OGH 3Ob59/95

OGH3Ob59/9531.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Gerhilde Floriana A*****, vertreten durch Dr.Günther Romauch, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr.Ahmad A*****, vertreten durch DDr.Rene Laurer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 25.April 1995, GZ 46 R 240/95-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 28.Dezember 1994, GZ 12 C 27/93s-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die "Rekursbeantwortung" der betreibenden Partei vom 30.6.1995 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch von Revisionsrekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Am 5.Juli 1993 schlossen die verpflichtete (dort: klagende) Partei und die betreibende (dort: beklagte) Partei vor dem Bezirksgericht Döbling zur GZ 12 C 27/93s-8 einen Vergleich, welcher unter anderem folgenden Inhalt aufweist:

"1.) Die klagende Partei verpflichtet sich, der beklagten Partei einen monatlichen Unterhalt von 42 % der ihm (ihr) monatlich seitens des Stadtschulrates für Wien und seitens der Ö***** AG zukommenden Nettobezüge zu bezahlen.

Dabei ist auf den Jahresausgleich nicht Rücksicht zu nehmen, genausowenig auf Sonderzahlungen.

3.) Die beklagte Partei erhält zusätzlich zu den in P.1 erwähnten Zahlungen ab Vergleichsdatum fällige Sonderzahlungen aus den zu 1) erwähnten Bezugsverhältnissen bis zum 31.12.1995, in der Folge 50 % dieser Sonderzahlungen, wobei jeweils der Nettobezug maßgeblich ist".

Die betreibende Partei beantragte am 21.11.1994 "auf Grund des Vergleiches des Bezirksgerichtes Döbling vom 5.7.1993, GZ 12 C 27/93s, zur Hereinbringung der vollstreckbaren, bereits fälligen Unterhaltsforderungen von S 92.000 netto, d.i. der rückständige Unterhalt aus dem Titel Sonderzahlungen ab 5.7.1993 und weiters ab 1.12.1994 die bis 31.12.1995 fällig werdenden Sonderzahlungen, in der Folge 50 % dieser Sonderzahlungen, wobei jeweils der Nettobezug maßgeblich ist" Gehaltsexekution. Sie begründete den Antrag damit, daß der Verpflichtete seit Vergleichsabschluß am 5.7.1993 trotz wiederholter Aufforderungen seiner Zahlungsverpflichtung lt. Punkt

3.) des Vergleiches nicht nachgekommen sei.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß der Vergleich insoweit, als der verpflichteten Partei Bruchteile (100 % bzw 50 %) von Sonderzahlungen auferlegt werden, nicht direkt exequierbar sei. Eine Bruchteilstitelexekution gemäß § 10 a EO wäre denkbar, allerdings stelle § 10 a EO seinem Wortlaut nach auf Bruchteile von Bezügen, nicht aber auf nach Gattungsmerkmalen (hier: "Sonderzahlungen") bestimmte Teile von solchen ab.

Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß mit der Begründung auf, daß eine Bruchteilstitelexekution gemäß § 10 a Abs 1 EO grundsätzlich dann geführt werden könne, wenn ein Unterhalt in einem Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldet werde; da auch "Sonderzahlungen" unter den Bezügebegriff des § 10 a EO fielen, stünde einer Exekutionsführung lediglich die Tatsache im Wege, daß bisher weder eine Erklärung der Dienstgeber der verpflichteten Partei über das Ausmaß dieser Bezüge in unbedenklicher Urkunde vorläge noch den Dienstgebern von Seiten des Erstgerichts eine Erklärung über dieses Ausmaß aufgetragen wurde, sodaß dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach diesbezüglicher Verfahrensergänzung aufgetragen werden müsse.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung des § 10 a EO wurde durch Art I Z 3 EO-Nov 1991 aufgehoben. Sie ist jedoch gemäß Art XXXIV Abs 4 EO-Nov 1991 bis 31.12.1995 weiter anzuwenden und hat unter anderem folgendem Inhalt:"

