OGH 11Os117/95

OGH11Os117/955.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.September 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Tschugguel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Otto S***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.Februar 1995, GZ 8 d Vr 8661/94-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto S***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A./) sowie des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 StGB (B./) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien im Jahre 1991 oder 1992 seine am 15.Dezember 1982 geborene Tochter Nicole S***** am Geschlechtsteil gestreichelt und ihr in der Nacht zum 27.April 1994 einen Kugelschreiber in die Scheide eingeführt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Im Rahmen der Verfahrensrüge (Z 4) erachtet sich der Beschwerdeführer zunächst durch die Abweisung seines Antrages auf zeugenschaftliche Einvernahme des Michael S***** (147/XI) in seinen Verteidigungsrechten verkürzt; dies jedoch zu Unrecht.

Der Zeuge - Sohn des Angeklagten und Bruder der Nicole S***** - wurde zum Beweis dafür beantragt, daß "der Angeklagte die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, nicht begangen hat". Im Beweisantrag wird allerdings nicht dargetan, weshalb durch die Aufnahme des begehrten Beweises das vom Antragsteller damit angestrebte Ergebnis überhaupt erzielt werden kann, obschon Michael S***** kein Tatzeuge war und daher keine Wahrnehmungen über die Frage der Tatbestandsverwirklichung durch den Angeklagten gemacht haben kann, weswegen es eines entsprechenden Vorbringens im Beweisantrag bedurft hätte (Mayerhofer/Rieder, StPO3 E 19 zu § 281 Z 4).

Die erst in der Rechtsmittelschrift vorgebrachten Ergänzungen hinwieder haben außer Betracht zu bleiben, weil sich die Prüfung der Berechtigung einer Verfahrensrüge stets an dem erstinstanzlichen Zwischenerkenntnis auf der Basis des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages und der Verfahrensergebnisse zu jenem Zeitpunkt zu orientieren hat (Mayerhofer/Rieder, aaO E 41).

Einen weiteren Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer - ebenfalls zu Unrecht - in der Abweisung seiner Anträge auf Einvernahme der Zeugin Lieselotte K*****.

Die Zeugin wurde zunächst (131/XI) zum Beweis dafür beantragt, daß "das Verhältnis zwischen der Tochter des Angeklagten und Frau G***** getrübt und sie sehr eifersüchtig war und daß aus diesem Grund die Aussage von Frau G***** in eine gewisse Richtung gefärbt ist". Diesem Beweisthema kommt aber - wie das Erstgericht in der im Urteil nachgetragenen (näheren) Begründung (US 8) seines abweisenden Zwischenerkenntnisses dargetan hat - die (ihr von der Beschwerde zugeschriebene und) für die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO vorauszusetzende Relevanz nicht zu. Insoweit sich der Beschwerdeführer in seinem zweiten Antrag auf Einvernahme dieser Zeugin (147/XI) auf dasselbe Beweisthema wie zum Beweisantrag betreffend den Zeugen Michael S***** bezieht, gilt das hiezu bereits oben Ausgeführte.

Mit der Mängelrüge (Z 5) bekämpft die Beschwerde der Sache nach ausschließlich die Beweiswürdigung der Tatrichter auf eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Weise nach Art einer Schuldberufung. Die Tatrichter haben ihre Überzeugung von der Schuld des Angeklagten - unter Erörterung seiner Verantwortung - im wesentlichen auf die als glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin mj.Nicole S***** gestützt und daraus mit einer den Erfordernissen des § 270 Abs 2 Z 5 StPO genügenden Begründung ihre beweismäßigen Schlüsse gezogen (§ 258 Abs 2 StPO). Einen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes vermag die Beschwerde damit nicht aufzuzeigen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) hinwieder geht mit der Behauptung einer die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden (§ 11 StGB) Berauschung des Angeklagten zur Tatzeit von urteilsfremden Prämissen aus; sie wird solcherart nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO zum Teil als unbegründet, zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß über die Berufung des Angeklagten der Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben wird (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Stichworte