OGH 6Ob563/95

OGH6Ob563/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schwarz und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Alfred F*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Horst Hoskovec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Ratschiller, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 65.000 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 20.März 1995, GZ 21 R 22/95(ON 11), womit das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 31.Oktober 1994, GZ 22 C 878/94-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt S 65.000 sA an vertraglich vereinbartem Mindestabschichtungserlös nach Aufkündigung eines atypisch stillen Gesellschaftsvertrages mit der beklagten Partei. Das Vertragsverhältnis sei sowohl mit der beklagten Partei als auch mit der vertraglich bestellten Treuhänderin, der S***** BeteiligungsgesmbH mit Kündigungsschreiben vom 27.5.1993 zum 31.12.1993 aufgelöst worden. Die Aufkündigung sei durch die beklagte Partei und die Treuhänderin zur Kenntnis genommen worden, der Kläger habe auch eine Benachrichtigung über den Veräußerungsgewinn erhalten.

Die beklagte Partei wandte ein, der Kläger sei zur Klage nicht legitimiert, er habe alle Gesellschaftsrechte an die S***** BeteiligungsgmbH als Treuhänderin übertragen, nur diese könne die Beteiligung aufkündigen. Eine Aufkündigung der Treuhandschaft sei nicht erfolgt. Die Liquiditätssituation der Gesellschaft lasse im Interesse der Gesellschafter, aber auch des Gläubigerschutzes eine Abschichtung nicht zu. Der Time-Sharing-Markt, über den die Gelder für eine Hotelanlage aufgebracht werden sollten, habe unvorhergesehen nicht die eingeschätzte Entwickung genommen. Die vertragliche Bestimmung über einen Mindestabschichtungserlös sei unwirksam, weil sie Gläubigerinteressen und andere Gesellschafter benachteilige.

Das Erstgericht gab der Klage unter Zugrundelegung folgender Feststellungen statt:

Der Kläger unterzeichnete am 21.10.1986 eine mit "Beteiligungserklärung A***** GesmbH" überschriebene Urkunde, die an die S***** AnlageberatungsgesmbH & Co adressiert war. Die Beteiligungserklärung hat unter anderem neben Namen, Beruf, Geburtsdatum, Steuernummer und Bankverbindung des Klägers folgenden Wortlaut: "Ich möchte mich als atypischer stiller Gesellschafter an der A***** GmbH beteiligen. Ich stelle daher der A***** GmbH das Anbot, nach Maßgabe des mir übergebenen Gesellschaftsvertrages eine stille Beteiligung in Höhe von S 50.000 plus 5 % Agio (inklusive Umsatzsteuer) zu übernehmen. ....Die Einlage und das Agio werde ich nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages auf das Treuhandkonto Nr .....der S***** BeteiligungsgmbH bei der Sparkasse B***** einzahlen. Ich nehme zur Kenntnis, daß der Gesellschaftsvertrag erst durch schriftliche Annahme dieses Anbotes seitens A***** GmbH zustande kommt. Ich beauftrage hiemit die S***** BeteiligungsgmbH die Treuhandschaft gemäß den Bestimmungen des mir übergebenen Treuhandvertrages zu übernehmen." Das Anbot wurde auf demselben Schriftstück am 4.11.1986 von der beklagten Partei sowie der Treuhänderin angenommen.

Der Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft hat unter anderem folgenden Wortlaut:

Zwischen der A***** Gesellschaft mbH - im folgenden auch Geschäftsherr genannt - und dem Zeichner der Beteiligungserklärung - im folgenden atypisch stiller Gesellschafter genannt - wird durch die Annahme der Beteiligungserklärung seitens des Geschäftsherrn folgender Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft abgeschlossen:

Präambel

Die atypisch stillen Gesellschafter beteiligen sich am Unternehmen der A***** Gesellschaft mbH ***** mit einer stillen Einlage von insgesamt S 21,000.000.

§ 1 Firma, Sitz und Gegenstand des Geschäftsherrn

Die A***** Gesellschaft mbH ist im Handelsregister des Landes als Handelsgerichtes ***** eingetragen. Der Sitz der Gesellschaft ist S*****.

