OGH 7Ob629/95

OGH7Ob629/958.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bauunternehmung A.H***** Ges.m.b.H. & Co KG, ***** vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Vavrovsky Kommanditpartnerschaft Dr.Karl Ludwig Vavrovsky in Salzburg, wider die beklagte Partei Vinzenz M*****, vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Mazunsky, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 1,824.272,09 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14.Dezember 1994, GZ 2 R 190/94-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15.April 1994, GZ 3 Cg 368/93-22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil einschließlich des unangefochtenen Teiles lautet:

Das Klagebegehren des Inhalts, der Beklagte sei schuldig, der klagenden Partei S 1,824.272,09 samt 6 % aus S 1,760.994,82 vom 5.8.1990 bis 17.3.1992, 4 % Zinsen aus S 30.390,65 vom 16.8.1990 bis 17.3.1992, 4 % Zinsen aus S 1.594,80 vom 25.8.1990 bis 17.3.1992 und 4 % Zinsen aus S 31.291,82 vom 18.10.1990 bis 17.3.1992 und 12 % aus S 1,824.272,09 zuzüglich 20 % aus den Zinsen ab 18.3.1992 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die in allen Instanzen mit insgesamt S 366.528,07 (darin S 46.249,68 Umsatzsteuer und S 89.030,- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte gründete 1980 die Firma "P*****" Inkassobüro Gesellschaft mbH, welche sich bis 1988 mit der Einziehung fremder Forderungen beschäftigte. Zwischen 1986 und 1988 wurden die Filialen der Firma P***** in eigene Gesellschaften umgewandelt. Der Beklagte war Geschäftsführer der Firma P*****. Anfang 1989 wurde die Firmenbezeichnung der Firma P***** in "Pr***** Holding-, Import-, Export- und Handelsgesellschaft mbH geändert. Die Firma Pr***** sollte später die Holdingfunktion für die verschiedenen P*****-Gesellschaften (Filialen) übernehmen. Die Firma P***** war ab 1984 Mieter des Hauses T*****straße 3. Im Jänner 1988 erwarb die Firma P***** die Liegenschaft mit dem Haus T*****straße 3 um S 3,260.000. Der Kaufpreis wurde von der R*****filiale S***** finanziert. Geplant war von Anfang an, dieses Haus durch Zu- und Umbauten so zu erweitern, daß drei Einheiten geschaffen werden, an welchen Wohnungseigentum begründet werden sollte. Diese Einheiten sollten in der Folge weiterverkauft werden. Die klagende Partei hat in den Jahren 1989 und 1990 das Bauvorhaben für die Firma Pr***** abgewickelt. Der entsprechende Auftrag wurde vom Beklagten als Geschäftsführer am 18.4.1989 unterfertigt. Darin war eine Nettowerklohnsumme von S 5,150.000 ohne Umsatzsteuer vorgesehen. In der Folge erhöhte sich jedoch der Nettopreis auf S 5,388.005,88. Durch die notwendigen Zusatzaufträge kam es zu einer Verzögerung der Fertigstellung des Baus um ca drei Monate, weshalb auch die Schlußrechnung, die für Ende Dezember 1989 vorgesehen war, erst am 21.2.1990 erstellt werden konnte. Die Firma Pr***** blieb aus dieser Schlußrechnung S 1,760.994,82 schuldig. Am 9.1.1992 wurde die Firma Pr***** wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht.

Bereits in der Projektierungsphase des Bauvorhabens gelang es der Firma Pr*****, eine Wohnungseinheit an Dr.Z***** zu einem Fixpreis von S 3,6 Mio zu verkaufen. Der Kaufpreis war in drei Raten zu je S 1,2 Mio an einen Treuhänder zu entrichten, welcher diese Beträge erst nach Sicherung der lastenfreien Eigentumsübertragung an die Verkäuferin weitergeben sollte.

Am 10.4.1989 kam es zu einer Besprechung zwischen Angestellten der R*****filiale A*****, dem Beklagten sowie Ing.Karl H***** und Herrn R***** seitens der klagenden Partei, bei der man sich hinsichtlich der Finanzierung einigte. Dieses Gespräch wurde in einer Aktennotiz mit folgendem Inhalt festgehalten: "1.Anzahlung: Die Anzahlung von S 1,5 Mio wird mit Wechsel finanziert; die R***** A***** gibt der Firma H***** eine Einlösungsgarantie. 2. Monatliche Teilzahlungen beginnend Ende April 1989 S 127.000 bis Ende November 1989 über S 221.000 - ebenfalls Wechselfinanzierung, Laufzeit drei Monate; im Falle einer Prolongation übernimmt die R***** A***** die Einlösungsgarantie gegenüber der Firma H*****".

