Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"1. Die Beklagte ist schuldig, im geschäftlichen Verkehr beim Betrieb von Drogeriemärkten die Abgabe von Knoblauch-Perlen, die nach Art ihrer Feilhaltung, insbesondere durch die Bezeichnung 'Arzneimittel' auf der Verpackung und/oder Herstellerhinweise wie 'vorbeugend gegen allgemeine Arterienverkalkung, erhöhten Blutdruck udgl.' dazu bestimmt sind, als Arzneimittel angewendet zu werden, zu unterlassen.
2. Der Kläger wird ermächtigt, den Urteilsspruch ohne Kostenentscheidung binnen 6 Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten mit Fettdruckumrandung und Fettdrucküberschrift sowie gesperrt geschriebenen Prozeßparteien im redaktionellen Teil von Samstagausgaben der Tageszeitungen 'Kurier', 'Neue Kronenzeitung' und 'Täglich Alles', jeweils Gesamtausgabe für Österreich, veröffentlichen zu lassen.
3. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger zu Handen der Klagevertreter die mit S 91.689,60 bestimmten Prozeßkosten (darin S 14.241,60 Umsatzsteuer und S 6.240,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Beklagte ist weiters schuldig, dem Kläger zu Handen der Klagevertreter die mit S 63.032,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 6.530,40 Umsatzsteuer und S 23.850,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger vertritt seit 1861 die Interessen der selbständigen Apotheker. Ihm gehört der überwiegende Teil der selbständigen Apotheker als Mitglieder an. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben zählt das Verfolgen von Ansprüchen nach dem UWG.
Die Beklagte betreibt in ganz Österreich Drogeriemärkte. Seit 1993 bezieht sie Abtei Knoblauch-Perlen von der P***** Gesellschaft mbH in W*****. Hersteller und Exporteur der Knoblauch-Perlen ist die A***** Gesellschaft mbH in Deutschland. Die P***** Gesellschaft mbH erarbeitete gemeinsam mit dem Hersteller einen Verpackungstext für Österreich, der im Gegensatz zu den für Deutschland und die Schweiz bestimmten Verpackungen keinen Hinweis auf ein Arzneimittel enthält.
Am 4.2.1994 hielt die Beklagte im Drogeriemarkt Wien 1, R*****straße 12 und am 3.5.1994 im Drogeriemarkt, Wien 9, N*****straße 2 Abtei Knoblauch-Perlen feil, deren Verpackung den Warnhinweis "Arzneimittel vor Kindern sichern!" und (unter anderem) die Aufschrift "Abtei Knoblauch Perlen vorbeugend gegen allgemeine Arterienverkalkung, erhöhten Blutdruck. Reguliert die Darmfunktion." trug.
Diese Verpackung ist für Knoblauch-Perlen bestimmt, die in der Schweiz und in Deutschland vertrieben werden. Solche Knoblauch-Perlen waren offenbar versehentlich der für Österreich bestimmten Lieferung beigepackt worden. Die Lieferung umfaßte zwei Paletten mit je 150 Kartons; in jedem Karton befanden sich 18 Packungen Knoblauch-Perlen. Ob Ware für Österreich bestimmt ist, kann aus der "ERN-Nummer" ersehen werden, die außen auf den Kartons angebracht ist. Sämtliche Kartons der oben erwähnten Lieferung waren als für Österreich bestimmte Ware gekennzeichnet.
Die P***** Gesellschaft mbH überprüfte die Lieferung stichprobenartig. Dabei konnte sie keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Von der zweiten oder dritten Jännerwoche 1994 an wurden die Knoblauch-Perlen an das Verteilzentrum der Beklagten in E***** geliefert. Von dort wurde die Ware an die einzelnen Drogeriemärkte der Beklagten ausgeliefert. Vor der Auslieferung wurde jeweils geprüft, ob die Ware nach der "ERN-Nummer" für Österreich bestimmt war.
Mit einstweiliger Verfügung vom 27.5.1994, 10 Cg 98/94-3, wurde der Beklagten die Abgabe von als Arzneimittel aufgemachten Knoblauch-Perlen in ihren Drogeriemärkten verboten. Die einstweilige Verfügung wurde der Beklagten am 1.6.1994 zugestellt; am 9.6.1995 forderte die Einkaufsabteilung der Beklagten alle Filialen auf, Abtei Knoblauch-Perlen mit falscher Verpackung aus den Verkaufsregalen zu nehmen und an das Verteilzentrum zurückzustellen. Insgesamt langten 13 Kartons mit je 18 Packungen im Verteilzentrum und in der Folge bei der P***** Gesellschaft mbH ein.
