OGH 13Os125/95

OGH13Os125/956.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ing.Klaus H***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung des Privatbeteiligten Josef G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 2.Mai 1995, GZ 29 Vr 2319/94-245, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch rechtskräftige Freisprüche des Angeklagten sowie die Verweisung von Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg enthaltenden) Urteil wurde Ing.Klaus H***** der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (A), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 StGB (B) und der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB (D) sowie der Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 StGB (C), der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (E) und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (F) schuldig erkannt.

Damit wird ihm (zusammengefaßt wiedergegeben) angelastet, in insgesamt siebzehn Fällen von Oktober 1990 bis April 1994 gewerbsmäßig durch Vortäuschung seiner Zahlungswilligkeit und/oder -fähigkeit sowie Verschweigen eines gegen ihn seit 1986 laufenden Konkursverfahrens verschiedene Personen getäuscht und ihm gegenüber zu Dienstleistungen und Herausgabe von Gebrauchsgütern verleitet und sie insgesamt um einen Betrag von etwa 238.000 S geschädigt sowie auf ebensolche Weise durch Vorlage einer falschen Urkunde die Einräumung eines Kredites in unbekannter Höhe erreicht zu haben (A).

Ferner liegt ihm zur Last, zwischen April 1989 und Mai 1992 einen ihm (für den Verkauf von Gesellschaftsanteilen) übergebenen Bargeldbetrag von 600.000 S mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz an sich gebracht (B), in zwei Fällen (von Oktober 1990 bis Juni 1993) die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumt Verfügungs- und Verpflichtungsbefugnis über fremdes Vermögen wissentlich (durch Scheckeinlösung, Überweisung und Abbuchung zur Bewilligung von Kontenüberziehungen bei Sparkassen) mißbraucht und dadurch einen Schaden von etwa 370.000 S herbeigeführt (C), als Schuldner mehrerer Gläubiger Bestandteile seines Vermögens verheimlicht bzw beiseitegeschafft und dadurch von 1989 bis 1994 in insgesamt fünf Fällen die Befriedigung zumindest eines Teiles seiner Gläubiger vereitelt oder geschmälert (Schaden etwa 840.000 S und 280.000 DM; D) sowie nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit vom 11.Juni 1986 bis 2. Mai 1995 durch teilweise bzw gänzliche Befriedigung von Gläubigern diese begünstigt und andere benachteiligt zu haben (E).

Letztlich wird ihm angelastet, von November 1993 bis Mai 1994 durch Unterlassung von Unterhaltszahlungen für seinen (am 23.Mai 1993 geborenen) Sohn seine im Gesetz begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt zu haben (F).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 1 a, 3, 5, 5 a, 9 lit a und b StPO; indes zu Unrecht.

Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund (Z 1 a) rügt der Angeklagte, daß bei Aufnahme des später in der Hauptverhandlung verlesenen (213, V) Protokolls über frühere Zeugenvernehmungen (ON 242) eine als Verteidigerin (noch) nicht befugte Rechtsanwaltsanwärterin eingeschritten sei.

Damit wird jedoch weder das Fehlen eines Verteidigers während der Hauptverhandlung behauptet, noch, daß dem Angeklagten und seinem Vertreter (die beide von diesem Termin in Kenntnis waren) die Gelegenheit verwehrt worden wäre, sich an der - außerhalb der Hauptverhandlung erfolgten - Vernehmung zu beteiligen (s § 162a StPO) oder die in der folgenden Hauptverhandlung vorgenommenen Verlesung der Zeugenprotokolle gemäß § 252 Abs 1 StPO unter Nichtigkeitssanktion gestanden sei.

Unter Z 3 des § 281 Abs 1 StPO wird eine, übrigens in der bezogenen Gesetzesstelle gar nicht als nichtigkeitsbegründende Verletzung des § 270 StPO behauptet. Es bestehe ein Widerspruch zwischen der Verweisung von Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg im Urteilsspruch und den diese als rechtsirrig darstellenden Gründen. Das Erstgericht hat damit jedoch keine zum Urteilstenor widersprüchliche Entscheidung getroffen, sondern vielmehr dargetan, daß die Verweisung von Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg auf einem Verkennen der Rechtslage im Zeitpunkt der Urteilsverkündung beruht.

