OGH 9ObA193/95

OGH9ObA193/956.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter und Dipl.Ing.Raimund Tschulik als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Michael F*****, technischer Redakteur,***** vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei N*****gmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 429.555,54 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.September 1995, GZ 8 Ra 34/95-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Oktober 1994, GZ 33 Cga 55/94b-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 19.080 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 3.180 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Im Jahre 1987 bestanden Überlegungen, die Zeitschrift, bei deren Produktion der Kläger zuletzt als Redakteur tätig war, einzustellen. Die Angestellten gründeten einen Verein zur Weiterführung des Blattes; dieser Verein, dessen Mitglied auch der Kläger war, ist Kommanditist der beklagten Partei. Von Beginn des Betriebes der Zeitung durch die neuen Eigentümer kam es immer wieder zu finanziellen Engpässen. Die finanzielle Problematik war den Angestellten bekannt; später eintretende Angestellte, wie der Kläger, dessen Dienstverhältnis am 14.12.1987 begann, wurden über diese Umstände aufgeklärt. Immer wieder wurden über längere Zeiträume auf die Gehälter nur Teilzahlungen geleistet; die Auszahlung der Restbeträge erfolgte jeweils nach Eingang der Presseförderung.

Duldet ein Arbeitnehmer während eines längeren Zeitraumes Verstöße des Arbeitgebers gegen die Fälligkeitsbestimmungen des § 15 AngG, dann kann er diese Verstöße nicht ohne weiteres zum Anlaß eines vorzeitigen Austritts nehmen, weil er mit der (auch stillschweigenden) Duldung zu erkennen gegeben hat, daß ihm die Weiterbeschäftigung nicht unzumutbar erscheint und er daher auf die Ausübung seines Austrittsrechtes vorläufig verzichtet. In einem solchen Fall muß der Angestellte den Dienstgeber unter Einräumung einer Nachfrist auffordern, fällige Entgelte nachzuzahlen und in Hinkunft den gesetzlichen Fälligkeitstermin zu beachten. Ein vorzeitiger Austritt kommt nur in Betracht, wenn der Dienstgeber ungeachtet einer solchen Aufforderung seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Dabei muß die Nachfrist zur Zahlung fälliger Entgelte so bemessen sein, daß dem Dienstgeber die Erfüllung der Verpflichtung innerhalb dieser Frist möglich ist (Arb 10.605 uva).

Der Kläger hatte wohl im Jahre 1992 (der Austritt erfolgte im März 1994) rückständige Gehälter unter Austrittsdrohung eingemahnt; zwischen den Parteien kam es damals zu einer Einigung über die Zahlung des offenen Entgeltes. Dafür, daß er an die beklagte Partei auch eine Aufforderung gerichtet hätte, in Hinkunft die Gehaltstermine einzuhalten, ergibt sich aus den Feststellungen kein Anhaltspunkt. Im übrigen erfolgten längere Zeit vor der Austrittserklärung die Gehaltszahlungen nur unregelmäßig und in Form von teilweise geringen Akonti, ohne daß der Kläger darauf reagiert hätte. Die beklagte Partei apellierte auch wiederholt an die Rücksichtnahme der Angestellten auf ihre finaziellen Schwierigkeiten und diese Rücksichtnahme wurde ihr auch vom Kläger durch längere Zeiträume entgegengebracht. Unter diesen Umständen war der Austritt des Klägers ohne vorherige Nachfristsetzung nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 44, 50 Abs 1 ZPO.

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