Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 4 (vier) Jahre herabgesetzt.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Hubert O***** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffG (II) schuldig erkannt und zu fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Darnach hat er am 11.Februar 1995 in Ebensee
I. dem Johann St***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) unter Verwendung einer Waffe eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er mit einem Springmesser auf diesen einzustechen versuchte und ihn durch die Worte: "Überfall, Geld her !" und "Geld her, die Tageslosung !" zur Übergabe des Geldes nötigen wollte, wobei die Tat infolge heftiger Gegenwehr des Johann St***** beim Versuch geblieben ist,
II. eine verbotene Waffe (§ 11 WaffG), nämlich ein Springmesser (unbefugt) besessen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten gegen dieses Urteil aus den Gründen des § 345 Abs 1 Z 6 und 13 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde versagt.
Dem Beschwerdevorbringen (Z 6) zuwider wurden durch das Unterbleiben einer Zusatzfrage nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) die Vorschriften über die Fragestellung nicht verletzt. Eine solche Zusatzfrage wäre gemäß § 313 StPO nur dann zu stellen gewesen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden wären, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - diesen Strafaufhebungsgrund herstellen würden.
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung - ebenso wie schon im Vorverfahren - den Raubvorsatz bestritten und sich demnach auch nicht darauf berufen, die Ausführung eines Raubes freiwillig aufgegeben zu haben. Dessenungeachtet findet sich im Protokoll über die Vernehmung des Beschuldigten durch den Untersuchungsrichter, das in der Hauptverhandlung verlesen worden ist, der - wenn auch nur als Argument gegen den Raubvorwurf gedachte - Einwand, daß dem Angeklagten unter Ausnützung der Abwesenheit des Tankwartes Johann St*****, der ihn weggestoßen hatte und aus der Tankstelle hinausgerannt war, die Möglichkeit offengestanden sei, "die Kasse auszuräumen". Diese Möglichkeit hat der Zeuge St***** zwar in technischer Hinsicht relativiert, aber nicht ausgeschlossen (S 179).
Damit sind in der Hauptverhandlung allerdings nur Tatsachen vorgebracht worden, nach denen eine Vollendung des Raubversuches an sich noch möglich gewesen wäre; es ist aber weder durch dieses Vorbringen noch sonst durch die Ergebnisse der Hauptverhandlung indiziert, daß der Angeklagte freiwillig diese Möglichkeit ungenützt gelassen hätte. Im Gegenteil: da dem Tankwart die Flucht gelungen und demnach zu erwarten war, daß er die Gendarmerie verständigen oder sonst rasch Hilfe herbeiholen werde, war in den äußeren Tatumständen infolge des erhöhten Entdeckungsrisikos zum Nachteil des Angeklagten unvorhergesehen eine entscheidende Änderung eingetreten, die autonome Rücktrittsmotive geradezu ausschließt.
Die reklamierte Zusatzfrage wurde daher zu Recht nicht gestellt.
In seiner Strafbemessungsrüge (Z 13) behauptet der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, weil das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend gewertet wurde, obwohl die Verwendung der Waffe bereits die Qualifikation des § 143 StGB begründe und damit dem erhöhten Unrecht Rechnung getragen sei.
Dabei verkennt der Beschwerdeführer indes, daß der durch § 36 Abs 1 Z 2 WaffG pönalisierte Besitz einer verbotenen Waffe vom Unrechtstatbestand des bewaffneten Raubes nicht erfaßt ist, weil auch die Verwendung einer legal im Besitz des Täters befindlichen Waffe die Raubqualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB erfüllt. Solcherart wurde demnach - infolge realkonkurrierender Begehung zweier strafbarer Handlungen - der Erschwerungsgrund des § 33 Z 1 StGB rechtsrichtig angenommen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und fünf einschlägige, teils massive Vorstrafen (darunter sowohl Vermögensals auch Aggressionsdelikte) als erschwerend; als mildernd hingegen einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung durch das vom Angeklagten abgelegte Tatsachengeständnis, daß es beim Versuch geblieben ist, daß er nach der Tat keine Fluchtversuche unternahm, sondern freiwillig den Gendarmerieposten aufsuchte, sowie den Umstand, daß die durch die familiäre Belastungssituation hervorgerufene begreifliche affektive Einengung "in die Motivation zur Begehung der Tat eingriff".
Ohne diese Strafbemessungsgründe an sich ernsthaft in Frage zu stellen, wendet der Angeklagte in seiner auf eine Herabsetzung der Strafe abzielenden Berufung ein, daß diese Umstände nicht ihrem tatsächlichen Gewicht entsprechend bewertet worden seien.
Die Berufung ist begründet.
Es darf die seine Vorstrafenbelastung relativierende Tatsache nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Angeklagte sich nach seiner bedingten Entlassung aus der letzten Strafhaft am 20.Dezember 1988 (die dann auch endgültig geworden ist) immerhin durch mehr als sechs Jahre wohlverhalten hat, und daß die Tat alles andere als mit gefährlicher Zielstrebigkeit und Entschlossenheit ausgeführt (§ 32 Abs 3 StGB), vielmehr eher aus Unbesonnenheit begangen worden ist (§ 34 Z 7 StGB), die zum Teil persönlichkeitsbedingt in der tataktuellen familiären Konfliktsituation ihre Ursachen hat, zum Teil durch einen nach Lage des Falles jedenfalls nicht als erschwerend zu wertenden Alkoholgenuß mitausgelöst wurde. Solcherart ergänzt überwiegen aber die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe doch beträchtlich und es besteht im Hinblick auf die zuletzt (im Gegensatz zu früher) jahrelange Straffreiheit auch die begründete Aussicht, daß der Berufungswerber selbst bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde (§ 41 Abs 1 StGB). In dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß konnte sich der Oberste Gerichtshof einer außerordentlichen Strafmilderung daher nicht verschließen.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.
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