Am 6.10.1994 ließ die Beklagte in den Zeitungen "Vorarlberger Nachrichten", "Tiroler Tageszeitung", "Salzburger Nachrichten", "Kleine Zeitung" für Steiermark, "Kleine Zeitung" für Kärnten, "Kurier" und "Oberösterreichische Rundschau" in eine Werbeeinschaltung folgenden Text aufnehmen:
"Im Winter/Frühling 94 gelangten versehentlich Abtei Knoblauch-Perlen in unseren Filialen zum Verkauf, die für den ausländischen Markt bestimmt waren und deren Verpackung mit einem in Österreich zulässigen Markt bestimmt waren und deren Verpackung mit einem in Österreich unzulässigen Text versehen war, indem sie als Arzneimittel bezeichnet waren und als vorbeugend gegen allgemeine Arterienverkalkung, erhöhten Blutdruck udgl. empfohlen wurden. Die Art der Aufmachung war dazu bestimmt, diese Knoblauch-Perlen als Arzneimittel zu verwenden. Wir haben diese Ware aus dem Verkehr gezogen. Auf dieses Versehen wurden wir vom Österreichischen Apothekerverband (Interessenvertretung der selbständigen Apotheker) aufmerksam gemacht. Die Perlen selbst waren einwandfrei."
Der Text war eingerahmt, aber kleingedruckt (und zwar gleich groß wie der Hinweis, welche Preise die durchgestrichenen Preise sind) und nahm weniger als ein Zwölftel des halbseitigen Inserates ein. Auf die Einschaltung wurde weder durch eine Überschrift noch durch einen sonstigen Hinweis aufmerksam gemacht.
Der Kläger hat schon mehrmals Unterlassungstitel gegen die Beklagte und gegen die P***** Gesellschaft mbH erwirkt. Gegenstand einiger Verfahren waren Verstöße gegen den Apothekenvorbehalt.
Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr beim Betrieb von Drogeriemärkten die Abgabe von Knoblauch-Perlen, die nach Art ihrer Feilhaltung, insbesondere durch die Bezeichnung "Arzneimittel" auf der Verpackung und/oder durch Herstellerhinweise wie "vorbeugend gegen allgemeine Arterienverkalkung, erhöhten Blutdruck udgl.", dazu bestimmt sind, als Arzneimittel angewendet zu werden, zu unterlassen. Die Klägerin stellt weiters ein Veröffentlichungsbegehren.
Die Knoblauch-Perlen seien nach Art ihrer Feilhaltung dazu bestimmt, als Arzneimittel angewendet zu werden. Die Abgabe der Knoblauch-Perlen durch die Beklagte verstoße gegen § 59 Abs 1 AMG. Die Bestimmungen über den Apothekenvorbehalt regelten den Wettbewerb.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.
Die für Deutschland und die Schweiz bestimmte Ware sei der für Österreich zusammengestellten Ware irrtümlich beigepackt worden. Die Beklagte habe ihre Filialen bereits angewiesen, die Packungen unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen. Der Fehler des Lieferanten habe trotz stichprobenartiger Überprüfung nicht bemerkt werden können. Es liege daher kein Wettbewerbsverstoß vor, insbesondere fehle die Wiederholungsgefahr.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Die Beklagte habe mit dem Feilhalten und dem Verkauf der beanstandeten Knoblauch-Perlen gegen § 59 Abs 1 AMG verstoßen. Nur ein auch subjektiv vorwerfbarer Gesetzesverstoß sei aber sittenwidrig iS des § 1 UWG. Ein bloß versehentlich begangener Verstoß, dem kein Organisationsmangel zugrundeliege, sei nicht wettbewerbswidrig. Das Feilhalten und der Verkauf der beanstandeten Knoblauch-Perlen durch die Beklagte seien versehentlich erfolgt. Mehr als eine stichprobenartige Überprüfung der Lieferung durch den Importeur könne nicht verlangt werden.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Der Apothekenvorbehalt sei europarechtlich unbedenklich. Waren, die für deutsche und Schweizer Konsumenten bestimmt seien, könnten an inländische Apotheken geliefert werden.
Trotz der vom Kläger bereits erwirkten Unterlassungstitel liege weder Streitanhängigkeit noch Rechtskraft vor. Aus dem Vorliegen solcher Titel könne auch nicht auf ein Organisationsverschulden geschlossen werden. Stichprobenartige Überprüfungen genügten; es sei gleichgültig, ob sie von der Beklagten oder vom Importeur vorgenommen wurden. Da der Gesetzesverstoß nicht subjektiv vorwerfbar sei, brauche die Wiederholungsgefahr nicht geprüft werden. Wiederholungsgefahr läge aber ohnedies nicht vor, weil die Rückholaktion rechtzeitig angelaufen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Der Kläger ist der Auffassung, daß der Beklagten ein Organisationsmangel vorzuwerfen sei. Sie habe die Ware nach der Übernahme vom Importeur praktisch nicht geprüft. Die Prüfpflicht könne nicht auf den Importeur überwälzt werden. Auch Wiederholungsgefahr sei gegeben. Die Beklagte habe nicht sofort nach Erhalt der Klage Maßnahmen zur Berichtigung des Fehlers gesetzt; erst die einstweilige Verfügung habe sie dazu veranlaßt.
