OGH 7Ob39/95(7Ob40/95)

OGH7Ob39/95(7Ob40/95)29.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei B***** Versicherungs-AG *****, vertreten durch Dr.Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Hubert S***** GmbH & Co KG, 2.) Hubert S*****, vertreten durch Dr.Wofgang Schimek, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen S 67.086,80 sA und S 27.225,20 sA (Revisionsinteresse S 67.086,80 sA), infolge Revision und Rekurs der beklagten Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluß des Landesgerichtes Krems a.d. Donau vom 7.Juli 1995, GZ 2 R 157/95-45, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Krems a.d. Donau vom 28.Februar 1995, GZ 4 C 250/93p-39, teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung und ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Allgemeine Versicherungsbedingungen werden als Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil, wenn sie vertraglich vereinbart worden sind (SZ 63/203; SZ 63/54 uva). Für die Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen genügt es im allgemeinen, daß dem Kunden deutlich erkennbar ist, daß der Unternehmer nur zu seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrahieren will, und der Kunde sich unterwirft; dafür wird gefordert, daß zumindest ein Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Vertragsunterlagen deutlich aufscheint und der Kunde die Möglichkeit hat, den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erfahren (SZ 63/54; SZ 63/203 uva). Die Anführung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf dem vom Kunden unterzeichneten Antragsformular reicht unter diesen Voraussetzungen für eine wirksame Vereinbarung aus (SZ 63/54; VR 1993/305 ua).

Die Klägerin hat in ihrem Antragsformular an deutlich sichtbarer Stelle darauf hingewiesen, daß der Versicherungsantrag vom 1.1.1989 zu den behördlich genehmigten Versicherungsbedingungen und den vereinbarten "Besonderen Bedingungen" erfolgt. Die Erstbeklagte hat sich mit der Unterfertigung dieses Antrages im Rahmen der in der Betriebs-Gesamtversicherung enthaltenen Betriebshaftpflicht-Versicherung den damals geltenden AHVB 1986 unterworfen. Demnach wurde auch deren Art 11 Pkt. 3.1 Vertragsinhalt. Die Parteien haben demnach für die Prämienregulierung folgendes vereinbart: Insoweit die Prämie vertragsgemäß aufgrund der Lohn- und Gehaltsumme, des Umsatzes oder anderer zahlenmäßiger Angaben zu berechnen ist, wird der Bemessung zunächst eine den zu erwartenden Verhältnissen entsprechende Größe zugrundegelegt; nach Ablauf einer jeden Verischerungsperiode hat der Versicherungsnehmer die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Größen anzugeben und auf Verlangen nachzuweisen, ferner mitzuteilen, ob und welche Erhöhungen oder betriebs- oder berufsbedingte Erweiterungen des versicherten Risikos eingetreten sind; dieser Verpflichtung hat der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monates nach Erhalt der Anfrage des Versicherers nachzukommen; der Versicherer hat nach Empfang der Angaben des Versicherungsnehmers die endgültige Abrechnung vorzunehmen; der Mehr- oder Minderbetrag an Prämie ist einen Monat nach Empfang der Abrechnung fällig.

Der Versicherungsantrag enthält mit den Worten "Bruttojahreslohnsumme lt. Beilage" einen weiteren Hinweis auf die Maßgeblichkeit der Bruttojahreslohnsumme für die Berechnung der Jahresprämie. Die für die Prämie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages maßgebende Lohnsumme wurde auf der genannten Beilage mit S 500.000,-- angegeben.

Die Erstbeklagte hat der Klägerin über deren Verlangen die für den Zeitraum 1.3.1990 bis 1.3.1991 ermittelte Lohnsumme mit S 6,430.000,-- bekanntgegeben. Vertragsgemäß hatte die Erstbeklagte daher die auf dieser Basis - der Höhe nach nicht mehr bekämpfte - Prämie zu zahlen.

Die Beurteilung, daß die aufgrund der höheren Lohnsumme ermittelte Prämienregulierung "vertragsgemäß" im Sinne des Art 11 Pkt 3.1 AHVB 1986 ist, ergibt sich somit bereits aus der zitierten Rechtsprechung. Die zum Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das Teilurteil gegebene Begründung, daß zu dieser Frage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe, trifft daher nicht zu.

Die im Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß enthaltenen Ausführungen, daß die Klägerin zu der im Betrag von S 21.375,-- eingewendeten Gegenforderung auf Erbringung einer Versicherungsleistung aus einem Versicherungsfall vom Juli 1992 nicht die Voraussetzungen für die behauptete Leistungsfreiheit wegen Nichtzahlung einer Folgeprämie vorgetragen habe, sie also wegen der ihr obliegenden Beweislast insoweit auch ein unschlüssiges Vorbringen erstattet habe, so daß die Sache schon im Sinne des Zurechtbestehens der Gegenforderung spruchreif gewesen wäre, berührt ebenfalls keine erhebliche Frage im Sinne des Revisions-(Rekurs-)rechts. Die Klägerin ist der Gegenforderung aber auch mit dem ausreichenden Vorbringen entgegengetreten, daß die Ablehnung der Deckung des Versicherungsfalles vom Juli 1992 ua wegen Prämienrückstandes erfolgte. Schon aufgrund dieses Vorbringens ist daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit gemäß § 39 Abs 2 VersVG (hier noch idF vor BGBl 1994/509), gegeben sind. Eines ausdrücklichen Vorbringens, daß eine qualifizierte Mahnung vorliege, der Versicherungsfall nach Ablauf der gesetzten Frist eingetreten und die Erstbeklagte in diesem Zeitpunkt mit der Zahlung der Folgeprämie oder der geschuldeten Zinsen oder Kosten in Verzug war, bedurfte es dazu nicht, wenngleich die Klägerin dafür die Beweislast trifft (VR 1982, 173; VersR 1972, 676). Zu Recht hat daher das Berufungsgericht in diesem Umfang einen Feststellungsmangel wahrgenommen.

Ungeachtet des nicht bindenden (§ 508 a Abs 1, § 526 Abs 2 ZPO) Ausspruches des Berufungsgerichtes, daß die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien, waren die Rechtsmittel der beklagten Parteien mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung und der Rekursbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittel der Beklagten nicht hingewiesen.

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