OGH 6Ob618/95

OGH6Ob618/959.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Beratungs- und Verwaltungsaktiengesellschaft, *****CH*****, vertreten durch Dr.Ferdinand Weber, Dr.Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems, wider die beklagten Parteien 1. Firma S*****vertriebsgesellschaft mbH, ***** 2. Johann E*****, beide vertreten durch Dr.Erich Proksch, Dr.Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 50.202,-- sA, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems/D. als Rekursgerichtes vom 14.Juli 1995 AZ 2 R 90/95 (ON 20), womit dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Krems/D. vom 12.Jänner 1995, GZ 2 C 2050/94-11, stattgegeben und die Unzuständigkeitseinrede der zweitbeklagten Partei abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten für die Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Zweitbeklagte ist Geschäftsführer der Erstbeklagten.

Die Klägerin begehrt die Bezahlung von Lizenzgebühren in der Höhe von S 50.202,-- sA. Der Zweitbeklagte sei der Verbindlichkeit der Erstbeklagten als Solidarschuldner beigetreten. Zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes berief sich die Klägerin auf eine Gerichtsstandsvereinbarung.

Die Beklagten erhoben die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit sowie einen Einspruch gegen den vom Erstgericht am 28.9.1994 antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl. Zur Unzuständigkeitseinrede führten sie aus, daß sich der Sitz der Erstbeklagten in ***** I***** befinde. Ihr allgemeiner Gerichtsstand befinde sich im Sprengel S*****. Ein Gerichtsstand in K***** sei nicht vereinbart worden. Der Zweitbeklagte habe seinen Wohnsitz in W*****. Er sei als Geschäftsführer der Erstbeklagten gegenüber der Klägerin Konsument im Sinne des § 14 KSchG. Danach dürfe nur die Zuständigkeit eines solchen Gerichtes vereinbart werden, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Beschäftigungsort des Verbrauchers liege. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt (ON 6).

Über Aufforderung des Erstgerichtes, zu erklären, wo der Zweitbeklagte seinen Arbeitsort habe, erklärte der Rechtsvertreter der Beklagten, "daß er diesbezüglich Angaben nicht machen könne" (S.1 zu ON 10).

Die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit wurde hinsichtlich der Erstbeklagten zurückgezogen (S.2 zu ON 10).

Das Erstgericht wies die Klage in Ansehung des zweiten Beklagten wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück (P.1. in ON 11). In der Klage scheine als Zustellanschrift des Zweitbeklagten die Ortschaft ***** Ka***** auf, womit die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes S***** gegeben sei. Daß der Zweitbeklagte im Sprengel des angerufenen Gerichtes seinen Wohnort, Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes oder der Beschäftigung habe, sei von der Klägerin nicht behauptet worden. Durch den Beitritt des Zweitbeklagten zur Zahlungsverpflichtung der Erstbeklagten sei seine Konsumenteneigenschaft nicht beseitigt worden. Eine Gerichtsstandsvereinbarung sei nur im Rahmen des § 14 KSchG zulässig.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin statt und änderte den Beschluß des Erstgerichtes in seinem P.1. dahin ab, daß die Unzuständigkeitseinrede des Zweitbeklagten abgewiesen wurde. Der Unternehmensbegriff des Konsumentenschutzgesetzes sei weit gefaßt, stelle aber weder auf den Kaufmannsbegriff noch auf den des Handelsgewerbes ab. Organschaftliche Vertreter einer Gesellschaft seien keine Unternehmer. Für Klagen gegen einen Verbraucher könne gemäß § 14 Abs.1 KSchG nur die Zuständigkeit eines Gerichtes begründet werden, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Ort der Beschäftigung liege. Die Erstbeklagte habe ihren Sitz im Sprengel des Erstgerichtes. Wegen der Geschäftsführereigenschaft des Zweitbeklagten sei dessen Beschäftigungsort am Sitz der Gesellschaft anzunehmen. Das im § 14 KSchG normierte Prorogationsverbot für Klagen gegen Verbraucher habe den Zweck, eine Zuständigkeitsverschiebung nur zu solchen Gerichten zu ermöglichen, zu denen der Verbraucher eine entsprechende Nahebeziehung habe. Diese sei hier zu bejahen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob der Sitz einer juristischen Person für ihren Geschäftsführer als Ort der Beschäftigung anzusehen sei.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Zweitbeklagte die Abänderung der Rekursentscheidung dahin, daß dem Rekurs der Klägerin nicht stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht erkannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Insoweit der Zweitbeklagte bezweifelt, daß der Sitz der Erstbeklagten in I***** (also im Sprengel des angerufenen Erstgerichtes) liege, und als Sitz der Gesellschaft die Ortschaft ***** Ka***** behauptet, sind ihm die Parteibehauptungen der Beklagten selbst entgegenzuhalten, wonach der Sitz der Erstbeklagten in I***** liege (ON 6). Irrigerweise wurde dort weiters ausgeführt, daß dieser Ort "im Sprengel S*****" liege. Weiters ist der Rekurswerber darauf zu verweisen, daß die Klagszustellung unter der Adresse ***** K*****, erfolgte und daß der Zweitbeklagte die Gleichschrift der Klage sowohl für sich selbst als auch für die von ihm vertretene Erstbeklagte persönlich übernommen und den Zustellschein gefertigt hat (RS zu ON 1). Die Vorinstanzen konnten daher nach der Aktenlage zutreffend von einem allgemeinen Gerichtsstand der Erstbeklagten im Sprengel des angerufenen Gerichtes ausgehen (§ 75 JN).

