Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin begehrt - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle -, der Antragsgegnerin unter Androhung einer Ordnungsstrafe von S 20.000,- aufzutragen, die Betriebskostenabrechnung 1991 samt Belegen und Rechnungen binnen 14 Tagen beim Hausbesorger oder an einer sonst geeigneten Stelle im Haus den Mietern 3 Tage lang zur Einsicht aufzulegen (nicht mehr Verfahrensgegenstand) bzw Fotokopien der Abrechnungen der Antragstellerin auszufolgen.
Die Antragsgegnerin wendete ein, sie habe die Abrechnung ordnungsgemäß, vollständig und übersichtlich an der Hausanschlagtafel zur Einsicht durch sämtliche Mieter ausgehängt.
Die Antragsgegnerin sei zur Herstellung einer Abschrift der Abrechnung, die nur noch auf elektronischem Datenträger gespeichert sei, gegen Kostenersatz bereit. Die Antragstellerin habe sich jedoch zum Kostenersatz nicht bereit gefunden (Schli-Akt). Der Antragsgegnerin sei daher angeboten worden, die Betriebskostenabrechnung gegen Nachnahme von S 408,20 oder gegen Kostenvorauszahlung von S 403,20 zuzustellen. In der Folge habe jedoch die Antragstellerin weder das eine noch das andere begehrt (ON 5).
Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin, die sich mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufrieden gegeben und das Gericht angerufen hatte, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf, der Antragstellerin auf deren Kosten eine Abschrift der Betriebskostenabrechnung 1991 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution auszufolgen.
Die §§ 20 und 21 MRG böten keine gesetzliche Grundlage dafür, die von der Antragstellerin zu tragenden Kosten ziffernmäßig festzusetzen. Daß diese Kosten über die reinen Materialkosten hinausgingen, sei keine Besonderheit des EDV-Einsatzes, sondern treffe ebenso bei der Verwendung eines Kopiergerätes zu, in welchem Fall üblicherweise auch nicht nur reinen Papierkosten in Rechnung gestellt würden. Es dürfe aber durch die Eigenart einer EDV-Anlage und der von der Antragsgegnerin aufrechterhaltenen Betriebsorganisation nicht zu unverhältnismäßig hohen Kosten kommen, sodaß die Mieter aus Kostengründen keine Abschriften verlangen würden. Da die Antragsgegnerin die Verpflichtung zur Ausfolgung von Abschriften gegen Kostenersatz nicht bestritten habe, wäre spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentlichen Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:
Entgegen der Rechtsmeinung der Antragstellerin könne von einem Fehlen eines Antrages der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren und einer daraus resultierenden Nichtigkeit keine Rede sein. Mit dem Antrag auf Entscheidung durch das Gericht beginne nicht ein völlig neues Verfahren, sondern es werde durch Anrufung des Gerichtes lediglich die Sache, die zuvor bei der Gemeinde anhängig gewesen sei, nunmehr bei Gericht anhängig gemacht. Für einen eigenen Sachantrag bei Gericht bleibe gar kein Raum. Gegenstand des Verfahrens bei Gericht sei ausschließlich der bei der Schlichtungsstelle gestellte Sachantrag. Zur Entscheidung ohne Durchführung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung sei das Erstgericht nach § 37 Abs 3 Z 12 MRG berechtigt gewesen.
Unberechtigt sei auch der Vorwurf der Antragsgegnerin, es könne dem Sachbeschluß nicht entnommen werden, von welchem Sachverhalt das Erstgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen sei. Feststellungen seien nämlich nur bei widerstreitendem Vorbringen nötig. Hier sei aber ein unstrittiger Sachverhalt zu beurteilen gewesen.
Eine ausdrückliche Erklärung des Mieters zur Kostenübernahme sei nicht erforderlich, weil diese Verpflichtung bereits im Gesetz vorgesehen sei.
Auch die von der Antragsgegnerin monierte Leistungspflicht der Antragstellerin Zug um Zug gegen Ausfolgung der Abschrift bestehe tatsächlich nicht. Eine derartige Verpflichtung des Mieters lasse § 21 Abs 3 MRG nicht erkennen. Auch die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Bedenken, es könne ihr nicht zugemutet werden, auf eigenes Kostenrisiko Ablichtungen herstellen zu lassen, überzeuge nicht, weil selbst dann, wenn die Übergabe der Abschrift nur Zug um Zug gegen Zahlung der Kosten stattfinden müsse, die Antragsgegnerin nicht davor gefeit wäre, die Kosten der Anfertigung tragen zu müssen, wenn der Mieter die Abschrift dann nicht übernehmen wolle. Über die Höhe des Kostenersatzes könne nur im streitigen Verfahren entschieden werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragszurückweisendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin erstattete trotz Freistellung keine Revisionsrekursbeantwortung.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne seines Eventualantrages berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Zur Zulässigkeit:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage, ob die Ausfolgung von Abschriften der Betriebskostenabrechnung nur Zug um Zug gegen Kostenzahlung bzw Vorauszahlung oder Einhebung per Nachnahme zu erfolgen hat, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. In der in WoBl 1993, 81/62 veröffentlichten Entscheidung wird nur "gegebenenfalls" vom Erlag eines angemessenen Kostenvorschusses gesprochen.
b) Zum Aufhebungsbeschluß:
Der von der Antragsgegnerin auch im Revisionsrekurs noch aufrecht erhaltene Einwand, über den bloß bei der Schlichtungsstelle gestellten Sachantrag der Antragstellerin hätte durch die Gerichte bei sonstiger Nichtigkeit nicht entschieden werden dürfen, weil die Antragstellerin dort ihren Antrag nicht ausdrücklich wiederholt habe, ist nicht weiter zu behandeln, weil ein von der zweiten Instanz verneinter Nichtigkeitsgrund im Verfahren dritter Instanz nicht neuerlich geltend gemacht werden kann (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 519 Abs 1 ZPO; MGA JN-ZPO14 § 519 ZPO/E 10 und 11, § 503 ZPO/E 4 und 5).
