OGH 3Ob85/95

OGH3Ob85/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, wider die verpflichtete Partei Dr.Ursula Hager, Rechtsanwältin, Schwanenstadt, Sparkassenplatz 2, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen 1. des Johann S*****, und 2. der Monika S*****, wegen S 603.623,36 sA, infolge Rekurses der Masseverwalterin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 14.6.1995, GZ 22 R 232/95-47, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Lambach vom 20.4.1995, GZ E 2401/93z-44, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß und der Meistbotsverteilungsbeschluß des Erstgerichtes werden aufgehoben, soweit sie die Zuweisung eines Betrages von S 26.848,20 samt den darauf entfallenden Anteil an den Meistbots- und Fruktifikatszinsen betreffen.

Im übrigen wird der angefochtene Beschluß bestätigt.

Die Rechtsmittelkosten der Masseverwalterin sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 12.10.1993 wurde der betreibenden Partei wider die beiden Verpflichteten zur Hereinbringung der Forderung von S 603.623,36 sA die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft bewilligt. Für die Rechtsvorgängerin der betreibenden Partei sind auf dieser Liegenschaft mehrere Pfandrechte eingetragen, darunter im ersten Rang das Pfandrecht für die Forderung von S 1,200.000 sA und im nächstbesten Pfandrang für die Forderung bis zum Höchstbetrag von S 2,925.000.

Am 1.7.1993 war über das Vermögen beider Verpflichteten der Konkurs eröffnet worden. Die Masseverwalterin trat dem von der betreibenden Partei anhängig gemachten Zwangsvollstreckungsverfahren nicht gemäß § 119 Abs 4 KO als betreibender Gläubiger bei. Am 18.11.1994 wurde die Liegenschaft samt Zubehör um das Meistbot von S 4,370.000 zugeschlagen. Die betreibende Partei meldete zu der hierauf anberaumten Tagsatzung zur Meistbotsverteilung im ersten Rang eine Forderung von S 1,061.717,40 sA und in den folgenden Rängen eine Forderung von insgesamt S 5,283.235,80 an. Die Masseverwalterin meldete unter Hinweis auf diese Eigenschaft "sämtliche seit der Konkurseröffnung angefallenen und von der Masse berichtigten öffentlichen Abgaben, Versicherungszahlungen etc" in der Höhe von S 313.522,68 an. Sie legte hiezu eine nicht unterschriebene Aufstellung über verschiedene Aufwendungen aus dem Jahr 1993 sowie Ablichtungen von Auszügen über Konten, die mit "Aktive Rechnungsabgrenzungsposten", "Gemeindeabgaben", "Betriebliche Versicherungen" und "Anwalts-, Gerichts- und Notarkosten" überschrieben sind und aus denen verschiedene im Jahr 1994 geleistete Zahlungen hervorgehen, wobei für den Grund der Zahlungen überwiegend - zumindest zum Teil für den Unbeteiligten nicht oder nicht leicht verständliche - Abkürzungen verwendet wurden. Überdies sind der Anmeldung Ablichtungen von Kostenverzeichnissen eines Rechtsanwaltes angeschlossen, aus denen sich ergibt, daß dieser Rechtsanwalt eine näher bezeichnete Partei als klagende Partei in zwei Rechtsstreiten vertreten und hiefür Kosten von S 76.234,98 und S 14.132,80 verzeichnet hat. Im selben Schriftsatz meldete die Masseverwalterin außerdem an Kosten für die Beteiligung an der Schätzung der versteigerten Liegenschaft und am Versteigerungstermin sowie an Kosten für die Forderungsanmeldung insgesamt den Betrag von S 26.848,20 an.

In der Meistbotsverteilungstagsatzung waren ein Vertreter der betreibenden Partei und eine Rechtsanwaltsanwärterin der Masseverwalterin anwesend. Im Protokoll über die Tagsatzung ist festgehalten, daß keine Vorzugsposten angemeldet wurden, daß sodann der Vertreter der betreibenden Partei die im ersten Rang pfandrechtlich sichergestellte Forderung mit S 1,061.717,40 sA und die im späteren Rang bis zum Höchstbetrag von S 2,925.000 sichergestellte Forderung mit dem Betrag von insgesamt S 5,283.235,80 anmeldete und daß dagegen kein Widerspruch erhoben wurde. Über die von der Masseverwalterin angemeldete Forderung wurde in der Meistbotsverteilungstagsatzung nicht verhandelt.