Ob die Einlösungsgarantie zeitlich begrenzt wurde, kann nicht festgestellt werden. Nach dem dieser Vereinbarung zugrundeliegenden Bauzeit- und Zahlungsplan war zu Beginn der Baumaßnahmen eine Anzahlung von S 1,5 Mio zu leisten, weiters Ende April 1989 ein Betrag von S 127.000 und an den folgenden Monatsenden Beträge von S 316.000, S 633.000, S 633.000, S 317.000, S 506.000, S 442.000 und S 221.000. Der Rest sollte mit der Schlußrechnung bis Ende Dezember 1989 fällig sein. Garantiert wurden von der R*****filiale A***** die Zahlungen bis einschließlich Ende November 1989, also bis zur Teilzahlung von S 221.000. Dies ergibt eine garantierte Summe von insgesamt S 4,695.000.

Insgesamt stellte die R***** A***** für die Finanzierung der Baukosten S 6,650.000 - zusätzlich zu dem für den Grundankauf gewährten Kredit in Höhe von S 3,2 Mio zur Verfügung.

Es wurden folgende Kredite gewährt: Ein Kontokorrentkredit bis zum Betrag von 1,5 Mio S am 23.1.1989, ebenfalls am 23.1.1989 ein Abstattungskredit über S 2,6 Mio, welcher zunächst mit einem Teilbetrag von S 1,5 Mio in Form einer Wechseleinlösungsgarantie bis 15.12.1989 ausgenutzt werden konnte, wobei die Rückzahlung dieses Kredites bis längstens 31.12.2008 zu erfolgen hatte; ein Abstattungskredit am 24.8.1989 über S 2,000.000, zurückzuzahlen bis längsten 31.12.2008, wobei in Punkt 13. festgehalten wurde, daß "dem Kreditnehmer gemäß Kreditvertrag vom 2.5.1989 S 2,6 Mio Kredit eingeräumt wurden, welcher nach Überweisung des noch nicht ausgenützten Kreditteilbetrages mit S 975.540 aushaftet". Für diese Kredite wurde jeweils ein Zinsfuß von 8 % vereinbart.

Ing.H***** wurde seitens der Firma P***** oder Pr***** erklärt, daß das Projekt von der R***** finanziert werde. Es sei alles durchfinanziert, und es könne nichts passieren. Die Kredite sollten aus den Verkaufserlösen abgedeckt werden.

Die Zahlungen wurden, wie dies vorgesehen war, mittels der von der R***** A***** gegebenen Wechsel geleistet, wobei die Zusatzaufträge über S 50.000 und S 150.000 netto mit der vierten Abschlagsrechnung vom 31.7.1989 von der klagenden Partei in Rechnung gestellt und in der Folge auch anstandslos bezahlt wurden. Die letzte geleistete Zahlung fand auf diese Weise im November 1989 über S 442.000 statt. Die Summe der insgesamt geleisteten Zahlungen beträgt S 4,674.000.

Die Schlußrechnung der klagenden Partei vom 21.2.1990 über S 5.388.005,88 netto wurde unbeanstandet angenommen. Aufgrund dieser Schlußrechnung forderte die klagende Partei von der Firma Pr***** die Restzahlung von S 1,760.994,82 und stellte darüber einen Wechsel aus, welcher zunächst von der R***** A***** eingelöst und einem Pr*****-Konto angelastet wurde. Kurz darauf erfolgte jedoch die Rückbelastung mit der Begründung, daß die R***** A***** für diesen Betrag keine Einlösungsgarantie mehr übernommen habe. Daraufhin bemühte sich der Beklagte, einen entsprechenden Kredit eingeräumt zu erhalten. Die R***** A***** lehnte dies jedoch ab. Am 19.3.1990 räumte die R***** A***** jedoch einen weiteren Abstattungskredit über S 500.000 ein. Weitere Zahlungen an die klagende Partei wurden jedoch nicht erbracht.

