OGH 8ObA263/95

OGH8ObA263/9514.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer und die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Walter Holzer und Ignaz Gattringer in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Olympia G*****, vertreten durch Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei, Österreichischer Bundestheaterverband, ***** vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: S 300.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Februar 1995, GZ 34 Ra 152/94-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Juni 1994, GZ 14 Cga 38/94y-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.725,-- (einschließlich S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor ( § 510 Abs 3 ZPO).

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese zu verweisen (§ 48 ASGG).

Den Revisionsausführungen ist zu erwidern:

Strittig ist zwischen den Streitteilen die Beendigung eines untypischen Karenzierungsvertrages im Bereich der Bühnendienstverträge.

Der Klägerin wurde über ihren Antrag von der beklagten Partei auf die Dauer ihres damaligen Bühnendienstvertrages ein Urlaub gegen Einstellung der Bezüge bewilligt. Weiters wurde in dem Schreiben der beklagten Partei festgehalten, daß sich diese Urlaubsvereinbarung sodann um alle jene Zeiträume, um die sich ihr Bühnendienstvertrag stillschweigend verlängert, ebenfalls verlängert. Zwar wurde von niemandem der Klägerin gegenüber eine konkrete Zusage gemacht, daß sie jederzeit wieder an die Wiener Staatsoper zurückkommen könne, der damalige Staatsoperndirektor hatte aber ihre Karenzierung deshalb befürwortet, weil er meinte, die zukünftige Tätigkeit der Klägerin als Leiterin der Abteilung Klassik bei der Firma Sony in Deutschland liege im Interesse einer allfälligen weiteren Tätigkeit der Klägerin an der Wiener Staatsoper und damit im Interesse der österreichischen Bundestheater.

Die Klägerin ist bei Abschluß der Karenzierungsvereinbarung davon ausgegangen, daß sie wieder an die Wiener Staatsoper zurückkehren könne, wenn der Grund für die Karenzierung, nämlich das Vertragsverhältnis mit der Firma Sony, bei der sie während der Karenzierung eine leitende Funktion übernommen hatte, weggefallen sei.

Die beklagte Partei vertritt die Ansicht, daß die Beendigung der Karenzierung nur einvernehmlich erfolgen könne und daß die Klägerin mangels Einvernehmens keinen Anspruch auf Beendigung der Karenzierung und Wiederbeschäftigung an der Wiener Staatsoper habe. Die Karenzierung habe nur die Aufrechterhaltung der Pensionsanwartschaft der Klägerin gegenüber der beklagten Partei bezweckt.

Entgegen der Meinung der Revisionswerberin entspricht die Entscheidung des Berufungsgerichtes jedenfalls den von der Rechtsprechung - der Oberste Gerichtshof hatte bisher über einen vergleichbaren konkreten Fall noch nicht zu entscheiden - entwickelten Grundsätzen einer Karenzierungsvereinbarung (SZ 61/94; 62/46 ua). Zweck einer solchen ist die vorübergehende Sistierung der Tätigkeit eines Dienstnehmers für einen Dienstgeber unter Wegfall der vereinbarten Bezüge; daher setzt eine Karenzierungsvereinbarung grundsätzlich eine Wiederbeschäftigungsmöglichkeit für den Dienstnehmer voraus. Sie kann verschiedenen Inhalt haben. Äußerste Grenze einer zulässigen Karenzierungsvereinbarung, aber nicht deren allein zulässiger Vertragsinhalt ist, daß bis zum Karenzurlaub erworbene Anwartschaften erhalten bleiben müssen.

Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß hier die Karenzierungsvereinbarung nicht nur zum Zweck der Aufrechterhaltung der Pensionsanwartschaftsrechte der Klägerin getroffen wurde, zumal diese auch durch eine andere Vertragsgestaltung hätten aufrecht erhalten werden können. Die ergänzende Vertragsauslegung nach den Umständen dieses Falles ergibt vielmehr, daß redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, die Klägerin könne ihre Karenzierung einseitig mit Ende ihres Dienstverhältnisses zur Firma Sony unter Gewährung einer angemessenen Frist beenden und der Dienstgeber habe für die Zurverfügungstellung eines adäquaten Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung ihrer Qualifikation im Rahmen des österreichischen Bundestheaterverbandes zu sorgen. Die Dauer eines halben Jahres ist hiefür ein angemessener Zeitraum, der von der Klägerin auch eingehalten worden ist. Gegenteilige, der Klägerin gegenüber nicht zum Ausdruck gebrachte Mentalreservationen der beklagten Partei sind unbeachtlich.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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