OGH 6Ob35/95

OGH6Ob35/9512.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Harald S*****, Facharzt für Chirurgie, ***** vertreten durch Dr.Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei W***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr.Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf, Veröffentlichung und Feststellung, hier wegen einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 7.März 1995, AZ 17 R 46/95 (ON 16), in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 31.Juli 1995, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9.Dezember 1994, GZ 25 Cg 282/94p-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird in Ansehung des Sicherungsbegehrens zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels vorläufig selbst zu tragen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei (folgend Kläger) brachte vor, sie sei seit Jahren erfolgreich als Facharzt für Chirurgie tätig. Die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (folgend Beklagte) habe als Unternehmen der privaten Krankenversicherung im Rahmen der Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung mit den meisten öffentlichen und privaten Krankenanstalten Verträge über die Höhe der Verpflegs- und Behandlungskosten abgeschlossen, die eine Direktverrechnung mit den Krankenanstalten ermögliche. Bei der Beklagten Privatkrankenversicherte hätten die Behandlung des Klägers in Anspruch genommen. Die Verrechnung des ihm zustehenden Honorares habe der Kläger mit der Krankenanstalt vorgenommen, die ihrerseits mit der Beklagten abgerechnet habe.

Mit Rundschreiben vom August 1994 an rund 80.000 Versicherte habe die Beklagte mitgeteilt, daß sie sich aus begründetem Anlaß dazu entschlossen habe, von einer Bestimmung der den Krankenversicherungsverträgen zugrundeliegenden AVB Gebrauch zu machen, die folgendes aussage: "Der Versicherer kann in begründeten Fällen Behandlungen durch bestimmte Ärzte bzw in bestimmten Krankenanstalten vom Versicherungsschutz ausnehmen. Dies gilt für Behandlungen, die nach Zustellung der Mitteilung durchgeführt werden". In dem Schreiben sei festgehalten, daß sowohl stationäre als auch - soweit versichert - ambulante Behandlungen des Klägers nicht mehr unter Versicherungsschutz stünden und für Behandlungen, welche von ihm ausgeführt werden, keine Versicherungsleistungen erbracht werden könnten. Solche Mitteilungen seien auch an alle Krankenanstalten in Wien und an die Ärztekammer erfolgt. Der Kläger habe keinen Anlaß für begründete Bedenken gegeben. Bei der beklagten Partei versicherten Patienten des Klägers sei über deren Anfragen nach den Gründen der Ablehnung des Versicherungsschutzes unterschiedliche Auskunft erteilt worden: Es seien Ungereimtheiten in der Abrechnung und bei Vergütungen bei Arztrechnungen aufgetaucht, es habe Verrechnungsschwierigkeiten gegeben, man sei nicht befugt Auskunft zu geben, es seien gewisse Dinge vorgefallen, gegen den Kläger sei ein Verfahren in Aussicht gestellt, bei verschiedenen Versicherungsfällen sei der Prüfungsaufwand zu groß, es hätten sich Auffälligkeit ergeben, Grund für den Ausschluß seien finanzielle Ungereimtheiten und Abrechnungsdifferenzen sowie ein schwebendes Verfahren. Dem Anwalt des Klägers sei bekanntgegeben worden, bei der Abwicklung von Leistungsfällen sei es wiederholt zu Auffälligkeit gekommen, operative Behandlungen seien nicht durch geeignete Röntgenbefunde belegt worden, es bestünden Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit der Eingriffe, in einzelnen Fällen habe sich der Verdacht ergeben, der Kläger könnte beim Versuch der Inanspruchnahme von unberechtigten Versicherungsleistungen mitgewirkt haben. Diese Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage.