Ein Teilbetrag von S 1,2 Mio des Kaufpreises aus dem mit Dr.Z***** geschlossenen Kaufvertrag wurde am 27.4.1989 an Rechtsanwalt Dr.B***** auf ein Konto bei der R***** E***** einbezahlt. Dieser Betrag wurde aus ungeklärten Gründen von Rechtsanwalt Dr.B***** nicht, wie zwischen der Firma Pr***** und dem R*****verband vereinbart, auf das Konto der Firma Pr***** bei der R*****filiale A***** überwiesen, sondern auf ein Konto der Firma Pr***** bei der O*****bank. Von diesen 1,2 Mio S wurden schließlich am 15.6.1989 S 500.000 an die R***** A***** überwiesen. Der Rest wurde für nicht feststellbare Zwecke von der Firma Pr***** verwendet.

Die weiteren Zahlungen seitens Dr.Z***** von je S 1,2 Mio gingen am 4.10.1989 und am 17.2.1992 auf das Konto der Firma P***** bei der R*****A***** ein. Der Grund dafür, warum die letzte Zahlung Dr.Z***** erst am 17.2.1992 erfolgte, kann nicht festgestellt werden.

Der nächste Zahlungseingang auf diesem Konto stammt aus der Geltendmachung der Vorsteuergutschrift aus der Schlußrechnung vom 29.2.1990 in Höhe von S 1,077.601,18. Wofür dieser Betrag verwendet wurde, kann nicht festgestellt werden. An die klagende Partei wurde dieser Betrag jedenfalls nicht bezahlt. Die klagende Partei hatte hingegen an das Finanzamt den Umsatzsteuerbetrag abzuliefern. Die Firma Pr***** nahm in die Rechnungen, die sie an die beiden anderen Käufer Dr.M***** und Firma W***** ***** richtete, jeweils einen Umsatzsteuerbetrag von S 350.000 auf. Dr.Z***** machte im Wege einer Vorsteuergutschrift eine im Kaufpreis enthaltene Vorsteuer in Höhe von S 300.000 geltend.

Abgesehen von den Kaufpreiszahlungen Dr.Z***** und der Vorsteuergutschrift wurde seitens der Firma Pr***** noch der Verkaufserlös von Dr.M***** in Höhe von S 3,9 Mio und der Verkaufserlös von der Firma W***** ***** in Höhe von S 3,850.000 eingenommen, so daß die Einnahmen insgesamt S 12,427.601,18 betrugen. Diesen Einnahmen standen als Ausgaben der Kaufpreis für die Liegenschaft in Höhe von S 3,260.000 und die an die klagende Partei geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt S 4,704.612,24 gegenüber. Ob noch Steuerforderungen des Finanzamtes aus diesem Projekt aushaften oder bereits beglichen wurden oder mit einem durch die Vorsteuer aus der Schlußrechnung der klagenden Partei entstandenen Guthaben verrechnet wurden, kann nicht festgestellt werden. Unter Einbeziehung der Restschuld an die klagende Partei in Höhe von S 1,760.994,82 und einer Umsatzsteuerverbindlichkeit von S 1,077.601,18 ergibt sich ein Überschuß aus dem Bauvorhaben von S 1,624.392,94, der für Abgaben, Rechts- und Beratungskosten, Zinsen und Bankspesen, Kosten der Darlehensbesicherung und ähnliche Nebenkosten verfügbar gewesen wäre.

Weil der nach der Schlußrechnung zur Zahlung präsentierte Wechsel von der Bank nicht eingelöst wurde, erwirkte die klagende Partei beim Landesgericht Salzburg einen inzwischen in Rechtskraft erwachsenen Wechselzahlungsauftrag gegen die Firma Pr*****, wodurch ihr Kosten in Höhe von S 30.390,65 erwuchen. Für einen Antrag auf neuerliche Zustellung des Wechselzahlungsauftrages fielen weitere Kosten in Höhe von S 1.594,80 an. Für die Erwirkung einer zwangsweisen Pfandrechtsbegründung aufgrund dieser Titel liefen weitere Kosten in Höhe von S 31.699,82 auf.