Auch der Vorwurf der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe keine Feststellungen über die Einnahmesituation des Angeklagten getroffen (weshalb aus seinem Verhalten das Vorliegen der subjektiven Tatseite zum Betrug nicht ableitbar sei), geht ins Leere. Die Tatrichter haben vielmehr diese Einkommenssituation in ihre Erwägungen einbezogen (US 17 f). Sie sind des weiteren auch von mangelnder Zahlungswilligkeit des Beschwerdeführers ausgegangen (US 20 ff) und haben dies durch ausdrückliche Hinweise auf einzelne Zeugenaussagen und das Gesamtverhalten des Angeklagten begründet (US 38 ff).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) bemängelt (zu B) das Unterlassen der Vernehmung von Thomas B***** und Rechtsanwalt Dr.Reinhold G***** sowie der Einholung von Auskünften der spanischen Zollbehörde in Gran Canaria und der "Caja Insolar de Ahors" (einschließlich der Einsicht in Konten dieser Bank). Dadurch hätte bewiesen werden können, daß der Angeklagte dem Josef G***** einen Betrag von 500.000 S zurückerstattet habe. Ähnliches gilt für die Beschwerdeausführungen zu A/3 (D***** AG *****) der Anklageschrift.

Damit vermag jedoch die Beschwerde weder aus den Akten hervorkommende erhebliche Bedenken gegen die der Entscheidung zugrunde gelegten wesentlichen Tatsachenfeststellungen hervorzurufen, noch eine gravierende Außerachtlassung der Pflicht des Schöffengerichts zur amtswegigen Erforschung der Wahrheit aufzuzeigen. Die vom Angeklagten gestellten Beweisanträge (vgl S 89/V f) wurden in der Hauptverhandlung vom 2.Mai 1995 zurückgezogen (S 217/V), sodaß dem Erstgericht deshalb auch keine Verletzung der Grundsätze eines konventionskonformen, fairen Verfahrens unterlaufen ist. Es bedurfte aber auch nicht der erwähnten Beweismittel zur amtswegigen Wahrheitsfindung, zumal die (vom Tatgericht als unbedenklich erkannte) Aussage des Zeugen G*****, der Schriftverkehr zwischen diesem und dem Angeklagten, sowie eine Fülle weiterer im Urteil zitierter Indizien für die Unrichtigkeit der Verantwortung des Angeklagten zur Verfügung stehen (US 51 ff). Dem Beschwerdevorbringen zuwider hat das Erstgericht auch hinreichend begründet, warum es der die Angaben des Angeklagten indirekt bestätigenden Aussage der Zeugin Gabriele S***** (und zwar insgesamt) keinen Glauben schenkte (US 53). Zum Faktum A/3 des Urteils (nicht der Anklageschrift, wie irrtümlich die Beschwerde ausführt) sind solche Bedenken gleichfalls unbegründet. Auch diesfalls ist hinreichend begründet, weswegen (nämlich vor allem im Hinblick auf die einvernehmlich verlesene Auskunft der ***** Bank vom 22.November 1994; S 255/IV) das Vorliegen des (bedingten) Betrugsvorsatzes zum Zeitpunkt der Scheckausstellung anzunehmen ist (US 40).

Eine Rechtsrüge kann nur dann erfolgreich sein, wenn auf Basis des gesamten Urteilssachverhaltes der Nachweis der rechtsirrtümlichen Beurteilung geführt wird. Der Vorwurf (Z 9 lit a), das Tatgericht habe weder ausdrückliche Feststellungen zur subjektiven noch solche zur objektiven Tatseite getroffen, vernachlässigt im vorliegenden Fall diese prozeßrechtlichen Voraussetzungen. Denn das Erstgericht hat die seine rechtliche Beurteilung tragenden Feststellungen sowohl zum Grundtatbestand des Betruges als auch zur Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit getroffen (US 3, 20 und 50). Soweit damit (zu A/1) die Feststellung, der Angeklagte habe die Zeugin P***** in Irrtum geführt, als unzutreffend bemängelt und zum Beweis des Fehlens eines Vorsatzes die Aussage der Zeugin S***** angeführt wurde, verläßt die Beschwerde ebenso in prozeßordnungswidriger Weise den Boden des Urteilssachverhaltes und bringt damit den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Gleiches gilt für die Beschwerdeausführungen zu den Konstatierungen, wonach der Angeklagte Geschäftsbeziehungen zur Firma E***** ausgenützt (A/2) und bei der ***** Bank in ***** keinen Überziehungsrahmen gehabt habe (A/3). Die Beschwerde unternimmt ein weiteres Mal den Versuch, unter Bezugnahme auf die vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnte Aussage der Zeugin S***** die Urteilsfeststellungen (US 22 und 40) zu bekämpfen, statt von diesen ausgehend einen Mangel an (weiteren) Feststellungen aufzuzeigen.

