S 1,019.247,52 zu bezahlen, die dritt- und viertbeklagten Parteien darüber hinaus für schuldig erkannt werden, einen weiteren Betrag von S 339.749,17 zu bezahlen; weiters solle die Haftung der erst- und zweitbeklagten Parteien im Ausmaß von 3/4, jene der dritt- und viertbeklagten Parteien zur Gänze festgestellt werden.

Die dritt- und viertbeklagten Parteien bekämpfen den klagsstattgebenden Teil der Entscheidung zur Gänze, sie beantragen, das gegen sie gerichtete Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei hat zur Revision der dritt- und viertbeklagten Parteien Revisionsbeantwortung erstattet, die beklagten Parteien haben zur Revision der klagenden Partei Revisionsbeantwortungen erstattet, es wurde jeweils beantragt, dem Rechtsmittel der anderen Partei(en) nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei und jene der viertbeklagten Partei ist nicht berechtigt, wohl aber jene des Drittbeklagten.

Der Kläger machte in seinem Rechtsmittel folgende Punkte geltend:

1. Zu Unrecht sei ihm der Zeitwert seines Motorrades, das durch den Unfall einen Totalschaden erlitten habe, nicht zugesprochen worden, so daß ihm weitere 64.000 S zustünden. Die Forderung Fahrzeugschaden und unfallsbedingte Vermehrung der Bedürfnisse beruhe auf zwei völlig verschiedenen Rechtsgrundlagen, die miteinander keineswegs in direktem Zusammenhang stünden. Eine Vorteilsanrechnung sei aufgrund der Verschiedenartigkeit der Ansprüche ausgeschlossen. Überdies hätten das Erstgericht und auch das Berufungsgericht übersehen, daß die Haltungskosten eines PKW ungleich höher seien als jene eines Motorrades. Schließlich hätten die dritt- und viertbeklagte Partei kein Vorbringen hinsichtlich der vom Erstgericht vorgenommenen Vorteilsanrechnung erstattet. Nach ständiger Rechtsprechung seien aber anrechenbare Vorteile keineswegs von Amts wegen wahrzunehmen. Die Behauptungs- wie auch die Beweislast für den anzurechnenden Vorteil trage vielmehr der Ersatzpflichtige. Die dritt- und viertbeklagten Parteien hätten in der Klagebeantwortung die vermehrten Bedürfnisse und Transportkosten in der geltend gemachten Höhe ausdrücklich außer Streit gestellt.

2. Das vom Berufungsgericht zugesprochene Schmerzengeld von 550.000 S sei nicht angemessen. Die vom Kläger erlittenen schweren Verletzungen rechtfertigten ein weit höheres Schmerzengeld als jenes von 550.000

S. Gerade die seelische Komponente der Unfallsfolgen wiege im vorliegenden Fall besonders schwer, weil sich durch den Unfall das gesamte Privat- und auch das Berufsleben des Klägers entschieden verändert habe. Der Kläger, der früher begeisterter Sportler war, könne nunmehr praktisch keinen Sport mehr ausüben, er habe auch seine Freundin verloren.

3. Zu Unrecht werde dem Kläger auch vorgeworfen, gegen die Bestimmung des § 18 Abs 1 StVO verstoßen zu haben. Die Feststellungen der Vorinstanzen könnten nicht stimmen, der Kläger müsse annähernd den vorgeschriebenen Tiefenabstand eingehalten haben, da ansonsten auch der vorausfahrende Drittbeklagte zu Sturz gekommen wäre. Dem Kläger könne daher nur eine minimale Unterschreitung des empfohlenen Tiefenabstandes bzw allenfalls auch ein minimaler Reaktionsverzug angelastet werden, was aber ein meßbares Verschulden nicht begründen könne.

Da aufgrund der Feststellungen nicht ausgeschlossen werden könne, daß die unfallsbeteiligten Fahrzeuge stark seitlich versetzt zueinander fuhren, könne dem Kläger die Einhaltung eines zu geringen Tiefenabstandes nicht angelastet werden.

