OGH 10Ob514/95

OGH10Ob514/9519.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier, Dr.Bauer, Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Autohaus B***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Rößler, Rechtsanwalt in Zwettl, wider die beklagte Partei Berta W*****, Pensionistin,***** vertreten durch Dr.Ferdinand Weber und Dr.Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems, wegen 62.500 S infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgerichtes vom 14.April 1995, GZ 2 R 111/95-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 2.Jänner 1995, GZ 4 C 393/94v-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat der Beklagten binnen vierzehn Tagen die einschließlich 811,84 S Umsatzsteuer mit 4.871,04 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 20.12.1993 E 6666/93-1 wurde der damaligen betreibenden Partei und nunmehrigen Klägerin gegen die verpflichtete Partei P *****-GesmbH auf Grund des vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 25.11.1993, 6 Cg 364/93a zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 102.033 S samt Zinsen und Kosten ua die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung der der verpflichteten Partei ua gegen die nunmehrige Beklagte als Drittschuldnerin auf Grund nicht eingezahlter Stammeinlage angeblich zustehenden Forderung von 120.000 S bewilligt. Die nunmehrige Beklagte äußerte sich in ihrer Drittschuldnererklärung, daß sie die gepfändete Forderung nicht als begründet anerkenne, weil das restliche Stammkapital bereits eingezahlt worden sei.

Nunmehr begehrte die Klägerin als Überweisungsgläubigerin von der Beklagten 62.500 S samt Zinsen. Sie behauptete, die Beklagte schulde als Gesellschafterin der Verpflichteten noch die per 2.2.1994 eingeforderte Stammeinlage in dieser (restlichen) Höhe. Sie hafte auch deshalb für den eingeklagten Betrag, weil sie laut Firmenbucheintragung auf die von ihr übernommene Stammeinlage lediglich 62.500 S eingezahlt habe.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, daß sie ihre Stammeinlage (voll) eingezahlt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte im wesentlichen fest: Die Beklagte und drei weitere Gesellschafter der 1980 gegründeten W***** Gesellschaft mbH mit Sitz in S***** hatten per 23.4.1991 von ihren Stammeinlagen im Betrag von je 125.000 S je 62.500 S eingezahlt. Auf Grund der außerordentlichen Generalversammlung dieser GmbH vom 21.10.1992 wurde deren Firma auf P *****gesellschaft mbH geändert und ihr Sitz nach F***** verlegt. Die Beklagte, die drei anderen Gründungsgesellschafter, Rudolf P***** und Hannes L***** vereinbarten am genannten Tag, daß das bisher nicht eingezahlte Stammkapital der Gesellschaft von 250.000 S (50 % aller Geschäftsanteile) kurzfristig vom neuen Geschäftsführer, Rudolf P*****, bzw von den Begünstigten aus dem erstellten Anbot einzuzahlen sei. Auf Grund dieser Vereinbarung zahlte der Genannte (am 27.10.1992) auf das Konto 410 9500 0000 der W***** Gesellschaft mbH bei der Volksbank A***** 250.000 S als Stammeinlagenrest ein. Die von der Beklagten übernommene Stammeinlage von 125.000 S ist daher voll bar eingezahlt.

Deshalb sei das Klagebegehren nicht berechtigt. Daß der Geschäftsführer der P *****gesellschaft mbH die vollständige Einzahlung der Stammeinlagen zum Firmenbuch nicht angemeldet habe, ändere daran nichts, weil diese Anmeldung keine konstitutive Wirkung habe. Ob wegen der unterlassenen Anmeldung Schadenersatzansprüche gegen den Geschäftsführer geltend gemacht werden können, sei in diesem Verfahren nicht zu klären.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Nach § 5 Z 6 Firmenbuchgesetz seien bei Gesellschaften mbH ua die Stammeinlagen der Gesellschafter und die darauf geleisteten Einzahlungen in das Firmenbuch einzutragen. Deshalb verpflichte § 26 Abs 1 GmbHG die Geschäftsführer, sobald der Gesellschaft ua die Änderung einer Stammeinlage oder der geleisteten Einzahlungen eiens Gesellschafters nachgewiesen wird, diese Tatsachen unverzüglich zum Firmenbuch anzumelden. Es sei daher zu prüfen, ob diese Änderung der Rechtslage iVm § 15 Abs 1 HGB einen Gläubiger in seinem Vertrauen auf die Vollständigkeit der Firmenbucheintragungen schütze, mit anderen Worten, ob ein Gesellschafter eine schon erfüllte Einlageschuld noch einmal zu begleichen habe, weil die Geschäftsführer die Einzahlung auf die Stammeinlage nicht angemeldet haben und ein Gesellschaftsgläubiger im Vertrauen auf die Vollständigkeit des Firmenbuches die Pfändung und Überweisung der Forderung der Gesellschaft gegen den (vermeintlich säumigen) Gesellschafter erwirkt hat. Diese Frage sei zu verneinen. Bei nicht angemeldeten Einzahlungen auf eine Stammeinlage sei der Firmenbuchstand zwar geeignet, Dritte über das Bestehen oder den Umfang einer Forderung der Gesellschaft zu täuschen. Trotz § 15 Abs 1 HGB sei aber der gutgläubige Erwerb eines Pfändungsrechtes nicht möglich. Gläubiger der Gesellschaft seien zwar Dritte iS des § 15 Abs 1 HGB. Sie könnten aber die Unterlassung der Anmeldung deshalb nicht geltend machen, weil "die Einforderung nicht in Angelegenheiten der Gesellschafter, sondern jenen der Gesellschaft einzutragen" sei. Ein Gesellschaftsgläubiger könne daher nicht im Vertrauen auf die Noch-Richtigkeit der Eintragung im Firmenbuch die vermeintlich ausständigen, in Wahrhiet aber voll aufgebrachten Stammeinlagen pfänden. Er könne vom betreffenden Gesellschafter nicht neuerlich die Zahlung der beretis geleisteten Stammeinlage verlangen (Reich-Rohrwig, ecolex 1991, 248f; Koppensteiner, GmbH-Kommentar § 26 Rz 10, § 64 Rz 6). Deshalb wirkten Einzahlungen auf das Stammkapital auch nach geltendem Recht dann schuldbefreiend, wenn sie unter Außerachtlassung der Vorschriften über das Firmenbuch geleistet wurden.

