Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Minderjährigen sind eheliche Kinder. Die Ehe ihrer Eltern ist seit 9.Juni 1986 rechtskräftig geschieden. Die Obsorge für alle Kinder wurde dem Vater übertragen. Tamara und Harald werden seit 1992 von einer Pflegemutter betreut, bei der sich tagsüber auch die sonst beim Vater lebende Sonja aufhält.
Die Mutter beantragte am 24.April 1995 die „Zuerkennung eines Besuchsrechtes bei ihren Kindern bzw“ die „Einräumung der Möglichkeit, die Kinder zu einem Besuch nach Bad Aussee zu holen“. Sie könne „insbesondere in den Ferien“ ein Besuchsrecht ausüben. Es bestehe genügend Zeit, ein solches Besuchsrecht vorzubereiten; sie sei im übrigen in der Ausübung eines Besuchsrechts „nicht an bestimmte Wochenenden und sonstige Zeiten gebunden“. Zumindest „in den Sommerferien“ könnten die Kinder für eine kurze Zeit zu ihr kommen.
Das Erstgericht wies den „Antrag auf Einräumung eines Besuchsrechts in der Weise, daß die Mutter ermächtigt werde, ihre Kinder Sonja, Tamara und Harald ... während der Sommerferien 1995 zu einen Besuch nach Bad Aussee zu holen“, aufgrund der Feststellung ab, alle drei Kinder hätten sich „gegen Besuchskontakte zu ihrer Mutter ausgesprochen“. Das sei rechtlich dahin zu würdigen, daß „insbesondere mündige Kinder nicht gegen ihren Willen zur Duldung des Besuchsrechts gezwungen werden sollen“.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog im wesentlichen:
Eine Versagung des der Mutter gemäß § 148 Abs 1 ABGB zustehenden Besuchsrechts komme nur im Falle einer konkreten Bedrohung der psychischen oder physischen Integrität der Kinder in Frage. Spannungen zwischen den Eltern seien allein kein Versagungsgrund. Der durch erzieherische Einflüsse korrigierbare Widerwille eines unmündigen Kindes gegen die Ausübung eines Besuchsrechts sei mangels Einsichtsfähigkeit des Kindes grundsätzlich unbeachtlich; lasse aber die Mißachtung der Willensäußerung eines unmündigen Kindes dessen ernstliche psychische Gefährdung befürchten, komme jener ausnahmsweise Bedeutung zu. Im vorliegenden Fall sei es „undenkbar, den noch unmündigen Harald von seinen Geschwistern zu trennen“; deren Widerwille gegen die Ausübung eines Besuchsrechts durch die Mutter sei nämlich zu respektieren, da mündige Minderjährige nicht gegen ihren Willen zur Duldung eines Besuchsrechts gezwungen werden sollten. Die Mutter, deren Antrag nur auf Einräumung eines Ferienbesuchsrechts gerichtet sei, habe es auch verabsäumt, ihr Begehren näher zu bestimmen. Als dessen Mindestvoraussetzung sei „die Dauer der begehrten Besuchsrechtsausübung zu sehen“; dagegen ließen sich die „anderen Modalitäten“ nach den Umständen des Einzelfalls unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl auch von amtswegen festsetzen. Fehle aber einem Besuchrechtsantrag die beschriebene Mindestvoraussetzung, so müsse allein das auch im sonst vom Rechtsfürsorgegedanken beherrschten Verfahren außer Streitsachen zur Antragsabweisung führen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer - also ein Anfechtungsinteresse - voraus, weil es nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen ist, rein theoretische Fragen praktisch in Form eines Rechtsgutachtens zu entscheiden. Die Beschwer muß als Voraussetzung für eine meritorische Entscheidung nicht nur bei Einlangen des Rechtsmittels, sondern auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung hierüber vorliegen. Kommt es noch vor der Rechtsmittelentscheidung zu einem Wegfall der Beschwer, ist auch das ursprünglich zulässig erhobene Rechtsmittel zurückzuweisen (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 9 Vor § 461 mwN). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren Rz 57).
Gegenstand der Entscheidung des Gerichtes erster Instanz war lediglich das Begehren der Mutter, „ihre Kinder Sonja, Tamara und Harald ... während der Sommerferien 1995 zu einem Besuch nach Bad Aussee zu holen“. Die sachliche Überprüfung dieser Entscheidung im Rechtsmittelverfahren war daher auf das Thema der Gewährung oder Versagung eines Ferienbesuchsrechts im Sommer 1995 beschränkt. Da diese Jahreszeit bereits vorüberging, hätte eine meritorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über das Rechtsmittel der Mutter nur noch theoretische Bedeutung.
Der Revisionsrekurs ist daher mangels eines noch im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Anfechtungsinteresses der Rechtsmittelwerberin zurückzuweisen.
Es ist jedoch noch anzumerken, daß sich der Antrag der Mutter - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - nicht bloß auf die Einräumung eines Besuchsrechts in den Sommerferien 1995 bezog, sondern ganz allgemein die „Zuerkennung eines Besuchsrechtes“ anstrebt; das ist vor allem daraus zu schließen, daß die Mutter betont, sie könne ein Besuchsrecht „insbesondere in den Ferien“ und sonst „jederzeit“ ausüben, weil sie „nicht an bestimmte Wochenenden und sonstige Zeiten gebunden“ sei. Im Antrag wird im übrigen hervorgehoben, daß die Kinder „zumindest“ - also nicht nur - „eine kurze Zeit in den Sommerferien“ zur Mutter kommen könnten. Durch den Beschluß vom 26.Juni 1995 sprach das Erstgericht somit erst über den auf ein Besuchsrecht in den Sommerferien 1995 bezogenen Teil des Begehrens der Mutter ab und wird zur vollständigen Erledigung des gestellten Antrags eine weitere Entscheidung zu fällen haben.
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