Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut F***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er im August 1993 zwischen Mitterndorf und Michelndorf Anusa R***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt, nämlich dadurch, daß er sie während des Radfahrens zu Boden riß, packte, aufhob, in ein an die Straße angrenzendes Maisfeld trug, sie zu Boden warf, gewaltsam entkleidete, nach ihrer versuchten Flucht neuerlich gewaltsam erfaßte, wiederum zu Boden warf und sie gewaltsam festhielt, zur Duldung des Beischlafs und zur Vornahme bzw Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt, indem er wiederholt mit seinem Glied in ihren Geschlechtsteil einzudringen trachtete, an ihrem Geschlechtsteil leckte, einen Finger in ihre Scheide steckte und ihre Hand zur Durchführung masturbatorischer Handlungen an seinen Penis drückte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) wird vom Angeklagten lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Strafverfahren unzulässigen Schuldberufung die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft. Die Tatrichter haben ihre Feststellungen, insbesondere über die Art der Gewaltanwendung durch mehrmaliges Zubodenreißen des Tatopfers, vornehmlich auf die für glaubwürdig erachteten Angaben der Anusa R***** bei ihrer Einvernahme vor der Gendarmerie (AS 21 bis 24) gestützt. Die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe das seinen sexuellen Annäherungen nicht abgeneigt wirkende Tatopfer lediglich anhalten bzw am Weglaufen hindern wollen, stellt sich nur als Wiederholung der vom Angeklagten bereits in der Hauptverhandlung vorgebrachten und vom Erstgericht als beschönigend und verharmlosend beurteilten, somit als widerlegt erachteten (vgl US 5 und 6) Darstellung seiner Vorgangsweise dar. Aktenkundige Beweisergebnisse, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen, insbesondere der Intensität der zur Überwindung der Gegenwehr des Opfers angewendeten Gewalt, aufkommen ließen, vermag der Angeklagte nicht aufzuzeigen.
In der Rechtsrüge (Z 10) wendet sich der Angeklagte gegen die Subsumtion seiner Tat als Verbrechen der Vergewaltigung nach dem
1. Absatz des § 201 StGB. Seiner Ansicht nach gestatten die Feststellungen nur die Annahme einer minderschweren Vergewaltigung (§ 201 Abs 2 StGB), nicht aber die Annahme "schwerer Gewalt" im Sinn des Abs 1 leg cit.
Nach den Intentionen des Gesetzgebers (JAB 927 Blg 17GP 2 f) ist unter schwerer Gewalt die Anwendung überlegener physischer Kraft zu verstehen, die auf die Überwindung eines wirklichen oder auch nur erwarteten Widerstandes des Opfers gerichtet ist und einen hohen Grad der Intensität oder Gefährlichkeit erreicht.
Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Gewaltanwendung in besonders brutalen und/oder rücksichtslosen Aggressionshandlungen besteht, gegen die eine erfolgreiche Abwehr aus physischen oder psychischen Gründen erfahrungsgemäß unmöglich ist (vgl EvBl 1992/79). Als schwere Gewalt sind sohin nicht nur jene, in der Beschwerde mit Bezugnahme auf Foregger-Kodek, StGB5, Erl II zu § 201 genannten Aggressionshandlungen anzusehen, mit denen in der Regel eine Lebensgefahr verbunden ist, bei denen gefährliche Waffen verwendet oder Gewalt gegen besonders gefährdete oder empfindliche Körperregionen ausgeübt wird. Vielmehr ist die jeweils eingesetzte Gewalt unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalles nach einem objektiv-individualisierenden Maßstab zu beurteilen (Leukauf/Steininger Komm3 § 201 RN 12).
Fallbezogen hat der Angeklagte die ihm körperlich unterlegene Anusa R***** bei Dunkelheit (gegen Mitternacht) im unfrequentierten Freilandgebiet in einem nach allgemeiner Erfahrung überraschenden und unvorhersehbaren, somit unabwendbaren Angriff brutal vom Fahrrad gerissen, nachdem er das Fahrrad in ein Feld geworfen und ihr damit eine Fluchtmöglichkeit genommen hatte, auf seinen Schultern in ein angrenzendes Maisfeld getragen und dort - ungeachtet ihrer bereits beim Sturz vom Fahrrad erlittenen Verletzungen - heftig zu Boden geworfen und gewaltsam entkleidet. Nachdem die geplante Vornahme des Beischlafes an der Gegenwehr der Genannten gescheitert war und sie zu flüchten versuchte, warf der Angeklagte sein nach wenigen Schritten eingeholtes Opfer erneut zu Boden und versuchte wiederum, mit seinem Geschlechtsteil in ihre Scheide einzudringen, was ihm infolge der erneuten Gegenwehr der Anusa R***** jedoch nicht vollständig gelang. Nachdem sich der Angeklagte - sein Opfer am Boden festhaltend - selbst befriedigt hatte, konnte R***** erneut flüchten. Sie war aber derart verängstigt, daß sie noch bis zum Morgengrauen nackt im Maisfeld versteckt liegen blieb, um dem Angeklagten nicht nochmals in die Hände zu fallen.
