OGH 13Os139/95

OGH13Os139/9518.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Udo Ewald B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wolfgang L***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 13.Juni 1995, GZ 10 Vr 265/95-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, und des Verteidigers Dr.Weber jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf zweieinhalb Jahre herabgesetzt.

Dem Angeklagten Wolfgang L***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang L***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Strafsatz und § 15 StGB sowie des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und des Vergehens nach § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG schuldig erkannt, weil er

(I) im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem (unter einem abgeurteilten) Udo Ewald B***** in insgesamt 11 (im Urteil einzeln angeführten) Angriffen (1.1-1.11) fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert (Gesamtwert: 31.259 S) vorwiegend durch Einbruch mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung teils wegnahm, teils wegzunehmen versuchte, wobei er die Einbruchsdiebstähle in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar (im anfechtungsrelevanten Teil)

(1.7) am 1.März 1995 in Leoben durch Nachsperre der Eingangstüre mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel Verfügungsberechtigten der Krankenhausverwaltung Leoben ca 100 Ampullen der Medikamente Gewacalm, Porr 8 und Laevosan im Werte von mindestens 2.500 S sowie durch Aufbrechen von insgesamt fünf Personalspinden weitere im Urteil näher bezeichnete Wertgegenstände;

(1.9) am 4.März 1995 in Eisenerz durch Aufbrechen der Seitenscheibe eines PKWs Dr.Michael F***** aus einem Ärztekoffer ein Ampullarium mit Ampullen, Einmalspritzen und Nadeln, Notfallmedikamente und Infusionen von nicht näher bekanntem Wert;

(II) andere Personen dadurch schädigte, daß er in zwei (im Urteil einzeln angeführten) Angriffen fremde bewegliche Sachen aus deren Gewahrsam dauernd entzog, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen, und zwar (im anfechtungsrelevanten Teil)

(2) am 4.März 1995 in Eisenerz die bei dem im Schuldspruch I 1.9 angeführten Einbruchsdiebstahl zusätzlich erbeuteten (im Urteil näher bezeichneten) Gegenstände, nämlich medizinische Ausrüstungsgegenstände, Autozubehör und Werkzeuge, im Gesamtwert von ca 20.000 S, indem er diese Sachen in den Erzbach warf, und allein

(V) von Oktober bis Dezember 1994 in Wien monatlich einmal je zwei Gramm Heroin den bestehenden Vorschriften zuwider für den Eigengebrauch erwarb und besaß.

Rechtliche Beurteilung

Er bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) moniert der Beschwerdeführer, daß aus seiner Verantwortung die vom Erstgericht festgestellte Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, schon wegen seiner durch Alkohol- und Medikamentenmißbrauch getrübten damaligen Bewußtseinslage nicht abgeleitet werden könne. Demgegenüber gestand er aber in der Hauptverhandlung vom 13.Juni 1995 (ON 35) ausdrücklich zu, daß er mit seinem Geld nicht auskam und er sich deshalb bereit erklärte, gemeinsam mit Udo Ewald B***** die ihm vorgeworfenen (überwiegend als Einbruch zu qualifizierenden) strafbaren Handlungen zu begehen (21/II). Darüber hinaus stützt das Erstgericht diese Feststellung auf die insoweit auch den Beschwerdeführer betreffende Einlassung des Udo Ewald B***** (9/II), sodaß im Hinblick auf die zielgerichtete Vorgangsweise der Angeklagten keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nachvollzogen werden können.

Als Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer eine undeutliche Urteilsbegründung zum Schuldspruch II 2 geltend, weil dem Angeklagten zwar im Urteilstenor das Wegwerfen einzeln aufgezählter Gegenstände - darunter auch Kfz-Zubehör - angelastet, aber in den Feststellungen lediglich davon gesprochen werde, der Beschwerdeführer und sein Komplize hätten beim Einbruch in den PKW von Dr.Michael F***** einen Ärztenotkoffer samt Ampullarium mit Ampullen, Einmalspritzen und Nadeln, Notfallmedikamenten und Infusionen an sich gebracht. Das Wegwerfen der im Schuldspruch II 2 genannten Gegenstände werde hingegen in den Entscheidungsgründen nicht näher dargestellt. Inhaltlich rügt der Beschwerdeführer damit einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a).

Demzuwider hält jedoch das Erstgericht fest, daß die Täter die Diebesbeute "sortierten" und "die ihnen verwertbar erscheinenden Ampullen, Einmalspritzen und sonstiges ärztliches Gerät" mitnahmen und "den Rest" in den Erzbach warfen (US 13 f). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung werden diese Feststellungen dahingehend ergänzt, daß die beiden Angeklagten jene beim Einbruch in den PKW von Dr.F***** erbeuteten ärztlichen Geräte und Kfz-Utensilien, die sie für unbrauchbar erachteten, in den Vordernbergbach bzw Erzbach warfen (US 17). Damit wird aber mit hinreichender Deutlichkeit jener Sachverhalt festgestellt, den der Schöffensenat zutreffend als Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 StGB bewertete. Die Beschwerde bringt dagegen den inhaltlich geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Berechtigung kommt schließlich aber auch der weiteren als Mängelrüge (Z 5) bezeichneten, inhaltlich allerdings einer Subsumtionsrüge (Z 10) entsprechenden Beschwerde nicht zu.