Seit dem Rundschreiben habe der Kläger erhebliche finanzielle Einbußen erlitten, Patienten hätten eine Weiterbehandlung abgelehnt. Das Hartmann Spital, in welchem der Kläger einen erheblichen Teil seiner Operationen durchgeführt habe, habe aufgrund des Rundschreibens der Beklagten beschlossen, bis zur Klärung der Anschuldigungen die Zusammenarbeit mit dem Kläger zu unterbrechen. Die Verbreitung falscher Tatsachen gefährde Kredit, Erwerb und Fortkommen des Klägers, der auch in seiner Ehre betroffen sei. Der Kläger stellte daher das nachstehende Unterlassungsbegehren und, da durch die Vorgangsweise der Beklagten ein Schaden entstehe, der für den Kläger existenzgefährdend sei, ein gleichlautendes Begehren auf Erlassung der einstweiligen Verfügung:

"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden und gefährdeten Partei auf ihren Kredit, Erwerb und Fortkommen werde der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen:

a) Dritten Personen gegenüber mitzuteilen und/oder zu erklären und/oder in sonstiger Weise zu verbreiten, daß sie aus begründetem Anlaß hinsichtlich der klagenden und gefährdeten Partei von einer Bestimmung der den Krankenversicherungsverträgen zugrundeliegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) Gebrauch mache, die folgendes vorsieht: Der Versicherer kann in begründeten Fällen Behandlungen durch bestimmte Ärzte bzw in bestimmten Krankenanstalten vom Versicherungsschutz ausnehmen. Dies gilt für Behandlungen, die nach Zustellung der Mitteilung durchgeführt werden.

Sowie

b) dritten Personen gegenüber mitzuteilen und/oder zu erklären und/oder in sonstiger Weise zu verbreiten, daß sowohl stationäre als auch - soweit versichert - ambulante Behandlungen durch die klagende und gefährdete Partei nicht mehr unter Versicherungsschutz stehen, sowie,

daß für Behandlungen durch die klagende und gefährdete Partei keine Versicherungsleistungen erbracht werden können;

sowie c) dritten Personen gegenüber mitzuteilen und/oder zu erklären und/oder in sonstiger Weise zu verbreiten, daß hinsichtlich der klagenden und gefährdeten Partei bei der Abwicklung von Leistungsfällen im Zusammenhang mit operativen Behandlungen von Patienten, welche von der klagenden und gefährdeten Partei durchgeführt wurden, Auffälligkeiten aufgetreten seien, sowie,

daß es hinsichtlich der klagenden und gefährdeten Partei im Zusammenhang mit Abrechnungen und Vergütungen der Arztrechnungen zu Ungereimtheiten und/oder Unregelmäßigkeiten oder Verrechnungsschwierigkeiten gekommen sei, sowie, daß die Rechtmäßigkeit von Versicherungsfällen, welche von der klagenden und gefährdeten Partei ärztlich behandelt wurden, durch die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei angezweifelt wurden, sowie,

daß im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung der klagenden und gefährdeten Partei gewisse Dinge vorgefallen seien, sowie,

daß die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei der klagenden und gefährdete Partei ein Verfahren in Aussicht gestellt habe und/oder ein solches anstrenge, sowie

d) unrichtige und/oder herabsetzende Äußerungen gegenüber dritten Personen über die Tätigkeit der klagenden und gefährdeten Partei in ihrem Beruf als Arzt zu machen, insbesondere über ihre ärztlichen Behandlungsmethoden und/oder über ihre Abrechnungsmodalitäten im Zusammenhang mit Versicherungsfällen und/oder ärztlichen Anschauungen."

Der Kläger stellte neben dem Unterlassungs- überdies ein Widerrufs-, Veröffentlichungs- und Feststellungsbegehren.

Die Beklagte führte in ihrer Klagebeantwortung und Äußerung zur einstweiligen Verfügung aus, sie habe rund 40.000 Versicherte und auch Krankenanstalten das inkriminierte Schreiben mit der Erklärung übermittelt, daß Behandlungen durch den Kläger nicht mehr unter Versicherungsschutz stünden. Die Beklagte habe begründete Bedenken und begründeten Anlaß für den Ausschluß des Klägers gehabt, sich aber, um spekulative Vermutungen bei den Mitteilungsempfängern zu vermeiden, jeder Begründung enthalten. Die Maßnahme entspreche § 6 Abs 9 der AVB für die Krankheitskosten- und Krankenhaustaggeldversicherung und resultiere ausschließlich aus dem Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer und richte sich nicht gegen den betroffenen Arzt. Die Beklagte treffe nach dem Vertragsverhältnis sogar eine Verständigungspflicht. Sie habe sich bemüht, anfragenden Versicherungsnehmern über die Gründe des Ausschlusses zum Schutz des Klägers nur rudimentäre Auskünfte zu geben, die in der Klage im wesentlichen richtig wiedergegeben seien. Daß ein schwebendes Verfahren als Begründung genannt worden sei, sei unrichtig.