Gemäß § 1 Abs 1 AMG (ArzneimittelG BGBl 1983/185 idF BGBl 1988/748; BGBl 1991/45; BGBl 1994/107) sind "Arzneimittel" Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper (ua) Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (Z 1), die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen (Z 5). Nach § 59 Abs 1 AMG dürfen Arzneimittel an Letztverbraucher nur durch Apotheken abgegeben werden, sofern in den §§ 57 und 58 oder im folgenden nichts anderes bestimmt ist. § 57 AMG regelt die Abgabe von Arzneimitteln im allgemeinen; § 58 AMG die Abgabe von Ärztemustern. § 59 Abs 3 bis 8 AMG setzen Ausnahmen vom Aptohekenvorbehalt fest, deren Voraussetzungen nach dem Akteninhalt im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.
Die für Deutschland und die Schweiz abgepackten Abtei Knoblauch-Perlen sind nach Art und Form ihres Inverkehrbringens dazu bestimmt. Krankheiten und krankhafte Beschwerden zu verhüten ("Abtei Knoblauch Perlen vorbeugend gegen allgemeine Arterienverkalkung, erhöhten Bludruck") und die Funktionen des Körpers zu beeinflussen ("Reguliert die Darmfunktion"). Nach § 1 Abs 1 Z 1 und 5 AMG sind die beanstandeten Abtei Knoblauch-Perlen daher Arzneimittel. Als Arzneimittel dürfen sie an Letztverbraucher nur durch Apotheken abgegeben werden. Ihr Vertrieb in den Drogeriemärkten der Beklagten verstößt gegen § 59 Abs 1 AMG.
Zu prüfen ist, ob § 59 Abs 1 AMG mit Art 30 EGV vereinbar ist. Art 30 EGV verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung jede Maßnahme, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (Dassonville-Formel; EuGH Slg 1974, 837 = NJW 1975, 515 Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag4 Art 30 Rz 22 ff). In der Entscheidung Cassis de Dijon (EuGH Slg 1979, 649 = NJW 1979, 1766 - Rewe-Zentral-AG) hat der EuGH Vorschriften darüber, daß Waren auf bestimmte Art bezeichnet, zusammengesetzt, aufgemacht, etikettiert, verpackt etc sein müssen, auch dann als nach Art 30 EGV verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung gewertet, wenn sie unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, sofern sie nicht durch einen Zweck gerechtfertigt sind, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht. Diese Rechtsprechung hat der EuGH seit der Entscheidung Keck u. Mithouard (EuGH EuZW 1993, 770 = NJW 1994, 121) dahin geändert, daß nationale Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, nicht gegen Art 30 EGV verstoßen, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist die Anwendung derartiger Regelungen auf den Verkauf von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedstaat, die den von diesem Staat aufgestellten Bedingungen entsprechen, nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut. Diese Regelungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des Art 30 EGV (s zB EuGH EuZW 1994, 119 - Hünermund). Mit der Entscheidung vom 29.6.1995, C-391/92 , ABl Nr. C 229/4 vom 2.9.1995 (EuZW 1995, 612 = WBl 1995, 369 mit Besprechungsaufsatz von Tüchler, WBl 1995, 356) hat der EuGH die Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Griechische Republik abgewiesen. Die Kommission hatte die Feststellung begehrt, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art 30 EGV verstoßen habe, daß nach einer Verordnung vom 29.1.1988 verarbeitete Milch für Säuglinge nur in Apotheken verkauft werden darf. Der ließ offen, ob eine solche Regelung überhaupt als Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung iS des Art 30 EGV anzusehen ist. Jedenfalls handle es sich um eine Verkaufsmodalität, die für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelte, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und den Absatz der inländischen Erzeugnisse und solcher aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühre. Eine solche Regelung sei nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tue. Die beanstandete Regelung beschränke lediglich die Orte, auf denen die betroffenen Erzeugnisse vertrieben werden dürfen.
Die Grundsätze sind auch auf den vorliegenden österreichischen Apothekenvorbehalt anzuwenden. Dieser Apothekenvorbehalt gilt für alle, die Arzneimittel in Verkehr bringen; er erfaßt unterschiedslos inländische Erzeugnisse und Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten. Im Sinne der mit der Entscheidung Keck und Mithouard (EuGH EuZW 1993, 770 = NJW 1994, 121) begründeten Rechtsprechung ist der Apothekenvorbehalt eine Verkaufsmodalität, die nicht gegen Art 30 EGV verstößt.