Ob die klagende Partei ihre Restforderung gegenüber der Firma Pr***** für uneinbringlich erklärt und die darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von S 293.499,14 vom Finanzamt zurückverlangt hat, kann nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei begehrte den aus der Schlußrechnung noch offenen Teilbetrag von S 1,760.994,82 sowie den Ersatz der im Zusammenhang mit dem Wechselzahlungsauftrag gegen die Firma Pr***** aufgelaufenen Kosten von S 30.390,65 und S 1.594,80 und weiters die Kosten der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung von S 31.699,82, somit insgesamt S 1,824.272,09 samt stufenweisen Zinsen. Sie brachte zusammenfassend vor:

Der Beklagte habe der klagenden Partei gegenüber erklärt, daß das Bauvorhaben durch den R*****verband S***** ausfinanziert und die Finanzierung der Bauleistungen der klagenden Partei daher gesichert sei. Überdies habe der Beklagte trotz der Überschuldung der Firma Pr***** durch Begebung eines Wechsels eine Zahlungszusage gegeben und damit ein besonderes Vertrauensverhältnis geschaffen, weshalb es die klagende Partei unterlassen habe, rechtzeitig andere Sicherheiten für ihre noch offene Forderung in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte habe dadurch, daß er die klagende Partei nicht darauf hingewiesen habe, daß die Firma Pr***** im Zeitpunkt der Fälligkeit des Wechsels zahlungsunfähig sein werde, schuldhaft seine Aufklärungspflicht verletzt. Der Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit der Firma Pr***** zum Schaden der klagenden Partei herbeigeführt, weil er die Einnahmen aus dem Bauprojekt, die die damit im Zusammenhang stehenden Auslagen gedeckt hätten, für andere, nicht mit dem Bauvorhaben zusammenhängende Zahlungen verwendet habe, wobei er Zahlungen voraussichtlich an sich selbst geleistet habe. Auch die Umsatzsteuer, die von den Käufern der Wohnungen einkassiert worden sei, sei vereinbarungswidrig nicht an die klagende Partei weitergeleitet worden. Der Beklagte habe ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Abwicklung des Projektes gehabt. Der Beklagte hätte bei genauer Kalkulation von vornherein wissen müssen, daß er das gegenständliche Bauvorhaben nicht werde finanzieren können, wobei an anderer Stelle jedoch ausgeführt wurde, daß bei zweckmäßiger Verwendung der erzielten Einnahmen und ordnungsgemäßer Abwicklung des Bauprojektes die aushaftenden Forderungen der Klägerin zur Gänze hätten abgedeckt werden können und keine Überschuldung eingetreten wäre. Dadurch, daß der Beklagte S 1,577.600 nicht für bauprojektbezogene Auslagen verwendet habe, habe er die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zumindest fahrlässig im Sinn des § 159 Abs 1 Z 1 StGB herbeigeführt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und bestritt die Behauptungen der klagenden Partei. Er habe im November 1991 seine Funktion als Geschäftsführer der Firma Pr***** zurückgelegt. Er habe auf die ordnungsgemäße Abwicklung des Bauvorhabens, auf Einnahmen aus den Wohnungverkäufen und auf die Finanzierungszusage der Bank vertraut. Die im Klagsbetrag enthaltene Umsatzsteuer von S 1,077.601,18 stehe der klagenden Partei keinesfalls zu. Überdies hätte die klagende Partei aufgrund ihrer Schadensminderungspflicht eine Umsatzsteuerentlastung gemäß § 16 UStG vornehmen müssen. Der Beklagte habe auf die Verwendung der Verkaufserlöse der Wohnungen keinen Einfluß gehabt. Die Erlöse seien direkt von der finanziernden Bank vereinnahmt worden. Die Zahlungsunfähigkeit der Firma Pr***** sei frühestens mit der Anzeige der Bank, daß der Wechsel nicht eingelöst werde, eingetreten. Bei Einleitung eines Insolvenzverfahrens hätte die klagende Partei nicht einmal eine Quote erhalten. Der Beklagte habe auf die Einlösung des Wechsels durch die finanzierende Bank vertrauen können, zumal noch Kaufpreise ausständig gewesen seien und der Kreditrahmen von S 10,21 Mio nur mit S 9,01 Mio ausgenützt gewesen sei. Zudem würde der Beklagte allenfalls nur für den Quotenschaden haften, weil die klagende Partei als Altgläubigerin anzusehen sei. Keinesfalls könne sie mehr als den Vertrauensschaden erlangen.

Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Aus der Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben ergebe sich, daß die Zahlungsverpflichtungen der Firma Pr***** gegenüber der klagenden Partei zu erfüllen gewesen wären, wäre das Geld nicht für andere Zwecke verwendet worden. Trotz des zur Verfügung gestellten Kreditrahmens, der die Summe der Schlußrechnung gedeckt hätte, sei der Restbetrag nicht beglichen worden. Der Beklagte hätte auf anstehende Zahlungsverpflichtungen der Firma Pr***** hinweisen müssen. Dadurch, daß der Beklagte bei Auftragserteilung verschwiegen habe, daß die zu erwartende Vorsteuergutschrift nicht zur Begleichung der Umsatzsteuer an die klagende Partei verwendet werden könne sowie daß er vereinbarungswidrig einen Zahlungseingang (seitens Dr.Z*****) für andere Zwecke als für die Bedienung des Kredites bei der R***** verwendet habe, habe er sich einer auffallenden Sorglosigkeit schuldig gemacht. Er habe daher volle Genugtuung zu leisten.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das Urteil dahin ab, daß es den Beklagten zur Zahlung von S 1,530.772,95 sA verpflichtete und das Mehrbegehren von S 293.499,40 sowie ein Zinsenmehrbegehren abwies. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus: Die Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der Firma Pr***** lasse sich nicht aus einer Verletzung der Verpflichtung, die Verkaufserlöse an die Bank abzuführen, ableiten, weil durch eine derartige Pflichtverletzung nur die Bank, nicht aber die klagende Partei geschädigt sein könne. Der klagenden Partei sollten ja nicht die Rückflüsse aus den Verkäufen der Wohnungen, sondern nur die ausbezahlten Kreditsummen zur Verfügung stehen. Die Firma Pr***** habe aber die Verpflichtung verletzt, diese Kreditsummen für das Bauprojekt zu verwenden. Dies ergebe sich aus der Tatsache, daß bei Abzug aller Zahlungsverpflichtungen der Firma Pr***** für Abgaben, Rechts- und Beratungskosten, Zinsen und Bankspesen, Kosten der Darlehensbesicherung und ähnlichen Nebenkosten ein Betrag von mehr als 1,6 Mio S zur Verfügung gestanden sei. Die Zahlungsverpflichtungen gegenüber der klagenden Partei hätten demnach erfüllt werden können, wenn das Geld nicht für andere Zwecke verwendet worden wäre. Der Beklagte hafte als Geschäftsführer der Firma Pr***** für die Verletzung dieser vertraglichen Verpflichtung, weil er ein erhebliches eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Geschäftes gehabt habe. Es hätten nämlich die im Berufungsverfahren beigeschafften Firmenbuchauszüge und Akten im Zusammenhalt mit der Aussage des Beklagten in der Berufungsverhandlung ergeben, daß der Beklagte - auch wenn er bei Vertragsabschluß mit der klagenden Partei nicht mehr als Gesellschafter aufgetreten sei - über eine umfangreiche Unternehmensverflechtung zusammen mit seiner Ehefrau Helga M***** sowie seinem Bruder Max M***** immer auch von der Beteiligungsseite her maßgebenden und beherrschenden Einfluß auf die Firma Pr***** gehabt habe, wie sich dies auch aus der Begründung des in der Berufungsverhandlung verkündeten Beschlusses ergebe, mit dem die vom Erstgericht vorgenommene Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe bestätigt worden sei. Insofern liege seitens des Beklagten durchaus ein unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse im Sinne der Rechtsprechung vor, welches seine ausnahmsweise Haftung als Geschäftsführer für die im Namen der Firma Pr***** eingegangenen und schließlich wieder verletzten Vertragsbestimmungen rechtfertige.

Zudem ergebe sich eine deliktische Haftung des Beklagten aus der Erwägung, daß die Rechtsprechung zu den §§ 1301 und 1295 ABGB, wonach dritte Personen die bestimmte Willensrichtung des Schuldners nicht verändern und diesen nicht zum Vertragsbruch verleiten dürften, auch auf den Geschäftsführer einer GesmbH anzuwenden sei. Der Beklagte habe in diesem Sinn die zweckwidrige Verwendung der Kredite zu verantworten.