Tatsächlich habe es bei der Abwicklung von Leistungsfällen im Zusammenhang mit vom Kläger durchgeführten Operationen insbesondere, wenn Unfallereignisse Ursache des Eingriffes gewesen seien, wiederholt Auffälligkeiten gegeben. Gestellte Diagnosen seien nicht durch Röntgenbefunde belegt gewesen, es hätten sich Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit, der Art der Eingriffe und deren Entsprechung nach dem aktuellen Stand der Heilkunst ergeben. Es sei der dringende Verdacht aufgetaucht, daß der Kläger beim Versuch der Inanspruchnahme unberechtigter Versicherungsleistungen durch fälschliche Deklarierung von Operationen als Unfallfolgen, mitgewirkt habe. Dieser Verdacht sei durch ein schriftliches Geständnis eines Patienten und Versicherten erhärtet worden, der mittlerweile Tätige Reue geübt und eine Schadensgutmachungsvereinbarung mit der Beklagten geschlossen habe. Die Beklagte habe in ihrem Rundschreiben keinerlei unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt, die den Kredit oder den Erwerb des Klägers schädigen könnte. Die Beklagte sei bereit, während der Dauer des Verfahrens keinerlei weitere Auskünfte zu erteilen.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung.

Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an: Der Kläger ist Chirurg mit einer privaten Ordination. Operationen führt er etwa je zur Hälfte im Hartmann Spital und im Sanatorium Döbling durch. Der Anteil seiner privatversicherten Patienten beträgt etwa 30 %. Die Beklagte stellte im Jahr 1994 fest, daß eine Häufung von Operationen auftrat, die mit der üblichen Statistik nicht vereinbar war und daß in allen Fällen der Kläger der behandelnde Arzt war. Bei der Prüfung der Anamnesen stellte sich heraus, daß eine Vielzahl von Versicherungsnehmern schon mehrfach voroperiert waren. Einer der Versicherungsnehmer, Josef W*****, wurde bei der Beklagten vorstellig, nachdem diese den Versicherungsschutz abgelehnt hatte. Josef W***** hatte Anfang Mai 1993 seinen Versicherungsvertrag abgeschlossen, die Wartezeit endete am 31.Juli 1993. In dem Versicherungsvertrag wurden als vorbestehende Leiden reumathisch-neuralgische und Hüftgelenkserkrankungen inkludiert, wofür er auch eine 50 % höhere Prämie bezahlte. Am 2.8.1993 wurde W***** vom Kläger an der Schulter und am 8.11.1993 sowie neuerlich im Jänner 1994 am Kniegelenk operiert. Diese Operationen wurden gegenüber der Beklagten als Unfälle deklariert: Hinsichtlich der Schulter sei der Zeuge aus der Badewanne gestürzt und habe sich eine Dislokation des Schlüsselbeines zugezogen, das Kniegelenk sei bei einem Sturz auf dem Tennisplatz zu Schaden gekommen. W***** gab gegenüber der Beklagten an, die Erklärung, daß die Operationen aufgrund von Unfällen erforderlich gewesen seien, sei nicht richtig gewesen, es habe sich dabei lediglich um die Behandlung von bereits vorbestehenden Erkrankungen gehandelt. Tatsächlich hat Josef W***** an Hüftgelenksbeschwerden aber auch an Beschwerden im Schultergelenk gelitten und nahm deshalb Ende April 1993 die Hilfe des Klägers in Anspruch, der ihn zwar nicht aufforderte, eine Privatkrankenversicherung abzuschließen, aber ganz allgemein auf die Vorteile einer solchen Versicherung hinwies, sodaß W***** eine Versicherung abschloß, die auch die Vorerkrankungen miteinschloß.