In der Revision macht die Klägerin unrichtige rechtliche Beurteilung (der Sache) geltend; sie beantragt, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung. Sie erachtete die Rechtsrüge als nicht berechtigt und beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin läßt außer acht, daß es sich hier um einen Drittschuldnerprozeß handelt. Nach § 308 Abs 1 EO "ermächtigt die Überweisung zur EInziehung den betreibenden Gläubiger (Klägerin), namens des Verpflichteten (P ***** Gesellschaft mbH) vom Drittschuldner (der Beklagten) die Entrichtung des im Überweisungsbeschluß bezeichneten Betrages (120.000 S) nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintrittes ihrer Fälligkeit zu begehren, ... und die nicht rechtzeitig und ordnungsmäßig bezahlte Forderung gegen den Drittschuldner in Vertretung des Verpflichteten einzuklagen ..."

Durch die Überweisung zur Einziehung wird der betreibende Gläubiger also berechtigt, die Forderung so geltend zu machen, wie sie dem Verpflichteten zusteht. Daraus folgt, daß nur das Bestehen der Forderung des Verpflichteten gegen den Drittschuldner Gegenstand des Drittschuldnerprozesses sein kann (Heller-Berger-Stix, Komm zur EO4 III 2228). Der Drittschuldner kann grundsätzlich alle Einwendungen im Verhältnis zum Verpflichteten entgegensetzen, insbesondere die Tilgung der zur Einziehung überwiesenen Forderung (Heller-Berger-Stix aaO 2232). Dies hat die Beklagte getan. Sie hat sich darauf berufen und bewiesen, daß das Stammkapital und damit auch die von ihr übernommene Stammeinlage (vor der Pfändung und Überweisung) gänzlich an die Gesellschaft mbH eingezahlt wurde. Die im Exekutionsantrag behauptete Forderung war also bereits im Zeitpunkt der Pfändung nicht mehr existent, weshalb nicht nur die Forderungsexekution ins Leere ging (Heller-Berger-Stix aaO 2112), sondern auch die Drittschuldnerklage erfolglos bleiben muß.

Die Bestimmungen des HGB (§ 15 Abs 1) und des GmbHG (§§ 11, 26 und 64) stehen dem nicht entgegen. Es trifft zwar zu, daß dann, wenn die Höhe der auf die Stammeinlage der Gesellschafter geleisteten Einzahlungen entgegen § 11 GmbHG nicht im Firmenbuch eingetragen ist, Dritte über das Bestehen oder den Umfang einer Forderung der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter auf eine noch nicht voll eingezahlte Stammeinlage getäuscht sein können. Doch liegt dies in der Inegerenz der Gesellschaft und nicht in jener der Gesellschafter. Im übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung der gutgläubige Erwerb eines exekutiven Pfandreches nicht möglich (Koppensteiner, GmbHG § 26 Rz 10 und § 64 Rz 6 unter Berufung auf Reich-Rohrwig, ecolex 1991, 248 f mwN). Letzterer führt daher aaO 249 zutreffend aus, daß ein Gesellschaftsgläubiger (hier die Klägerin) nicht im Vertrauen auf die Noch-Richtigkeit der Eintragung im Firmenbuch die vermeintlich ausständige, in Wahrheit aber voll aufgebrachte Stammeinlage pfänden und daher vom betreffenden Gesellschafter (hier der Beklagten) nicht ein zweites Mal die Zahlung der bereits geleisteten Stammeinlage verlangen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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