OGH 5Ob95/94

OGH5Ob95/9428.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Franz S*****, und 2. Hermine S*****, beide wohnhaft in *****, beide vertreten durch Dr.Markus Distelberger, Rechtsanwalt in Herzogenburg, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes und anderer Grundbuchshandlungen, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten, als Rekursgericht vom 25.Mai 1994, AZ R 179/94, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 3.Februar 1994, TZ 1384/94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Übergabsvertrag vom 23.8.1993 übergaben die Eltern bzw Schwiegereltern der Antragsteller diesen ihren landwirtschaftlichen Betrieb, jedoch mit Ausnahme des Grundstückes Nr ***** (allein) inneliegend in der EZ ***** GB *****, im Ausmaß von 13.000 m2 samt allem Inventar (II des Übergabsvertrages).

Das Erstgericht wies die u.a. begehrte Einverleibung des Eigentumsrechtes der Antragsteller mangels grundverkehrsbehördliche Genehmigung ab. Ausgehend davon, daß der landwirtschaftliche Betrieb nicht zur Gänze übergeben würde, bestünden Zweifel, ob die übergebenen Liegenschaften noch einen (landwirtschaftlichen) Betrieb bildeten. Es wäre daher die Entscheidung der Grundverkehrskommission notwendig (MGA GBG4 § 2 nöGVG E 17).

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Antragsteller gab das Rekursgericht nicht Folge. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem S 50.000,-- übersteigenden Betrag und sprach aus, daß der ordentlichen Revisionsrekurs zulässig sei. Aus dem Übergabsvertrag gehe zwar die Absicht hervor, einen lebensfähigen bäuerlichen Betrieb samt Zubehör gegen ein Ausgedinge zu übergeben. Durch den Vorbehalt einer Liegenschaft seitens der Übergeber würden jedoch Zweifel geweckt, ob die Ausnahme gemäß § 2 Abs 2 nöGVG von der grundsätzlich erforderlichen Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gegeben sei. Gemäß § 3 Abs 2 nöGVG sei es Aufgabe der Grundverkehrsbehörde, unwirtschaftliche Teilungen landwirtschaftlichen Grundbesitzes und die damit verbundene Schwächung des Bauernstandes zu verhindern. Bei Zurückbehaltung eines (nicht völlig unwesentlichen) Teiles eines landwirtschaftlichen Betriebes durch die Übergeber habe daher über die Genehmigungspflicht des Rechtsgeschäftes ausschließlich die Grundverkehrsbezirkskommission zu entscheiden. Zufolge des Einheitswertes der Liegenschaften von S 263.000,-- übersteige der Entscheidungsgegenstand jedenfalls S 50.000,--. Mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Genehmigungserfordernis hiezu liege eine erhebliche Rechtsfrage vor, der wegen der Vielzahl der übergebenen Landwirtschaftsbetriebe eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukomme.

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller ist aus dem vom Rekursgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber führen im wesentlichen folgendes aus: Die vom Erst- und vom Rekursgericht zitierte Entscheidung beziehe sich auf das nöGVG 1973; im anzuwendenden nöGVG 1989 werde der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebes nicht mehr definiert. Aus der Definition des Landwirtes im § 1 Z 2 sei abzuleiten, daß es bei einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr darauf ankomme, daß der Betriebsinhaber seinen Lebensunterhalt vorwiegend aus dem Betrieb erzielt, sondern nur zu einem erheblichen Teil. Allein aus dem im Übergabsvertrag enthaltenen Einheitswert gehe hervor, daß die Übernehmer aus dem ihnen übergebenen Betrieb einen erheblichen Teil ihres Lebensunterhaltes bestreiten könnten. Die Auslegung des Begriffes land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 2 Abs 2 lit c Z 2 nöGVG sei nicht der Grundverkehrsbezirkskommission vorbehalten, sondern könne auch durch das Grundbuchsgericht erfolgen, zumal § 18 Abs 1 nöGVG die Vorlage eines zustimmenden Bescheides nur in den Fällen des § 2 Abs 1 vorsehe. Das Grundbuchsgericht habe lediglich das Einverleibungsbegehren anhand der vorgelegten Urkunden zu prüfen, es habe aber nicht die Aufgaben der Grundverkehrsbehörde wahrzunehmen und Überlegungen anzustellen, ob infolge der Zurückbehaltung eines Grundstückes im Ausmaß von 1,3 ha durch die Übergabe eine Schwächung oder Aufspaltung eines lebensfähigen bäuerlichen Betriebes eintreten könnte.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 94 Abs 1 GBG darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligt werden, wenn keine Zweifel bezüglich der materiell rechtlichen Frage aufkommen können (MGA GBG4 § 94 GBG E 6). Das Verhältnis der übergebenen zu den zurückbehaltenen Liegenschaftsflächen kann zwar ein Indiz dafür sein, daß die Übergabe eines Teiles eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dem "allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes" nicht widerstreitet (§ 3 Abs 1 nöGVG). Das Vorliegen eines Widerstreits im Sinne des § 3 Abs 2 nöGVG kann jedoch seitens des Grundbuchsgerichtes weder angenommen noch ausgeschlossen werden, weil die Voraussetzungen der grundverkehrsbehördlichen Zustimmungspflicht nur durch die Grundverkehrsbehörde zu beurteilen sind. Der Begründung des Rekursgerichtes, daß Ausnahmsbestimmungen einschränkend auszulegen seien (S 3 der Rekursentscheidung), kann allerdings nicht gefolgt werden, solche Bestimmungen sind vielmehr im Rahmen ihres engeren Zwecks dabei auch einer ausdehnenden Auslegung zugänglich auszulegen (vgl F.Bydlinski Methodenlehre2, 440; derselbe - in Rummel, ABGB2, Rz 25 lit f zu § 6 mwN). Hier hat aber im Rahmen des § 94 Abs 1 GBG das Grundbuchsgericht keine Möglichkeit, allfällige Zweifel an dem Erfordernis einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auszuräumen. Schließlich ist es ja auch Aufgabe des Vorsitzenden der Grundverkehrsbezirkskommission gemäß § 11 Abs 5 nöGVG (bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen) die Zustimmung zu erteilen und gemäß § 2 Abs 2 lit c nöGVG festzustellen, daß ein Rechtsgeschäft nicht der Zustimmung der Grundverkehrs-Bezirkskommission bedarf. Würde diese Prüfung durch das Grundbuchsgericht erfolgen, so bedeutete dies einen Eingriff in die Aufgaben der Grundverkehrsbehörde.

Da die nach § 18 Abs 1 nöGVG erforderliche Urkunde nicht vorliegt, kann dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein.

Stichworte