Gegenstand des Unternehmens ist die Errichtung und der Betrieb einer Hotelanlage auf der Liegenschaft EZ 129 KG *****, Gerichtsbezirk *****.

Der Geschäftsherr wird das A***** Sporthotel in H***** Gemeinde M***** fertigstellen und im Juli 1986 eröffnen. Er wird dieses Hotel zur Verwaltung im Time-Sharing-System umbauen und adaptieren....

§ 3 Gegenstand der Beteiligung

Der stille Gesellschafter ist am Gewinn und Verlust des Geschäftsherrn, jedoch auch an einem allfälligen Wertzuwachs sowie am Substanzwert und Firmenwert und an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt.

Die Höhe der Beteiligung der Gesamtheit der stillen Gesellschafter beträgt 95 % am Gesamtvermögen des Geschäftsherrn, unabhängig von der Höhe des durch den Treuhänder eingebrachten Kapitals.

Der stille Gesellschafter ist im Jahr der Leistung der stillen Einlage an einem allfälligen Verlust gegebenenfalls bis zur Höhe der geleisteten Einlage beteiligt.

§ 4 Treuhandschaft

Die stille Einlage ist nicht direkt an die A***** Gesellschaft mbH, sondern auf das Treuhandkonto Nr..... der S***** Beteiligungsgesellschaft mbH bei der Sparkasse B***** einzuzahlen. Gemäß dem mit der S***** Beteiligungsgesellschaft mbH abgeschlossenen Treuhandvertrag ist diese beauftragt, die Summe der stillen Einlagen an die A***** Gesellschaft mbH und das Agio an den Vermittler auszubezahlen, wenn sie sich Gewißheit darüber geschaffen hat, daß die Aufbringung der stillen Einlagen im Gesamtbetrag von mindestens S 21,000.000 gesichert und sichergestellt ist.

§ 5 Beteiligungskapital

Der stille Gesellschafter erbringt eine Kapitaleinlage in der Höhe der auf der Beteiligungserklärung angeführten Summe.....

§ 9 Beginn und Dauer der Gesellschaft und Kündigung

1. Die Gesellschaft beginnt mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages und ist jeweils zum Jahresende mit halbjährlicher Kündigungsfrist kündbar

2. Die Gesellschafter verzichten auf ihr ordentliches Kündigungsrecht bis zum 30.6.1990, so daß die Gesellschaft erstmalig und vom Treuhänder auch in Teilbeträgen zum 31.12.1990 aufgekündigt werden kann.

Die Kündigung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen. Sie ist an alle Gesellschafter zu richten. Der eingeschriebene Brief muß für die Rechtzeitigkeit der Kündigung einen Poststempel aufweisen, der ein halbes Jahr vor dem Kündigungsstichtag datiert. Ist die Kündigung rechtzeitig und richtig erfolgt, dann gelten die Vorschriften wie sie für das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft aus diesem Vertrag vorgesehen sind. ....

§ 12 Abschichtung

Bei Kündigung gemäß den Bestimmungen des Vertrages hat der stille Gesellschafter einen Anspruch auf das Abschichtungsguthaben, das seinem Anteil am gesamten Unternehmen entspricht.

Die Abschichtung erfolgt zum Verkehrswert der sich nach dem Fachgutachten Nr 45, 47 und 50 der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ermittelt.

Der Absichtungserlös beträgt mindestens 130 % des Nominales der stillen Einlage, wobei das Abschichtungsguthaben auf Wunsch des Gesellschafters auch durch Übertragung von Ferienwohnrechten abgegolten werden kann. Die Ferienwohnrechte werden zu diesem Zweck mit 70 % des dann gültigen Verkaufspreises bewertet.

Der Geschäftsherr verpflichtet sich unwiderruflich, auf dem Treuhandkonto des mit der Abwicklung des Verkaufs von Ferienwohnrechten betrauten Notars, entsprechende Liquidität aus den eingehenden Verkaufserlösen für die Erfüllung der Abschichtungsansprüche bereitzustellen.....