Zur Frage der Art und Weise der Kostentragung durch die Antragstellerin und die Entscheidung darüber im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG hat der erkennende Senat folgendes erwogen:
Gemäß § 37 Abs 1 Z 11 MRG ist über Anträge in Angelegenheiten betreffend die Legung der Abrechnungen (§ 20 Abs 3 und 4, § 21 Abs 5, § 24 Abs 3 und § 45 Abs 2 MRG) im besonderen Verfahren außer Streitsachen nach § 37 MRG zu entscheiden.
Das Recht des Mieters, auf seine Kosten Ablichtungen von Abrechnung und Belegen herstellen zu lassen, stellt einen essentiellen Bestandteil der Abrechnungspflicht des Vermieters dar und wird daher vom Auftrag auf Legung der Abrechnung und Gewährung von Einsicht in die Belege umfaßt, sodaß die in § 21 Abs 5 iVm § 20 Abs 4 MRG vorgesehene Ordnungsstrafe auch dann zu verhängen ist, wenn zwar Einsicht gewährt, die Anfertigung von Kopien aber verweigert wird (WoBl 1993, 81/62). Daraus folgt, daß im Streitfall auch die Höhe der vom Mieter dem Vermieter zu ersetzenden Kosten für die Herstellung der Abschrift der Abrechnung im Verfahren über die Verhängung einer Ordnungsstrafe als Vorfrage zu beurteilen ist, weil eine solche nur dann verhängt werden kann, wenn sich der Vermieter trotz Bereitschaft des Mieters zur Zahlung der berechtigter Weise begehrten Kosten weigert, die Abschrift herzustellen und dem Mieter auszufolgen. Ist aber bereits in einem früheren Verfahrensstadium, hier: im Verfahren zur Erteilung des Auftrages an den Vermieter zur Anfertigung der Abschrift, die Höhe der vom Mieter zu ersetzenden Kosten strittig, so deckt die weite Fassung des §§ 37 Abs 1 Z 11 MRG (Arg.:
"Angelegenheiten"; siehe Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37, Rz 11) den gesamten materiellrechtlichen Bereich, der durch den betreffenden Zuständigkeitstatbestand umschrieben wird, hier also auch die Frage der vom Mieter dem Vermieter zu ersetzenden Kosten (§ 21 Abs 3 Satz 3 MRG). Solcherart wird nämlich bloß in der Hauptentscheidung vorweggenommen, was in einzelnen Fällen erst im Zuge der Durchsetzung im Wege der Verhängung einer Ordnungsstrafe als Vorfrage zu beurteilen wäre.
Gemäß § 21 Abs 3 Satz 3 MRG sind auf Verlangen des Hauptmieters von der Abrechnung und (oder) den Belegen auf seine Kosten Abschriften (Ablichtungen) anfertigen zu lassen. Diese allgemeine Formulierung bedeutet nichts anderes, als daß zwischen Vermieter und Mieter eine außervertragliche, nämlich durch das Gesetz begründete Rechtsbeziehung entsteht, die ein Austauschverhältnis zum Gegenstand hat und auf die daher - mangels bestehender Vorleistungspflicht - § 1052 ABGB anzuwenden ist (Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 1 und 4 zu § 1052), worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat. Auch die naheliegende analoge Anwendung des im Werkvertragsrecht geltenden Grundsatzes, daß der Unternehmer das Werk, wenn es in der Anfertigung der Sache besteht, nur Zug um Zug gegen Zahlung des Werklohnes, allerdings nach vorausgehender Gewährung einer Prüfungsmöglichkeit, herauszugeben hat (Aicher, aaO, Rz 1 zu § 1052; Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 1170 jeweils mit Rechtsprechungshinweis), worauf die Antragsgegnerin gleichfalls zutreffend hinwies, führt zu dem Ergebnis, daß der Vermieter zur Herausgabe der Kopie nur Zug um Zug gegen Kostenersatz verpflichtet ist. Daraus folgt dann zwingend, daß im Streitfall eine solche Zug-um-Zug-Verpflichtung bereits in die Entscheidung des Gerichtes nach § 37 Abs 1 Z 11 MRG aufzunehmen ist. In der hier zu beurteilenden Rechtssache hat dies zur Folge, daß mit den Parteien die Höhe der auflaufenden Kosten zu erörtern und nach allenfalls notwendig werdender Beweisaufnahme spruchgemäß im Rahmen des Sachbeschlusses auch über die Zug-um-Zug-Verpflichtung der Antragstellerin zum Kostenersatz zu entscheiden sein wird.
Der Ausspruch einer Zug-um-Zug-Verpflichtung stellt gegenüber dem Begehren der Antragstellerin ein Minus dar und darf daher über Einwendung der Gegenseite in den Spruch der Entscheidung aufgenommen werden.
In Stattgebung des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin waren daher die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
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