OGH 12Os133/95

OGH12Os133/9518.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Dorfner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rupert G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Rupert G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 4.Mai 1995, GZ 6 Vr 457/94-64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldsprüche I wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB, und II 1 a wegen des - insoweit - Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB sowie in den Teilfreisprüchen) unberührt bleibt, im Schuldspruch II 1 b wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB, in der rechtlichen Beurteilung des Faktenkomplexes II 1 a und b als Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB sowie im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) ebenso aufgehoben wie der damit verbundene Beschluß gemäß § 494 a Abs 1 Z 2 StPO und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Rupert Leopold G***** auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die auf die teilweise Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rupert Leopold G***** wurde (I) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB und (II 1 a und b) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB schuldig erkannt. Demnach hat er (I) ab 13. November 1992 bis 17.September 1993 in Leibnitz als leitender Angestellter (§ 161 Abs 1 StGB) der mehreren Gläubigern verpflichteten EHT-Energiespar- und Heizungsinstallationstechnik-GesmbH in Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit dieses Unternehmens durch Fortführung des Geschäftsbetriebes ohne ausreichendes Eigenkapital (insbesondere Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten - 143/II) fahrlässig die Gläubigerbefriedigung vereitelt bzw geschmälert; (II) mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die sie oder Dritte um insgesamt mehr als 500.000 S am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, (a) verleitet, nämlich im September und Oktober 1992 in Klagenfurt und Graz Verfügungsberechtigte der Odörfer-Röhrenhof-GesmbH durch die Vorgabe der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der von ihm vertretenen EHT-Energiespar- und Heizungsinstallationstechnik-GesmbH zur Lieferung von Installationsmaterial (Mindestschaden: 106.879,73 S) und (b) zu verleiten getrachtet, nämlich am 14.Jänner 1994 in Graz Organe des Arbeitsamtes durch den Antrag auf Auszahlung von Insolvenzausfallsgeld nach § 6 IESG in Verbindung mit der Vorlage inhaltlich unrichtiger Bestätigungen über Ansprüche an Überstundenentgelt, Nächtigungs-, Tag- und Kilometergeld für den Zeitraum Jänner 1993 bis September 1993 zu Lasten der EHT-Energiespar- und Heizungsinstallationstechnik-GesmbH zur (auch vorschußweisen) Auszahlung entsprechender Geldbeträge (angestrebter Schaden: 445.599 S), wobei es aufgrund der rechtzeitigen Aufdeckung des Tatvorhabens durch den Masseverwalter beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 (lit a) StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G***** kommt nur teilweise Berechtigung zu.

Der gegen den Schuldspruch I (fahrlässige Krida) aus der Sicht sowohl der Mängel- (Z 5) als auch der Rechtsrüge (Z 9 lit a) erhobene Einwand, die Firma EHT-Energiespar- und Heizungsinstallationstechnik-GesmbH sei erst am 13.November 1992 registriert worden, weshalb der bis dahin seit Abschluß des Gesellschaftsvertrages verstrichene Zeitraum infolge noch nicht wirksamer Rechtspersönlichkeit des neu gegründeten Unternehmens vom Deliktszeitraum auszunehmen gewesen wäre, kann schon deshalb auf sich beruhen, weil das angefochtene Urteil dazu - von der Beschwerde verkannt - ohnedies nur auf den der Firmenregistrierung nachfolgenden Zeitraum abstellt.

Was die - gleichfalls unter dem Aspekt sowohl formell mangelhafter Begründung als auch materieller Feststellungsmängel - relevierte Problematik der für fahrlässige Krida tatbestandsessentiellen Gläubigermehrheit anlangt, so bleiben dabei jene - insbesondere auch durch die Ausführungen des Buchsachverständigen Dr.K***** gedeckten (250/I) - Urteilspassagen unberücksichtigt, wonach Verbindlichkeiten des Kridaunternehmens nicht nur gegenüber Lieferanten, sondern auch gegenüber der Gebietskrankenkasse und dem Finanzamt begründet und in der Folge nicht beglichen wurden (insbesondere 143/II).