§ 17 Schlußbestimmungen.....

3. Erwartungen der Vertragspartner über die sich aus diesem Vertrag ergebenden steuerlichen Konsequenzen sind nicht Geschäftsgrundlage.

Der Treuhandvertrag hat unter anderem folgenden Inhalt:

1. Vertragspartner

Dieser Treuhandvertrag ist abgeschlossen zwischen S***** BeteiligungsgesmbH W*****, ***** im folgenden kurz Treuhänder genannt einerseits und der in der Beteiligungserklärung der A***** Gesellschaft mbH als atypisch stiller Gesellschafter zeichnende, im folgenden kurz Treugeber genannt andererseits

2. Gegenstand des Treuhandauftrages

2.1 Der Treugeber ist atypisch stiller Gesellschafter der A***** Gesellschaft mbH und beauftragt nunmehr den Treuhänder im Rahmen dieses Vertrages das auf dem Treuhandkonto eingezahlte Nominale der treugeberischen stillen Beteiligung plus 5 % Agio (inklusive Umsatzsteuer) treuhänderisch zu verwalten und dem Treugeber allen Nutzen aus diesem Anteil zu überlassen. Im Innenverhältnis handelt der Treuhänder ausschließlich im Auftrag und für Rechnung des Treugebers, dem das wirtschaftliche Eigentum der Beteiligung - die steuerlich nur ihm zuzurechnen ist - zusteht.

2.2 Der Treuhänder wird unwiderruflich beauftragt, die stille Einlage an die A***** Gesellschaft mbH und das Agio an den Vermittler auszubezahlen, wenn er sich Gewißheit darüber geschaffen hat, daß durch den Abschluß weiterer Treuhandverträge die Aufbringung der stillen Einlagen im Gesamtbetrag von mindestens S 21,000.000 gesichert und sichergestellt ist.

2.3 Dem Treugeber ist der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft bekannt. Er unterwirft sich seinen Bestimmungen.

3. Aufgaben des Treuhänders

Der Treuhänder wird vom Treugeber auf Dauer des Treuhandverhältnisses beauftragt und bevollmächtigt, sämtliche Rechte wie sie dem Treugeber aus dem Gesellschaftsverhältnis zustehen, auszuüben. Er ist insbesondere ermächtigt, an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, das Stimmrecht für den Treugeber auszuüben und die Kontrollrechte gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages wahrzunehmen. Über das Ergebnis der Beschlußfassung erteilt der Treuhänder dem Treugeber über Anfrage jederzeit Auskunft.

3.2 Pflichten des Treuhänders

a) Der Treuhänder überwacht alle Einzahlungen von Einlagen auf das Treuhandkonto und nimmt die Verteilung von Ausschüttungen an die Treugeber vor.

b) der Treuhänder ist verpflichtet, Treuhandvermögen getrennt von seinem eigenen Vermögen zu verwalten.....

3.3 Der Treuhänder hat seinen Auftrag mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfüllen......

4. Dauer des Treuhandverhältnisses

4.1 Das Treuhandverhältnis beginnt mit Gegenzeichnung des Zeichnungsscheines durch den Treuhänder und wird auf die Dauer der Beteiligung des Treuhänders an der Gesellschaft geschlossen.

4.2 Eine Kündigung kann nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages erfolgen

5. Kündigung des Treugebers

5.1 Kündigt ein Treugeber das Treuhandverhältnis hinsichtlich der für ihn gehaltenen Einlage, so ist der Treuhänder dazu verhalten, den Geschäftsherrn von der Kündigung zu informieren.

Als der Kläger die Aufkündigung seiner Beteiligung beabsichtigte, rief er beim Geschäftsführer der beklagten Partei, Mag.K*****, der auch Geschäftsführer der Treuhänderin ist, an und erkundigte sich, wie er bei einer Kündigung vorzugehen habe. Der erhaltenen Auskunft entsprechend richtete der Kläger am 27.5.1993 ein Schreiben folgenden Inhaltes an die Treuhänderin:

Bezugnehmend auf das mit Ihrem sehr geehrten Herrn Mag.K***** geführte Telefonat kündige ich gemäß Gesellschaftsvertrag meine Beteiligung an der A***** Gesellschaft mbH per Stichtag 31.Dezember 1993 und ersuche Sie, die Abschichtung durchzuführen. Das Abschichtungsguthaben bitte ich Sie, auf mein Konto bei..... zu überweisen und ersuche um Bestätigung.

