Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Horst Dieter B***** der Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB und des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 25. oder 26.Jänner 1994 in Wien
A./ Karoline Z***** durch Würgen am Hals vorsätzlich getötet;
B./ mit Gewalt gegen eine Person der Karoline Z***** die im angefochtenen Urteil aufgelisteten fremden beweglichen Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er die Genannte erwürgte und sich der angeführten Sachen bemächtigte.
Die Geschworenen bejahten die anklagekonform auf Mord und Raub gerichteten Hauptfragen jeweils im Stimmenverhältnis 7:1. Folgerichtig unterblieb die Beantwortung der auf Totschlag und Diebstahl gerichteten Eventualfragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 6, 8, 10 a, 12 und 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Unter Geltendmachung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes (Z 4) behauptet der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen § 271 StPO infolge unrichtiger bzw widersprüchlicher Protokollierung des Datums und des Zeitpunktes des Beginns der Hauptverhandlung bzw des Zeitpunktes, zu dem sich der Schwurgerichtshof nach Schluß des Beweisverfahrens zur Beratung zurückgezogen hat. Abgesehen davon, daß nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterschreibenden Protokolles, nicht aber eine mangelhafte Protokollierung mit Nichtigkeit bedroht ist (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 3 ENr 51), wurden die aufgezeigten Schreibfehler vom Erstgericht mittlerweile berichtigt (235/III). Unter einem wurde auch das Datum in der Fertigung des Urteils richtiggestellt, sodaß auch der diesbezüglichen Rüge der Boden entzogen ist. Im übrigen vermag - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - die Anführung eines unrichtigen Urteilsdatums in der schriftlichen Urteilsausfertigung keine Verletzung der Vorschriften der §§ 280, 310 oder 340 StPO zu bewirken.
Gestützt auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 6 (der Sache nach nur Z 6) des § 345 Abs 1 StPO rügt der Beschwerdeführer die Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage nach § 143 letzter Fall StGB, um die Beurteilung des Todes der Karoline Z***** (bloß) als fahrlässig herbeigeführte Folge des Raubes zu ermöglichen. Damit wird aber der Sache nach die Stellung einer uneigentlichen Zusatzfrage im Sinne des § 316 StPO zu der auf Raub gerichteten Hauptfrage B./ angestrebt, die bloß im Verhältnis zur (weiteren) auf Mord gerichteten Hauptfrage A./ den Charakter einer Eventualfrage hätte (15 Os 140/93). Die begehrte Fragestellung war indes nach dem Vorbringen in der Hauptverhandlung nicht indiziert, weil sich der Beschwerdeführer in diesem Verfahrensabschnitt weder des Mordes, noch des Raubes schuldig bekannte und die Begehung der diese Anklagevorwürfe betreffenden Taten leugnete; seine Verantwortung zielte demnach auf Freispruch, nicht aber auf eine Verurteilung nach einem anderen Strafgesetz (Mayerhofer/Rieder § 314 ENr 23). Ein im Vorverfahren abgelegtes Geständnis, das in der Folge widerrufen wurde, vermag alleine noch keine Grundlage für die Stellung einer Eventual- oder (uneigentlichen) Zusatzfrage an die Geschworenen abzugeben, weil die die Fragestellung indizierenden Tatsachen in der Hauptverhandlung und nicht im Vorverfahren vorgebracht sein müssen (Mayerhofer/Rieder aaO § 313 ENr 15, § 314 ENr 29 ff). Im übrigen böte die gegenüber der Polizei abgegebene Verantwortung des Beschwerdeführers keinen Anlaß für die begehrte Fragestellung, weil er sich gar nicht dahin verantwortete, daß das gewaltsame Vorgehen gegen seine Tante von einem auf Sachwegnahme gerichteten Vorsatz getragen gewesen wäre (189/I). Umso weniger vermag eine vom gerichtsmedizinischen Sachverständigen zur widerrufenen Verantwortung des Angeklagten abgegebene Äußerung (111/III) die Grundlage für eine Fragestellung an die Geschworenen bieten.
Mit seiner Instruktionsrüge (Z 8) wendet sich der Beschwerdeführer gleichfalls gegen die Unterlassung der Stellung einer Eventualfrage nach § 143 letzter Fall StGB. Da er damit die den Geschworenen gemäß § 321 StPO (zu den gestellten Fragen) erteilte Rechtsbelehrung der Sache nach gar nicht bekämpft, stellt sich die Rüge als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt dar.