Im Hinblick auf die Erklärung des Zeugen W***** übersandte die beklagte Partei im August 1994 an ihre Versicherungsnehmer ein Rundschreiben, in welchem sie erklärte, daß sie für Behandlungen die der Kläger durchführe, keine Kosten übernehme. Aufgrund dieses Rundschreibens erklärte das Hartmann Spital mit Schreiben vom 25.9.1994, daß bis zur Klärung der Anschuldigungen die Zusammenarbeit mit dem Kläger unterbrochen werde. Seither kann der Kläger Operationen nur noch im Privatsanatorium Döbling durchführen. Die Zahl seiner zu operierenden Patienten ist stark zurückgegangen. Aufgrund der bisherigen Erhebungen und Aufnahme von Bescheinigungsmitteln kann ohne umfangreiches Beweisverfahren, das die Möglichkeiten des Provisorialverfahrens übersteigen würde, keine Feststellung darüber getroffen werden, daß der Kläger Krankengeschichten derart verfälscht hätte, daß er Operationen fälschlich auf Unfälle zurückgeführt hätte, es sich vielmehr um die Behandlung bestehender Vorerkrankungen gehandelt hätte.

Hiezu führte das Erstgericht aus, lediglich der Zeuge W***** habe gegenüber der beklagten Partei erklärt, die Unfallmeldungen seien fingiert gewesen, andere Zeugen hätten die Unfälle bestätigt, der Zeuge W***** sei aber nicht maßgeblich gewesen, weil seine Privatversicherung vorbestehende Leiden ja inkludiert habe, sodaß deren Behandlung nach Ablauf der Wartefrist dem Versicherungsschutz unterlegen sei, es sei daher absolut unnötig, daß sich dieser Zeuge auf fingierte Unfälle berufen müsse, um von der Beklagten eine Leistung zu erhalten.

Einweilige Verfügungen könnten nach § 383 EO (richtig § 381 Z 2 EO) getroffen werden, wenn sie zur Verhütung drohender Gewalt oder Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen. Ein unwiederbringlicher Schaden könne in der Beeinträchtigung des Geschäftsganges gelegen sein, so insbesondere, wenn der Ruf einer Person durch Erklärungen durch Dritte beeinträchtigt erscheine. Durch die Erklärung der Beklagten, sie werde Behandlungen des Klägers in Hinkunft nicht mehr honorieren, erscheine die Gefährdung des Klägers bescheinigt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne einer Abweisung der beantragten einstweiligen Verfügung ab.

Der vom Erstgericht als bescheinigt angenommene Sachverhalt reiche noch nicht aus, über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Das Rekursgericht nahm daher den folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an:

Aufgrund des Rundschreibens der Beklagten, Behandlungskosten des Klägers nicht mehr zu übernehmen, erkundigten sich mehrere Patienten nach dem Grund seines Ausschlusses. Angestellte der Beklagten gaben den Anfragenden unterschiedliche Auskünfte und zwar es müßten die Patienten des Klägers besonders kontrolliert werden, weil Unfälle vorgetäuscht würden, es gebe finanzielle Ungereimtheiten und Abrechnungsdifferenzen über Ärztehonorare des Klägers und ein schwebendes Verfahren darüber, es komme zu Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung, es habe Verrechnungsschwierigkeiten gegeben. Aus der gegenüber der beklagten Partei abgegebenen und unterschriebenen schriftlichen Erklärung des Zeugen Josef W***** stellte das Rekursgericht fest: Der Versicherungsnehmer der Beklagten und Patient des Klägers Josef W***** suchte erstmals am 30.4.1993 den Kläger in dessen Ordination auf, seither stand er in dessen Behandlung. Im Juli 1993 traten erstmals Schultergelenkbeschwerden auf, die nach Ansicht des Klägers eine Operation erforderten. Damit die Versicherung, die Beklagte, keine Schwierigkeiten hinsichtlich der Bezahlung machen könne, schlug der Kläger vor, als Ursache für die Operation eine Unfallversion anzugeben. Der Kläger schlug auch den in der Krankengeschichte festgehaltenen Sachverhalt (Sturz aus der Badewanne) vor, die Krankheitsanzeige wurde von W***** selbst und seiner Ehefrau verfaßt. Entgegen seiner Behauptung hatte W***** keinerlei Unfälle erlitten, es trat lediglich etwa 1991 im Schulterbereich eine Schleimbeutelentzündung auf.

