OGH 15Os124/95

OGH15Os124/9521.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.September 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Unterrichter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas M***** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Jänner 1995, GZ 2 c Vr 11324/93-73, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Andreas M***** wurde im zweiten Rechtsgang (unter Bedachtnahme auf den im Grundtatbestand wegen des am 6.Juli 1993 begangenen Diebstahls von 8.000 S zum Nachteil des Johann S***** in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch laut Punkt I.1. des erstgerichtlichen Urteils vom 17.Mai 1994, GZ 2 c Vr 11.324/93-56,) neuerlich wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er (auch) am 29.Juli 1993 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter dem Karl Mo***** fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert, nämlich 45.000 S Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und die Diebstähle in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Erstgericht unmißverständlich festgestellt (US 5 oben), daß der Angeklagte zur Tatzeit mit den Einkünften aus seiner Aushilfsbeschäftigung im Lokal der Sonja R***** (im Urteil wiederholt unrichtig: R*****) nicht das Auslangen fand, weshalb er beschloß, mit einem Mittäter Diebstähle zu begehen, um sich so eine fortlaufende Einnahmequelle zu erschließen. Von einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung kann demnach keine Rede sein.

Da eine Konstatierung der in der Beschwerde angeführten Art, "daß der Rechtsmittelwerber am 29.7. nicht wenigstens durchgehend Dienst im Kaffeehaus der Zeugin R***** versehen hätte", dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen ist, kann die in diesem Zusammenhang behauptete aktenwidrige Begründung schon aus diesem Grund nicht vorliegen. Warum die Tatrichter der (insoweit von der Zeugin R***** bestätigten) Verantwortung des Angeklagten (481/II), er habe am 29. Juli 1993 von 8 Uhr bis 2 Uhr des nächsten Tages durchgehend gearbeitet, ohne das Lokal während dieser Zeit verlassen zu haben, nicht glaubten und auch die Aussage der Zeugin R***** über ihre (nicht mehr vorhandenen) Tagebucheintragungen für unverläßlich hielten, wird in den Gründen - auch unter Einschluß der seinerzeitigen Tagebucheintragungen - ausführlich, in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und lebensnah dargelegt (vgl US 6 ff).

Bei der gegebenen Beweissituation und angesichts der vom Schöffengericht offengelassenen Möglichkeit, daß sich auch Andreas M***** als Aushilfskellner am 29.Juli 1993 von einem Stammgast stundenweise vertreten lassen konnte (US 7), bedurfte es entgegen dem einen formellen Begründungsmangel relevierenden Beschwerdeeinwand keiner weiteren Erörterung der (unentscheidenden) Fragen, "ob und in welcher Zeit es für einen Kellner möglich ist, einerseits ein Lokal, in dem er alleine beschäftigt ist, zu verlassen, vom 17.Wiener Gemeindebezirk in den 3.Wiener Gemeindebezirk zu fahren, dort einen Trickdiebstahl zu begehen und wieder in das Lokal zurückzukehren und andererseits diesen Vorgang vor seiner Dienstgeberin zu verbergen".

Nach Inhalt und Zielrichtung der Mängelrüge kritisiert sie nur unzulässig nach Art einer Schuldberufung die zum Nachteil des Angeklagten ausgefallene Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, ohne einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.

Nach Prüfung der gesamten Aktenlage - unter Einschluß der Argumente der Tatsachenrüge (Z 5 a) - durch den Obersten Gerichtshof vermag der Beschwerdeführer weder Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, noch Anhaltspunkte dafür anzuführen, inwiefern das Erstgericht seine "Pflicht zur amtswegigen Erforschung der Wahrheit grob verletzt hat", bzw worin eine "derart mangelhafte Sachverhaltsermittlung" gelegen sein sollte. Haben doch die Erkenntnisrichter alle zu Gebote stehenden Beweisquellen ausgeschöpft und in einer Gesamtschau der gewonnenen Beweisergebnisse (einschließlich der nach Meinung des Rechtsmittelwerbers ihn "eindeutig entlastenden" Aussagen der Zeugin R*****) sowie unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) plausibel begründet, warum sie den Angeklagten auch im Falle des inkriminierten Diebstahls zum Nachteil des (mittlerweile verstorbenen) Karl Mo***** für einen der Mittäter hielten (vgl abermals US 6 ff).

Zum besseren Verständnis sei noch darauf hingewiesen, daß es auch dieser unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihte und daher in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichende Anfechtungspunkt nicht gestattet, die schöffengerichtliche Beweiswürdigung - wie vorliegend - nach Art einer in den Prozeßgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung zu bekämpfen (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 1, 3 f).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermißt zu Unrecht die Feststellungen, "daß der Täter geradezu darauf abgezielt hat, durch die Wiederholung von Eigentumsdelikten ein fortlaufendes Einkommen zu erlangen". Denn damit übergeht sie nicht nur jene - mit anderen Worten - im Urteilsspruch (US 4 oben) und in den (damit eine Einheit bildenden) Entscheidungsgründen (US 5 zweiter Absatz) festgeschriebenen Tatsachen, die an sich schon die subjektive Tatkomponente der Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) zu tragen vermögen, sondern vernachlässigt auch den in den rechtlichen Erwägungen (US 8 unten) enthaltenen Hinweis auf "die [in der Hauptverhandlung vom 26.Jänner 1995 verlesenen - vgl 479 oben - ] ausführlichen Ausführungen im Urteil vom 17.5.1994" (vgl 397 f, 411), wonach der verbrecherische Plan des mehrmals einschlägig (einmal sogar spezifisch) vorbestraften Angeklagten, sich aus der wiederholten Begehung derartiger strafbarer Handlungen (hier: Diebstähle zum Nachteil hochbetagter und alleinstehender Personen) "zumindest eine Zubuße zu dem nicht ausreichenden Einkommen zu verschaffen", durchkreuzt wurde.

Da die erfolgreiche Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes jedoch das Festhalten am gesamten wesentlichen Tatsachensubstrat verlangt, entbehrt die Qualifikationsrüge einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Schließlich ist das - der Sache nach als Begründungsmangel nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO zu deutende - Vorbringen, "das Gesamtverhalten des Täters nicht nur zur Tatzeit sondern auch vor und nach der Tat wurde praktisch gar nicht beurteilt", unsubstantiiert und somit einer sachgemäßen Erwiderung unzugänglich; außerdem sind in den Entscheidungsgründen (US 4 unten bis 5) ohnehin zureichende Feststellungen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) in diese Richtung enthalten.

Sonach war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß die Entscheidung über die Berufungen in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien fällt (§ 285 i StPO).

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