OGH 10ObS264/95

OGH10ObS264/959.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Fendrich (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martina G*****, vertreten durch Dr.Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung eines Arbeitsunfalles, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.September 1995, GZ 10 Rs 102/95-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16.Mai 1995, GZ 13 Cgs 120/94w-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Fest steht, daß die Klägerin den klagsgegenständlichen Unfall am 21.4.1994 auf einem Weg erlitt, den sie unternahm, um in der Zeit, während der für sie Rufbereitschaft bestand, in einem Supermarkt Lebensmitteleinkäufe für ihren privaten Gebrauch für die nächsten Tage vorzunehmen. Dafür, daß der Lebensmitteleinkauf auch betrieblichen Zwecken gedient hätte, ergab sich im Verfahren tatsächlich kein Anhaltspunkt. Im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Flugbegleiterin erscheint dies auch in höchstem Maß unwahrscheinlich, weil von den Flugbegleiterinnen selbst besorgte Lebensmittel bei der Betreuung der Fluggäste nicht Verwendung finden. Aus dem Zusammenhang der Feststellungen ergibt sich vielmehr eindeutig, daß die Lebensmittel, die die Klägerin besorgen wollte, für ihren privaten Haushalt bestimmt waren. Ergänzende Feststellungen hiezu sind nicht erforderlich.

Die Klägerin begründet ihren Standpunkt, der Unfall sei vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfaßt, damit, daß sich der Unfall während der Zeit des Bereitschaftsdienstes ereignet habe und sie auch auf dieser Fahrt und auch während des Einkaufes über ein Funkgerät erreichbar gewesen sei. Dem kann nicht beigetreten werden.

Arbeitsunfälle sind gemäß § 175 Abs 1 ASVG Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründeten Beschäftigung ereignen. Darüber hinaus sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich bei einer der in § 175 Abs 2 ASVG genannten Tätigkeiten ereignen. Ob der Bereitschaftsdienst, was den Unfallversicherungsschutz betrifft, gleich wie die eigentliche Arbeitszeit zu werten ist, kann unerörtert bleiben. Es trifft nämlich keineswegs zu, daß ein Dienstnehmer während der gesamten Dauer der Arbeitszeit in jedem Fall durchgehend dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt. Dieser besteht vielmehr nur, wenn und solange er eine Tätigkeit ausübt, die in dem im § 175 Abs 1 genannten Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung steht. Wird eine bestimmte, vom Versicherten in dieser Zeit ausgeübte Tätigkeit allein oder überwiegend von eigenwirtschaftlichen Motiven bestimmt, so ist für die Dauer dieser Tätigkeit der Zusammenhang mit dem Betrieb gelöst; der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht in dieser Zeit nicht (idS auch SSV-NF 5/10, 8/5 ua). So steht etwa auch der während einer Arbeitspause im Betrieb unternommene Weg zur Besorgung eines Krankenscheines nicht unter Unfallversicherungsschutz (SSV-NF 6/60).

Da der von der Klägerin geplante Einkauf ihrer persönlichen Versorgung und daher eigenwirtschaftlichen Motiven diente (daran würde auch nichts ändern, wenn sie Dinge einkaufen wollte, die zum eigenen Verzehr während der Arbeitszeit bestimmt waren - SSV-NF 4/67) stand sie während des Weges, auf dem sich der Unfall ereignete, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Aus der Entscheidung 10 Ob S 400/89 = SSV-NF 3/161 kann die Klägerin für ihren Standpunkt nichts ableiten. Zentrale Frage dieser Entscheidung war die Bestimmung des § 175 Abs 2 Z 8 ASVG, in der eine Sonderregelung für den mit der unbaren Überweisung des Entgeltes zusammenhängenden Weg von der Arbeits- und Ausbildungsstätte oder der Wohnung zu einem Geldinstitut zum Zweck der Behebung des Entgeltes und anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits- oder Ausbildungsstätte oder zur Wohnung getroffen wird. Eine solche Sonderregelung fehlt aber für Wege zum Einkaufen für private Zwecke.

Auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 175 Abs 2 Z 7 ASVG wurde zu Recht verneint. Danach sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich auf einem Weg von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte ereignen, den der Versicherte zurücklegt, um während der Arbeitszeit einschließlich der in der Arbeitszeit liegenden gesetzlichen sowie kollektivvertraglich oder betrieblich vereinbarten Arbeitspausen in der Nähe der Arbeits- oder Ausbildungsstätte oder in seiner Wohnung lebenswichtige persönliche Bedürfnisse zu befriedigen, anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits- oder Ausbildungsstätte sowie bei der Befriedigung der lebenswichtigen Bedürfnisse, sofern sie in der Nähe der Arbeits- oder Ausbildungsstätte, jedoch außerhalb der Wohnung des Versicherten erfolgt. Aus den Worten "lebenswichtig" und "lebensnotwendig" sowie aus der Beschränkung auf die Nähe zur Arbeits- und Ausbildungsstelle ist zu schließen, daß darunter nur solchen Bedürfnisse zu verstehen, deren Befriedigung keinen größeren Aufschub duldet (idS auch SSV-NF 6/60). Im Vordergrund steht dabei die Einnahme von Mahlzeiten, die Verrichtung der Notdurft und dgl (idS auch Tomandl in Tomandl System der österreichischen Sozialversicherung, 7. ErgLfg 313). Der Einkauf von Lebensmitteln für die folgenden Tage ist keine in diesem Sinne unaufschiebbare Verrichtung und kann daher der Bestimmung des § 175 Abs 2 Z 7 ASVG nicht subsumiert werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.

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