OGH 15Os139/95

OGH15Os139/959.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Unterrichter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian B***** wegen des teilweise in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 15 StGB) begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 2 erster Fall und Abs 3 Z 3 SGG, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgeriches Wels als Schöffengericht vom 2.Juni 1995, GZ 12 Vr 1268/94-75, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Zehetner, und des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Christian B***** laut Punkt A II 1 c des Urteilssatzes wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 vierter Fall SGG, demzufolge auch im Strafausspruch hinsichtlich des Genannten, jedoch unter Aufrechterhaltung der Einziehungserkenntnisse, der Wertersatzstrafe sowie der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und des Absehens vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Christian B***** ist schuldig, er hat zwischen dem 27.Mai 1994 und dem 16.Dezember 1994 in Wels Suchtgift in einer große Menge, nämlich 119,6 Gramm Heroinzubereitung mit einem Reinheitsgrad von 16,3% mit dem Vorsatz, daß es in Verkehr gesetzt werde, besessen.

Christian B***** hat hiedurch das Vergehen nach § 14 a SGG begangen und wird hiefür sowie für das nach dem unberührt gebliebenen Teil des ihn betreffenden erstgerichtlichen Schuldspruches ihm weiterhin zur Last fallende Verbrechen nach § 12 Abs 1 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 2 erster Fall und Abs 3 Z 3 SGG, teils begangen als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB (Punkte A I 2 sowie A II 1 a und b des Urteilssatzes), das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (B a und b) und das Vergehen nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (C) nach § 12 Abs 3 SGG unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch sowie rechtskräftige Schuld- und Strafaussprüche hinsichtlich der Martina E***** enthält, wurde Christian B***** des teils in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 15 StGB) gebliebenen Verbrechens nach § 12 Abs 1, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 2 erster Fall und Abs 3 Z 3 SGG, teils als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB (A I 2, A II 1 a, b, c), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (B) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (C) schuldig erkannt.

Nur den Schuldspruch wegen Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz bekämpft der Angeklagte B***** mit Nichtigkeitsbeschwerde, die nominell auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO gestützt wird.

Insoweit hat der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen

zu A I 2: zur Ausführung der Tat der Martina E*****, die um den 27. Mai 1994 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, und zwar Heroin, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der großen Menge ausgemacht hat, nämlich 170 Gramm Heroinzubereitung mit einem Reinheitsgrad von ca 45 % durch Körperschmuggel von Thailand aus- und nach Österreich einführte und nach Wels verbrachte, dadurch beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), daß er die Kontakte mit dem bis nun verschwiegenen Lieferanten in Thailand herstellte, das Heroin postalisch bestellte, mit Martina E***** den Tatplan besprach und sich mit ihr über die nachträgliche Verwendung des eingeführten Suchtgifts durch dessen Übernahme in Wels einigte, sowie

zu A II 1: nach dem 27.Mai 1994 nach teilweiser Aufstreckung des (eben angeführten) von Martina E***** als unmittelbare Täterin geschmuggelten Suchtgiftes, nämlich ca 170 Gramm Heroin (richtig wohl 168 Gramm, weil Martina E***** zwei Gramm des eingeschmuggelten Suchtgifts behalten hat - US 9), Suchtgift

a) in Wels in Verkehr gesetzt, indem er Martina E***** 25 bis 30 Gramm Heroin überließ, und

b) in Wels und anderen Orten Österreichs in Verkehr gesetzt, indem er ca 120 Gramm Heroin unbekannten Reinheitsgrades an unbekannte Abnehmer zum Grammpreis von 1.500 S verkaufte und 70.000 S in bar vereinnahmte und den restlichen Kaufpreis den Abnehmern stundete, sowie

c) in Wels in Verkehr zu setzen versucht, indem er 119,6 Gramm Heroinzubereitung mit einem Reinheitsgrad von 13,6 % (richtig: 16,3 % - S 189/II) bis zu seiner Festnahme am 16.Dezember 1994 in Wels in seiner Wohnung in einem Versteck zum Verkauf bereit hielt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte wendet sich ausschließlich gegen die Urteilsfeststellung, daß der Reinheitsgehalt des geschmuggelten Heroins 45 % betragen habe, und stellt solcherart die Qualifikation der Tat nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG in Zweifel.

Der Tatbestand nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG ist dann gegeben, wenn die den Gegenstand des Suchtgiftdeliktes darstellende Suchtgiftmenge das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten großen Suchtgiftmenge, die bei Heroin 1,5 Gramm Reinsubstanz beträgt (SSt 58/19 = EvBl 1988/3 = RZ 1987/48; JBl 1990, 332; EvBl 1988/131 = RZ 1989/22 uam), ausmacht; demnach ist für die Qualifikation nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG bei Heroin eine Menge von 37,5 Gramm Reinsubstanz erforderlich.

Nach den mit der Verantwortung des Angeklagten übereinstimmenden Urteilsfeststellungen hat dieser von Martina El T***** 168 Gramm aus Thailand eingeschmuggeltes Heroin übernommen und dieses in der Folge gestreckt. 119,6 Gramm dieses gestreckten Suchtgifts wurden beim Angeklagten sichergestellt und chemisch untersucht. Diese Analyse ergab - unbekämpft - einen Reinheitsgehalt des Suchtgifts von 16, 3 % (+/- 0,8 %) Heroin-HCl (S 189/II; im Urteil infolge eines ersichtlichen Diktat- oder Schreibfehlers 13,6 %).

Das Erstgericht hat weiters konstatiert, daß der Angeklagte 25 bis 30 Gramm gestrecktes Suchtgift der Martin E***** überlassen und ca 120 Gramm an unbekannte Abnehmer verkauft hat.