Eine - wie geboten - umfassende Orientierung an den wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen läßt aber auch der das Betrugsfaktum II 1 a betreffende Einwand vermissen, die dem Angeklagten dazu unterstellte Vorspiegelung der Zahlungswilligkeit und -fähigkeit des von ihm vertretenen Unternehmens (EHT) komme schon wegen des der Firmenregistrierung vorausgegangenen Tatzeitpunktes nicht in Betracht. Dazu genügt der Hinweis darauf, daß die (kurz:) EHT-GesmbH mit Vertrag vom 31.März 1992 gegründet, der Geschäftsbetrieb ab 5.Mai 1992 aufgenommen wurde (115, 119/II) und es im übrigen für die betrugsspezifische Deliktseignung der inkriminierten Täuschungshandlung keinen Unterschied macht, ob sie neben dem redlichen Geschäftswillen zusätzlich auch den rechtswirksamen Abschluß der Gründung des bestellenden Unternehmens miteinschloß.

Soweit die Tatsachenrüge (Z 5 a) einzelne der bereits erörterten Beschwerdeeinwände wiederholt, erweist sie sich aus den bereits dargelegten Erwägungen nicht geeignet, Bedenken - geschweige denn solche erheblichen Gewichtes - gegen die Richtigkeit der den insoweit bekämpften Schuldsprüchen zugrunde gelegten Tatsachen zu erwecken.

Hinsichtlich des Schuldspruchs wegen versuchten schweren Betruges (Faktum II 1 b) trifft es im Sinn der Mängelrüge (Z 5) allerdings zu, daß das angefochtene Urteil zu entscheidenden Tatsachengrundlagen mit formellen Begründungsmängeln behaftet ist. Mögen auch jene Aufstellungen, auf deren Grundlage der Angeklagte der EHT-GesmbH insgesamt 1036 Überstunden, sowie Nächtigungs-, Tag- und Kilometergeld im Gesamtbetrag von 570.345,10 S in Rechnung stellte, ersichtlich nachträglich aufgesetzt und rückdatiert worden sein (127/II), so hatte das Erstgericht bei der Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Angeklagte tatsächlich anspruchsbegründende Leistungen im Interesse des bezeichneten Unternehmens erbracht hatte, auch all jene Verfahrensergebnisse miteinzubeziehen, aus denen sich konkrete Hinweise auf entsprechende Aktivitäten ergaben. Zu Recht verweist die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Erörterungsbedürftigkeit der behaupteten geschäftlichen Reiseaktivitäten des Angeklagten zumindest in dem (schon aus der Sicht der in § 147 Abs 3 StGB normierten Wertgrenze beachtlichen) Umfang, der durch vorgelegte Geschäftsunterlagen in Verbindung mit weiteren aktenkundigen Verfahrensergebnissen (insbesondere auch den Angaben des Mitangeklagten Othmar W***** - 59/II) aktualisiert wurde. Wenn das Erstgericht dem Angeklagten in diesem Zusammenhang einerseits das Wissen unterstellt, die hier geltend gemachten Leistungen niemals erbracht zu haben, andererseits aber sinngemäß einräumt, die "vorgegebenen Leistungen" könnten "tatsächlich geringeren Umfanges erbracht worden sein" (151/II), bringt es im Ergebnis selbst zum Ausdruck, daß es sich in einer nach den Verfahrensergebnissen problematisch gebliebenen Bandbreite von - der gesetzlichen Begründungspflicht nicht ausreichend Rechnung tragenden - Vermutungen zu Lasten des Angeklagten leiten ließ.

Im letzterörterten Punkt zeigt sich daher, daß - zur partiellen Verfahrenserneuerung - die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat (§ 285 e StPO). In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher mit spruchgemäßer Teilaufhebung des angefochtenen Urteils und Anordnung der entsprechenden Verfahrenserneuerung vorzugehen. Lediglich vollständigkeitshalber ist dazu festzuhalten, daß der materiellrechtliche Beschwerdeeinwand des Mangels am Tatbestand des Betruges infolge insgesamt der amtlichen Überprüfung unterliegender, sohin zur Betrugsverwirklichung ungeeigneter, schlicht unwahrer Parteienbehauptungen die Verwendung unrichtiger Urkunden zur Täuschungsintensivierung (§ 147 Abs 1 Z 1 - 13 Os 81/93 = RZ 1995/11) vernachlässigt.

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde als teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, teils offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2, 285 a Z 2 StPO).

Mit seiner außerdem erhobenen Berufung war der Angeklagte auf den (auch den Strafausspruch erfassenden) kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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