Es sei zwar richtig, daß dem Altgläubiger bei einem Verstoß des Geschäftsführers gegen § 151 Abs 1 Z 2 StGB nur der Quotenschaden zustehe. Der Umstand, daß die Kredite nicht ausschließlich für das gegenständliche Projekt verwendet worden seien, begründe aber auch einen Verstoß gegen § 159 Abs 1 Z 1 StGB, weil zumindest prima facie als erwiesen anzusehen sei, daß dieser Sorgfaltsverstoß eine Mitursache für die spätere Zahlungsunfähigkeit der Firma Pr***** gewesen sei. Der Beklagte hätte den Beweis seiner Schuldlosigkeit erbringen müssen. Bei einem Verstoß gegen § 159 Abs 1 Z 1 StGB stehe das Erfüllungsinteresse zu.

Der klagenden Partei sei nur darin beizupflichten, daß eine Schadenersatzpflicht hinsichtlich der in der Schlußrechnung enthaltenen Umsatzsteuer in Höhe von S 293.499,14 nicht in Betracht komme, weil die klagende Partei gemäß § 16 Abs 3 UStG Anspruch auf Refundierung dieser Umsatzsteuer habe.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil den hier maßgebenden Rechtsfragen keine über den Anlaßfall hinausgehende Bedeutung zukomme und das Berufungsgericht nicht von der gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten ist jedoch zulässig, weil der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung jeweils ganz andere Sachverhalte zugrunde lagen. Die Berufung ist auch berechtigt.

Zunächst ist der Revision dahin beizupflichten, daß die im Rahmen der rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes enthaltene Feststellung, der Beklagte habe über eine umfangreiche Unternehmensverflechtung im Zusammenhang mit seiner Ehefrau und seinem Bruder maßgebenden und beherrschenden Einfluß auf die Firma Pr***** gehabt, jeglicher Beweisgrundlage in diesem Verfahren entbehrt. Die vom Gericht zweiter Instanz angeführte Einvernahme des Beklagten diente nach dem Inhalt des Protokolls über die mündliche Berufungsverhandlung ausschließlich der Klärung der Vermögensverhältnisse des Beklagten, weil das Gericht zweiter Instanz nicht nur über die Berufung, sondern auch über einen Rekurs des Beklagten gegen den Beschluß des Erstgerichtes, mit dem sein Verfahrenshilfeantrag abgewiesen wurde, zu entscheiden hatte. Die Beischaffung von Firmenbuchauszügen und sonstigen Unterlagen seitens des Gerichtes zweiter Instanz diente ebenfalls nur dieser Rekurserledigung. Die im Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz über den Rekurs betreffend den die Verfahrenshilfe ablehnenden Beschluß des Erstgerichtes enthaltenen Feststellungen entfalten für den vorliegenden Rechtsstreit keinerlei Bindungswirkung. Die damit im Zusammenhang gepflogenen Erhebungen des Gerichtes zweiter Instanz ersetzen keinesfalls ein nach den Bestimmungen der ZPO abzuwickelndes Beweisverfahren, so daß die auf den Beschluß über den Verfahrenshilfeantrag basierenden Erwägungen des Gerichtes zweiter Instanz insgesamt unbeachtlich sind.

Im übrigen kann dahingestellt bleiben, ob für die Annahme eines eigenwirtschaftlichen Interesses die maßgebliche oder beherrschende Beteiligung des Vertreters oder auch seiner Ehefrau oder seines Bruders an der von ihm vertretenen Gesellschaft ausreicht oder ob ein solches Interesse nur anzunehmen ist, wenn der Vertreter selbst allein oder zumindest überwiegend an der GesmbH beteiligt war (was hier offenbar nicht der Fall war, weil auch das Gericht zweiter Instanz unwidersprochen davon ausgeht, daß der Beklagte im maßgeblichen Zeitraum nicht oder nicht mehr Gesellschafter der Firma Pr***** war). Das Vorbringen des Beklagten hiezu hat sich darin erschöpft, der Beklagte habe als Geschäftsführer "sehr wohl ein wirtschaftliches Interesse, jedenfalls für seine nahen Angehörigen" (von denen nur Max M***** als "näherer Verwandter" erwähnt wird) gehabt. Besondere Umstände, die dafür sprächen, das wirtschaftliche Eigeninteresse des Beklagten trotz des Umstandes, daß er nicht Gesellschafter der GesmbH war, zu bejahen, wurden weder behauptet noch sind solche im Verfahren hervorgekommen (vgl JBl 1990, 322). Zudem wäre selbst bei Bejahung eines eigenwirtschaftlichen Interesses des Beklagten am abgeschlossenen Geschäft für die klagende Partei nichts zu gewinnen, weil die Zahlungsunfähigkeit der GesmbH auch nach Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz erst nach dem Vertragsabschluß mit der beklagten Partei und nach Durchführung des Projektes eintrat, so daß sämtliche Erwägungen zur Aufklärungspflicht des Geschäftsführers bei Geschäftsabschluß trotz Konkursreife (um die es bei der vom Gericht zweiter Instanz zitierte Vorjudikatur ging) verfehlt sind.