Das Erstgericht geht in dem sowohl den Beschwerdeführer als auch Udo Ewald B***** betreffenden Schuldspruch (I 1.7) davon aus, daß beide Täter mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel, also durch Nachsperre der Eingangstür, in das Krankenhaus Leoben eindrangen und dort Medikamente im Wert von 2.500 S wegnahmen (US 3 f), während in der Urteilsbegründung festgehalten wird, daß sich die beiden Täter durch den unversperrten Rettungseingang in das Landeskrankenhaus einschlichen und die Medikamente aus den offenen Vitrinen stahlen (US 11). Dieser vom Beschwerdeführer zutreffend dargestellte Widerspruch macht deutlich, daß die im Urteilsspruch beschriebene Qualifikation der Nachsperre in den Feststellungen keine Deckung findet.

Nach der Aktenlage ist aber nicht zu erwarten, daß die Feststellung der Überwindung einer versperrten Eingangstür durch Nachsperre in einem neuen Rechtsgang getroffen werden könnte. Die in der Anklage dargestellte solche Vorgangsweise der Täter geht offenkundig auf Vermutungen der Bundespolizeidirektion Leoben zurück (267/I), weil zwei Tage zuvor ein Zentralschlüssel zum Landeskrankenhaus gestohlen worden war (277/I). Nach der letztlich nicht widerlegbaren (vgl US 16) Verantwortung des Beschwerdeführers, die sich im wesentlichen mit jener seines Komplizen deckt, drangen die beiden in das Landeskrankenhaus Leoben ein, indem Udo Ewald B***** zwei Glasschiebetüren mit der bloßen Hand auseinanderdrückte (17, 113 und 121/I). Aufgrund dieser Schilderung erfolgte die Öffnung der Tür unter lediglich geringen körperlichem Krafteinsatz, sodaß das Eindringen der beiden Angeklagten auch nicht als Einbruch nach § 129 Z 1 StGB qualifiziert werden könnte (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 129 RN 11). Damit zeigt sich, daß die vom Erstgericht im Urteilstenor festgehaltene Qualifikation dieser Tat als Diebstahl durch Öffnen der Eingangstüre mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel zu Unrecht angenommen wurde.

Gleichwohl begründet die zu Unrecht im Schuldspruch I 1.7 enthaltene Qualifikation des § 129 Z 1 StGB im vorliegenden Fall keine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Urteilsnichtigkeit (Z 10), weil dieser strafsatzerhöhende Umstand bei weiteren Diebstählen des Angeklagten (Schuldspruch I 1.9 und I 1.10) gegeben war und deshalb weder bei der strafrechtlichen Beurteilung des nach § 29 StGB zu einer Einheit zusammengefaßten Tatgeschehens eine Bedeutung erlangte (vgl SSt 50/11), noch in den Strafzumessungsgründen Auswirkungen zeigte (vgl SSt 59/74).

Aus diesem Grunde betrifft der dem Erstgericht unterlaufene Widerspruch zwischen dem Urteilstenor und den Urteilsgründen nach Lage des Falles auch keine entscheidende Tatsache im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO, weil zur Annahme einer Qualifikation ausreicht, wenn sie auch nur bei einem einzigen von mehreren Fakten vorliegt (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 ENr 103).

Dem an sich zutreffenden Beschwerdevorbringen kommt sohin weder unter dem Gesichtspunkt einer Mängel- noch unter dem einer Rechtsrüge Bedeutung zu.

Die unbegründete, teils auch nicht prozeßordnungsgemäß dargestellte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wolfgang L***** war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Wolfgang L***** (unter Anrechnung der Vorhaft) nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB sowie unter Anwendung des § 28 StGB und (überflüssigerweise auch: s SSt 46/45) unter Bedachtnahme auf § 39 StGB zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe und wertete dabei als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und zwölf einschlägige Vorverurteilungen, als mildernd hingegen das umfassende und einsichtsvolle Geständnis des Angeklagten sowie den Umstand, daß es bezüglich eines Einbruchsdiebstahls beim Versuch blieb.

Die dagegen vom Angeklagten erhobene Berufung strebt eine Strafreduktion an; sie ist im Recht.

Das Schöffengericht hat zwar die Erschwerungsumstände ohne Berücksichtigung der mehrfachen Diebstahlsangriffe nur unvollständig aufgezählt, jedoch beim Berufungswerber (im Gegensatz zum äußerst rasch rückfälligen schwer vorbestraften Mitangeklagten), angesichts des (Gesamt-)Wertes der Diebsbeute (von knapp über 30.000 S) das Strafmaß überhöht festgesetzt. Die Freiheitsstrafe war daher in Stattgebung der Berufung des Wolfgang L*****, bei diesem auf zweieinhalb Jahre herabzusetzen.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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