Die Tatsachenrüge (Z 10 a) zielt darauf ab, die Unmöglichkeit der Tatbegehung am 25. oder am 26.Jänner 1994 darzutun. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann jedoch auf Grund der Äußerung der Zeugin Edeltraud K***** vor dem Untersuchungsrichter, sie glaube nicht, daß ihre Tante den Beschwerdeführer nach 22.00 Uhr in die Wohnung gelassen hätte (158/II), nicht ausgeschlossen werden, daß die Ermordete ihrem Neffen zu dieser Zeit dennoch Einlaß gewährt hat. Auch aus dem Umstand, daß in dem beim Beschwerdeführer sichergestellten Erfolgssparbuch der Creditanstalt-Bankverein Nr 6062-03-38065 am 25.Jänner 1994 eine Zinsengutschrift erfolgt war, ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, zumal er einer strafbaren Handlung in bezug auf dieses Sparbuch gar nicht schuldig erkannt wurde. Des weiteren kann auf Grund der Aussage des Zeugen Alexander K*****, daß er am 26.Jänner 1994 gegen 16.00 Uhr den Angeklagten vor der Wohnungstüre der Ermordeten angetroffen habe, wobei dieser erklärt habe, schon länger auf seine Tante zu warten (157/III), die vorangegangene Tatbegehung nicht ausgeschlossen werden. Der Beschwerdeführer vermag somit mit seinen Beschwerdeausführungen keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.
In Ausführung seiner Subsumtionsrüge (Z 12) bringt der Beschwerdeführer vor, das Erstgericht sei infolge unrichtiger Fragestellung an die Geschworenen zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt. Da die Rüge nicht vom Wahrspruch der Geschworenen ausgeht, stellt sie sich als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt dar.
Das gleiche gilt für die Strafzumessungsrüge (Z 13), mit der der Beschwerdeführer das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerenden Umstand mit der Begründung zu bekämpfen sucht, daß er ausschließlich nach § 143 StGB zu verurteilen gewesen wäre.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aber auch die Berufung ist nicht berechtigt.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe zu der im Verfahren zum AZ 3 b e Vr 14.659/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ausgesprochenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten. Unter einem sah es vom Widerruf der im Verfahren zum AZ 3 b e Vr 13.265/91 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten bedingten Strafnachsicht ab, widerrief aber andererseits jene aus dem Verfahren AZ 3 b e Vr 14.659/93 des genannten Gerichtes gemäß § 494 Abs 1 Z 4 StPO iVm § 55 Abs 1 StGB. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und die einschlägige Vorstrafe; als mildernd nahm es hingegen die Sicherstellung der Raubbeute an.
Gerade diese (einschlägige) Vorverurteilung übergeht die Berufung, wenn sie zusätzlich als mildernd reklamiert, der Angeklagte habe einen ordentlichen Lebenswandel geführt. Das weitere, auf die zusätzliche Berücksichtigung der besonderen Milderungsgründe nach § 34 Z 7, 8 und 9 StGB abzielende Berufungsvorbringen, argumentiert vor allem mit einer alkoholbedingten Reduktion der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt, ohne damit aber im Ergebnis einen Milderungsumstand aufzeigen zu können. Gemäß § 35 StGB wirkt ein die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließender Rauschzustand nur insoweit mildernd, als die dadurch bedingte Herabsetzung der Zurechnungsunfähigkeit nicht durch den Vorwurf aufgewogen wird, den der Genuß oder Gebrauch des berauschenden Mittels den Umständen nach begründet. Selbst nach dem Beschwerdevorbringen sind Aggressionshandlungen des Angeklagten "immer im Zuge des Alkoholkonsums" aufgetreten. Der Angeklagte war sich daher der Wirkungen des Alkoholmißbrauchs bewußt, weswegen der im Genuß von Alkohol gelegene Vorwurf eines mangelnden sozialen Verantwortungsbewußtseins die herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit aufwiegt und demzufolge nicht mildernd wirken kann. Dieses mangelnde soziale Verantwortungsbewußtsein des Angeklagten steht ersichtlich auch mit seiner Arbeitslosigkeit in Beziehung, weswegen die reklamierte Notlage ebenfalls nicht als mildernd gewertet werden kann; ganz abgesehen davon, daß Arbeitslosigkeit schon im Hinblick auf die in Österreich bestehenden sozialstaatlichen Einrichtungen den Milderungsgrund der Z 10 des § 34 StGB nicht zu begründen vermag (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 16). Aus dem Akt ergibt sich auch kein Hinweis darauf, daß der Angeklagte die Tat nur aus Unbesonnenheit beging, sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen ließ oder (nur) durch eine besonders verlockende Gelegenheit hiezu verleitet wurde. Angesichts der Schwere der dem Angeklagten zur Last liegenden beiden Straftaten und des Umfangs der Raubbeute kann auch nicht mit Recht davon gesprochen werden, daß er sich der Zufügung eines größeren Schadens enthalten hat. Die Beurteilung der einschlägigen Vorstrafe als erschwerend hinwieder entspricht der gesetzlichen Regelung (§ 33 Z 2 StGB).
Zusammenfassend ist zu sagen, daß das Geschworenengericht die Strafbemessungsgründe im wesentlichen richtig dargestellt, sie auch ihrem Gewicht entsprechend gewertet und angesichts der Schwere der Taten über den Angeklagten zu Recht eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt hat, zu deren Veränderung sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt sah.
Da die Entscheidung nach § 494 a StPO ebenfalls mit dem Gesetz im Einklang steht, war der Berufung - auch soweit sie (gemäß § 498 Abs 3 StPO) als Beschwerde zu betrachten ist - ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.
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