Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag auf Zuspruch von Kosten des Rechtsmittels wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17.3.1989, 30 Nc 102/89 wurde der Antragstellerin als betreibender Partei gegen eine slowenische Gesellschaft als verpflichtete Partei die Exekution durch Pfändung und Verwertung von deren Geschäftsanteil (als einzige Gesellschafterin) der S***** GesmbH bewilligt.
Mit Eingabe vom 17.8.1994 begehrte die Pfändungsgläubigerin, dieser Gesellschaft als Drittschuldnerin im Exekutionsverfahren aufzutragen, "dem ausgewiesenen Vertreter der Antragstellerin und dem von dieser bestellten Buchsachverständigen am Ort der Buchhaltung zu den Geschäftszeiten Einsicht in die Buchhaltung der Drittschuldnerin, insbesondere in die Bilanzen und Lieferantenkonten, über den Zeitraum vom 1.1.1989 bis zum Tag der rechtskräftigen Verwertung dieses Geschäftsanteiles oder Einstellung der Exekution zur gewähren".
Nach Einholung von Äußerungen der Gesellschaft sowie der Gesellschafterin, welche sich gegen eine Bucheinsicht aussprachen, da eine solche überhaupt nicht zulässig sei und überdies wegen des bestehenden Konkurrenzverhältnisses - sowohl die betreibende Partei als auch die Drittschuldnerin erzeugten und handelten mit alkoholfreien Erfrischungsgetränken - der Gesellschaft Schaden zufügen könne, wies das Erstgericht den Antrag zurück. Es führte aus, der Gläubiger eines Gesellschafters habe, im Gegensatz zum Gesellschafter selbst, kein Recht in die Bücher der Gesellschaft Einsicht zu nehmen. Die Antragstellerin und die Gesellschaft stünden durch Produktion von und Handel mit Erfrischungsgetränken in einem Konkurrenzverhältnis, sodaß die begehrten Informationen der Antragstellerin überdies einen Wettbewerbsvorteil zum Nachteil der Drittschuldnerin verschaffen könnten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin keine Folge.
Nach herrschender Rechtsprechung stehe dem Gesellschafter einer GesmbH zur Unterstützung seiner Leitungs- und Prüfungsrechte aber auch seiner gesellschaftsrechtlichen Vermögensrechte grundsätzlich ein nicht näher zu begründender, alle Geschäftsangelegenheiten umfassender Informationsanspruch gegen die Gesellschaft zu, der im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen sei. In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 24.1.1911 AC 2998, auf welche sich die Antragstellerin berufe, sei von zahlreichen Gläubigern auf den Geschäftsanteil des Gesellschafters einer GesmbH Exekution geführt worden. Der Klage des vom Gericht bestellten Einziehungskurators auf Aushändigung von Abschriften der Rechnungsabschlüsse und Gewährung von Einsichtnahme in die Bücher und Papiere zur Prüfung der Rechnungsabschlüsse sei stattgegeben worden, weil dem Gesellschafter und im Falle der Pfändung seines Geschäftsanteiles dem gerichtlich bestellten Einziehungskurator das Recht auf eine Bilanzabschrift und auf Bucheinsicht zustehe. Der Übergang der Rechte des Gesellschafters auf den Einziehungskurator sei grundsätzlich bejaht worden. Die Stellung eines gerichtlich bestellten Einziehungskurators könne aber grundsätzlich nicht mit jener des Pfandgläubigers verglichen werden. Reich-Rohrwig (GmbHR 230 und 637, FN 5) vertrete unter Bezugnahme auf die Entscheidung AC 2998 ohne nähere Begründung die Ansicht, daß dem exekutiven Pfandgläubiger und dem Einziehungskurator das Recht auf Bucheinsicht zustehe, während Gellis/Feil (Komm zum GmbHG2 189 f Anm 11 zu § 22) unter Ablehnung der Entscheidung AC 2998 sogar ein über § 22 Abs 4 GmbHG hinausgehendes Einsichtsrecht des Gesellschafters ablehne, vertrete Koppensteiner (Komm zum GmbHG Rz 31 zu § 22) die Ansicht, daß Nichtgesellschaftern grundsätzlich kein Einsichtsrecht zustehe.
Dem Gläubiger, dem die Pfändung und Verwertung des Geschäftsanteiles des Gesellschafters bewilligt worden sei, stehe kein Informationsanspruch gegen die Gesellschaft zu. Die Pfändung erfasse nämlich nur Vermögensrechte nicht aber Verwaltungsrechte. Die dem Gesellschafter zustehenden Informationsrechte zählten zu den mitgliedschaftlichen Grundrechten, der exekutive Pfandgläubiger trete nicht anstelle des Gesellschafters in die GesmbH ein. Der Gesellschafter behalte vielmehr seine Verwaltungs- und Informationsrechte trotz der Pfändung seines Geschäftsanteiles. Weder dem Pfändungsgläubiger noch einem vom Gericht bestellten Sachverständigen könne daher das Recht auf Einsichtnahme in die Bücher und Schriften der Gesellschaft zugebilligt werden. Es sei daher nicht weiter zu prüfen, ob das Unternehmen der Antragstellerin und jenes der Drittschuldnergesellschaft in einem Konkurrenzverhältnis stünden.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil soweit überblickbar, seit der Entscheidung AC 2998 keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der hier entscheidenden Frage vorliege, ob einem Nichtgesellschafter Bucheinsichtsrechte zustehen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig aber nicht berechtigt.