Im vorliegenden Fall erübrigt es sich daher, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach Art 177 EGV einzuholen. Eine solche Pflicht besteht nämlich ua dann nicht, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibt (Borchardt in Lenz, EGV-Komm, Rz 30, 31 zu Art 177; Gamerith, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 EGV in Wettbewerbssachen, ÖBl 1995, 51 ff [57]; EuGH Slg 1982, 3415 - CILFIT; EvBl 1995/121). Das trifft hier zu. Der Apothekenvorbehalt ist nicht geeignet, den Vertrieb von Arzneimitteln aus anderen Mitgliedstaaten stärker zu behindern als den inländischer Erzeugnisse.
Die Beklagte hat mit dem Feilhalten und dem Verkauf der beanstandeten Knoblauch-Perlen gegen den Apothekenvorbehalt verstoßen. Ein Gesetzesverstoß ist sittenwidrig iS des § 1 UWG, wenn er schuldhaft und in der - zwischen Mitbewerbern zu vermutenden - Absicht erfolgt, einen Vorsprung von den gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (stRsp zB ÖBl 1992, 122 - Geschäftslokalvermietung; ÖBl 1993, 226 - Tageszeitungsimpressum uva). Nicht subjektiv vorwerfbar ist (zB) eine Gesetzesverletzung, die auf einem Versehen beruht und der kein Organisationsmangel zugrundeliegt (ÖBl 1987, 160 = WBl 1987, 163 - Biodiät Reformkost-Margarine II).
Der Verstoß gegen den Apothekenvorbehalt ist der Beklagten entgegen der Auffassung der Vorinstanzen subjektiv vorwerfbar: Die Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, die in Kartons gelieferte Ware zu übernehmen und weiterzuleiten, sondern sie hat die Knoblauch-Perlen in ihren Drogeriemärkten feilgehalten. Dazu war es notwendig, die Packungen den Kartons zu entnehmen und in die Regale einzuordnen. Den Mitarbeitern der Beklagten hätte bei gehöriger Aufmerksamkeit auffallen müssen, daß die Knoblauch-Perlen als Arzneimittel aufgemacht waren. Dieses Verhalten ihrer Mitarbeiter hat die Beklagte zu vertreten; der Inhaber eines Unternehmens haftet gemäß § 18 UWG auch dann für Wettbewerbsverstöße, wenn der Verstoß im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen worden ist.
Die Beklagte hat sich auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr berufen und in diesem Zusammenhang vorgebracht, daß der Verstoß versehentlich erfolgt sei. Die Fehllieferung hätte jedoch bei der Beklagten, der das Verhalten ihrer Mitarbeiter zuzurechnen ist, auffallen müssen. Die beanstandeten Knoblauch-Perlen-Packungen sind - jedenfalls für ein sachkundiges Personal - deutlich als Arzneimittel aufgemacht; auch bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätten die Hinweise auf Heilwirkungen diesem auffallen müssen, zumal der Unterschied zur österreichischen Verpackung auffällig war. Außerdem hat aber die Beklagte auch nicht von sich aus Maßnahmen gesetzt, um den beanstandeten Zustand zu beseitigen. Sie hat die Rückholaktion erst durchgeführt, nachdem ihr die einstweilige Verfügung zugestellt worden war. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, Maßnahmen ergriffen zu haben, um ähnliche Vorfälle für die Zukunft zu verhindern. Bei dieser Sachlage ist eine Wiederholung des Wettbewerbsverstoßes weder ausgeschlossen noch auch nur äußerst unwahrscheinlich (vgl ÖBl 1985, 43 - Sonderpreise für Studenten uva).
Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist daher berechtigt. Dem Kläger ist auch ein berechtigtes Interesse zuzuerkennen, den stattgebenden Urteilsspruch auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen (§ 25 Abs 3 UWG). Die Veröffentlichung des oben wiedergegebenen Hinweises in einer Werbeeinschaltung ersetzt die Urteilsveröffentlichung nicht. Daraus ist nicht zu erkennen, daß der Beklagten mit Urteil verboten wurde, als Arzneimittel aufgemachte Knoblauch-Perlen in ihren Drogeriemärkten zu vertreiben. Der Hinweis ist im übrigen so unauffällig, daß davon nur Kenntnis erlangt, wer das Inserat aufmerksam studiert. Im Spruch war klarzustellen, daß die Ermächtigung zur Veröffentlichung die Kostenentscheidung nicht umfaßt (SZ 66/91 = ÖBl 1993, 212 - Ringe; WBl 1995, 342 - S-Brillen).
Der Revision war Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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