Gemäß § 16 Abs 2 lit d StVO sei es zulässig, ein einspurig überholendes Kraftfahrzeug zu überholen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten daher die Vorinstanzen davon ausgehen müssen, daß ein Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs 1 StVO nicht erwiesen sei, weshalb dem Kläger kein Verstoß gegen diese Bestimmung unterstellt werden könne. Scheide aber ein Verschulden des Erstbeklagten (gemeint wohl: des Klägers) aus, sei zwischen ihm und den erst- und zweitbeklagten Parteien eine Haftungsaufteilung im Sinne der überwiegenden gewöhnlichen Betriebsgefahr vorzunehmen. Daraus folge, daß die Haftungsaufteilung gemäß § 11 EKHG im Verhältnis 3 : 1 zu Lasten der erst- und zweitbeklagten Parteien vorgenommen werden müßte.

Hinsichtlich der dritt- und viertbeklagten Parteien sei von einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr des vom Drittbeklagten gelenkten Motorrades auszugehen und komme eine Schadensaufteilung überhaupt nicht in Betracht.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Zutreffend haben die Vorinstanzen den Sachschaden des Klägers am Motorrad nicht zuerkannt, weil dem Kläger die Kosten für die Anschaffung eines PKW zugesprochen wurden. Hat aber der Ersatzpflichtige die Anschaffung eines Kraftwagens bezahlt und damit den Verletzten instandgesetzt, sein Bedürfnis nach Mobilität zu befriedigen, so besteht kein weiterer Anspruch auf Ersatz der Schäden am Motorrad. Der PKW, der wertvoller als das Motorrad ist, ist an dessen Stelle getreten und hat damit die unfallsbedingte Vermehrung der Bedürfnisse ausgeglichen; der Wegfall des Motorrades durch Beschädigung bedeutet demnach nicht mehr eine vom Ersatzpflichtigen zu vergütende Schadenspost. Durch die Vergütung der Anschaffungskosten des Kraftwagens ist der geringere Sachschaden am Motorrad abgedeckt (ZVR 1965/86). Würde man dem Kläger auch den Ersatz für das beschädigte Motorrad zusprechen, wäre er bereichert:

Er hätte nun ein Auto, das sein Bedürfnis nach Mobilität befriedigt und auch in Geld den Ersatz für das beschädigte Motorrad. Auf die Frage der mit einem Kraftfahrzeug verbundenen erhöhten Aufwendungen ist nicht einzugehen, weil solche vom Kläger nicht geltend gemacht wurden.

Was die Frage betrifft, daß die Vorteilsanrechnung nicht von Amts wegen stattzufinden hat, ist dem Kläger entgegenzuhalten, daß es im vorliegenden Fall nicht darum geht, daß das schädigende Ereignis ihm neben den Nachteilen auch Vorteile gebracht hätte, die er sich nun über Einwendung des Schädigers anrechnen lassen müßte; vielmehr geht es darum, daß der durch die Anschaffung eines höherwertigen PKWs gewonnene Vorteil mit dem Schaden am Motorrad auszugleichen ist (Reischauer in Rummel2, Rz 20 zu § 1312).

Auch gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Globalbemessung des Schmerzengeldes bestehen keine Bedenken. Insoweit auch in der Revision auf die besonderen Verhältnisse des Klägers hingewiesen wird, ist dem entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung (siehe Apathy, Komm z EKHG, Rz 33 zu § 13 mwN) die Schmerzengeldbemessung objektiv zu erfolgen hat, um Ungleichmäßigkeiten zu vermeiden.