Der Umfang des Informationsanspruches des GesmbH-Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft war in Österreich lange Zeit strittig. Seit der Entscheidung des erkennenden Senates vom 6.9.1990, 6 Ob 17/90, welche (wie vom Rekursgericht zitiert) vielfach publiziert und von der Lehre durchwegs zustimmend kommentiert wurde, ist klargestellt, daß dem GesmbH-Gesellschafter ein alle Geschäftsangelegenheiten umfassender Informationsanspruch gegen die Gesellschaft zusteht und solche Ansprüche vor dem mit Handessachen befaßten Gerichtshof erster Instanz im Verfahren außer Streit zu verfolgen sind. Dieses Informationsrecht ist Ausfluß der dem Gesellschafter vom Gesetz eingeräumten Verwaltungsrechte und Entscheidungsbefugnisse und dient in zweiter Linie der Unterstützung von Vermögensrechten. Das Auskunfts- und Einsichtsrecht ist ein Individualrecht jedes Gesellschafters, es ist Teil seiner Mitgliedschaftsrechte und dient als Hilfsrecht der Wahrnehmung seiner mitgliedschaftlichen Position. Es kann daher nur bei zu erwartendem Rechtsmißbrauch oder einem geschäftsfremden Verwendungszweck versagt werden. Selbst ein ausgeschiedener Gesellschafter ist in Ansehung seiner auf der ehemaligen gesellschaftsrechtlichen Stellung beruhenden Ansprüche nicht einem sonstigen Gesellschaftsgläubiger gleichzusetzen, hat aber mangels Weiterbestehens der Leitungs- und Kontrollrechte sein Informationsinteresse konkret darzulegen und zu bescheinigen.
Ein Gläubiger, zu dessen Gunsten die Exekution durch Pfändung und Verwertung eines GmbH-Geschäftsanteiles bewilligt wurde, tritt keineswegs in alle Rechte des Gesellschafters ein, insoweit kann die (im übrigen in einem streitigen Verfahren) vertretene Ansicht in AC 2998 nicht aufrechterhalten werden, denn die Pfändung erfaßt nur die mit dem Geschäftsanteil verbundenen Vermögensrechte, während die Verwaltungsrechte und damit auch das daraus abgeleitete Hilfsrecht auf Information beim Gesellschafter verbleiben (Koppensteiner aaO Rz 29 zu § 76; Reich-Rohrwig aaO 635; Torggler GesRZ 1977, 113). Koppensteiner kommt daher zu dem Schluß, daß Nichtgesellschaftern grundsätzlich kein Recht nach § 22 Abs 3 GmbHG zusteht und hält die in AC 2998 für den Fall der Pfändung eines Geschäftsanteiles zugelassene Ausnahme für bedenklich, weil der Pfandgläubiger nicht berechtigt ist, an der Feststellung des Jahresabschlusses mitzuwirken (Rz 31 zu § 22). Karsten Schmidt in Scholz GmbHG RN 12 zu dem der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entsprechenden § 51a führt (mwN) aus, daß informationsberechtigt grundsätzlich nur der Gesellschafter der GmbH ist, nicht aber ein Pfandgläubiger am Anteil. Wer ohne Mitgliedschaftsrechte (Geschäftsanteil) mit der GmbH verbunden ist, hat in keinem Fall das Informationsrecht.
Auch aus § 93 Abs 4 GmbHG, den die Rechtsmittelwerberin zur Stützung ihres Standpunktes anführt, kann ein Einsichtsrecht des Gläubigers in die Bücher einer werbenden Gesellschaft nicht abgeleitet werden: § 93 GmbHG trifft Regelungen ausschließlich für die Zeit nach Beendigung der Liquidation und Löschung der Gesellschaft. Hier steht der Gläubiger nicht mehr einer werbenden Gesellschaft gegenüber, Gläubigern der Gesellschaft (und nicht eines Gesellschafters) können, nach dem Zweck der Bestimmung um Aufschluß über die vollständige Verwertung des Vermögens und die Verteilung des Erlöses auf Gesellschaftsgläubiger zu erhalten, vom Gericht zur Einsichtnahme in die auch nach der Löschung der Gesellschaft aufzubewahrenden Bücher ermächtigt werden.
Der erkennende Senat kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gläubiger eines Gesellschafters einer GesmbH, dem die Exekution durch Pfändung und Verwertung von dessen Geschäftsanteil bewilligt worden ist, nicht unmittelbar aus dessen Verwaltungsrechten abgeleitete Rechte des Gesellschafters für sich in Anspruch nehmen kann, er ist vielmehr auf die ihm durch die Exekutionsordnung vorgegebenen Möglichkeiten beschränkt. Ein aus den Bestimmungen des GmbHG vom Gesellschafter abgeleitetes Antragsrecht auf Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen der Gesellschaft als Drittschuldnerin im Außerstreitverfahren steht ihm nicht zu.
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher ein Erfolg zu versagen.
Ein Kostenersatz ist im außerstreitigen Verfahren nicht vorgesehen.
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