Im Hinblick auf die mangelnde Deckung der ausgestellten Schecks bzw den fehlenden Kreditrahmen war dem Beschwerdevorbringen zuwider eine allenfalls verspätete Scheckvorlage nicht entscheidungswesentlich (Z 5).

Soweit die Rechtsrüge weiters behauptet, in den vom Angeklagten der ***** Bank AG in R***** vorgelegten Urkunden sei sein Gehalt bei der K***** GesmbH nur irrtümlich als Gehalt bei der S***** GesmbH angeführt worden (A/17), vernachlässigt sie neuerlich prozeßordnungswidrig die bezüglichen Urteilsfeststellungen (US 26).

Sie geht auch zur angelasteten Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Leere. Das Urteil legt dem Angeklagten gröbliche Verletzung der im Familienrecht begründeten Unterhaltspflicht zur Last (US 7, 35, 36; vgl Leukauf-Steininger, Komm3, § 198 RN 9 f). Der Angeklagte behauptet im Rechtsmittel den Nichterhalt eines die Höhe der Unterhaltszahlungen festlegenden Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung. Ein solches sei nicht ihm sondern dem (zur Zahlung dieses Betrages aus der Masse verpflichteten) Masseverwalter zugestellt worden, weshalb er keine Kenntnis von seiner bescheidmäßigen Verpflichtung gehabt habe. Damit geht er jedoch, unzulässig Neuerungen vorbringend, sogar von den auf seiner eigenen Verantwortung beruhenden Urteilsfeststellungen ab (US 63), wonach er einen diesbezüglichen Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung erhalten hat.

Entgegen der Beschwerde sind auch die sonst erforderlichen Feststellungen seines (Eventual-)Vorsatzes betreffend die Wissens- und Willenskomponente dem Urteil zu entnehmen, der Rechtsrüge ermangelt es auch im diesem Zusammenhang der prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Letztlich behauptet die Rechtsrüge (Z 9 lit b) zu den Urteilsfakten B/2 (richtig: D/2), D/4 und 5, der Angeklagte sei einem schuldausschließenden Irrtum unterlegen (§ 9 StGB), weil er von seinem Rechtsanwalt Dr.G***** bzw dem Masseverwalter Rechtsanwalt Dr.W***** die falsche Auskunft erhalten habe, er dürfe trotz des im Inland anhängigen Konkurses über sein ausländisches Vermögen verfügen bzw habe von letzterem die ausdrückliche Zustimmung erhalten, auch nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einzelne seiner Gläubiger zur Gänze zu befriedigen und mit diesen im Februar 1990 die Beendigung seiner Zahlungen an die Masse vereinbart.

Damit übergeht die Beschwerde neuerlich die anderslautenden Konstatierungen des Schöffengerichts (US 57 ff), das eine Gutgläubigkeit des Angeklagten als bloße Schutzbehauptung zurückwies (US 58) und deswegen ausdrücklich Feststellungen über eine Vereinbarung mit dem Masseverwalter bzw über dessen Zustimmung zur Einstellung von Zahlungen an die Masse sowie zur teilweisen gänzlichen Befriedigung einzelner Gläubiger (Faktum E) abgelehnt hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit teils als offenbar unbegründet, teils als nicht den verfahrensrechtlichen Erfordernissen gemäß ausgeführt schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285 i StPO).

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