Das Erstgericht wies der betreibenden Partei das gesamte Meistbot zur vollständigen Berichtigung ihrer im ersten Rang sichergestellten und zur teilweisen Berichtigung der im späteren Rang sichergestellten Forderung, jeweils durch Barzahlung und ferner die gesamten Meistbots- und Fruktifikatszinsen zu. In der Begründung des Meistbotsverteilungsbeschlusses wurde zu den von der Masseverwalterin angemeldeten Forderungen nicht Stellung genommen.

Diesen Beschluß des Erstgerichtes bekämpfte die Masseverwalterin mit Rekurs, in dem sie die vorzugsweise Berichtigung nicht nur der angemeldeten Forderungen, sondern auch der - betragsmäßig nicht angegebenen - Umsatzsteuer begehrte, die für die mitversteigerten Fahrnisse zu entrichten sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Masseverwalterin nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu den gemäß § 49 Abs 1 KO vor den Absonderungsgläubigern zu berichtigenden Kosten der Sondermasse gehöre zwar auch die Umsatzsteuer, die bei Veräußerung der Sondermasse anfalle. Die durch den Verkauf oder die Versteigerung des Liegenschaftszubehörs ausgelöste Umsatzsteuer sei daher aus dem Verkaufserlös vor den Absonderungsberechtigten zu berichtigen. Sie müsse jedoch spätestens bei der Verteilungstagsatzung angemeldet und könne nicht von Amts wegen berücksichtigt werden. Die angemeldeten Forderungen seien nicht als Vorzugsposten angemeldet, sondern es sei bloß die Berichtigung durch Barzahlung aus dem Meistbot beantragt worden. Bei bücherlich eingetragenen Ansprüchen genüge es in der Regel, daß sie "in der bücherlichen Rangordnung" oder "in der laufenden Rangordnung" angemeldet werden, sofern nicht ein bestimmtes, genau zu begründendes Vorzugsrecht geltend gemacht wird. Wenn nun sogar bei bücherlich eingetragenen Ansprüchen ein Vorzugsrecht ausdrücklich geltend gemacht werden müsse, treffe dies umso mehr auf bücherlich nicht sichergestellte Ansprüche wie die in der Forderunganmeldung der Masseverwalterin enthaltenen zu. Undeutliche und unvollständige Anmeldungen seien auch nicht weiter von Amts wegen aufzuklären oder zu ergänzen, sondern gegebenenfalls bei der Verteilung unberücksichtigt zu lassen. Rechtsanwälte seien hinsichtlich unklarer Anmeldungen auch nicht zu belehren. Die angemeldeten Ansprüche mit Ausnahme der Kosten der Masseverwalterin könnten auch deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht durch geeignete Urkunden nachgewiesen worden seien. Eine ordnungsgemäße Anmeldung hätte neben der Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Urkunden auch die Vorlage der Belege, also vor allem der Rechnungen und Zahlungsnachweise in Urschrift oder beglaubigter Abschrift, erfordert. Die Kosten, welche die Masseverwalterin für das Einschreiten im Versteigerungsverfahren beansprucht habe, könnten schließlich nicht berücksichtigt werden, weil dies voraussetze, daß der Masseverwalter in ein anhängiges Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 119 Abs 4 KO als betreibender Gläubiger eingetreten sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Masseverwalterin gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Aus § 210 EO ergibt sich, daß Ansprüche auf das Meistbot vor oder spätestens bei der Tagsatzung zur Meistbotsverteilung angemeldet und die zum Nachweis der Ansprüche dienenden Urkunden, falls sie sich nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei dieser Tagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden müssen und daß die Anmeldung und der Nachweis der Ansprüche nur unterbleiben kann, wenn sie aus dem Grundbuch oder den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet hervorgehen. Wie aus § 214 Abs 1 EO zu schließen ist, kommt es dabei auf das Hauptbuch und die Akten desjenigen Versteigerungsverfahrens an, das zur Erzielung des zu verteilenden Erlöses geführt hat (Heller/Berger/Stix II 1437). Bei den Versteigerungsakten ist aber offensichtlich nur an Ansprüche gedacht, die den Gegenstand des entsprechenden Versteigerungsverfahrens bilden, also Ansprüche eines betreibenden Gläubigers. Ansprüche anderer Gläubiger sind daher ohne Anmeldung nur zu berücksichtigen, wenn sie aus dem Hauptbuch des Grundbuchs hervorgehen. Nicht pfandrechtlich sichergestellte und auch nicht betriebene Ansprüche müssen daher immer angemeldet werden (vgl Heller/Berger/Stix II 1440).

