OGH 13Os126/95

OGH13Os126/9520.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter R***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 3 SGG sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Peter R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 21.April 1995, GZ 15 Vr 654/94-89, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, des Angeklagten Peter R***** und des Verteidigers Dr.Schaumüller zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter R***** wird (teilweise) Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

1. im Ausspruch, er habe die Urteilstat 2.b. in Beziehung auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge mehr als das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte,

2. in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung als Verbrechen (auch) nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG,

3. demzufolge auch im Peter R***** betreffenden Strafausspruch nach § 12 Abs 3 SGG

aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Peter R***** wird für das ihm nach den aufrecht bleibenden Schuldsprüchen 1. und 2.b. zur Last fallende Verbrechen nach § 12 Abs 1 und 2 SGG und das Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG nach § 12 Abs 2 SGG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten verworfen.

Mit seiner Berufung gegen den Ausspruch einer Freiheitsstrafe (nach § 12 Abs 3 SGG) wird der Angeklagte Peter R***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung gegen die Wertersatzstrafe wird nicht Folge gegeben.

Diesem Angeklagten fallen auch die Kosten seines Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter R***** - neben dem Mitangeklagten Peter Paul T***** (dessen Rechtsmittel bereits in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wurde) - des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (1.) und des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG (2.b.) schuldig erkannt.

Danach hat er - zusammengefaßt wiedergegeben - in der Zeit von 1987 bis 10.November 1994 den bestehenden Vorschriften zuwider

(zu 1.) teils allein, teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Peter Paul T***** in Ober- und Unterpullendorf Suchtgift, nämlich nicht mehr feststellbare Mengen Cannabisharz, Metamphetamin (Speed) und Kokain erworben, besessen und konsumiert;

(zu 2.b.) in Oberpullendorf Suchtgift in einer Menge, welche mehr als das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmacht, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), in Verkehr gesetzt, indem er mindestens 534 Gramm Metamphetamin (Speed) an teils namentlich bekannte Personen (darunter an den Mitangeklagten Peter Paul T*****) überwiegend gegen Entgelt in Teilmengen weitergab.

Rechtliche Beurteilung

Peter R***** bekämpft den Schuldspruch laut Punkt 2.b. mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Im Recht ist nur die gegen die Unterstellung dieser Urteilstat (auch) unter die Qualifikation des § 12 Abs 3 Z 3 SGG gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10):

Nach den wesentlichen Urteilskonstatierungen (US 12 f) verkaufte der Angeklagte im Zeitraum von 1987 bis Oktober 1994 gewerbsmäßig insgesamt zumindest 534 Gramm Metamphetamin mit einem Reinheitsgrad von 45 % an mehrere Abnehmer, darunter an den Mitangeklagten Peter Paul T*****; eine nicht mehr klärbare Menge dieses Suchtgiftes überließ er unentgeltlich unausgeforscht gebliebenen Personen.

Unbegründet ist zunächst das Vorbringen des Angeklagten, soweit es sich (unter dem Aspekt der Unvollständigkeit bzw innerer Widersprüche des Urteils) aus tatsächlicher (Z 5) bzw (unter dem Prätext von Feststellungsmängeln) aus rechtlicher (Z 10) Sicht gegen die Quantifizierung der tatverfangenen Suchtgiftmengen mit insgesamt 534 Gramm wendet.

Insoweit orientiert sich der Angeklagte prozeßordnungswidrig nicht am gesamten maßgeblichen Urteilssachverhalt, indem er jene Feststellungen über die Überlassung von (wenngleich geringen) Teilmengen an Dietmar E***** und andere Abnehmer (US 2 unten f iVm US 12) ebenso außer acht läßt wie die aus dem Gesamtkontext von Spruch und Gründen hervorleuchtende Annahme der Weitergabe von Suchtgift der gegenständlichen Art an Peter Paul T***** schon vor dem Jahr 1991 (US 2 unten f iVm US 18, wonach der Mitangeklagte - erst - ab dem Jahr 1991 ausschließlich vom Beschwerdeführer mit Metamphetamin beliefert wurde).