Zutreffend haben die Vorinstanzen dem Kläger auch einen Verstoß gegen § 18 Abs 1 StVO angelastet. Wenngleich die StVO den Begriff des "Hintereinanderfahrens" nicht definiert, ist von einem solchen dann zu sprechen, wenn sich zwei oder mehrere Fahrzeuge in gleicher oder annähernd gleicher Spur nacheinander fortbewegen, wobei der Abstand nicht so groß ist, daß das Verhalten des Vorausfahrenden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände keinerlei Einfluß mehr auf das des Nachfahrenden haben kann (ZVR 1986/77; Dittrich/Stolzlechner, StVO3, Rz 1 zu § 18). Geht man nun von dem vom Berufungsgericht zutreffend ermittelten maximalen Seitenabstand von 1,4 m zwischen dem Motorrad des Klägers und jenem des Drittbeklagten aus, dann liegt ein Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs 1 StVO vor. Dieser Abstand ist nicht so groß, daß das Verhalten des Vorausfahrenden unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände keinerlei Einfluß mehr auf das des Nachfahrenden haben kann; schon eine Windböe, wie sie aufgrund von Verwirbelungen durch fahrende LKW-Züge entstehen kann oder ein Bremsmanöver oder ein geringfügiges Auslenken, um einen Hindernis auszuweichen, kann dazu führen, daß das Verhalten des Vorausfahrenden auf jenes des Nachfahrenden Einfluß hat, dies vor allem dann, wenn dieser seinerseits nicht mehr weiter nach links ausweichen kann. Das Argument des Klägers, er hätte gemäß § 16 Abs 2 lit d StVO den Drittbeklagten auch auf der Überholspur überholen dürfen, ist nicht zielführend, weil auch beim Überholen das Einhalten des Sicherheitsabstandes zur Vermeidung gegenseitiger Behinderung sowie von Auffahrunfällen wesentlich ist (Dittrich/Stolzlechner, aaO, Rz 23 zu § 18 mwN).

Die dritt- und viertbeklagten Parteien wenden sich in ihrem Rechtsmittel gegen die Annahme des Vorliegens einer außerordentlichen Betriebsgefahr; eine solche liege nur dann vor, wenn der Fahrzeuglenker aufgrund des Verreißens bzw Abbremsens des Fahrzeuges quasi die Herrschaft über dieses Fahrzeug verliere und dadurch irgendwie mit einem in der Schleuderrichtung befindlichen Hindernis kollidiere. Im gegenständlichen Fall habe der Drittbeklagte zwar sein Motorrad stark abgebremst und nach links verrissen, er habe aber keineswegs die Herrschaft über sein Fahrzeug verloren. Lediglich der unaufmerksame und in einem zu geringen Abstand fahrende Kläger sei auf das Motorrad des Drittbeklagten aufgefahren.

Es hätte auch nicht festgestellt werden könne, ob der vom Erstbeklagten gelenkte LKW tatsächlich auslösendes Moment für die Reaktion des Drittbeklagten war. Außergewöhnlich sei aber eine durch die Eigentümlichkeit des gefährlichen Betriebes und zusätzliche Umstände (Fahrverhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers) verursachte besondere Gefahrensituation.

Hinsichtlich des Drittbeklagten wird dessen Haltereigenschaft bestritten. Der Drittbeklagte habe sich das Fahrzeug, welches seinem Bruder gehörte, lediglich für die vereinbarte Fahrt mit dem Kläger ausgeliehen und nur die damit verbundenen Treibstoffkosten getragen. Der Drittbeklagte habe daher nicht selbst bestimmen können, wann und wo er das Fahrzeug verwenden dürfe, so daß er nicht als Halter anzusehen sei.

Was die Frage der außergewöhnlichen Betriebsgefahr betrifft, kann diesen Ausführungen nicht gefolgt werden. Eine außergewöhnliche Betriebsgefahr im Sinne des § 9 Abs 2 und des § 11 Abs 1 EKHG ist dann anzunehmen, wenn die Gefahren, die regelmäßig und notwendig mit dem Betrieb eines Kfz verbunden sind, durch das Hinzutreten besonderer, nicht schon im normalen Betrieb gelegener Umstände vergrößert werden. Der Unterschied zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Betriebsgefahr ist funktionell darin zu erblicken, daß zur gewöhnlichen Betriebsgefahr besondere Gefahrenmomente hinzutreten, die nach dem normalen Ablauf der Dinge nicht schon dadurch gegeben waren, daß ein Kfz überhaupt in Betrieb gesetzt wurde (ZVR 1991/40). Dadurch, daß der Drittbeklagte das von ihm gelenkte Motorrad plötzlich abbremste und nach links verriß, hat er es in einer über den normalen Betrieb hinausgehenden Weise in einer Art benützt, die als Verwirklichung einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr im Sinne des § 9 Abs 2 und des § 11 Abs 1 EKHG zu qualifizieren ist (ZVR 1979/25); das Vorliegen einer unkontrollierten Schleuderbewegung ist nicht Voraussetzung für die Annahme einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr.