Zugleich sandte der Kläger dieses Kündigungsschreiben mit einem Begleitschreiben an die beklagte Partei.

Am 23.Juni 1994 erhielt der Kläger ein Schreiben der S***** mit dem Hinweis, daß eine Kündigung für den Kläger per 31.12.1994 möglich sei. In diesem Schreiben wird darauf hingewiesen, daß, sollte der Kläger seine Beteiligung noch nicht gekündigt haben, die Kündigung mittels eingeschriebenen Briefes bis spätestens 30.6.1994 an den Geschäftsherrn, die beklagte Partei und an den Treuhänder, beide unter der Anschrift P***** zu richten.

Die Beteiligung war dem Kläger als steuerschonendes Modell angeboten worden, wobei er auch auf die Sicherheit einer vorhandenen Liegenschaft hingewiesen wurde. Hätte der Kläger gewußt, daß der Erhalt des Abschichtungserlöses von einer entsprechend liquiden Situation der beklagten Partei abhängig sein sollte, hätte er die Beteiligungserklärung nicht unterzeichnet. An der beklagten Partei sind etwa 800 Anleger mit Einlagen von insgesamt 110,000.000 S beteiligt. Würden alle Beteiligungen derzeit aufgekündigt, die schon kündbar sind, wären S 20,000.000 erforderlich, welche die beklagte Partei nicht auszahlen könnte. Um die angespannte Liquiditätssituation der beklagten Partei zu verbessern, müßte sie einen Jahresumsatz von rund 70,000.000 S machen, innerhalb der ersten fünf Monate lag der Umsatz bei 18,000.000 S, es ist möglich, daß das Umsatzziel doch noch erreicht wird.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei stütze Ihre Ansicht, die Kündigung der Beteiligung könne nur der Treuhänder vornehmen, auf Entscheidungen, die zu Kündigungen von Hausanteilscheinen einer Publikums-KG ergangen seien, deren einziger Kommanditist ein Treuhänder gewesen sei, während die einzelnen Anleger nicht in einem Gesellschaftsverhältnis zur KG gestanden seien. Betrachte man die Aufkündigungsschreiben, so habe der Kläger diesen Entscheidungen gemäß gehandelt und seine Aufkündigung an die Treuhänderin gerichtet, zugleich aber eine Kopie dieses Schreibens samt Begleitschreiben an die beklagte Partei übersandt. Diese Vorgangsweise entspreche auch § 9 des Gesellschaftsvertrages hinsichtlich Kündigungsfrist und Kündigungsempfänger. Es sei davon auszugehen, daß der Kläger mit dem Kündigungsschreiben auch die Treuhandschaft habe aufkündigen wollen. Schon durch die Personalunion des Geschäftsführers der beklagten Partei einerseits und des Geschäftsführers der Treuhänderin, der dem Kläger überdies die Vorgangsweise erklärt habe, könne darüber kein Zweifel bestehen. Der begehrte Betrag ergebe sich aus § 12 des Gesellschaftsvertrages.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge.

