OGH 3Ob107/95

OGH3Ob107/9511.10.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingrid G*****, vertreten durch Dr.Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Adolfine K*****, vertreten durch Dr.Gerhard Weiser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit der Exekution (Revisionsinteresse S 205.349,50), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 20.September 1994, GZ 46 R 1600/94-27, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 16.November 1993, GZ 11 C 1288/93k-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.665,-- (darin enthalten S 1.777,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist aufgrund des vollstreckbaren Anerkenntnisurteils des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14.3.1985, 10 Cg 88/84, schuldig, der Beklagten S 295.000,-- samt 14 % Zinsen seit 1.3.1982 und Kosten zu bezahlen.

Zur Hereinbringung dieser Forderung - abzüglich Teilzahlungen von insgesamt S 6.500,--, die auf die Kostenforderung angerechnet wurden -, wurde auf Antrag der nunmehrigen Beklagten als betreibende Gläubigerin vom 13.1.1987 gegen die nunmehrige Klägerin als Verpflichtete mit Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 14.1.1987, 12 E 254/87-1, Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf beweglicher Sachen und Papiere gemäß § 296 EO bewilligt. Die Pfändung wurde am 10.2.1987 und am 2.6.1987 nicht vollzogen, weil der Vollzugsort versperrt war. Auf Antrag der betreibenden Gläubigerin vom 31.1.1994 fand am 21.3.1994 ein weiterer Vollzugsversuch statt, der erfolglos blieb, weil keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden wurden.

Weiters wurde auf Antrag der nunmehrigen Beklagten als betreibende Gläubigerin vom 18.2.1987 "aufgrund der Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 14.1.1987, 12 E 254/87," zur Hereinbringung dieser Forderung mit Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4.3.1987, 12 E 2115/87, die Exekution gegen die nunmehrige Klägerin als Verpflichtete durch Pfändung der Dienstbezüge gemäß § 294a EO bewilligt; die Exekution blieb vorerst ergebnislos, weil der Hauptverband der Sozialversicherungsträger am 6.4.1987 eine negative Auskunft erteilte. Erst am 14.1.1993 beantragte die betreibende Gläubigerin eine neuerliche Einholung einer Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger; die Exekutionsbewilligung wurde dem nunmehr bekanntgegebenen Drittschuldner am 14.5.1993 zugestellt. Laut Drittschuldnererklärung vom 8.7.1993 bezieht die Verpflichtete ein monatliches laufendes Entgelt von S 11.766,-- netto aus einem Arbeitsverhältnis; durch Pfändung bzw Abtretung haben andere Personen Ansprüche auf die gepfändete Forderung erworben, wobei die Höhe der Forderungen mit S 157.549,21, S 33.785,56 und S 245.880,-- angegeben wurde.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 24.2.1993, 11 E 17/93d-2, wurde der nunmehrigen Beklagten als betreibende Gläubigerin auf ihren Antrag vom 19.2.1993 zur Hereinbringung der Forderung laut Anerkenntnisurteil sowie der weiteren Exekutionskosten die Zwangsversteigerung der 111/18.944 Anteile der nunmehrigen Klägerin als Verpflichteten an der Liegenschaft EZ *****, GB K***** bewilligt.

Gegen diese Exekution erhob die Klägerin Einwendungen und begehrte das Urteil, der Anspruch der Beklagten aus dem Anerkenntnisurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14.3.1985, 10 Cg 88/84, zu dessen Hereinbringung das Bezirksgericht Donaustadt mit Beschluß vom 14.2.1993, 11 E 17/93d, die Exekution durch Zwangsversteigerung bewilligt hat, sei bezüglich der Zinsenforderung von 14 % Zinsen aus S 295.000,-- für die Zeit vom 1.3.1982 bis 19.2.1990 erloschen. Ihre Einwendungen begründete die Klägerin damit, daß Forderungen von rückständigen Zinsen gemäß § 1480 ABGB in drei Jahren erlöschen; dies gelte auch für Zinsen, die im Urteil zugesprochen wurden. Die Beklagte habe die Exekution am 19.2.1993 beantragt; zu diesem Zeitpunkt seien die vor dem 19.2.1990 aufgelaufenen Zinsen verjährt gewesen. Dem stünden auch die Exekutionsbewilligungen des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 14.1.1987, 12 E 254/87, und vom 4.3.1987, 12 E 2115/87, nicht entgegen, weil die Beklagte nachher länger als drei Jahre untätig geblieben sei.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, § 1480 ABGB sei hier nicht anzuwenden, weil die geltendgemachten Zinsen nicht der dreijährigen Verjährung unterliegen könnten; die Klägerin habe nicht vorgebracht, daß es sich hier tatsächlich um periodische Leistungen handle. Das Erstgericht gab der Klage hinsichtlich der Zinsenforderung von 14 % Zinsen aus S 295.000,-- für die Zeit vom 14.3.1985 bis 19.2.1990 statt und erklärte den Anspruch der Beklagten insoweit als erloschen; das Mehrbegehren, auch der Anspruch für die Zeit vom 1.3.1982 bis 13.3.1985 sei erloschen, wurde abgewiesen. Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, die kurze Verjährungsfrist des § 1480 ABGB gelte auch für die im Urteil für die Zukunft zugesprochenen Zinsen. Die im Urteil für die Vergangenheit zugesprochenen Zinsen seien als Judikatsschuld zu werten; für sie gelte die 30-jährige Verjährungsfrist.