Zutreffend wird in der Revision der dritt- und viertbeklagten Parteien zwar darauf hingewiesen, daß nicht festgestellt werden konnte, ob der vom Erstbeklagten gelenkte LKW auslösendes Moment für das Verhalten des Drittbeklagten war; diese nicht aufklärbare Ungewißheit geht aber zu Lasten des Halters und hat der Halter auch Zweifel darüber, ob der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wurde, zu vertreten (ZVR 1979/25 ua). Im übrigen bleibt die Halterhaftung auch dann aufrecht, wenn die außergewöhnliche Betriebsgefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten oder eines Tieres, sondern durch einen anderen Umstand ausgelöst wurde, der für den Betriebsunternehmer oder Halter unabwendbar ist (Apathy, aaO, Rz 31 zu § 9 mwN).

Was nun die Frage der Haltereigenschaft des Drittbeklagten betrifft, ist von der Feststellung auszugehen, daß dieser sich das Motorrad für die gemeinsame Fahrt mit dem Kläger und anderen Freunden nach Zeltweg von seinem Bruder ausgeliehen hatte. Der Bruder des Klägers beglich sämtliche mit dem Betrieb des Motorrades notwendigen Kosten, nur die mit der Fahrt verbundenen Kosten wurden vom Drittbeklagten bezahlt.

Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre ist als Halter anzusehen, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat (Apathy aaO, Rz 10 zu § 5); die Haltereigenschaft ist primär ein wirtschaftliches und tatsächliches und weniger ein rechtliches Verhältnis. Treffen die verschiedenen, die Haltereigenschaft begründenden Merkmale auf mehrere Personen zu, so haften sie als Mithalter gemäß § 5 Abs 2 EKHG solidarisch. Es ist bei jedem Beteiligten zu prüfen, ob bei Würdigung seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeuges die Merkmale, die für die Haltereigenschaft wesentlich sind, bei ihm in so großer Zahl und so stark gegeben sind, daß seine Belastung mit der Haftung für Betriebsunfälle dem Wesen der gesetzlichen Haftpflicht des Halters entspricht. Von besonderer Bedeutung ist immer, wer die Kosten der Unterbringung, der Instandhaltung und Bedienung des Fahrzeuges sowie der Betriebsmittel trägt und die Verfügungsgewalt hat (SZ 58/55 mwN). Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, daß der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung ZVR 1960/307 ausgeführt hat, daß die Haltereigenschaft auch für kurze Zeiten (Sonntagsausflug) begründet werden könne. Diese Auffassung entspricht allerdings nicht der herrschenden Lehre; diese vertritt vielmehr die Ansicht, es müsse sich um eine Beziehung einer gewissen Dauer handeln (Apathy, aaO Rz 18 zu § 5; derselbe, Fragen der Haftung nach dem EKHG, JBl 1993, 69 [70]; derselbe, DRdA 1994, 144; Becker/Böhme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden19, Rz A 12; Kunschert in Geigel,

