OGH 6Ob1636/95

OGH6Ob1636/9528.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Zechner und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Berta W*****, vertreten durch Dr.Helfried Kriegel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Adolf H*****, vertreten durch Dr.Ernestine Behal, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung, Übergabe von Liegenschaften und Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes (Streitwert S 7,600.000), infolge des Revisonsrekurses der Einschreiterin H*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 24. April 1995, AZ 15 R 21/95 (ON 15), womit den Rekursen der beklagten Partei und der H*****gesellschaft mbH gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 16.Dezember 1994, GZ 9 Cg 338/94-3, nicht stattgegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin war bücherliche Eigentümerin mehrerer in Wien gelegener Liegenschaften sowie von Miteigentumsanteilen an Liegenschaften verbunden mit Wohnungseigentum. Mit mehreren Kaufverträgen und einem Übergabsvertrag veräußerte sie diese Objekte an den Beklagten, der als bücherlicher Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Der Beklagte hat in der Zwischenzeit einen Teil der Liegenschaften weiterveräußert.

Mit der am 16.12.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit der mit ihr abgeschlossenen Kaufverträge und des Übergabsvertrages sowie die Verurteilung des Beklagten zur Übergabe der (von ihm noch nicht weiterveräußerten) Liegenschaften und zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin an diesen Liegenschaften. Die Klägerin verband die Klage mit einem auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot gerichteten Sicherungsantrag und beantragte die Anmerkung der Klage im Grundbuch.

Das Klagsvorbringen wurde darauf gestützt, daß der Beklagte einen Kaufpreisrest von S 7,600.000 nicht bezahlt habe, weshalb die Klägerin von den Verträgen zurückgetreten sei. Der Beklagte habe ihre Verstandesschwäche und Unerfahrenheit sittenwidrig ausgenützt. Die übergebenen Vermögenswerte stünden in einem auffallenden Mißverhältnis zu den vereinbarten Gegenleistungen.

Mit Beschluß vom 16.12.1994 wies das Erstgericht den Sicherungsantrag ab. Der Antrag auf Klagsanmerkung wurde bewilligt (P. 2. in ON 3). Das Erstgericht verfügte die Zustellung seiner Entscheidung an das Grundbuchsgericht zur Durchführung der Klagsanmerkung. Erst danach erlangte es vom Umstand Kenntnis, daß für die Klägerin vom Bezirksgericht Liesing ein einstweiliger Sachwalter bestellt worden war. In der Folge genehmigten sowohl der für die Klägerin zu 5 SW 61/94 des Bezirksgerichtes Liesing bestellte einstweilige Sachwalter als auch das für die Sachwalterschaftssache zuständige Bezirksgericht die Klagsführung (und die bisherigen Verfahrensschritte) der Klägerin (ON 12 und 13).

Gegen die Bewilligung der Klagsanmerkung erhoben der Beklagte und die im Grundbuch hinsichtlich dreier von der Klage betroffenen Liegenschaften als Eigentümerin vorgemerkte H*****gesellschaft mbH Rekurs (ON 5 und 9).

Das Rekursgericht gab keinem der beiden Rekurse statt. Eine Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung wegen mangelnder Prozeßfähigkeit liege wegen der nachträglich erfolgten Genehmigung der Prozeßführung nicht vor. Es sei zwar grundsätzlich richtig, daß im Grundbuchsverfahren Verbesserungsaufträge unzulässig seien. Ein Verbesserungsverfahren sei vom Erstgericht aber nicht eingeleitet worden. Der Mangel der Prozeßfähigkeit der Klägerin sei dem Erstgericht zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Beschlusses nicht bekannt gewesen. Dem unrichtig formulierten Urteilsbegehren könne ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im Urteil die richtige Fassung gegeben werden. Die Klägerin erhebe zweifelsfrei eine Löschungsklage im Sinne des § 61 GBG. Sie habe ihr Begehren auf die Bestimmung des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB gestützt. Die Anfechtung eines Vertrages wegen Wuchers führe zur Aufhebung ex tunc. Mit der Anfechtung falle der Titel zur Übereignung der Sache weg. Eigentümer sei daher noch jener, der die Sache aufgrund des Vertrages übereignen habe wollen. Ungeachtet der verfehlten Formulierung "des Klagsgegenstandes" sei die Anmerkung der Löschungsklage zu Recht bewilligt worden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, § 126 Abs 1 GBG unzulässig sei.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt die vorgemerkte Liegenschaftseigentümerin die Abänderung dahin, daß der Antrag der Klägerin auf Klagsanmerkung abgewiesen und die Löschung der eingetragenen Klagsanmerkung verfügt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist mangels Beschwer der Rekurswerberin unzulässig.