Das Rekursgericht führte aus, es sei ihm ohne Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht verwehrt, auf Grund der von den Parteien vorgelegten Urkunden fehlende Feststellungen zu treffen. Es sei dem Kläger nicht gelungen, die Unrichtigkeit der von der Beklagten verbreiteten Tatsachen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB zu bescheinigen. Es müsse der Beklagten zugestanden werden, im Fall von Unregelmäßigkeiten gegenüber ihren Versicherungsnehmern entsprechend den Versicherungsbedingungen zu erklären, daß sie Honorare und Kosten für bestimmte Ärzte oder Krankenanstalten nicht zu übernehmen bereit sei. Die Verbreitung des Rundschreibens allein könne noch nicht als Verstoß gegen § 1330 Abs 2 ABGB angesehen werden. Aber auch die telefonischen Mitteilungen an Versicherungsnehmer, Honorare des Klägers nicht mehr zu übernehmen, weil Unzulänglichkeiten vorgekommen seien, erfülle noch nicht den Tatbestand der zitierten Gesetzesstelle. Die Mitteilung, Unfälle würden vorgetäuscht, widerspreche jedenfalls im Fall des Patienten Josef W***** nicht den Tatsachen, darin sei die Mitteilung, es sei zu Unregelmäßigkeiten gekommen, zwangsläufig eingeschlossen. Die Tatsachenbehauptung, Unfälle werden vorgetäuscht, entspreche der Wahrheit. Es sei dem Kläger daher nicht gelungen, die Unwahrheit der Behauptungen des Gegners zu bescheinigen, vielmehr habe die Beklagte bescheinigt, daß die verbreiteten Tatsachenbehauptungen der Wahrheit entsprechen. Mangels jeder Bescheinigung des Anspruches sei die einstweilige Verfügung auch nicht unter Auferlegung einer Sicherheitsleistung zu erlassen, der Antrag des Klägers vielmehr abzuweisen.

Das Rekursgericht sprach (nach einem Ergänzungsauftrag des erkennenden Senates) aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu lösen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgricht grundlegende Verfahrensgrundsätze entgegen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verletzt hat, er ist im Sinne einer Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen auch berechtigt.

In der Entscheidung des verstärkten Senates vom 2.12.1993 6 Ob 650/93 SZ 66/164 wurde ausgesprochen, daß auch im Sicherungsverfahren die Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Richters durch das Rekursgericht insoweit ausgeschlossen ist, als dieser den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugen und Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat. Dem Rekursgericht ist zwar zuzustimmen, daß es im Sicherungsverfahren, wenn es den als bescheinigt angenommenen Sachverhalt als noch nicht ausreichend erachtet, um über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden, ohne Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht verwehrt ist, aufgrund der von den Parteien zur Bescheinigung vorgelegten Urkunden fehlende Feststellungen zu treffen, wie es dies auch hinsichtlich einzelner, von Angestellten der Beklagten gegenüber Versicherungsnehmern abgegebener Äußerungen aufgrund von vorgelegten eidesstättigen Erklärungen getan hat. Hiezu liegen keine unmittelbar aufgenommenen Beweise vor. Anders verhält es sich aber hinsichtlich der zusätzlich getroffenen Feststellungen über das Vortäuschen von Unfällen bei Operationen wegen in Wahrheit bestehender (vom Versicherungsschutz nicht umfaßter) Vorerkrankungen durch den Kläger. Zu diesem Thema wurden eine Reihe von Auskunftspersonen, darunter auch der Kläger, vom Erstgericht vernommen, die unterschiedliche, einander zum Teil widersprechende Aussagen machten. Das Erstgericht hat die vollständige, unmittelbar vor ihm abgelegte Aussage des Zeugen W*****, die zwar im wesentlichen mit der von der beklagten Partei aufgenommenen Niederschrift übereinstimmt, nicht als bescheinigt angenommen, sondern vielmehr nur festgestellt, daß dessen Operationen durch den Kläger "gegenüber der Beklagten als Unfall deklariert wurden und dieser Zeuge gegenüber der Beklagten angegeben hat, diese Erklärung sei nicht richtig gewesen." Abschließend traf das Erstgericht die Feststellung, daß aufgrund der bisherigen Erhebungen und Aufnahme von Bescheinigungsmitteln nicht ohne ein umfangreiches Beweisverfahren, welches im Provisorialverfahren keinen Platz habe, keine Feststellung darüber getroffen werden könne, daß der Kläger Krankengeschichten derart verfälscht hätte und die Operationen fälschlicherweise auf Unfälle zurückgeführt hätte und es sich vielmehr um Behandlungen bestehender Vorerkrankungen gehandelt hätte. In der Beweiswürdigung hiezu wird ausgeführt, daß lediglich der Zeuge W***** gegenüber der Beklagten erklärt habe, die Unfallmeldungen seien fingiert. Dieser Zeuge sei aber in dieser Hinsicht soweit nicht maßgeblich, als seine private Krankenversicherung ja bereits vorbestehende Leiden inkludiert habe, dh daß Behandlungen vorbestehender Leiden nach Ablauf der Wartefrist sehr wohl einem Versicherungsschutz unterliegen. Es sei daher absolut unnötig, daß dieser Zeuge sich auf fingierte Unfälle berufen müsse um eine Leistung der Beklagten zu erhalten. Auch aus dem Protokoll der Schlichtungsstelle lasse sich nicht mit eindeutiger Sicherheit ein "Nichtunfall" ableiten, da die Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens vorgeschlagen werde.