Aus dem Gesagten folgt, daß im Revisionsrekurs zu Unrecht geltend gemacht wird, die Vorinstanzen hätten die aus Anlaß der Versteigerung zu entrichtende Umsatzsteuer aus dem Meistbot zuweisen müssen. Diese Umsatzsteuer gehört zwar zu den Kosten der Verwertung der Sondermasse, die gemäß § 49 Abs 1 KO das Vorrecht vor den Absonderungsgläubigern genießen (SZ 62/81 und SZ 59/85 jeweils mwN; Schumacher in JBl 1988, 440). Sie können jedoch nur berücksichtigt werden, wenn sie spätestens bei der Verteilungstagsatzung angemeldet wurden. Dem wurde hier nicht entsprochen, weil die Masseverwalterin die Zuweisung von Kosten wegen der zu entrichtenden Umsatzsteuer erstmals - im übrigen, ohne einen bestimmten Betrag anzugeben - in dem gegen den Meistbotsverteilungsbeschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs begehrte. Diese Anmeldung war nicht nur verspätet, sondern es stand ihr auch das Neuerungsverbot entgegen.

Rechtzeitig angemeldet wurden hingegen die Ansprüche auf Ersatz von Kosten der Verwaltung und Verwertung der Liegenschaft, denen gemäß § 49 Abs 1 KO ein Vorzugsrecht zukommt. Das Rekursgericht hat die Zuweisung dieser Kosten zunächst mit der Begründung abgelehnt, daß sie nicht als Vorzugsposten angemeldet worden seien. Dem kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Weder im § 210 noch im § 211 Abs 1 EO, in dem mehrere Vorschriften über die Anmeldung enthalten sind, wird erwähnt, daß der Rang des angemeldeten Anspruchs anzugeben ist. Dies geschieht im § 211 Abs 3 EO nur für Forderungen, die auf nicht verbücherten Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellt sind, und findet in diesen Fällen die Rechtfertigung in der Erwägung, daß sonst die Bestimmung des Ranges nicht möglich wäre. Wegen dieser Besonderheit kann die Vorschrift aber nicht auf andere Ansprüche ausgedehnt werden. Dem entspricht auch, daß auf verbücherten Liegenschaften pfandrechtlich sichergestellte Forderungen auch ohne Anmeldung in dem aus dem Hauptbuch sich ergebenden Rang zu berücksichtigen sind. Da ein Gläubiger nicht schlechter gestellt werden darf, wenn er die Forderungen anmeldet (vgl RZ 1989/7 mwN), kann es ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn er in der Anmeldung den Rang nicht angibt. Es besteht kein Grund, in diesem Punkt die Anmeldung einer Forderung, die nur aufgrund eines Vorzugsrechtes zugewiesen werden kann, anders als eine pfandrechtlich sichergestellte Forderung zu behandeln. Etwas anderes muß nur gelten, wenn eine solche Forderung auch pfandrechtlich sichergestellt ist. Will der Gläubiger in einem solchen Fall das Vorzugsrecht geltend machen, muß er dies spätestens bei der Verteilungstagsatzung erklären (vgl RZ 1935, 59; ZBl 1930/197), weil sonst darauf nur im Rang des Pfandrechts Bedacht genommen wird. Nur diesen Fall haben die vom Rekursgericht bezogenen Ausführungen von Heller/Berger/Stix (II 1440 f und 1443) zum Gegenstand, weshalb hieraus für seine Ansicht nichts zu gewinnen ist.