Es führte aus, im vorliegenden Gesellschaftsvertrag sei nicht festgeschrieben, daß ausschließlich der Treuhänder zur Vertretung gegenüber der beklagten Partei berechtigt wäre, vielmehr sei der Treuhänder beauftragt und bevollmächtigt, Rechte des Treugebers auszuüben, eine Ausschließlichkeitsklausel, daß etwa eine Kündigung nur durch den Treuhänder erfolgen dürfe, fehle hier. Hinsichtlich der Kündigung verweise der Treuhandvertrag selbst auf "die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages". Es sei daher von einer rechtswirksamen Aufkündigung sowohl des Treuhandvertrages als auch des Gesellschaftsvertrages auszugehen. Die Höhe des Abschichtungsbetrages sei in § 12 des Gesellschaftsvertrages geregelt. Eine Liquiditätsenge sei nicht geeignet, eine Verurteilung zu einer vertraglich zugesagten Leistung zu verhindern. Die Beklagte habe auch nicht vorgebracht, daß sie nicht in der Lage wäre, den Klagsbetrag, wie dies der letzte Absatz des § 12 des Gesellschaftsvertrages vorschreibe, auf einem notariellen Treuhandkonto bereitzustellen. Finanzielle Folgen, die eintreten könnten, wenn eine Vielzahl atypischer stiller Gesellschafter ihre Beteiligung aufkündigten, seien nur hypothetisch und für die rechtliche Beurteilung nicht relevant.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Zwar gehe es weitgehend um die Auslegung vertraglicher Vereinbarungen, Beteiligungen in komplizierten Formen an Anlegergesellschaften berührten jedoch mehr und mehr den juristischen Alltag und vergleichbare Entscheidungen, die eine atypisch stille Gesellschaft betreffen, seien nicht bekannt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Auslegung der hier zu beurteilenden Verträge nicht auf den Einzelfall beschränkt ist, sondern eine Vielzahl von Anlegern betrifft, sie ist aber nicht berechtigt.

Inhalt und Umfang von Treuhandverträgen sind jeweils im Einzelfall anhand der getroffenen Vertragsbestimmungen zu prüfen. Wenn die Revisionswerberin die zu Publikums Kommanditgesellschaften (Hausanteilsscheine) ergangene Rechtsprechung zitiert und sie auf den vorliegenden Fall angewendet wissen will, so übersieht sie, daß in den dort entschiedenen Fällen für den eigentlichen Geldgeber (Anleger) der Treuhänder als Kommanditist in die Kommanditgesellschaft eingetreten ist, dieser also allein gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern aus dem Kommanditverhältnis berechtigt und verpflichtet wurde. Bei einer solchen Konstruktion bestand zwischen der Gesellschaft und dem Treugeber keine Rechtsbeziehung, so daß der Treugeber nur dann berechtigt war, den Abfindungsanspruch geltend zu machen, wenn ihm dieser Anspruch vom Treuhandkommanditisten abgetreten wurde. Den hier zu beurteilenden Verträgen liegt aber eine wesentlich andere Konstruktion zugrunde. Hier haben die einzelnen Anleger als atypisch stille Gesellschafter mit der beklagten Partei im eigenen Namen Gesellschaftsverträge geschlossen, sind also selbst (stille) Gesellschafter und stehen daher in unmittelbarer Rechtsbeziehung zur beklagten Partei, während dem Treuhänder im Gesellschaftsvertrag nur bestimmte Rechte und Pflichten übertragen sind. Die beklagte Partei verkennt, daß im Verhältnis zwischen ihr und ihrem Gesellschafter nicht die nur zwischen Treugeber und Treuhänder wirksamen Bestimmungen des Treuhandvertrages, sondern jene des Gesellschaftsvertrages maßgeblich sind. Darin wird in § 4 ("Treuhandschaft") aber nur festgelegt, daß die stille Einlage nicht direkt an die beklagte Partei, sondern auf ein bestimmtes Treuhandkonto der S***** BeteiligungsgmbH einzuzahlen und diese nach dem abgeschlossenen Treuhandvertrag beauftragt ist, die Summe der stillen Einlagen an die beklagte Partei und das Agio an den Vermittler auszuzahlen, wenn sie sich Gewißheit verschafft hat, daß die Aufbringung der stillen Einlagen im Gesamtbetrag von mindestens S 21,000.000 gesichert und sichergestellt ist, eine Bestimmung, die auch zugunsten des stillen Gesellschafters die ordnungsgemäße Verwendung seiner Einlage (weil die beklagte Partei erst nach der Erfüllung dieser Bedingung über das Einlagekapital verfügen kann) sicherstellen soll. Weiters ist für die Kontroll- und Mitspracherechte des stillen Gesellschafters nach § 11 des Gesellschaftsvertrages das Einvernehmen zwischen Geschäftsherrn und dem Treuhänder erforderlich. Der Treuhänder ist nach Punkt 5.1 des Treuhandvertrages verpflichtet, wenn der Treugeber das Treuhandverhältnis aufkündigt, die beklagte Partei von der Kündigung, die nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, also zu den dort genannten Fristen und Terminen, erfolgen kann, zu informieren, weil mit einer Kündigung des Treuhandvertrages auch die Vertretungsvollmacht des Treuhänders für den Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft erloschen ist.