Das Rekursgericht hat seine zusätzlichen Feststellungen aber auf die Angaben des Zeugen W***** in der von der beklagten Partei aufgenommenen Niederschrift gegründet und diese Angaben, überdies ohne Begründung, seiner Entscheidung als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zugrundegelegt. Dieser Verstoß des Rekursgerichtes gegen grundlegende Verfahrensgrundsätze allein müßte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen.

Da der als bescheinigt angenommene Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der zulässig getroffenen weiteren Feststellungen des Rekursgerichtes aber noch immer nicht für eine endgültige Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausreicht, war eine Zurückverweisung in die erste Instanz vorzunehmen: Zu dem in Punkt c) letzter Absatz gestellten Unterlassungsbegehren über die inkriminierte Tatsachenbehauptung, daß die Beklagte dem Kläger ein Verfahren in Aussicht gestellt habe und/oder ein solches anstrenge, insbesondere aber zu Punkt d) - unrichtige und/oder herabsetzende Äußerungen gegenüber dritten Personen über die Tätigkeit des Klägers in seinem Beruf als Arzt, insbesondere über seine ärztlichen Behandlungsmethoden und/oder über seine Abrechnungsmodalitäten im Zusammenhang mit Versicherungsfällen und/oder ärztlichen Anschauungen, fehlt es an jeder Feststellung eines als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes.

Schließlich sind die Feststellungen des Erstgerichtes auch widersprüchlich. Zunächst wird als bescheinigt angenommen, daß der Zusatzkrankenversicherungsvertrag des Josef W***** als vorbestehende Leiden (nur) reumathisch-neuralgische und Hüftgelenkserkrankungen eingeschlossen hat in der Folge aber wird festgestellt, daß, nachdem der Kläger auf die Vorteile einer Zusatzversicherung hingewiesen habe, Josef W***** eine Versicherung abschloß "die auch die Vorerkrankungen miteinschloß". Damit sind offensichtlich alle Vorerkrankungen, also auch die hier strittigen an der Schulter und im Kniegelenk gemeint, sonst wäre die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, der Zeuge habe wegen ohnedies bestehender Versicherungsdeckung keine Veranlassung zur Vortäuschung eines Unfalles gehabt, vollends unverständlich und nicht nachvollziehbar.

Dieser Widerspruch wird auch zu beseitigen sein. Mangels Entscheidungsreife war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten des Klägers beruht auf § 393 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 402, 78 EO und 52 ZPO.

Stichworte