OGH 9ObA112/95

OGH9ObA112/9513.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Ing.Peter Pata und Dr.Franz Zörner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Arnold S*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Hans Werner Mitterauer, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte, Auerspergstraße 11, 5020 Salzburg, dieser vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Ingrid Stöger und Dr.Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 5.370,60 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7.März 1995, GZ 13 Ra 106/94-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 6.April 1994, GZ 19 Cga 201/93s-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 5.370,60 brutto samt 4 % Zinsen seit 4.1.1993 zu zahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.078,40 (darin enthalten S 846,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 2.436,48 (darin enthalten S 406,08 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Der Nachtrag zur Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt den Klagebetrag als Entgelt für den Zeitraum zwischen der von der beklagten Partei ausgesprochenen Versetzung in den Ruhestand per 31.12.1992 und der von ihm begehrten Versetzung in den Ruhestand per 3.1.1993.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger bereits mit 31.12.1992 unter Berücksichtigung seiner Vordienstzeiten 35 volle Dienstjahre erreicht habe.

Folgender wesentlicher Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Der Kläger stand seit 1.1.1972 zur beklagten Partei in einem

unkündbaren Angestelltendienstverhältnis. Mit Schreiben vom

23.10.1992 teilte er mit, daß er beabsichtige, per 3.1.1993 in den

Ruhestand zu treten. Die beklagte Partei antwortete mit dem Schreiben

vom 2.11.1992 mit folgendem Inhalt: "... Bezugnehmend auf Ihr

Ansuchen vom 23.10.d.J. auf Versetzung in den Ruhestand teilt Ihnen

der Vorstand der ... mit, daß Ihrem Ansuchen mit Wirkung vom

31.12.1992 entsprochen wird. ...." Der Kläger ersuchte in der Folge um Korrektur der Ruhestandsversetzung mit 3.1.1993. Die Abrechnung erfolgte dennoch per 31.12.1992.

Im Berufungsverfahren wurde noch festgestellt, daß sich der Kläger nie ausdrücklich mit seiner Pensionierung per 31.12.1992 einverstanden erklärt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Regelung des § 26 Abs 4 der Betriebsvereinbarung, wonach die Versetzung in den Ruhestand auch ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit über Antrag des Dienstnehmers nach frühestens 25 auf die Pension anrechenbaren Dienstjahren erfolgen könne, sei ein einseitiges Gestaltungsrecht des Dienstnehmers. Die Beklagte sei nicht befugt gewesen, den Antrag inhaltlich, im Hinblick auf das Datum des Pensionsantrittes abzuändern.

Das Gericht der zweiten Instanz gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, daß die einseitige Ruhestandsversetzung in der Regel als Kündigung zu qualifizieren sei und nur bei einvernehmlicher Ruhestandsversetzung ein Aufhebungsvertrag vorliege. Zum Schutz des unkündbaren Dienstnehmers sei die Versetzung in den Ruhestand an bestimmte Voraussetzungen gebunden, wie das Erreichen eines Pensionsanspruches nach dem ASVG oder den Eintritt der Dienstunfähigkeit infolge Erkrankung oder Unfall, welche Voraussetzungen der Dienstgeber nachzuweisen habe. Dieser Nachweis könne nach § 26 Abs 4 BV durch Antrag des Dienstnehmers ersetzt werden. Daraus ergebe sich zwingend, daß der Dienstnehmer, dessen Dienstunfähigkeit nicht nachgewiesen ist, über seinen Antrag erst ab dem darin genannten Termin in den Ruhestand versetzt werden könne. Erst zu diesem Zeitpunkt sei der sonst gebotene Nachweis der Dienstunfähigkeit durch den Antrag ersetzt. Die Mißachtung des vom Kläger vorgesehenen Termines sei eine mit § 10 Abs 1 und 3 BV in Widerspruch stehende vorzeitige Auflösung des unkündbaren Dienstverhältnisses. Der Anspruch sei daher berechtigt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Gemäß § 10 Abs 1 der Betriebsvereinbarung (neu) kann ein unkündbares Dienstverhältnis durch den Dienstgeber nur durch Entlassung oder Versetzung in den Ruhestand gelöst werden. Da die (einseitige) Versetzung in den Ruhestand arbeitsrechtlich nichts anderes als der Ausspruch einer Kündigung ist (vgl Martinek/M. und W.Schwarz, AngG7 § 20 Erl 26 mwN; Floretta in Floretta/Spielbüchler/Strasser, ArbR3 I 270 f; 8 ObA 279/94 = infas 1995 A 45; in diesem Sinne auch ausdrücklich § 10 Abs 3 der Betriebsvereinbarung), sind zur Lösung der Frage, wann das Dienstverhältnis des Klägers beendet wurde, die relativ zwingenden Regeln über die Kündigung heranzuziehen (§ 40 AngG). Demnach bringt auch eine fristwidrige Kündigung das Arbeitsverhältnis selbst bei Verfehlen des zeitgerechten Termins grundsätzlich zur Auflösung (Martinek aaO § 20 Erl 19). Auf eine solche rechtswidrige Kündigung und deren Rechtsfolgen ist § 29 AngG analog anzuwenden (Martinek aaO § 29 Erl 2 mwN).

Daraus folgt, daß das Dienstverhältnis des Klägers jedenfalls zum

31.12.1992 geendet hat und ihm keine weiteren Entgeltansprüche mehr

zustehen. Ob er Ansprüche auf Kündigungsentschädigung gemäß § 29 AngG hat und ob er diese Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht hat (§ 34 AngG), ist hier nicht weiter zu prüfen, da der Kläger ausdrücklich nur die Fortzahlung des Entgelts bis 3.1.1993 begehrt; bis dahin sei er arbeitsbereit gewesen.

Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Entgelt bis 3.1.1993.

Der Nachtrag zur Revision war unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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