Anusa R***** wurde durch den massiven Gewalteinsatz des Angeklagten an den Beinen und am Rücken verletzt. Die Tat hatte darüber hinaus eine wesentliche Verschlechterung ihres (durch depressive Anpassungsstörungen mit paranoiden Elementen bereits vorher auffälligen) psychischen Zustandes zur Folge.
Rechtsrichtig hat das Erstgericht unter Berücksichtigung der bezeichneten Tatmodalitäten bei dieser Sachlage die Anwendung überlegener physischer Kraft durch den Beschwerdeführer als Einsatz schwerer Gewalt im Sinne des § 201 Abs 1 StGB beurteilt, wofür überdies auch der Umstand spricht, daß das Opfer durch die rücksichtslosen Aggressionshandlungen des ihm unbekannten und daher unberechenbaren Täters physisch und psychisch in eine - mehrere Stunden andauernde - überaus belastende, einem qualvollen Zustand nahekommende Lage versetzt wurde, die erhebliche gesundheitliche Schäden nach sich zog.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 201 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung die durch die Tat hervorgerufene wesentliche Verschlechterung des psychischen Zustandes des Opfers als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis.
Auch die eine Strafherabsetzung und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebende Berufung ist unbegründet.
Dem Einwand des Angeklagten, daß auch sein bisheriger ordentlicher Lebenswandel als mildernd zu werten gewesen wäre (§ 34 Z 2 StGB), genügt es zu erwidern, daß der Schöffensenat dies mit dem Hinweis, daß er "bisher keine gerichtlichen Verurteilungen aufweist" (US 3), der Sache nach ohnedies zum Ausdruck gebracht hat. Das Geständnis wertete das Erstgericht ausdrücklich als mildernd. Der Berufungsargumentation zuwider ist ferner weder der vom Erstgericht herangezogene Erschwerungsgrund im Hinblick auf den bereits vor der Tat beeinträchtigten psychischen Zustand der Anusa R***** zu "relativieren" noch der Umstand als mildernd zu berücksichtigen, daß nach den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr.S***** keine Anhaltspunkte für eine besonders hohe, auf einer auffallend abnormen psycho-sexuellen Entwicklung beruhende Gefährlichkeit des Berufungswerbers vorliegen. Auch die nunmehr erfolgte, dem Angeklagten im angefochtenen Urteil gemäß § 369 StPO aufgetragene (teilweise) Schadenersatzleistung von 50.000 S an das Tatopfer vermag keine ins Gewicht fallende Veränderung der hier aktuellen Milderungsgründe herbeizuführen.
Als erschwerend wäre demgegenüber noch die Intensität der bei der Tatanbahnung aufgewendeten kriminellen Energie des triebhaften (50) Angeklagten, der eine weiter Frau längere Zeit beobachtet und verfolgt hatte (11), zu werten gewesen. Die in erster Instanz ausgesprochene Freiheitsstrafe, die sich an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens (von einem bis zu zehn Jahren) orientiert, ist sowohl aus general- wie auch aus spezialpräventiver Sicht für die Erreichung der gesetzlichen Strafzwecke jedenfalls erforderlich und somit - der Auffassung des Berufungswerbers zuwider - einer Korrektur nach unten nicht zugänglich. Das vorliegende Tatgeschehen und das aus dem Akt ersichtliche Gesamtverhalten des Angeklagten - mögen bei ihm nach dem Gutachten des zuvor genannten Sachverständigen auch keine Faktoren faßbar sein, die eine "besonders hohe Gefährlichkeit" nahelegen - lassen neben generalpräventiven Aspekten die Annahme nicht mehr zu, die bedingte Nachsicht auch nur eines Teiles der Strafe werde genügen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Es war darum auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.
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