OGH 7Ob588/95

OGH7Ob588/9522.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Kinder Christian V*****, und Brigitte V*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft S*****, Amt für Jugend und Familie, als Unterhaltssachwalter, infolge dessen Revisionsrekurses gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 28.Juni 1995, GZ 21 R 355/95-30, womit der Rekurs des Unterhaltssachwalters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22.März 1995, GZ 20 P 163/93-25, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Gericht zweiter Instanz wird eine Entscheidung über den Rekurs des Unterhaltssachwalters ON 27 unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Die Ehe des Rene und der Gertrude V***** wurde am 8.10.1993 geschieden. Die beiden aus dieser Ehe stammenden Kinder Christian und Brigitte befinden sich in Obsorge der Mutter Gertrude V*****. Der Vater Rene V***** ist aufgrund des anläßlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleiches zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 4.000 für Christian und von S 3.000 für Brigitte verpflichtet.

Mit am 6.5.1994 eingelangten, mit den ON 5 (Christian) und 6 (Brigitte) versehenen Eingaben (Außerstreit F 180/2) begehrte der Unterhaltssachwalter die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach §§ 3, 4 Z 1 UVG in Höhe von S 4.000 monatlich für Christian und von S 3.000 monatlich für Brigitte. Am 22.9.1994 schränkte der Unterhaltssachwalter das Vorschußbegehren für Christian für die Zeit ab 1.8.1994 auf S 1.900 monatlich ein, weil Christian am 1.8.1994 eine Lehre begonnen habe. Am 18.11.1994 beantragte der Vater, ihn infolge einer Erkrankung von seiner Unterhaltsverpflichtung zur Gänze zu entheben.

Mit Beschlüssen je vom 22.3.1995 bewilligte das Erstgericht monatliche Unterhaltsvorschüsse für Christian in Höhe von S 4.000 und für Brigitte in Höhe von S 3.000 je für die Zeit vom 1.5.1994 bis 30.11.1994. Diese Beschlüsse wurden auf dem hiefür vorgesehenen Abschnitt des Antragsformulars Außerstreit Form 180/2 ausgefertigt und nicht mit einer eigenen Ordnungsnummer versehen. Auf den noch im Akt befindlichen Durchschriften ist die Ordnungsnummer jeweils nicht erkennbar. Die Aktenzahl ist auf den Originalen mit 20 P 163/93 und auf den Durchschlägen mit 20 P 104/93 angeführt. Auf dem den minderjährigen Christian betreffenden Durchschlag des Beschlusses ist das Datum, bis zu dem der Vorschuß gewährt wird (im Original: 30.11.1994), vollkommen unleserlich.

Mit einem weiteren Beschluß vom 22.3.1995, ON 25, änderte das Erstgericht "den Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22.3.1995, Zahl 20 P 163/93, ON 5, mit welchen dem Minderjährigen ein monatlicher Unterhaltsvorschuß in Höhe von S 4.000 für die Zeit vom 1.5.1994 bis 30.11.1994 bewilligt worden ist", dahin ab, daß dem Minderjährigen mit Wirkung vom 1.8.1994 nur mehr ein monatlicher Unterhaltsvorschuß von S 1.900 gewährt werde. Diesen Beschluß begründete das Erstgericht damit, daß Christian seit 1.8.1994 als Bürokaufmannslehrling eine monatliche Lehrlingsentschädigung von S 4.693,50 beziehe, weshalb sich der vom Vater zu entrichtende Unterhaltsbeitrag auf S 1.900 mindere. Eine Begründung für die zeitliche Befristung mit 30.11.1994 findet sich in keinem der angeführten Beschlüsse. Sämtliche Beschlüsse wurden dem Unterhaltssachwalter mit derselben Post am 27.3.1995 zugestellt.

In seinem am 31.3.1995 eingelangten Rekurs bekämpft der Unterhaltssachwalter den Endtermin der Vorschußgewährung betreffend Christian und beantragt die Abänderung dahin, "daß der Unterhaltsvorschuß nicht mit 30.11.1994 auslaufen soll, sondern mit 30.4.1997 und ab 1.12.1994 lediglich die Innehaltung der Unterhaltsvorschüsse angeordnet wird". Wie sich aus der Begründung des Rekurses ergibt, ging der Unterhaltssachwalter von der Annahme aus, daß der Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters Anlaß für die Befristung gewesen sei. Der bekämpfte Beschluß wurde im Rekurs mit "20 P 163/93-25 vom 22.3.1995" bezeichnet.

Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs zurück. Da sich der Rekurs ausdrücklich gegen den Beschluß ON 25 richte, sei der Beschluß ON 5, mit welchem das Ende der gewährten Vorschüsse mit 30.11.1994 ausgesprochen worden sei, in Rechtskraft erwachsen. Es stehe daher dem Minderjährigen nicht zu, im Rahmen der Bekämpfung des Beschlusses ON 25 auch eine Verlängerung des Gewährungszeitraumes zu erreichen, so daß ihm die Beschwer fehle. Selbst wenn man aber davon ausginge, daß auch der Beschluß ON 5 hinsichtlich des Gewährungszeitraumes angefochten worden sei, wäre mit einer Zurückweisung vorzugehen, weil eine konkrete, sich aus dem Gesetz ergebende Gewährungsdauer nicht bestehe. Es wäre Sache des antragstellenden Kindes, einen konkreten Zeitraum zu beantragen. Das verwendete Formblatt Außerstreit Form 180/2 sehe hiefür zwar keinen Raum vor. Dessenungeachtet sei der Antragsteller nicht beschwert, wenn er den Gewährungszeitraum dem Gericht anheim gestellt habe und wenn das Gericht den Dreijahreszeitraum nicht ausgeschöpft habe. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu dieser Rechtsfrage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Unterhaltssachwalters ist zulässig und berechtigt.

Im Revisionsrekurs wird zunächst darauf hingewiesen, daß der Unterhaltssachwalter von einer einheitlichen Beschlußfassung ausgegangen sei, weil auf der Ausfertigung des Beschlusses ON 5 die Ordnungsnummer kaum lesbar und ihr auch kein Endtermin zu entnehmen gewesen sei. Selbst ohne Nachprüfung der Richtigkeit dieser Behauptung - für die im übrigen der beschriebene, noch im Akt befindliche Durchschlag der ON 5 spricht - kann nach dem Rekursinhalt kein Zweifel daran bestehen, daß sich der Rekurs jedenfalls gegen den vom Erstgericht festgesetzten Endtermin richtet. Es ist unerklärlich, warum überhaupt der Beschluß ON 5 gefaßt wurde, der dann am selben Tag inhaltlich dahin abgeändert wurde, daß er nunmehr hinsichtlich der Höhe der Vorschüsse dem eingeschränkten Antrag entsprach. Der Unterhaltssachwalter als Antragsteller konnte jedenfalls davon ausgehen, daß mit dem Beschluß ON 25 endgültig über seinen Vorschußgewährungsantrag, also auch hinsichtlich der Zeitdauer entschieden wurde. Daß er bei dieser verwirrenden Vorgangsweise nicht beide Beschlüsse getrennt in seine Anfechtungserklärung aufnahm, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Daß der Antrag auf Vorschußgewährung zwingend einen Endtermin bzw einen Gewährungszeitraum zu enthalten hätte, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (§ 11 UVG). Der frühestmögliche Beginn der Vorschußgewährung und der höchstzulässige Endtermin ergeben sich aus § 8 UVG. Enthält der Antrag auf Gewährung von Vorschüssen keinen Gewährungszeitraum bzw keinen Endtermin, so ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß der Antragsteller die Vorschüsse auf unbestimmte Zeit bzw für die höchstzulässige Zeitspanne gewährt haben will. Ungeachtet dessen, daß dies der Erlaß BMJ 11.10.1976, JABl 1976/35, 71 ff, P 3., 2., 6., 10. als selbstverständlich unterstellt, kann hier nichts anderes gelten als bei Anträgen auf Unterhaltsfestsetzung oder Unterhaltserhöhung, bei denen es - ebenfalls - in vielen Fällen nicht möglich ist, schon bei der Antragstellung vorherzusehen, wann welche Änderungen eintreten werden, die die Unterhaltspflicht beenden oder vermindern. Bei unbefristeten Unterhaltsfestsetzungs- oder Erhöhungsanträgen wird niemand bezweifeln, daß mit ihnen ein bestimmter Unterhaltsbeitrag auf unbestimmte Zeit begehrt wird.

Wird daher der Vorschuß nicht für die Dauer der höchstzulässigen Gewährungsfrist von drei Jahren bewilligt, wurde dem unbefristet gestellten Antrag nicht zur Gänze entsprochen, so daß der Antragsteller insoweit beschwert ist. Dies entspricht auch der weitaus überwiegenden Ansicht der Gerichte zweiter Instanz (vgl die Entscheidungszitate bei Knoll, UVG in ÖA, 9.Lieferung März 1989, Rz 4 zu § 8 UVG). Die teilweise gegenteiligen Entscheidungen des Landesgerichtes für ZRS Wien (EFSlg 36.551), auf die sich das Gericht zweiter Instanz bezieht, wurden zu Recht von Knoll, aaO abgelehnt.

Die Zurückweisung des Rekurses des Unterhaltssachwalters erfolgte daher zu Unrecht. Das Gericht zweiter Instanz wird sachlich über den Rekurs zu entscheiden haben.

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