Ebenso verfehlt sind in diesem Verfahren die Erwägungen, daß dritte Personen die Willensrichtung des Schuldners, auf die der Gläubiger ein Recht habe, nicht verändern dürften, weil der Geschäftsführer als Organ der GesmbH nicht "Dritter" ist. Es geht vielmehr um die Frage, ob ihm persönlich in dieser Vertreterfunktion ein Verschulden am Schaden der klagenden Partei anzulasten ist.

Der Vorwurf, der Beklagte habe die ihm für die Durchführung des Bauprojektes gewährten Kredite zweckwidrig verwendet, findet im festgestellten Sachverhalt keine Deckung. Aus der Tatsache, daß die insgesamt der Firma Pr***** zur Verfügung gestellten Kredithöchstbeträge höher waren als die Baukostensumme, läßt sich entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz auch nicht "prima facie" ableiten, der Beklagte habe einen Kridatatbestand im Sinn des § 159 Abs 1 Z 1 StGB gesetzt. Es steht ja lediglich fest, wann dem Beklagten welcher Kreditrahmen in welcher Höhe eingeräumt wurde. Ob die Kreditrahmen sogleich oder nach und nach ausgenutzt, und wofür welche Gelder verwendet wurden, blieb gänzlich ungeklärt. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum die Bank den letzten Wechsel über die noch offene Schlußrechnungssumme letztlich nicht eingelöst hat. Es ist völlig ungewiß, welche anderen Geschäfte die Firma Pr***** tätigte und welche Verbindlichkeiten sie sonst noch hatte, ob sie überhaupt mit der Kreditrückzahlung säumig wurde, welche Zinsen und Nebenkosten in welchen Zeiträumen aufliefen usw. Zu all diesen Fragen wurde auch kein konkretes Vorbringen seitens der klagenden Partei erstattet, so daß sich weitere Erhebungen hiezu wohl erübrigten. Es ist auch völlig offen, ob die Bank nicht doch vereinbarungswidrig das Konto der klagenden Partei, auf dem zunächst die Wechselsumme gutgeschrieben worden war, wieder rückbelastet hat.

Feststeht letztlich lediglich, daß die Firma Pr***** die letzte Teilzahlung von S 1,760.994,82 - bzw ohne die von der klagenden Partei rückforderbare Umsatzsteuer von S 1,530.772,95 - nicht beglichen hat, daß die Werklohnforderung der klagenden Partei aus den Einnahmen der Firma Pr***** im Zusammenhang mit dem Bauprojekt zur Gänze hätten befriedigt werden können, daß die Werklohnforderung der klagenden Partei zur Gänze im ursprünglich der Firma Pr***** eingeräumten oder zugesagten Kreditrahmen Deckung gefunden hätte, daß die Einnahmen der Firma Pr***** im Zusammenhang mit dem Bauprojekt teilweise nicht zur Abdeckung gerade dieser Kredite verwendet wurden (wobei der Verwendungszweck dieser Einnahmen unbekannt ist), daß Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt S 30.319,65, S 1.594,80 und S 31.699,82 im Zusammenhang mit der Einklagung und Besicherung der Restforderung gegen die Firma Pr***** erwachsen sind, daß die klagende Partei von der ausschließlichen Fremdfinanzierung des Bauprojektes wußte, daß die Zahlungen mittels Wechsels seitens der Bank nur bis Ende November 1989 gesichert waren (wovon die klagende Partei offenbar ebenfalls wußte, weil ja ihre Vertreter bei den betreffenden Verhandlungen anwesend waren) und daß der Beklagte im maßgebenden Zeitraum zwar Geschäftsführer der GesmbH, nicht aber deren Gesellschafter war. Ein rechtswidriges und haftungsbegründendes Vorgehen des Geschäftsführers der GesmbH läßt sich daraus entgegen der Ansicht der klagenden Partei und der Vorinstanzen nicht ableiten. Es läßt sich auch der im Berufungsurteil anklingende Vorwurf, der Beklagte habe ein "gewagtes Geschäft geschlossen", nicht verifizieren, zumal über die Vermögensverhältnisse der Firma Pr***** im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses keinerlei Vorbringen erstattet wurde, keine Feststellungen getroffen wurden und im übrigen ja mehrfach festgehalten wurde, daß die Einnahmen aus dem Bauprojekt grundsätzlich ausgabendeckend gewesen wären. Der Verdacht, der Beklagte müsse Gelder für seine eigene Tasche abgezweigt haben, findet in den Feststellungen keine Deckung. Eine Verletzung der Pflicht des Beklagten, die klagende Partei als seinen Geschäftspartner bei Abschluß des Vertrages über die finanzielle Situation der Firma P***** aufzuklären, kann schon deshalb nicht als erwiesen angenommen werden, weil nicht feststeht, wann die Firma Pr***** in finanzielle Schwierigkeiten geriet.

Ungeklärt ist auch, warum die nicht unbeträchtlichen Eingänge auf das auf die Firma Pr***** lautende Konto über S 1,2 Mio (Kaufpreisrest Dr.Z*****) und S 1,077.601,18 (Vorsteuergutschrift), die erst im Lauf des Jahres 1992 und somit zu einem Zeitpunkt erfolgten, als die Firma Pr***** im Firmenbuch bereits gelöscht war und der Beklagte nicht mehr Geschäftsführer war, nicht zur Abdeckung der damals längst feststehenden Restforderung der klagenden Partei verwendet wurden. Hiezu fehlt ebenfalls jegliches Vorbringen der klagenden Partei. Dafür, daß der Beklagte den Zufluß dieser Gelder an die klagende Partei verhindert hätte, ist kein Anhaltspunkt vorhanden.

Da die objektive Verwirklichung des Tatbildes des § 159 Abs 1 Z 1 StGB in keiner Weise erwiesen ist, ist es auch verfehlt, dem Beklagten die Beweislast für all die unaufgeklärten Umstände aufzubürden und sämtliche Ungewißheiten zu seinem Nachteil zu gewichten. Es wäre vielmehr an der klagenden Partei, die Schadenersatz gegenüber dem Beklagten geltend macht, gelegen gewesen, die anspruchsbegründenden Elemente wie insbesondere das rechtswidrige Verhalten des Beklagten und dessen Kausalität für einen Schaden in entsprechend konkreter Weise zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Da aus ihrem Vorbringen kein konkretes Substrat ableitbar ist, das auf eine Berechtigung ihrer behaupteten Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten hinweist, liegt auch keine entsprechende Grundlage für eine Verfahrensergänzung hinsichtlich der bislang ungeklärt gebliebenen Umstände vor.

Ob dem Beklagten nach dem vorliegenden Sachverhalt ein Verstoß gegen § 69 KO oder auch gegen § 159 Abs 1 Z 2 StGB anzulasten ist, kann dahingestellt bleiben. Da überhaupt keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Firma Pr***** bereits im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses mit der klagenden Partei konkursreif war, könnte die klagende Partei nur als Altgläubiger angesehen werden und daher nur den Quotenschaden geltend machen, wie das Gericht zweiter Instanz insoweit zutreffend ausgeführt hat (vgl WBl 1988, 58; JBl 1990, 322). Die klagende Partei hat jedoch ungeachtet der diesbezüglichen ausdrücklichen Einwände des Beklagten auf dem Ersatz des Erfüllungsinteresses (und ihrer frustrierten Prozeß- und Exekutionskosten) beharrt, so daß die Frage nach dem Ersatz des Quotenschadens, der in keiner Weise konkretisiert wurde, dahingestellt bleiben muß.

Da somit kein rechtswidriges und kausales Fehlverhalten des Beklagten ableitbar ist, das die persönliche Haftung des Beklagten für jene Schulden der ehemaligen Firma Pr*****, die gegenüber der klagenden Partei noch offen sind, und für die für den Eintreibungsversuch dieser Forderung vergeblich aufgewendeten Verfahrenskosten begründen könnte, war das Klagebegehren in Abänderung der Vorinstanzen zur Gänze abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Schriftsatz vom 5.8.1993 (ON 13) war nicht zu honorieren, weil das darin enthaltene Vorbringen und die gestellten Anträge auch in der vorangehenden Tagsatzung oder im Schriftsatz vom 8.1.1993 (ON 9) deponiert hätte werden können.

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