OGH 8ObS38/95

OGH8ObS38/9524.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Christian Kleemann und Amtsrat Winfried Kmenta als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Werner L*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler ua Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Vorarlberg, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenzausfallgeld (75.187 S sA), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20.Juni 1995, GZ 5 Rs 43/95-12, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 8.März 1995, GZ 35 Cgs 4/95w-6, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten der Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1.August 1982 bis 28.Februar 1994 bei der S***** GmbH angestellt. Über deren Vermögen wurde am 4.Februar 1994 der Konkurs eröffnet. Der Kläger hat Anspruch auf Abfertigung im Ausmaß des Vierfachen des ihm für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses gebührenden Entgeltes von 73.584 S brutto.

Mit Bescheiden vom 13.September 1994 erkannte das Arbeitsamt Feldkirch dem Kläger für diesen Abfertigungsanspruch Insolvenzausfallgeld von 205.200 S netto (viermal 51.300 S netto) zu und lehnte die Gewährung von Insolvenzausfallgeld für den Mehrbetrag an Abfertigung von 74.418 S netto samt 769 S Zinsen ab. Die Sicherung des Abfertigungsanspruches sei mit 54.000 S brutto begrenzt, was bei einem 5 %igen Lohnsteuerabzug den Nettobetrag von 51.300 S ergebe.

Mit der gegen den abweisenden Bescheid gerichteten Klage begehrt der Kläger die Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld in diesem Umfang.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 3.041 S statt und wies das Mehrbegehren von 72.146 S ab. Es führte aus: Nach § 1 Abs 4a IESG sei der Abfertigungsanspruch, der die einfache Höchstbeitragsgrundlage übersteige, bezüglich des darüber hinausgehenden Monatsbetrages nur in halber Höhe bis zum Ausmaß der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage, sohin bei einer Höchstbeitragsgrundlage von 36.000 S bis zum Betrag von 108.000 S, gesichert. Dem Kläger stehe daher ein weiterer Betrag an Abfertigung von 3.009,60 S sA zu.

Infolge Berufung beider Parteien änderte das Berufungsgericht das Ersturteil unter Bestätigung des abweisenden Teiles in eine gänzliche Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es erklärte, die Einschränkung bezüglich der Abfertigung in § 1 Abs 3 Z 4 IESG idF BGBl 817/1993 sei im Hinblick auf den im Ausschußbericht zum Ausdruck kommenden Willen des historischen Gesetzgebers auf den - im Falle der Abfertigung niedrigeren - Grenzbetrag und nicht auf den Begriff "Bruttobetrag" zu beziehen. Auch für die Begrenzung der Abfertigung sei daher deren Bruttobetrag maßgeblich. Unter Berücksichtigung des Ausschußberichtes in Verbindung mit dem Gesetzeswortlaut sei weiters § 1 Abs 4a lit b IESG idF leg cit nicht dahin zu verstehen, daß neben einer Sicherung in voller Höhe der einfachen Höchstbeitragsgrundlage für den übersteigenden Betrag eine weitere Sicherung bis zum Ausmaß der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage zugebilligt werde, sondern dahin, daß der die Höchstbeitragsgrundlage übersteigende Teil nur im Ausmaß der einfachen Höchstbeitragsgrundlage zur Hälfte gesichert sei.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit der Revisionswerber in Zweifel zieht, daß durch § 1 Abs 4a IESG nicht der Brutto- sondern der Nettobetrag der Abfertigung begrenzt werde, ist er auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen, das unter Ablehnung der von Eypeltauer (in "Neue Auslegungsfragen im IESG" WBl 1994, 255 ff [256]) vertretenen Auffassung im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien (AB 1332 BlgNR 18.GP, 2) der Argumentation von Holzer-Reissner (in "Neuerungen im Insolvenzrecht" DRdA 1994, 461 ff [463]) folgte, die, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, auch im Gesetzeswortlaut gedeckt ist (§ 48 ASGG).

Soweit Eypeltauer aaO 256 f und Holzer-Reissner aaO 463 f allerdings die Auffassung vertreten, entgegen dem in den Materialien aaO klar zum Ausdruck gebrachten Willen des historischen Gesetzgebers ".....für Entgeltansprüche, ausgenommen Abfertigung, soll Insolvenz-Ausfallgeld bis zur doppelten Höchstbeitragsgrundlage, für Abfertigungen 100 % bis zur Erreichung der einfachen Höchstbeitragsgrundlage und für den Teil zwischen der einfachen und doppelten Höchstbeitragsgrundlage 50 % gewährt werden" sei § 1 Abs 4a lit b IESG dahin auszulegen, daß jener Teil der Abfertigung, der über die einfache Höchstbemessungsgrundlage hinausgehe, zuerst halbiert werde und dann bis zum Erreichen der zweifachen Höchstbemessungsgrundlage für diesen Teil gesichert sei, ist ihnen nicht zu folgen. Betrachtet man die Regelung nicht isoliert, sondern im Zusammenhalt mit lit a dieser Bestimmung, dann ist die Wortfolge "bis zum Ausmaß der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage" auf die an die in lit a getroffene Regelung anknüpfenden einleitenden Worte "soweit ein höherer Anspruch zusteht" zu beziehen und als gesicherter höherer Anspruch im Sinne dieser Bestimmung daher der die einfache Höchstbeitragsgrundlage übersteigende Anspruch an Abfertigung bis zum Ausmaß der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage zu verstehen; dieser die einfache Höchstbeitragsgrundlage übersteigende Teil des Abfertigungsanspruches ist nun bis zum Erreichen der mit der zweifachen Höchstbeitragsgrundlage für den Abfertigungsanspruch insgesamt fixierten Höchstgrenze - im Gegensatz zur Regelung nach lit a ("Gebührt Insolvenzausfallgeld für....Abfertigung in voller Höhe") - nur mehr mit dem halben Betrag der zustehenden Abfertigung gesichert ("gebührt Insolvenzausfallgeld für.......Abfertigung in halber Höhe"). Den Worten "pro Monatsbetrag" in lit a und b dieser Bestimmung kommt wohl nicht die ihnen von Eypeltauer und Holzer-Reissner zugemessene Bedeutung zu, sie sind vielmehr als Hinweis darauf zu verstehen, daß die Begrenzung der Abfertigung nicht auf deren Gesamtbetrag zu beziehen ist, sondern daß sich die Begrenzung auf das der Berechnung der Abfertigung gemäß § 23a Abs 1 AngG zugrundezulegende "für den letzten Monat gebührende" Entgelt bezieht.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist die vom Gesetzgeber vorgenommene Beschränkung der Sicherung des Abfertigungsanspruches nicht nur nicht gleichheitswidrig, sondern geboten, um eine sachlich wohl nicht zu rechtfertigende Besserstellung der Abfertigungsansprüche im Zuge der generellen Zugrundelegung der Bruttoentgelte für die Begrenzung der gesicherten Ansprüche zu vermeiden; gerade bei höheren Entgelten würde die steuerliche Begünstigung der Abfertigung ansonsten dazu führen, daß die betragliche Begrenzung der Sicherung der Abfertigungsansprüche erst bei einem wesentlich höheren Nettobetrag zum Tragen käme, als dies bei Ansprüchen auf laufendes Entgelt der Fall ist.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG; besondere Billigkeitsgründe wurden vom Kläger weder bescheinigt, noch können solche der Aktenlage entnommen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte