OGH 9ObA165/95

OGH9ObA165/956.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter und Dipl.Ing.Raimund Tschulik als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing.Horst M*****, vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S***** AG, ***** vertreten durch Dr.Franz-Christian Sladek und Dr.Michael Meyenburg, Rechtsanwälte in Wien, wegen 208.359,26 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.Juni 1995, GZ 10 Ra 51/95-101, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14.Oktober 1994, GZ 13 Cga 265/93x-97, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht zur amtswegigen Berichtigung des angefochtenen Urteiles durch Beisetzen des Ausspruches, ob die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig ist, zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei die Zahlung eines Betrages von 1,000.000 S brutto. Er habe mit der beklagten Partei ein Dienstverhältnis begründet und sei aufgrund einer Entsendungsvereinbarung bei der S***** Ltd eingesetzt worden. Die beklagte Partei habe die befristete Entsendungsvereinbarung und auch das Dienstverhältnis des Klägers vereinbarungswidrig gelöst. Unter Berücksichtigung der von der beklagten Partei geleisteten Zahlungen stehe dem Kläger der begehrte Betrag zu.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage.

Mit Zwischenurteil vom 12.2.1992 stellte das Erstgericht fest, daß die im Verfahren geltend gemachten Ansprüche des Klägers aus dem Dienstvertrag und der Entsendungsvereinbarung dem Grunde nach zu Recht bestehen. Da die Auflösung der Entsendungsvereinbarung und des Dienstvertrages zu Unrecht bzw fristwidrig erfolgt sei, bestehe ein Anspruch des Klägers auf die Zahlungen, die bei vertragskonformem Verhalten von der beklagten Partei zu leisten gewesen wären. Berufung und Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil hatten keinen Erfolg. Dieses ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens war die Höhe der Ansprüche des Klägers. Der Kläger der sein Begehren nach Leistung einer Zahlung durch die beklagte Partei einschränkte und auf ein Nettozahlungsbegehren umstellte, vertrat den Standpunkt, daß die bevorzugte steuerliche Behandlung, die seine Entgeltansprüche während der Entsendung genossen, bei der Ermittlung des Nettobetrages seiner Ansprüche zu berücksichtigen sei.

Mit Zwischenurteil vom 14.10.1994 sprach das Erstgericht aus, daß dem Kläger die Entgeltansprüche aus der Entsendungsvereinbarung und dem Dienstvertrag in jener Höhe zustehen, wie sie bei tatsächlich aufrechter Entsendung zu berechnen und auszuzahlen gewesen wären. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge; ein Ausspruch gemäß § 45 Abs 1 ASGG unterblieb.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das noch offene Begehren abgewiesen werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 46 Abs 1 ASGG ist die Revision grundsätzlich nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Gemäß § 45 Abs 1 ASGG hat das Berufungsgericht in seinem Urteil auszusprechen, ob die Revision nach § 46 Abs 3 zulässig ist, und diesen Ausspruch kurz zu begründen. Nur in den Fällen des § 46 Abs 3 ASGG ist die Revision auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 zulässig; in solchen Fällen hat auch ein Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision zu unterbleiben (§ 45 Abs 3 ASGG).

Von den Fällen des § 46 Abs 3 ASGG könnte für den vorliegenden Fall nur die Z 1 in Frage kommen. Danach ist die Revision in Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt 50.000 S übersteigt oder wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses strittig ist. Verfahren "über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses" sind solche, in denen es um die Berechtigung oder die Art der Beendigung geht, auch wenn diese Frage nur als Vorfrage bei Prüfung eines geltendgemachten Zahlungsanspruches zu klären ist (idS auch Fink ASGG 111). Der Gesetzgeber wollte damit ua die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Berechtigung; Art und Zeitpunkt der Beendigung) einer weitgehenden Überprüfung durch das Höchstgericht zugänglich machen, weil gerade diesen Fragen häufig eine sehr wesentliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall ist die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits rechtskräftig entschieden. Es steht fest, daß die Lösung des Dienstverhältnisses und der Entsendungsvereinbarung vertragswidrig erfolgte. Gegenstand des Verfahrens ist nur mehr die Frage, in welcher Höhe die Ansprüche des Klägers gerechtfertigt sind. Seit der Rechtskraft des Zwischenurteils vom 12.2.1992 handelt es sich daher nicht mehr um ein Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, weil die damit im Zusammenhang stehenden Fragen nicht mehr Verfahrensgegenstand sind.

Da ein Fall des § 46 Abs 3 ASGG sohin nicht vorliegt, hätte das Berufungsgericht im Sinne des § 45 Abs 1 ASGG einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision in seine Entscheidung aufzunehmen gehabt. Die Unterlassung dieses Ausspruches stellt eine offenbare Unrichtigkeit dar, die nach § 419 ZPO berichtigt werden kann und muß (SSV-NF 2/1 mwH).

Sollte das Berufungsgericht aussprechen, daß die Revision nicht zulässig ist, dann wäre die bereits erstattete Revision dem Rechtsmittelwerber nach § 84 ZPO zur Verbesserung durch Anführung der im § 506 Abs 1 Z 5 ZPO bei einer außerordentlichen Revision vorgeschrieben gesonderten Gründe zurückstellen (Petrasch, ÖJZ 1985, 257 ff [300]).

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