In keiner Phase des Verfahrens verantwortete sich der Angeklagte damit, daß die 25 bis 30 Gramm und die etwa 120 Gramm gestreckten Suchtgiftes einen geringeren Reinheitsgehalt aufwiesen als das bei ihm sichergestellte Heroin. Somit ist aber ohne Nachteil für den Angeklagten davon auszugehen, daß der Reinheitsgehalt der 145 bis 150 Gramm Heroin gleichfalls 16,3 % betragen hat. Zuzüglich der 119,6 Gramm des beim Angeklagten sichergestellten Heroins ergibt sich sonach eine hier zu beurteilende Gesamtmenge von 264,6 Gramm oder 269,6 Gramm. Ausgehend von einem Reinheitsgehalt von 16,3 % ergibt sich aus beiden genannten Gesamtmengen sohin eine Reinsubstanz von 43,13 Gramm (bezüglich 264,6 Gramm) oder 43,94 Gramm (bezüglich 269,6 Gramm). Selbst unter Berücksichtigung einer im Untersuchungsbericht (S 189/II) als möglich aufgezeigten Schwankung von 0,8 % und demnach der Annahme eines Reinheitsgehaltes von (nur) 15,5 % ergäbe sich schon für die geringere Menge von 264,6 g als für den Angeklagten günstigste Variante eine noch immer die Kriterien des § 12 Abs 3 Z 3 SGG erfüllende Heroinreinsubstanz von 41,01 g, sodaß in jedem Fall die "Übermenge" iS dieser Gesetzesstelle an reinem Heroin überschritten wurde.

Abgesehen davon hat das Erstgericht die Feststellung, daß das verfahrensgegenständliche eingeführte Heroin jedenfalls mehr als 37,5 Gramm Reinsubstanz enthalten hat, auch auf die Aussage der suchtgifterfahrenen Mitangeklagten Martina E***** gegründet, welche die Qualität des von ihr eingeführten "weißen" - also einen hohen Reinheitsgehalt indizierenden - Heroins als "sehr gut" bezeichnet hat (S 100/I). Diese Begründung erweist sich als aktengetreu, denkmöglich und schlüssig. Das Beschwerdevorbringen vermag weder einen formalen Begründungsmangel noch erhebliche Bedenken gegen die Tatsachenfeststellung in Ansehung der "Übermenge" darzutun.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen.

Aus deren Anlaß hat sich der Oberste Gerichtshof überzeugt, daß das Erstgericht zum Nachteil des Angeklagten Christian B***** das Strafgesetz im Schuldspruchfaktum A II 1 c unrichtig angewendet hat (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), ohne daß dieser Urteilsmangel vom Angeklagten gerügt worden wäre.

Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte B***** die erwähnten 119,6 Gramm Heroinzubereitung in seiner Wohnung in einem Versteck zum Verkauf bereitgehalten (S 167/I). Dieses Verhalten beurteilte das Schöffengericht als Versuch des Inverkehrsetzens von Suchtgift.

Nach ständiger Rechtsprechung (15 Os 156/93 = EvBl 1994/78, 13 Os 96/94) ist die bloße Verwahrung von Suchtgift in einem Versteck zum Zwecke des Verkaufes noch keine der Ausführung des Inverkehrsetzens unmittelbar vorangehende Handlung (§ 15 Abs 2 StGB) und demnach in Ansehung dieser gegenüber dem Einführen kumulativer Begehungsform (§ 12 Abs 1 vierter Fall SGG) eine bloße, durch den Auffangtatbestand des § 14 a SGG pönalisierte Vorbereitungshandlung; Versuch läge erst vor, wenn das Suchtgift von seinem bisherigen Aufbewahrungsort zum Zwecke eines unmittelbar anschließenden Gewahrsamwechsels in die Verfügungsgewalt einer anderen Person verbracht würde.

Demnach war die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts durch das Erstgericht als versuchtes Inverkehrsetzen von Suchtgift verfehlt; da die erwähnten 119,6 Gramm Heroinzubereitung 19,49 Gramm reines Heroinchlorid enthielten und demnach als große Menge im Sinne des § 12 Abs 1 SGG zu beurteilen sind, hat der Angeklagte insofern das Vergehen nach § 14 a SGG zu verantworten; alle sonstigen subjektiven und objektiven Tatbestandsmerkmale dieses Vergehens sind nach den Urteilsfeststellungen gegeben.

Bei der infolge der getroffenen Sachentscheidung erforderlich gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sowie die mehrfache Eignung des Suchtgiftdeliktes zum Verbrechen, als mildernd hingegen das Geständnis.

Unter Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erweist sich eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von zwei Jahren und vier Monaten als tätergerecht und schuldangemessen.

Die Entscheidungen über die Einziehung, der Wertersatzstrafe, der Vorhaftanrechnung und das Absehen vom Widerruf unter gleichzeitiger Verlängerung der Probezeit waren aus dem Ersturteil zu übernehmen.

Angemerkt sei, daß trotz der nunmehrigen Subsumtion der zu A II 1 c des erstgerichtlichen Urteils umschriebenen Tat unter § 14 a SGG dennoch das auf § 13 Abs 1 SGG gestützte, das sichergestellte Suchtgift betreffende Einziehungserkenntnis aufrechtzuerhalten und nicht durch ein auf § 16 Abs 3 SGG gestütztes zu ersetzen war (vgl hiezu Foregger/Litzka SGG2 § 14 a Erl III), weil dieses Suchtgift auch Gegenstand des Schuldspruches nach § 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 erster Fall, Abs 3 Z 3 SGG - in Ansehung der zum Inverkehrsetzen kumulativen Begehungsform der Aus- und Einfuhr - ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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