OGH 14Os164/94

OGH14Os164/9412.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Dezember 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Bartholner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Friedrich Wilhelm W***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung des Finanzamtes Salzburg-Stadt gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10. August 1994, GZ 38 Vr 1.041/92-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und das Finanzamt Salzburg-Stadt auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Friedrich Wilhelm W***** - nach Freisprüchen in den beiden ersten Rechtsgängen - im dritten Rechtsgang des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 1 Mio S verurteilt, die ihm für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er in Salzburg als verantwortlicher Geschäftsführer der W***** Wohnbau-GmbH und der W***** GmbH & Co KG vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung wie folgt bewirkt:

1. durch Abgabe

a) unrichtiger Umsatzsteuererklärungen für das Jahr 1981 für die W***** GmbH & Co KG

Umsatzsteuer S 565.474,--

b) unrichtiger Gewerbe- und Körperschaftssteuererklärungen für das Jahr 1981 für die W***** Wohnbau-GmbH

Gewerbesteuer S 312.130,--

Körperschaftssteuer S 561.111,--

2. durch Nichtabgabe der Kapitalertragssteuererklärung für das Jahr 1981 für die W***** Wohnbau-GmbH

Kapitalertragssteuer S 1,212.750,--

zusammen daher S 2,651.465,--

Zur Unternehmenskonstruktion führt das Erstgericht folgendes aus:

Der Angeklagte Friedrich Wilhelm W***** ist Geschäftsführer der W***** Wohnbau-GmbH, einer Bauträgergesellschaft, die den Kauf und Verkauf von Wohnobjekten besorgt. Mit der Errichtung dieser Wohnobjekte wird die W***** GmbH & Co KG beauftragt. Komplementär dieser KG ist die W***** GmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls der Angeklagte ist. Dieser ist auch Alleinkommanditist der KG. Gewinne und Verluste werden ausschließlich ihm zugewiesen. Gesellschafter der W***** Wohnbau-GmbH sind der Angeklagte mit 25 % und seine Ehegattin Hermine W***** mit 75 %.

Dem Schuldspruch liegen in buchmäßiger Hinsicht folgende, schon in den beiden vorangegangenen Rechtsgängen unbestritten gewesene Feststellungen über die vom Angeklagten als - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - praktisch allein Verfügungsberechtigtem der W***** GmbH & Co KG (KG) und der W***** Wohnbau-GmbH (GmbH) in bezug auf das Bauobjekt "Schwanthalerstraße" veranlaßten, in fiskalischer Sicht für das Jahr 1981 bedeutsamen Transaktionen zugrunde:

Darnach verzichtete die KG, der laut Endabrechnung für die Errichtung der genannten Wohnanlage ein - bereits bezahltes - Entgelt in der Höhe von 19,5 Mio S zustand, im nachhinein zugunsten der (die Wohnobjekte verkaufenden) GmbH auf einen Betrag von 7,051.000 S. Die für diese Preisreduktion maßgeblichen Gründe (so insbesondere, daß die als zahlungsunfähig anzusehende GmbH zu erheblichen Nachlässen beim Verkauf der einzelnen Wohnungen gezwungen gewesen sei) wurden in einem undatierten firmeninternen Vermerk niedergelegt. Der (auch hiedurch mitbewirkte) ausgewiesene Jahresverlust der KG in Höhe von über 13 Mio S wurde ausschließlich dem Angeklagten als Kommanditisten zugewiesen.

Die GmbH wiederum gewährte dem Angeklagten im Zusammenhang mit diesem Bauvorhaben ein Geschäftsführergehalt von 5,4 Mio S, das durch teilweise Abtretung der infolge der erwähnten Preisreduktion gegenüber der KG erwachsenen (Rück-)Forderung von 7,051.000 S berichtigt wurde. Der Angeklagte stellte diesen Betrag von 5,4 Mio S der KG sogleich wieder als Privateinlage zur Verfügung.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß den in dieser Sache ergangenen Vorentscheidungen des Obersten Gerichtshofes (ON 21 und ON 31) war zu klären, ob die vom Angeklagten behauptete nachträgliche Stornierung von Teilrechnungen im Betrag von 7,051.000 S tatsächlich erfolgt und ein Geschäftsführergehalt von 5,4 Mio S nachträglich tatsächlich gewährt worden ist (nur dann hätten die darauf basierenden Steuerklärungen der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht entsprochen) oder ob es sich hiebei nur - im Sinne des eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung behauptenden Anklagevorwurfs - um nachträgliche, rein buchhalterische Konstruktionen gehandelt hat, die so nicht wirklich stattgefunden haben.

