OGH 13Os166/95

OGH13Os166/9520.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinz L***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28.August 1995, GZ 15 Vr 42/95-51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinz L***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG - in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB - schuldig erkannt, weil er am 6.Jänner 1995 in Klagenfurt den bestehenden Vorschriften zuwider 60,3 Gramm Kokain mit mindestens 40,6 Gramm Kokainhydrochloridgehalt in Verkehr zu setzen suchte.

Die dagegen von der Staatsanwaltschaft aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5 und 10 StPO und vom Angeklagten aus der Z 4 erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht im Recht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Unterlassung der Vernehmung von zwei vom Verteidiger beantragten Zeugen.

Einer von ihnen (Heinz P*****) hatte jedoch schon vorher (zweimal) auf seinem Entschlagungsrecht beharrt. Der im Beweisantrag dazu enthaltene Hinweis, ein nicht genannter Informant habe nunmehr mitgeteilt, daß der Zeuge jetzt bereit sei, auf sein Entschlagungsrecht zu verzichten, ersetzt einerseits nicht das von Anfang an (fehlende) Beweisthema des Antrags und erscheint andererseits vorliegend als Versuch, den Zeugen unzulässig zu beeinflussen (s. Gebert/Pallin/Pfeiffer ENr 58 zu § 152 StPO = KH 886).

Ähnliches gilt auch für den Antrag des Verteidigers, auf den zweiten Zeugen (Marius G*****), der ursprünglich sogar der Mittäterschaft verdächtigt war, "nicht zu verzichten" (S 313). Dieser Zeuge hält sich in seinem Heimatland Rumänien auf und deponierte dort ausdrücklich, in Österreich zur Hauptverhandlung nicht erscheinen und aussagen zu wollen (ON 48). Abgesehen davon, daß die Erklärung, auf einen Zeugen "nicht verzichten" zu wollen, überhaupt nicht zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert (Mayerhofer/Rieder StPO3 ENr 4 b zu § 281 Z 4), enthielt dieser Antrag ebenfalls kein Beweisthema und außerdem war er auf Grund der Weigerung des Zeugen aussichtslos, zumal die Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtsmittel noch (zutreffend) aufzeigt, daß diesem Zeugen das Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO zusteht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Verfahrensrügen richten sich einerseits gegen die Verwertung eines nicht verlesenen Schriftstückes durch das Schöffengericht (Z 3) und ebenfalls gegen die Ablehnung des - auch von der Staatsanwaltschaft - gestellten Antrages (besser: "Nichtverzichtes" s S 313) auf Vernehmung des Zeugen Marius G***** (Z 4). Eine Urteilsnichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 3 StPO ist keinesfalls unterlaufen. Denn das Gebot des § 258 Abs 1 StPO bei der Urteilsfällung nur auf das Rücksicht zu nehmen, was bei der Hauptverhandlung vorgekommen (hier: verlesen worden) ist, ist in der von der Staatsanwaltschaft angezogenen Gesetzesstelle (Z 3) nicht erwähnt (vgl. Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5, ENr 118) und im übrigen gilt (zur Z 4) das dazu in der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gesagte. Soweit der Staatsanwalt aber - anders als der Verteidiger - ein Beweisthema genannt hat (s S 313), ist das Schöffengericht in seinem Urteil ohnedies von dem unter Beweis zu stellenden Umstand ausgegangen, sodaß es der Durchführung des beantragten Beweises gar nicht bedurfte (s Mayerhofer/Rieder StPO3 zu § 281 Z 4 ENr 63 a).

Die Mängelrüge (Z 5) wirft dem Urteil mangelnde Begründung der ausdrücklich abgelehnten Konstatierung, der Angeklagte habe gewerbsmäßig gehandelt, vor. Dies haben die Tatrichter jedoch beweiswürdigend und von der Staatsanwaltschaft somit unbekämpfbar aus dem eigenen Einkommen des Angeklagten und dem Umstand, daß angekündigte Suchtgiftfolgegeschäfte nicht den Angeklagten, sondern dessen Bruder betroffen haben könnten, abgeleitet (US 12). Soweit die Beschwerde diesbezüglich auf eine angebliche Verwechslung von Behördenberichten verweist und deshalb Aktenwidrigkeit behauptet, genügt es zu erwidern, daß im Urteil konkrete Behördenberichte gar nicht wiedergegeben sind (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 ENr 185).

Die Rechtsrüge (Z 10) verläßt den Boden der erstgerichtlichen Feststellungen, indem sie unter anderem aus Gesprächsinhalten des Angeklagten mit einem V-Mann Indizien für die Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten erblickt, nicht jedoch von der ausdrücklich gegenteiligen Urteilsfeststellung, wonach ein gewerbsmäßiges Handeln nicht erwiesen war, ausgeht. Sie gelangt damit nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Es waren daher beide Nichtigkeitsbeschwerden, teils als offenbar unbegründet, teils als nicht den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen entsprechend ausgeführt, sofort in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Über die Berufungen (bzw die Beschwerde gemäß § 498 Abs 3 StPO) wird demgemäß der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Stichworte