Rechtlich ging das Erstgericht folgend JABl 1981/21 von einem Quantum von 5 Gramm reinem Metamphetamin für die "große Menge" (iS des § 12 Abs 1 SGG) bzw von einem solchen von 125 Gramm für die "übergroße" Menge (iS des § 12 Abs 3 Z 3 SGG) aus; es erachtete daher den zuletzt angeführten Qualifikationsfall für gegeben, weil das Fünfundzwanzigfache der "Grenzmenge" des § 12 Abs 1 SGG durch die Weitergabe des Tatquantums von (mindestens) 534 Gramm Metamphetamin - bezogen auf einen 45 %-igen Reinheitsgrad - bei weitem überschritten worden sei (US 13, 20 f).

Dem Erstgericht ist jedoch dabei ein Rechtsirrtum unterlaufen. Denn der Erlaß des BMJ zur Suchtgiftnovelle 1985 JABl 1985/28 (Foregger/Litzka aaO S 99 ff) dem ein (neues) Gutachten des Suchtgiftbeirates (vom 10.Mai 1985) angeschlossen ist, empfiehlt die "große" Menge (nunmehr) bei Amphetaminen durchwegs (ohne - weitere - Differenzierung in bezug auf Dexamphetamin oder Metamphetamin) mit 10 Gramm Reinsubstanz anzusetzen (vgl die "Grenzmengentabelle" in Foregger/Litzka aaO S 111; Foregger/Kodek aaO Erl II; Mayerhofer/Rieder aaO Anm 4, jeweils zu § 12 SGG). Da kein sachlicher Grund besteht, dieser neueren vom Suchtgiftbeirat erstellten Empfehlung in Ansehung des verfahrensgegenständlichen Suchtgiftes Metamphetamin nicht zu folgen, sind für die "Übermenge" des § 12 Abs 3 Z 3 SGG mithin 250 Gramm Reinsubstanz erforderlich.

Unter Zugrundelegung der (unangefochten gebliebenen und mängelfrei begründeten) Annahmen des Erstgerichtes über den Reinheitsgrad des inkriminierten Suchtgiftes von 45 % ergibt dies bei 534 Gramm Metamphetamin eine Reinsubstanz (rund 240 Gramm), die unter der relevanten Menge von 250 Gramm liegt.

Somit wurde im bekämpften Schuldspruch dem Nichtigkeitswerber der strafsatzerhöhende Umstand des § 12 Abs 3 Z 3 SGG rechtsirrig angelastet.

Diese (in der Beschwerde zutreffend aufgezeigte) materiellrechtliche Nichtigkeit erfordert die Kassation des Ausspruches über die rechtliche Unterstellung der Tat auch unter Z 3 des § 12 Abs 3 SGG und die Neubemessung der Freiheitsstrafe nach § 12 Abs 2 SGG.

Dabei war als erschwerend zu werten der lange Deliktszeitraum sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen; mildernd war demgegenüber ein Teilgeständnis. Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) entspricht die verhängte Freiheitsstrafe dem sozialen Störwert der Taten und der Schuld des Täters.

Einer teilweise bedingten Strafnachsicht konnte im Hinblick auf die langfristig und planvoll aufgewendete kriminelle Energie und den gezeigten intensiven Täterwillen schon aus spezialpräventiven Gründen nicht nähergetreten werden. Mit seiner Berufung war der Angeklagte, soweit davon die Freiheitsstrafe betroffen ist, auf deren Neubemessung zu verweisen.

Soweit sich die Berufung des Angeklagten Peter R***** gegen die Höhe der Wertersatzstrafe (§ 13 Abs 2 SGG) und das Ausmaß deren Ersatzfreiheitsstrafe richtet, ist sie nicht im Recht. Denn die dargelegten Umstände rechtfertigen nicht die Anwendung der Härteklausel (§§ 13 Abs 2 dritter Satz, 12 Abs 5 vierter Satz SGG), weil fallbezogen nicht davon auszugehen ist, daß die Wertersatzstrafe unrealistisch und sohin ihr Vollzug von vornherein unmöglich wäre. Die Ersatzfreiheitsstrafe schließlich ist keineswegs überhöht.

Das Begehren nach bedingter Strafnachsicht der Wertersatzstrafe scheitert schon daran, daß die Hauptstrafe (nach § 12 SGG) nicht bedingt nachgesehen werden konnte (EvBl 1988/88).

Vorhaftanrechnung und Einziehungsausspruch nach § 13 Abs 1 SGG waren unangefochten, blieben daher von der Kassation unberührt und aufrecht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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