Daß sowohl die beklagte Partei als auch die Treuhänderin die ordnungsgemäß erfolgte Aufkündigung des Gesellschaftsverhältnisses und des Treuhandvertrages zur Kenntnis genommen haben - es darf hier nicht übersehen werden, daß für beide Gesellschaften derselbe Geschäftsführer tätig wurde, der dem Kläger die Vorgangsweise nannte, damit also zu erkennen gab, diese zu akzeptieren - ergibt sich aus den von der beklagten Partei selbst vorgelegten, auf die beiden Kündigungsschreiben des Klägers reagierenden Briefe der beklagten Partei vom 17.11.1993 und der Treuhänderin vom 1.3.1994 an den Kläger, in welchen darauf hingewiesen wird, daß die beklagte Partei zwar weder überschuldet noch zahlungsunfähig sei, die Liquidität aber eine Rückzahlung der atypisch stillen Beteiligung derzeit nicht zulasse und der Kläger daher im Interesse der Gesellschaft von der Möglichkeit einer Abschichtung der Einlage durch Inanspruchnahme von Ferienwohnrechten Gebrauch machen möge.

Soweit in den Revisionsausführungen die Ansicht vertreten wird, das Gleichbehandlungsgebot der Gesellschafter einerseits und der Vorrang der Gesellschaftsgläubiger vor Abschichtungsansprüchen von Gesellschaftern andererseits verbiete eine Rückzahlung von Beteiligungen bei Liquiditätsengpässen, weil Eigenkapital ersetzende Darlehen in der Krise nicht zurückgezahlt werden dürften, finden diese im festgestellten Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkt. Von einem Darlehen ist nirgends die Rede. Zwischen den Streitteilen wurde vielmehr nur ein Gesellschaftsvertrag über eine Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter des Klägers an der beklagten Partei abgeschlossen. Alle Erwägungen, ob die von der Rechtsprechung für die Eigenkapital ersetzenden Darlehen entwickelten Grundsätze im allgemeinen auch für den als "atypisch stillen Gesellschafter" einer GesmbH überhaupt anwendbar wären, können daher mangels jeglichen Bezuges auf den zu beurteilenden Sachverhalt auf sich beruhen.

§ 12 des Gesellschaftsvertrages trifft eine klare Regelung, wie nach einer Aufkündigung das Abschichtungsguthaben des stillen Gesellschafters zu ermitteln ist: zunächst nach dem Anteil am Gesamtvermögen nach einem bestimmten Ermittlungsverfahren, mindestens jedoch 130 % des Nominales der stillen Einlage, das (nur) auf Wunsch des Gesellschafters auch durch Übertragung von Ferienwohnrechten abgegolten werden kann. Dies bedeutet aber, daß unabhängig von der Liquiditätssituation und dem tatsächlich erzielten, möglicherweise auch negativen Betriebsergebnis, dem stillen Gesellschafter nach dem ersten Gesellschaftsjahr ein Mindestbetrag garantiert wird. Eine solche vertragliche Vereinbarung ist aber jedenfalls, unabhängig von steuerlichen Beweggründen, die in der Anfangsphase dem Unternehmen, später dem Anleger zum Vorteil gereichen sollen, zulässig und durchsetzbar. Dem Schutz von anderen Gesellschaftern oder gesellschaftsfremden Gläubigern vor inkongruenten Zahlungen dienen die Anfechtungsbestimmungen der Konkursordnung.

Der Revision war daher insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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