Kommt für eine angemeldete Forderung nur ein Rang in Betracht, so schadet es daher nicht, wenn dieser in der Anmeldung nicht genannt wird. Hier ging nun aus der Anmeldung eindeutig hervor, daß der Ersatz von Kosten im Sinn des § 49 Abs 1 KO begehrt wird. Bei den Kosten der Verwaltung erkannte aber schon das Rekursgericht richtig, daß zu deren Nachweis die vorgelegte Aufstellung nicht genügte, sondern daß hiefür die Belege, also vor allem Rechnungen und Zahlungsnachweise, in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorgelegt werden hätten müssen (JBl 1989, 389 = RZ 1989/50). Geschieht dies nicht, so hat eine Zuweisung zu unterbleiben, auch wenn dagegen kein Widerspruch erhoben wurde (JBl 1989, 389 = RZ 1989/50 mwN). Es ist daher ohne Bedeutung, daß nach dem Inhalt des über die Verteilungstagsatzung errichteten Protokolls über die angemeldeten Kosten der Verwaltung nicht verhandelt wurde, weil eine Zuweisung auf keinen Fall in Betracht kommt.

Etwas anderes gilt aber für die ebenfalls angemeldeten Kosten der Beteiligung am Versteigerungsverfahren, die zu den im § 49 Abs 1 KO genannten Kosten der Verwertung der Sondermasse gehören. Der Oberste Gerichtshof ist hiezu entgegen dem Rekursgericht der Meinung, daß ihnen nach dieser Gesetzesstelle das Vorzugsrecht unabhängig davon zukommt, ob der Masseverwalter die Versteigerung beantragt hat oder ob er gemäß § 119 Abs 4 KO in das bereits anhängige Zwangsversteigerungsverfahren als betreibender Gläubiger eingetreten ist, weil sich dem § 49 Abs 1 KO eine Einschränkung in diese Richtung nicht entnehmen läßt. Entscheidend ist nur, ob die Kosten im Zusammenhang mit der Verwertung der Sondermasse entstanden sind; auf die Stellung, die der Masseverwalter in dem Verfahren hatte, kann es hingegen nicht ankommen. Es läßt sich nämlich kein Grund dafür finden, die Kosten des Masseverwalters anders zu behandeln, wenn er als betreibender Gläubiger einschreitet, wie wenn er dies bloß anstelle des - insoweit nicht prozeßfähigen - Gemeinschuldners tut. Auch in diesem Fall ist er nicht allein gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners, sondern handelt auch im Interesse der Konkursgläubiger, weshalb sein Anspruch auf Kostenersatz nicht davon abhängt, ob der Gemeinschuldner als Verpflichteter einen solchen Anspruch gehabt hätte. Für diese Ansicht spricht deutlich § 125 Abs 4 KO, weil dort nur von der Festsetzung der Kosten die Rede ist, die der Masseverwalter anläßlich der gerichtlichen Veräußerung von Sachen und der Verteilung des Erlöses zu beanspruchen hat, ohne daß darauf abgestellt würde, in welcher Stellung er sich am Verfahren beteiligt. Damit ist allerdings noch nichts zur Frage gesagt, welche Kosten dem Masseverwalter im Einzelfall zustehen.

Die angemeldeten Kosten der Beteiligung am Zwangsversteigerungsverfahren mußten nicht urkundlich nachgewiesen werden, weil die Beteiligung aus den Exekutionsakten hervorgeht (vgl SZ 10/85). Es hätte allerdings darüber verhandelt werden müssen (JUS Z 1217). Da dies nach dem Inhalt des über die Verteilungstagsatzung aufgenommenen Protokolls nicht geschah, müssen die Beschlüsse der Vorinstanzen in diesem Punkt zur Ergänzung des Verfahrens aufgehoben werden.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten beruht auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO sowie auf § 125 Abs 4 KO, aus dem hervorgeht, daß dem Masseverwalter - abweichend von den Grundsätzen des Judikats 201 - auch für die Beteiligung an der Verteilung des Erlöses der Sondermasse Kosten zugesprochen werden können.

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