Das Klagebegehren sei daher hinsichtlich der im Urteil für die Vergangenheit zugesprochenen Zinsen abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge und bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, daß der Wert des jeweiligen Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und "die Revision" gegen diese Entscheidung im Hinblick auf die klare Sach- und Rechtlage nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht führte rechtlich aus, die dreijährige Verjährungsfrist des § 1480 ABGB gelte auch für solche Zinsen, die durch Urteil für die Zukunft zugesprochen wurden. Sinn dieser Bestimmung sei unter anderem, der allzu großen Anhäufung von Leistungen bei längerem Zuwarten des Gläubigers vorzubeugen. Der Lauf dieser Verjährungsfrist werde dadurch unterbrochen, daß der Gläubiger aufgrund des Titels Exekution beantragt. Dies sei hier durch die Exekutionsführung zu 12 E 254/87 und 12 E 2115/87 des Bezirksgerichtes Donaustadt nur zwei Jahre nach Ergehen des Exekutionstitels, somit vor Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist geschehen. Der mit Beschluß vom 25.5.1987 bewilligte Antrag auf neuerlichen Vollzug sei jedoch der letzte Exekutionsakt gewesen, den die Beklagte aufgrund des Exekutionstitels vor Einbringung des gegenständlichen Antrags auf Bewilligung der Zwangsversteigerung gesetzt habe. Nach diesem letzten Exekutionsschritt habe die dreijährige Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen. Die Beklagte habe erst am 19.2.1993, somit lange nach Ablaufen der aufgrund der Exekutionsführung neuerlich begonnenen dreijährigen Frist, den nächsten Exekutionsschritt gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt seien alle nach dem Urteil vom 14.3.1985 fällig gewordenen Zinsen mit Ausnahme derjenigen Zinsen, die spätestens drei Jahre vor dem Exekutionsantrag, somit nach dem 19.2.1990 fällig geworden waren, sowie jener, die bei Fällung des Exekutionstitels bereits fällig gewesen waren, verjährt gewesen. Für die bereits bei Urteilsfällung fälligen Zinsen gelte die 30-jährige Verjährungsfrist des § 1478 ABGB.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der dreijährigen Verjährung des § 1480 ABGB unterliegen auch die im Urteil für die Zukunft zugesprochenen Zinsen (SZ 39/40; HS I/8; GlUNF 922; GlU 11.954, 5.023, 4.032; 3 Ob 1072/91; Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 1478, Rz 3 zu § 1480; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 14 zu § 1478; Koziol/Welser10 I 187; Klang in Klang2 VI 609; Ehrenzweig I/12 315; Gschnitzer/Faistenberger/Barta2 Allgemeiner Teil 867).

Die Verjährung der Judikatsschuld wird durch Exekutionsführung unterbrochen (SZ 39/40; Schubert in Rummel2, Rz 7 zu § 1478, Rz 11 zu § 1497; Mader in Schwimann, Rz 15 zu § 1478; Klang in Klang2 VI 659;

Ehrenzweig2 I/1 315). Durch den Exekutionsantrag wird die Verjährung unter der Voraussetzung unterbrochen, daß dem Exekutionsantrag stattgegeben und die Bewilligung rechtskräftig wird (Ehrenzweig aaO;

LGZ Wien EFSlg 33.872).

Zur Frage, ob die Verjährung der Judikatsschuld durch den Exekutionsantrag allein oder erst durch die gehörige Fortsetzung unterbrochen wird, werden in Lehre und Rechtsprechung unterschiedliche Meinungen vertreten.

Ehrenzweig (aaO) lehrt, "gehörige Fortsetzung" (§ 1497 ABGB), dh Vollzug der bewilligten Exekution, sei nicht nötig; wenn die Exekution nicht fortgesetzt werde, beginne die Verjährung aufs Neue.