Der Haftpflichtprozeß21; 25 Rz 14; Greger, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr2, Rz 316 zu § 7 StVG). Der erkennende Senat schließt sich dieser Kritik der Lehre an, so daß durch eine kurzfristige Überlassung, wie etwa für einen Tag oder eine Fahrt, eine Mithaltereigenschaft des Mieters oder Entlehners nicht begründet wird. Für diese Ansicht spricht nicht nur, daß die tatsächliche Verfügung über das Kfz umso geringer wird, je kürzer die Dauer der Gebrauchsüberlassung ist, sondern auch der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr: Eine ordnungsgemäße Überprüfung und Instandhaltung des Kfz erfolgt bei kurzfristigen Gebrauchsüberlassungen typischerweise nicht durch den Mieter oder Entlehner (Apathy, jeweils an den vorhin angeführten Belegstellen). Die Gefährdungshaftung soll aber, wie auch aus der sonstigen Rechtsprechung des OGH hervorgeht (SZ 51/84), den treffen, dem die Möglichkeit der Gefahrenabwendung, also auch die ordnungsgemäße Überprüfung und Instandhaltung des Fahrzeuges offenstehen. Diese Rechtsansicht entspricht auch der Judikatur des BGH, der in der Entscheidung NJW 1994, 901 ausgeführt hat, für die Begründung der Haltereigenschaft sei in jedem Fall eine gewisse zeitliche Dauer der Gebrauchsüberlassung als Voraussetzung für eine Verfestigung der tatsächlichen, vornehmlich wirtschaftlichen Zuständigkeit für das Fahrzeug maßgeblich; die Anmietung nur für eine bestimmte kurze Einzelfahrt oder nur für einen eng begrenzten Zeitraum von einem Tag bedeute, daß der Mieter von vornherein nur eine beschränkte Benutzungsmöglichkeit habe und er deswegen das Fahrzeug nicht nach seinem Belieben zeitlich und örtlich einsetzen könne. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß das gegen den Drittbeklagten gerichtete Klagebegehren mangels Verschuldens und mangels einer Haltereigenschaft abzuweisen ist.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 43 50 ZPO. Die angemessenen Kosten des Verfahrens erster Instanz der dritt- und viertbeklagten Partei betragen zusammen S 184.852,14 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 30.608,69); hievon entfallen auf den Drittbeklagten S 92.426,07 (die Hälfte). Hinsichtlich der viertbeklagten Partei hat es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes zu verbleiben; da den dritt- und viertbeklagten Parteien insgesamt S 37.232,81 zugesprochen wurden, entfallen auf die viertbeklagte Partei S 18.616,40. Die Kosten der dritt- und viertbeklagten Parteien für das Berufungsverfahren betragen S 70.817,74 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 10.036,29 und Barauslagen von S 10.600), hievon entfällt die Hälfte, sohin S 35.408,87, auf den Drittbeklagten. Hinsichtlich der viertbeklagten Partei hat es wieder bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes zu verbleiben; da den dritt- und viertbeklagten Parteien S 8.427,26 zugesprochen wurden, waren der viertbeklagten Partei die Hälfte hievon, sohin S 4.213,63, zuzusprechen.

Im Revisionsverfahren sind mit Ausnahme des Drittbeklagten sämtliche Parteien erfolglos geblieben. Der Kläger hat daher den erst- und zweitbeklagten Parteien die Kosten der Revisionsbeantwortung in der Höhe von S 25.413,30 zu ersetzen. Weiters hat er den dritt- und viertbeklagten Parteien deren Kosten der Revisionsbeantwortung von S 24.878,70 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 4.146,45, keine Barauslagen) zu ersetzen, wovon S 12.439,35 auf den Drittbeklagten entfallen. Die angemessenen Kosten der Revision der dritt- und viertbeklagten Parteien betragen S 48.047 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 3.589,50 und Barauslagen von S 26.510); hievon entfallen S 24.023,50 auf den Drittbeklagten; dazu kommen, wie schon erwähnt, die halben Kosten der Revisionsbeantwortung von S 12.439,35, woraus sich ein Kostenersatzanspruch des Drittbeklagten für das Revisionsverfahren in der Höhe von S 36.462,85 ergibt. Demgegenüber hat die viertbeklagte Partei dem Kläger die Hälfte der Kosten der Revisionsbeantwortung von S 23.690,70 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 3.948,45, keine Barauslagen) zu ersetzen. Da aber auch die viertbeklagte Partei einen Anspruch auf die Hälfte der Kosten der Revisionsbeantwortung in der Höhe von S 12.439,35 hat, verbleibt eine Kostenersatzpflicht des Klägers in der Höhe von S 594 an die viertbeklagte Partei.

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