"Wird ein Unterhalt in einem Bruchteile der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldet, so kann das Gericht die Exekution nur bewilligen, wenn ihm in unbedenklicher Urkunde eine Erklärung des Dienstgebers über das Ausmaß dieser Bezüge bei Eintritt der Vollstreckbarkeit des Unterhaltsanspruches vorliegt. Fehlt es an einer solchen Urkunde, so hat das Gericht dem Dienstgeber aufzutragen, sich binnen acht Tagen über jenes Ausmaß zu erklären. Der Beschluß kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden und ist von Amts wegen zu vollstrecken. Die Vorschriften des § 301 Abs 3 bis 6 finden sinngemäße Anwendung. Von den im § 302 genannten Dienstgebern hat das Gericht die Erklärung im amtlichen Wege einzuholen (Abs 1)." Die Besonderheit der Exekution nach § 10 a EO besteht darin, daß die sonst allein aus dem Exekutionstitel zu entnehmende Höhe der geschuldeten Leistung sich hier aus dem im Exekutionstitel genannten bestimmten Bruchteil und der Erklärung des Dienstgebers über das bestimmte Ausmaß der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis ergibt. Es genügt für die Zulässigkeit einer solchen Exekutionsführung, wenn aus dem Titel festgestellt werden kann, daß die Unterhaltsschuld des Verpflichteten auf sein Einkommen aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis abgestellt ist, wobei jedoch ein Bruchteil als Titel nur dann vollstreckbar ist, wenn die Quote selbst bestimmt angegeben ist. Ein erst zu errechnender Bruchteil entspricht nicht der Anforderung des Gesetzes (Heller-Berger-Stix, 254 ff; 256). Der betreibende Gläubiger ist bei einer Exekution auf Grund eines Bruchteilstitels nicht verpflichtet, seinem Antrag auf Exekutionsbewilligung eine unbedenkliche Urkunde mit der Erklärung des Dienstgebers des Verpflichteten über das Ausmaß von dessen Bezügen anzuschließen; er muß im Exekutionsantrag lediglich anführen, wer für die Zeit, auf die sich die rückständige Unterhaltsforderung bezieht, als Dienstgeber des Verpflichteten in Frage kommt. Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, daß der letzte Teil des Exekutionsantrages ON 10 ("... in der Folge 50 % der Sonderzahlungen, ...") eindeutig auf einen in einem Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldeten Unterhalt Bezug nimmt. Hiezu bedarf es der weiteren Klarstellung, daß Sonderzahlungen nach ständiger Rechtsprechung (vgl ua 3 Ob 28/83) dem Bezügebegriff des § 10 a EO unterfallen und daher auch Bemessungsgrundlage bei der Ermittlung des familienrechtlichen Unterhaltsanspruches sind. Die Tatsache, daß im Hauptteil des Exekutionsantrages auf sämtliche (= 100 %) Sonderzahlungen abgestellt wird und eine bestimmte Quote (50 %) lediglich für den Zeitraum nach dem 31.12.1995 angegeben wird, verhindert es aber nicht, den Titel insgesamt als Bruchteilstitel nach § 10 a EO zu betrachten, wenn man ins Kalkül zieht, daß der Vergleich vom 5.7.1993 im Hinblick auf die vom Verpflichteten zu erbringenden Unterhaltsleistungen hauptsächlich auf Bruchteile seines Einkommens aus Dienstverhältnissen abstellt (vgl Punkt 1) und nicht zuletzt die vom Verpflichteten zu erbringende Unterhaltsleistung aus dem Titel "Sonderzahlungen" quotenmäßig für einen sehr langen Zeitraum, nämlich ab 1.1.1996 bestimmt ist. Eine Exekution nach § 10 a EO kommt nämlich nicht nur dann in Betracht, wenn die Leistungsverpflichtung "ausschließlich" oder "nur" auf den Bruchteil der Bezüge aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis lautet (EFSlg 55.141). Der Zweck des § 10 a EO verbietet nämlich nur die Einbeziehung und Berücksichtigung von Einkommensbestandteilen, die nicht in der Erklärung des Dienstgebers enthalten sind, weil hier zusätzlich - so etwa, wenn sich die Höhe des Unterhaltes auch aus der Beteiligung des Verpflichteten an einer Handelsgesellschaft (EvBl 1994/37) oder seiner daneben ausgeübten selbständigen Tätigkeit errechnen müßte - noch weitere Werte herangezogen werden müssen. Außerhalb des Bereiches des § 10 a EO genügt aber die bloße Bestimmtheit der Höhe der geschuldeten Forderung nicht. Der Einwand des Revisionsrekurswerbers, Sonderzahlungen fielen wegen der Unbestimmtheit dieser lediglich im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis bestehenden Kategorie von Bezügen nicht unter § 10 a EO ist nicht stichhältig. Wie sich aus dem Titelakt ergibt, ersetzte der Vergleich vom 5.Juli 1993 den gerichtlichen Scheidungsvergleich vom 16.Juli 1991, 1 Sch 39/91 des Bezirksgerichtes Döbling.

Nach dem Vorbringen des Verpflichteten waren aber im Vergleich vom 16.7.1991 in Punkt 3 der 13 und 14. Nettobezug zu verstehen. In eben diesem Sinn faßt die betreibende Partei, wie sich aus ihrem Rekurs ergibt den Begriff Sonderzahlung auf (vgl § 290 b EO). Der Begriff "Sonderzahlungen" ist daher im Sinn des § 7 Abs 1 EO hinreichend bestimmt.

Eine Exekution auf Grund eines Bruchteilstitels kann das Gericht nur dann bewilligen, wenn ihm in unbedenkliche Urkunde eine Erklärung des Dienstgebers über das Ausmaß dieser Bezüge bei Eintritt der Vollstreckbarkeit des Unterhaltsanspruches vorliegt. Sollte der betreibende Gläubiger eine solche Urkunde nicht vorlegen, so hat das zur Bewilligung der Exekution berufene Gericht vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag dem (den) Dienstgeber(n) des Verpflichteten aufzutragen, sich über jenes Ausmaß zu erklären (§ 10 a Abs 1 EO). Da es keinesfalls Aufgabe des Gerichtes ist, den Dienstgeber zu erheben, obliegt es dem betreibenden Gläubiger, den (die) in Frage kommenden Dienstgeber im Exekutionsantrag anzuführen. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Da aber die betreibende Partei gleichzeitig mit dem Exekutionsantrag keine Erklärung des Dienstgebers des Verpflichteten vorgelegt hat, hat das Erstgericht im Sinne der zutreffenden zweitinstanzlichen Entscheidung im fortgesetzten Verfahren auf Grund der Angaben der betreibenden Partei die Erklärung der Dienstgeber des Verpflichteten von Amts wegen einzuholen (vgl SZ 58/46). Die vom Rekurswerber dagegen erhobenen Bedenken gehen einerseits am klaren Gesetzeswortlaut der §§ 10 a Abs 1 iVm 302 EO (alt) vorbei und sind andererseits insofern, als die Einholung einer derartigen "Erklärung" vom privaten Dienstgeber Ö***** AG für unzulässig erachtet wird, nicht nachvollziehbar, sodaß nicht näher darauf einzugehen war.

Die Rekursbeantwortung der betreibenden Partei war als unzulässig zurückzuweisen, weil eine solche weder nach § 521 a ZPO noch nach der Exekutionsordnung vorgesehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78 EO, 50, 40 ZPO.

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