Diese Ansicht vertreten auch Klang (aaO) und Schubert (in Rummel2, Rz 7 zu § 1478); auch nach Meinung dieser Autoren unterbricht ein Exekutionsantrag die Verjährung der Judikatsschuld, gehörige Fortsetzung der Exekution sei nicht erforderlich, es beginne aber von jeder Vollstreckungshandlung an eine neue Verjährung zu laufen.

Pollak (System des Österreichischen Zivilprozeßrechtes mit Einschluß des Exekutionsrechtes2 42 f) vertritt hingegen die Ansicht, die Verjährung werde nicht schon durch den Antrag auf Exekutionsbewilligung, sondern in sinngemäßer Anwendung des § 1497 ABGB erst dadurch unterbrochen, daß der betreibende Gläubiger die Exekution bis zur erkennbaren Aussichtslosigkeit oder bis zu seiner teilweisen Befriedigung fortführt.

Der Oberste Gerichtshof hatte in der Entscheidung vom 28.10.1873, GlU 5115 den Umstand, daß die Exekution "ohne ausgewiesene Hindernisse sistiert wurde", dahin beurteilt, daß durch diese Exekutionsführung die Verjährungsfrist nicht unterbrochen wurde.

In der Entscheidung vom 2.10.1901, GlUNF 1573, wurde hingegen eine Unterbrechung der Verjährung angenommen, weil der Gläubiger die Exekution zur Hereinbringung des Ausstandes "erwirkt und auch durchgeführt" habe.

In der Entscheidung vom 10.10.1911, GlUNF 6207, sprach der Oberste Gerichtshof aus, daß die Exekutionsführung gleich der Klage als ein Unterbrechungsakt anzusehen sei, und daß zwar die gehörige Fortsetzung der Klage, nicht aber die des Vollstreckungsverfahrens eine berechtigte logische Forderung zwecks ernster Widerlegung des vermuteten Verzichtes auf das Recht sei; denn eine intensivere Betätigung der Rechtsbehauptung als die eingeleitete Exekution sei rechtlich nicht möglich. Bedeutung habe allerdings die nicht gehörige Fortsetzung der Exekutionsführung für die Verjährung des Judikatsanspruchs, die ab dem letzten Exekutionsakt eintrete.

In der Entscheidung SZ 19/216 werden die gegenteiligen Ansichten von Klang und Ehrenzweig einerseits und Pollak andererseits referiert, ohne dazu Stellung zu beziehen; jedenfalls behebt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs die Einstellung der Exekution die Unterbrechungswirkung, die mit der Einleitung der Exekution verbunden war; im Falle der Einstellung der Exekution gelte die Verjährung als nicht unterbrochen.

In der Entscheidung 3 Ob 1072/91 sprach der Oberste Gerichtshof schließlich aus, daß die für die Zukunft zuerkannten Zinsen der kurzen Verjährung unterliegen und diese nur durch zielführende Exekutionsschritte unterbrochen werde.

Der erkennende Senat folgt der insbesondere in der Entscheidung GlUNF 6207 eingehend begründeten und in der Lehre von Schubert, Klang und Ehrenzweig vertretenen herrschenden Ansicht, daß - im Gegensatz zur Klagsführung - die Verjährung durch den Antrag auf Bewilligung der Exekution - unter der Voraussetzung, daß ihm rechtskräftig stattgegeben wird - auch dann unterbrochen wird, wenn die Exekution nicht gehörig fortgesetzt wird. Mit der Beendigung der Exekution bzw mit dem letzten Exekutionsschritt des betreibenden Gläubigers beginnt eine neue Verjährungsfrist zu laufen.

Dies bedeutet im vorliegenden Fall, daß, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, die Verjährung durch die Exekutionsschritte im Jahr 1987 unterbrochen wurde, aber ab dem letzten erfolglosen Vollzugsversuch am 2.6.1987 eine neue dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begann, die nicht durch neuerliche Anträge des betreibenden Gläubigers unterbrochen wurde. Daher können mit der am 19.2.1993 beantragten Exekution durch Zwangsversteigerung nur drei Jahre rückständige Zinsen, somit seit 19.2.1990, hereingebracht werden.

Die Frage, ob der Gläubiger zu sinnlosen, von vornherein erfolglosen Exekutionsschritten verhalten ist, um eine (neuerliche) Unterbrechung der Verjährung zu erreichen, kann hier dahingestellt bleiben, weil ein solcher Umstand von der Beklagten im Verfahren erster Instanz nicht behauptet wurde und die Sinnlosigkeit jeglicher Exekutionsschritte sich auch nicht aus dem Ablauf der tatsächlich betriebenen Exekutionen ergibt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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