Der Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß dem Zweitbeklagten infolge Schuldbeitritts noch keine Unternehmereigenschaft im Sinne der Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes zukomme, kann beigepflichtet werden (vgl. zum Bürgenbeitritt EvBl 1992/51). Eine Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Zweitbeklagten war daher nur in den Schranken des § 14 Abs.1 KSchG wirksam. Es konnte nur die Zuständigkeit eines Gerichtes vereinbart werden, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Ort der Beschäftigung des Beklagten liegt.

Daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH im allgemeinen seinen Beschäftigungsort am Sitz der Gesellschaft hat, ergibt sich schon aus seiner organschaftlichen Stellung. Er vertritt nach außen die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 18 Abs.1 GmbHG). Im allgemeinen kann auch angenommen werden, daß die Geschäftsführungstätigkeit dort ausgeübt wird, wo die Verwaltung - unabhängig vom gesellschaftsvertraglich bestimmten Sitz - tatsächlich geführt wird. Daran ist weiters abzuleiten, daß der Geschäftsführer der Gesellschaft seine Tätigkeit am Verwaltungssitz der Gesellschaft ausübt, dort also beschäftigt ist. Gegenteiliges wäre zwar durchaus denkbar, dies hätte aber der Beklagte zur Begründung seiner Unzuständigkeitseinrede zu behaupten und nachzuweisen gehabt. Aus der Übernahme der Klage durch ihn am Zustellort geht zumindest seine zeitweilige Anwesenheit hervor. Seine dauernde Anwesenheit am Verwaltungssitz der Gesellschaft ist wegen seiner Geschäftsführereigenschaft, also wegen der Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeit für die Gesellschaft, zu vermuten. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht entkräftet und trotz Aufforderung des Erstgerichtes keinerlei Angaben über seinen Beschäftigungsort gemacht. Die Sache ist daher spruchreif. Das Rekursgericht ist zutreffend von einer nach § 14 Abs.1 KSchG zulässigen Gerichtsstandsvereinbarung ausgegangen.

Der Zweitbeklagte hat der in einem Zwischenstreit obsiegenden Klägerin die Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung (§ 521a ZPO) zu ersetzen (§§ 41, 50 ZPO). Ein Streitgenossenzuschlag gebührt nicht, weil die Erstbeklagte vom Zwischenstreit nicht (mehr) betroffen war.

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