OGH 7Ob508/96

OGH7Ob508/9610.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder 1.) Ramona W*****, und 2.) Manuel W*****, beide vertreten durch ihre Mutter Helga W*****, diese vertreten durch Dr.Bernhard Waldhof und Dr.Thomas Praxmarer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterhaltsleistung nach § 382 a EO, infolge Rekurses der beiden Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 30.Mai 1995, GZ 51 R 100,101/95-23, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 14.April 1995, GZ 4 P 93/94-4, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Rekursentscheidung dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Unstrittig ist nur, daß die beiden Minderjährigen eheliche Kinder ihrer Vertreterin und des Antragsgegners sind. Die durch ihre Mutter vertretenen Minderjährigen begehren vom Antragsgegner mit Schriftsatz am 13.4.1995 mit der Behauptung, dieser habe die eheliche Gemeinschaft verlassen und verletze seine Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern, neben einem laufenden Unterhalt ab 1.3.1995 von monatlich S 7.600,-- bzw S 6.400,-- sowie einem Unterhaltsrückstand ab 1.3.1992 von S 196.000,-- bzw S 180.400,-- auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 a EO auf Gewährung eines vorläufigen Unterhaltes "in Höhe des Grundbetrages der monatlichen Familienbeihilfe" beginnend mit dem Tag der Antragsüberreichung für die Dauer des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens (AS 44 in ON 3). Die beiden Minderjährigen brachten in ihrem Unterhaltsfestsetzungsantrag vor, daß der Antragsgegner rund S 30.000,-- monatlich verdiene, jedoch für sie und zwei weitere Kinder sowie für die Mutter sorgepflichtig sei, aber (im wesentlichen) nur monatlich S 8.000,-- an "Wirtschaftsgeld" leiste.

Das Erstgericht sprach in Stattgebung der beantragten einstweiligen Verfügung, ohne den Antragsgegner zu einer Stellungnahme aufzufordern bzw ein Bescheinigungsverfahren durchzuführen, der mj. Ramona einen monatlichen Unterhalt von S 1.400,-- und dem mj. Manuel einen solchen von S 1.650, ab 16.4.1995 zu. Es begründete diesen Zuspruch mit der Anhängigkeit eines Unterhaltsfestsetzungsverfahrens.

Das Rekursgericht wies den Provisorialantrag mit der angefochtenen Entscheidung ab und wies die Rekursbeantwortung der Mutter der beiden Minderjährigen (unbekämpft) zurück. Obwohl der Rekurs des Vaters nur einen Aufhebungsantrag enthalte, sei aus dem Vorbringen klar zu ersehen, daß er die Abweisung des Provisorialbegehrens anstrebe. Sowohl die erstgerichtliche Entscheidung als auch der Provisorialantrag selbst seien nicht ausreichend begründet. Zufolge der Bescheinigungsfiktion des § 382 a Abs 4 EO seien die Antragsgrundlagen exakt zu behaupten. Die Mutter der Kinder habe aber keinen Sachverhalt behauptet, der es gestatte, rechtlich zu beurteilen, ob und in welcher Höhe den Kindern ein Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Vater zustehe. Ihr Vorbringen enthalte nicht einmal einen Hinweis darauf, daß die im Unterhaltsfestsetzungsantrag behaupteten Tatsachen auch dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Unterhaltes zugrundegelegt werden sollen. Es sei nicht Sache des Gerichtes, von Amts wegen im Provisorialverfahren auf die notwendige Ergänzung des Vorbringens zu dringen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der beiden Kinder ist berechtigt.

Das Revisionsrekursverfahren ist einseitig (vgl MGA EO13 § 382 a/33).

Gemäß § 389 Abs 1 EO hat die gefährdete Partei bei Stellung des Antrages auf Erlassung einstweiliger Verfügungen die von ihr begehrte Verfügung, die Zeit, für welche sie in Antrag gebracht wird, sowie den von ihr behaupteten oder ihr bereits zuerkannten Anspruch genau zu bezeichnen und die den Antrag begründenden Tatsachen im einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen. Für den Antrag auf Gewährung vorläufigen Unterhalts nach § 382 a EO folgt daraus, daß in ihm sowohl der begehrte Unterhalt betragsmäßig bezeichnet werden, als auch ein Sachverhalt behauptet werden muß, aus dem sich der behauptete Unterhaltsanspruch schlüssig ableiten läßt (vgl Knoll, Unterhaltsvorschußgesetz in ÖA Rz 16 zu § 4). Dies ergibt sich, was die betragsmäßige Bezeichnung des begehrten vorläufigen Unterhalts anlangt, zwingend daraus, daß es sich bei dem im § 382 a Abs 2 EO erwähnten Grundbetrag der Familienbeihilfe nur um eine Höchstgrenze handelt, die es keinesfalls ausschließt, daß - etwa bei geringerer Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen - auch die Gewährung vorläufigen Unterhalts in geringerer Höhe verlangt werden kann. Die Notwendigkeit der Behauptung eines den geltend gemachten Anspruch rechtfertigenden Sachverhaltes im Antrag ergibt sich daraus, daß gemäß § 382 a Abs 4 EO das Vorbringen des Minderjährigen - soweit sich aus den ihn betreffenden Pflegschaftsakten nichts anderes ergibt - für wahr zu halten ist (SZ 61/219; vgl auch ÖA 1994, 73).

Zwar ist die Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses von einer derartigen Kürze, daß die Entscheidung nur durch den ihr bei der Zustellung an den Vater beigelegten, den Antrag auf Unterhaltsfestsetzung und vorläufigen Unterhalt enthaltenden Schriftsatz (ON 3) verständlich wird; doch ist eine derartige Vorgangsweise noch durch die Bestimmung des § 428 Abs 2 ZPO gedeckt (vgl Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 428). Entgegen der Meinung des Revisionsrekurswerbers reichen auch die von den Antragstellern behaupteten und vom Antragsgegner zugestandenen Tatsachen für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Provisorialantrages aus.

Der Rekursantrag des Vaters gegen die bekämpfte einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wäre verbesserungsfähig gewesen, sodaß die Revisionsrekursausführungen, die auf eine Zurückweisung dieses Rechtsmittels abzielen, unbegründet sind (vgl Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 526).

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes ist das Sachverhaltsvorbringen der beiden antragstellenden Kinder für ihren Unterhaltsfestsetzungsantrag auch für den von ihnen erhobenen Provisiorialantrag nach § 382 a EO heranzuziehen. Das Vorbringen zum Antrag, dem Vater die Leistung eines bestimmten Unterhalts für die Kinder aufzutragen, kann von dem weiteren, in demselben Schriftsatz gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Unterhalts für die Minderjährigen nicht getrennt werden; vielmehr ist klar einsichtig, daß das von den antragstellenden Kindern im Schriftsatz ON 3 erstattete Sachverhaltsvorbringen auch zur Begründung der beantragten einstweiligen Verfügung dienen soll. Zur ziffernmäßigen Bestimmung des geltendgemachten Unterhaltsanspruches reicht aber die Bezugnahme auf den monatlichen Grundbetrag nach dem zur Zeit der Antragstellung geltenden § 8 des FLAG idF des BGBl 1992/311 aus, weil die Antragsteller keinen vom Normtatbestand abweichenden weiteren Tatbestand behaupteten und ansonsten alle Tatbestandsmerkmale, die zur Auszahlung der Familienbeihilfe in voller Höhe führen, behauptet worden sind. Die Forderung, diese gesetzliche Höchstbemessungsgrundlage im Antrag ziffernmäßig nochmals auszuweisen, käme einem nicht zu rechtfertigenden Formalismus gleich.

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