Im Hinblick darauf, daß die hier aktuellen Transaktionen formell auf entsprechende Gesellschaftsbeschlüsse zurückzuführen und überdies in den Steuererklärungen ausdrücklich ersichtlich gemacht worden waren, kam dabei der Frage der subjektiven Tatseite besondere Bedeutung zu, worauf der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung vom 10. März 1992, 14 Os 61/91-8 (ON 21), hingewiesen hatte.

Zu Recht macht der Beschwerdeführer in seiner gegen den (nunmehrigen)

Schuldspruch aus den Gründen der Z 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b des §

281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde als Begründungsmangel

(Z 5) geltend, daß das Erstgericht dieser Frage zu wenig Bedeutung

beigemessen hat und die Annahme eines deliktischen Vorsatzes im

Ergebnis allein auf die Tatsache der stattgefundenen

Abgabenverkürzung stützte. Dies ist bei der gegebenen Fallgestaltung

aber nicht ausreichend.

In bezug auf den in Rede stehenden Forderungsnachlaß hat das

Finanzamt die Behauptung eines teilweisen Forderungsverzichtes

keinesfalls von vornherein als Fiktion behandelt, sondern es ist auf

Grund eigener Berechnungen vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, daß

dieser Nachlaß, wenn auch im geringeren Ausmaß (nämlich von 3,344.000

S), berechtigt war. Diese Tatsache hätte dazu führen müssen, daß sich

das Erstgericht im angefochtenen Urteil in bezug auf die subjektive

Tatseite eingehend mit der Frage auseinandersetzt, ob dem Angeklagten bezüglich des vom Finanzamt nicht anerkannten Teilbetrages (von 3,707.000 S) ein deliktischer Vorsatz anzulasten ist. Diesem Erfordernis hat das Erstgericht indes in keiner Weise entsprochen, sondern sich vielmehr mit der Erwägung begnügt, es ergäbe sich schon angesichts des vom Finanzamt errechneten Differenzbetrages, daß die gegenständliche Konstruktion fingiert sei und der Angeklagte daher vorsätzlich gehandelt habe (US 13). Diese Begründung ist bei der gegebenen Fallkonstellation unzureichend und unvollständig.

Ähnlich verhält es sich mit dem Geschäftsführergehalt. Auch hier hat die Finanzbehörde keinesfalls die Behauptung der nachträglichen Gewährung eines Geschäftsführergehaltes an sich als unrichtig verworfen, sondern vielmehr Ausmaß und zeitliche Wirksamkeit dieser außerordentlichen Bezugsgewährung in einem eingeschränkten Umfang (nämlich nur 50.000 S/mtl anstatt 60.000 S bzw nur für das Jahr 1981 rückwirkend und nicht für sechs Jahre) anerkannt. Inwiefern der Angeklagte dessenungeachtet in bezug auf den nicht anerkannten Teil vorsätzlich gehandelt haben soll und nicht etwa im Sinne seiner Verantwortung bloß von Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Gebrauch zu machen glaubte (dies vor allem im Hinblick auf die Offenlegung der Transaktionen in den Steuererklärungen), ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Auch in diesem Punkte besteht der Beschwerdevorwurf einer mangelhaften Urteilsbegründung sohin zu Recht.

Demnach zeigt sich, daß die (abermalige) Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, weshalb - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben war (§ 285 e StPO).

Damit sind die Berufungen des Angeklagten und des Finanzamtes Salzburg-Stadt gegenstandslos.

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