OGH 15Os140/95

OGH15Os140/9512.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Oktober 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Medienrechtssache des Antragstellers Dipl.Ing.Peter R***** gegen die Antragsgegnerin K*****-VerlagGesmbH & Co KG wegen §§ 14 ff MedG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Verfügungen des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 11.Oktober und vom 8.November 1993 nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Zehetner, des Antragstellers Dipl.Ing.R*****, des Vertreters des Antragstellers Dr.Bräunlich und des Vertreters der Antragsgegnerin Dr.Ebert zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Verfügungen des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg, mit denen er

1. am 11.Oktober 1993 anordnete, (zunächst) die Rechtskraft des Beschlusses vom selben Tag, GZ 35 E Vr 2388/93-7, abzuwarten, und

2. (erst) am 8.November 1993 die Aktenübersendung an das zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien anordnete,

verletzen das Gesetz in den Bestimmungen des § 41 Abs 5 zweiter Satz MedG und des § 486 Abs 1 StPO.

Text

Gründe:

Dipl.Ing.Peter R***** stellte am 10.September 1993 beim Landesgericht Salzburg wider die K*****-VerlagGesmbH & Co KG (bloß unter Anschluß von Kopien der inkriminierten Zeitungsartikel ohne Impressum) Anträge auf Anordnung der Veröffentlichung einer Gegendarstellung (§ 14 MedG) und auf Zuerkennung einer Geldbuße (§ 18 MedG), weil es die Antragsgegnerin unterlassen hatte, die von ihm begehrte Gegendarstellung vom 2.September 1993 zu veröffentlichen (ON 2).

Nachdem sowohl Einwendungen der Antragsgegnerin (ON 3) als auch eine Gegenäußerung des Antragstellers (ON 4) jeweils innerhalb der gesetzlichen Fristen des § 14 Abs 4 MedG bei Gericht eingelangt waren, forderte der Einzelrichter den Vertreter des Antragstellers auf, ein Original der K*****zeitung vom 2.August 1993 (mit Impressum) vorzulegen, worauf dieser am 11.Oktober 1993 dem Gericht mitteilte, daß zwar das geforderte Original nicht mehr verfügbar sei, er jedoch eine aktuelle Ausgabe übermitteln werde (1 a), die offensichtlich auch am selben Tag unjournalisiert zum Akt genommen wurde.

Am 11.Oktober 1993 faßte der Einzelrichter (von Amts wegen) den Beschluß, das Verfahren an das örtlich zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien abzutreten, weil Wien als Verlagsort auch Tatort im Sinne des § 40 Abs 1 MedG sei (ON 7). Auf der Urschrift dieses Beschlusses verfügte er zunächst die Zustellung je einer Ausfertigung an die Parteienvertreter, unterließ es dann aber, die sofortige Aktenübermittlung an das zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien anzuordnen, sondern setzte (prozeßordnungswidrig) den Vermerk "Kal.: 30.10. (RK)", den er am 13.Oktober 1993 bekräftigte (1 a verso). Erst mit Verfügung vom 8.November 1993 veranlaßte er die Übersendung des Aktes an das Landesgericht für Strafsachen Wien, wo dieser zwei Tage später einlangte (1 a verso).