Die Anmerkung einer Löschungsklage im Grundbuch kann sowohl beim Prozeßgericht als auch beim Grundbuchsgericht beantragt werden (§ 61 Abs 1 GBG). Die Streitanmerkung hat zur Folge, daß das über die Klage ergehende Urteil auch gegen Personen volle Wirksamkeit äußert, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem das Gesuch um die Streitanmerkung an das Grundbuchsgericht gelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben (§ 61 Abs 2 GBG). Über den Antrag auf Streitanmerkung ist auch dann nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes zu entscheiden, wenn der Antrag beim Prozeßgericht gestellt wurde (MGA GBG4 § 61/77). Es kann der Rekurswerberin zwar zugestimmt werden, daß nach § 95 GBG über ein Grundbuchsgesuch ohne Zwischenerledigung zu entscheiden ist, daß also das Grundbuchsverfahren keine Verbesserungsaufträge kennt (MGA GBG4 § 95/1; NZ 1993/252). Die ratio legis besteht darin, daß die durch die rangmäßige Gleichbehandlung fehlerhafter, wenn auch nachträglich verbesserter Grundbuchsgesuche mit fehlerfreien zu befürchtende Verzerrung der Rangwirkung der Gesuchsüberreichung zu vermeiden sei (NZ 1993/252). Ob allerdings - wie die Rekurswerberin meint - auch die Prüfung der Prozeßfähigkeit einer Partei und das einzuleitende Genehmigungsverfahren nach § 6 Abs 2 (hier iVm § 6 a) ZPO als Zwischenerledigung im Sinne des § 95 GBG aufzufassen ist, braucht hier genausowenig untersucht werden, wie die weiters relevierte Frage, ob die vorliegende Klage wegen der gestellten Begehren als anmerkungsfähige Löschungsklage qualifiziert werden kann (vgl zu einer Richtigstellung des Klagebegehrens RZ 1988/29).

Voraussetzung der Rekurslegitimation der im Grundbuch als bücherliche Eigentümerin vorgemerkten Einschreiterin ist jedenfalls auch im Grundbuchsverfahren das Vorliegen einer Beschwer. Der Rekurswerber muß durch die angefochtene Verfügung in seinen bücherlichen Rechten beeinträchtigt sein (SZ 45/74). Interessen oder Rechte, die noch nicht Gegenstand einer bücherlichen Eintragung geworden sind, entbehren des Rechtsmittelschutzes (MGA GBG4 § 122/22). Denjenigen, der nur einen bloß schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechtes hat, steht noch kein Rekursrecht zu (MGA GBG4 § 122/23). Die Rekurswerberin kann somit eine Beschwer nur aus ihrer Stellung als vorgemerkte Liegenschaftseigentümerin ableiten. Nach der Aktenlage ist ihr vorgemerktes Eigentumsrecht hinsichtlich aller drei von der Anfechtung betroffenen Liegenschaften jeweils im Range einer im Grundbuch eingetragenen, bis 10.11.1995 wirksamen Rangordnung (jeweils TZ 3291/1994) eingetragen. Diese Rangordnung ist jeweils die zeitlich frühere Grundbuchseintragung gegenüber der nachfolgend eingetragenen Klagsanmerkung (Grundbuchsauszüge zu ON 12 a). Durch die ihrem bücherlichen Recht (vorgemerktes Eigentum) nachfolgende Eintragung kann sich die Rekurswerberin nicht als in ihrer Rechtssphäre verletzt erachten. Ihrem vorgemerkten Eigentumsrecht kommt im Range der Rangordnung (§ 53 GBG) der Vorrang zu (§ 56 GBG). Der Revisionsrekurs war daher mangels Beschwer der Rekurswerberin zurückzuweisen.

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