OGH 11Os149/95

OGH11Os149/9521.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brunner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard K***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 12.Juli 1995, GZ 8 Vr 767/94-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tiegs, des Angeklagten Gerhard K***** und des Verteidigers Dr.Radel zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die durch seine Berufung veranlaßten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard K***** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und - insoweit abweichend von der auf das Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB lautenden Anklage (aus dem Grund des § 16 Abs 1 StGB) nur - des (in diesem - qualifizierten - Versuch bereits enthaltenenen vollendeten) Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruchs nach § 99 Abs 1 StGB hat er "am 31.Mai 1994 in Klingenbach Andrasne K***** dadurch, daß er ihr den Paß abnahm und sie aufforderte, mit ihm in ein Büro des LKW-Abfertigungsgebäudes zu gehen, und sie durch Versperren der Tür am Verlassen dieses Raumes hinderte, sowie durch die Äußerung ""Stempli oder Sex", womit er die Möglichkeit eines Zurückweisungsstempels in Aussicht stellte, falls sie seinen sexuellen Wünschen nicht entsprechen würde, für die Dauer von etwa zwanzig Minuten widerrechtlich gefangengehalten bzw ihr auf andere Weise die persönliche Freiheit entzogen (Punkt 1 des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Vom Anklagevorwurf, er habe am 31.Mai 1994 in Klingenbach Andrasne K***** durch die zu Punkt 1 angeführten Tathandlungen, wobei er sie küßte und ihre Brust abgriff, zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil Andrasne K***** zu verstehen gab, die Regelblutung zu haben, wurde der Angeklagte (verfehlt - vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 259 ENr 52 ff) gemäß § 259 Z 3 StPO) freigesprochen.

Der von der Staatsanwaltschaft gegen den Teilfreispruch und der Sache nach auch gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB gerichteten, nominell auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher sie insgesamt einen Schuldspruch wegen des Verbrechens nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Nach den dazu wesentlichen Urteilsannahmen trachtete die der deutschen Sprache nicht mächtige ungarische Staatsangehörige Andrasne K*****, den Angeklagten dadurch von der Erzwingung eines Geschlechtsverkehrs abzubringen, daß sie auf ihren Ehestand (Ehering) hinwies und durch Gebrauch der Worte "Tampon" und "krank" vorgab, die Monatsblutung zu haben. Der Angeklagte glaubte seinem Opfer aber nicht und setzte sein Verhalten fort, indem er die Frau zu einem Schrank drängte, "ihre Brust begriff und sie küßte". Andrasne K***** flehte daraufhin den Angeklagten an, von ihr abzulassen und wiederholte, "daß es nicht gehe, weil sie ""Tampon"" habe". Da sie als einzige Möglichkeit, den Angeklagten zur Aufgabe seines Begehrens zu veranlassen, das Vertrösten auf einen späteren Zeitpunkt erkannte, versicherte sie, am Freitag wiederzukommen. Durch das Versprechen, sich mit ihm "am Freitag zu treffen", ließ der Angeklagte freiwillig von der Vollbringung der Übeltat ab (US 5). Davon ausgehend folgerten die Tatrichter, daß der Angeklagte aus eigenem Antrieb, wenngleich auf Zureden und Bitte des Opfers, von der Vollendung der Tat Abstand nahm, obwohl eine seinem ursprünglichen Tatplan entsprechende Tatvollendung zweifellos noch möglich gewesen wäre (US 8/9).

Wenn die Beschwerdeführerin demgegegenüber in der Rechtsrüge - nach Darlegung der für den Strafaufhebungsgrund nach § 16 Abs 2 StGB wesentlichen Kriterien - ins Treffen führt, der Rechtsmeinung des Erstgerichtes könne nicht gefolgt werden, weil der Angeklagte seinen Entschluß "sicher in die Tat umgesetzt hätte", wenn es Andrasne K***** nicht gelungen wäre, die monatlichen Blutungen vorzutäuschen und den Angeklagten auf einen späteren Zeitpunkt zu vertrösten, zu dem sie ihm zu Willen sein zu wollen vorgab", gibt sie zum einen den festgestellten Urteilssachverhalt nicht aktenkonform wieder, zumal die Beschwerdebehauptung, ihm (dem Angeklagten) zu einem späteren Zeitpunkt "zu Willen zu sein", im Urteil keine Deckung findet, zum anderen lassen die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit - mögen auch einzelne (wiederholende) Formulierungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht gerade glücklich gewählt worden sein - keinen Zweifel daran, daß der Schöffensenat letztlich zur Überzeugung gelangte, daß der Angeklagte (allein) aufgrund des Versprechens der Andrasne K*****, sich "mit ihm am Freitag zu treffen", von der weiteren Ausführung der Tat, deren Vollendung nach den Vorstellungen des Angeklagten noch möglich gewesen wäre, abgelassen hat.

Da sohin die zur rechtlichen Beurteilung des in Rede stehenden Strafaufhebungsgrundes erforderlichen Urteilskonstatierungen ausreichen und solcherart der von der Anklagebehörde der Sache nach behauptete materiellrechtliche Feststellungsmangel in Wahrheit nicht vorliegt, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 302 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sah davon gemäß § 43 a Abs 3 StGB einen Strafteil von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und das reumütige Teilgeständnis.

Der eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB und die Gewährung gänzlicher bedingter Strafnachsicht anstrebenden Berufung des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht im wesentlichen vollständig und richtig festgestellten Strafzumessungsgründe lassen zwar in Anbetracht des Unrechtsgehaltes der Taten keine Reduktion des Strafausmaßes zu, wohl aber konnte die Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen werden, weil anzunehmen ist, daß die Androhung der Strafvollziehung genügen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, ohne daß bei der gegebenen Sachkonstellation wesentliche generalpräventive Aspekte entgegenstünden (§ 43 Abs 1 StGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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