Mit Urteil vom 24.November 1993, GZ 9 c E Vr 14801/93-17, trug der Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien der Antragsgegnerin die Veröffentlichung der in der Hauptverhandlung verbesserten Gegendarstellung auf, wies hingegen das Verlangen des Antragstellers nach Auferlegung einer Geldbuße ab und sprach aus, daß der Antragsteller drei Viertel sowie die Antragsgegnerin ein Viertel der Kosten der Gegenpartei zu tragen habe. Aus Anlaß einer von der Antragsgegnerin ergriffenen Berufung hob das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 27.September 1994, AZ 21 Bs 234/94 (= ON 28 des Vr-Aktes), das angefochtene Urteil in seinem dem Veröffentlichungsbegehren stattgebenden Teil sowie in der Kostenentscheidung auf, wies - in der Sache selbst erkennend - den Veröffentlichungsantrag im Umfang der zur Veröffentlichung aufgetragenen Gegendarstellung des Antragstellers zurück, verpflichtete den Antragsteller zum Ersatz der Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz sowie zur Bezahlung des Einschaltungsentgeltes für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung. In der Begründung führte das Berufungsgericht aus, daß die zur Erwirkung der Gegendarstellung im § 14 Abs 1 MedG normierte (prozessuale) sechswöchige Frist am 8.September 1993 zu laufen begonnen habe und im Zeitpunkt des Einlangens des Antrages beim zuständigen Strafgericht (Landesgericht für Strafsachen Wien) längst abgelaufen, demnach das Veröffentlichungsbegehren des Antragstellers verspätet gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 14 Abs 3 MedG gelten, soweit das Mediengesetz nichts anderes bestimmt, für das Verfahren auf Anordnung der Veröffentlichung der Gegendarstellung, in dem nach § 18 Abs 2 letzter Satz MedG auch über das Verlangen des Antragstellers auf Zahlung einer Geldbuße zu erkennen ist, die Bestimmungen der Strafprozeßordnung für das Verfahren auf Grund einer Privatanklage dem Sinne nach. Nach § 41 Abs 5 zweiter Satz MedG, der mangels Einschränkung auf die im Abs 1 leg cit genannten Verfahren auch für das Verfahren über einen Antrag auf Anordnung der Veröffentlichung der Gegendarstellung gilt, hat im Verfahren nach dem Mediengesetz die sonst der Ratskammer nach §§ 485 und 486 StPO zukommenden Entscheidungen der Einzelrichter zu fällen. Beschließt nun der Einzelrichter - wie vorliegend -, daß das angerufene Gericht (Landesgericht Salzburg) unzuständig ist, so hat er (gleich der Ratskammer) gemäß § 486 Abs 1 StPO die Sache dem zuständigen Gericht (unverzüglich) abzutreten. Da kraft des § 490 Abs 3 StPO im Verfahren vor dem Einzelrichter die allgemeinen Bestimmungen für das Verfahren vor den Gerichtshöfen gelten, sind Beschwerden gegen Beschlüsse des Einzelrichters nur dann zulässig, wenn sie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind (vgl Foregger-Kodek StPO6 Erl I zu § 490). Daher ist ein Beschluß des Einzelrichters auf Abtretung des Verfahrens weder nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung noch nach den speziellen Normen des Mediengesetzes anfechtbar. Bei widerstreitenden Aussprüchen verschiedener Gerichte wäre vielmehr der Kompetenzkonflikt nach § 64 StPO zu lösen. Im übrigen sieht das Mediengesetz bei Entscheidungen, die anstelle der Ratskammer der Einzelrichter zu treffen hat, im § 41 Abs 5 letzter Satz MedG eine Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof ausdrücklich nur für den Fall der Einstellung des Verfahrens vor.

Daraus erhellt, daß die Verfügungen des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg, mit denen das Verfahren nach Beschlußfassung am 11.Oktober 1993 nicht unverzüglich an das zuständige Landesgericht für Strafsachen Wien abgetreten, sondern vorerst der Ablauf einer - nicht existenten - Rechtsmittelfrist abgewartet wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang stehen. Hätte der Einzelrichter des Landesgerichtes Salzburg - prozeßordnungsgemäß - noch am 11.Oktober 1993 die Übermittlung des Aktes an das Landesgericht für Strafsachen Wien angeordnet, wäre die im § 14 Abs 1 MedG normierte (vorliegend am 20.Oktober 1993 endende) sechswöchige Frist für den Antragsteller noch gewahrt gewesen, ungeachtet dessen, daß es diesem nach Empfangnahme des Beschlusses am 14.Oktober 1993 (RS blau S 56) freigestanden wäre, aus prozessualer Vorsicht entweder von sich aus einen entsprechenden Antrag auf unverzügliche Aktenübermittlung zu stellen oder sogleich einen neuen Antrag auf Anordnung der Veröffentlichung seiner Gegendarstellung beim Landesgericht für Strafsachen Wien einzubringen.

Sonach war in Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes die aufgezeigte Gesetzesverletzung des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg festzustellen. Da sie sich zwar zum Nachteil des Antragstellers (Privatanklägers) auswirkte, aber ohne Wirkung auf die Antragsgegnerin (Beschuldigte) blieb (§ 292 vorletzter Satz StPO), hatte sich der Oberste Gerichtshof auf die Feststellung zu beschränken.

Der Anregung des Antragstellers in seiner gemäß § 35 Abs 2 StPO eingebrachten Äußerung, die Kostenersatzaussprüche im Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 27.September 1994, AZ 21 Bs 234, 235/94, sowie in den Beschlüssen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Oktober 1994 und vom 25.Jänner 1995, GZ 9 c E Vr 14.801/93-29 und 35, aufzuheben, kann nicht nähergetreten werden. Denn diese Kostenentscheidungen sind nicht Gegenstand der Anfechtung durch die Nichtigkeitsbeschwerde des Generalprokurators (vgl § 290 Abs 1 StPO iVm § 292 erster Satz StPO); selbst im Fall einer Anfechtung durch Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes könnte außerdem auch bei Feststellung einer Gesetzesverletzung nicht in - zufolge der Rechtskraft der Kostenentscheidungen entstandene - Rechte eines Angeklagten (Beschuldigten), dem die Antragsgegnerin gemäß § 14 Abs 3 MedG gleichsteht, eingegriffen werden (EvBl 1992/72, EvBl 1989/10 uam), was im übrigen auch in der vom Antragsteller in seiner Anregung zitierten Entscheidung (EvBl 1963/82) zum Ausdruck kommt.

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