OGH 6Ob1626/95

OGH6Ob1626/9531.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schinko, Dr.Baumann und Dr.Prückner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Daniel S*****, geboren***** 1989, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Niederösterreich, Magistrat der Landeshauptstadt St.Pölten als Unterhaltssachwalter, wegen Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters, infolge außerordentlichen Rekurses des Vaters Mario H*****, Schausteller, ***** vertreten durch Dr.Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 8.Februar 1995, AZ 10 R 110/95 (ON 64), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs des Vaters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Leistungsfähigkeit des Vaters zu einem Unterhaltsbeitrag von monatlich S 2.220 ist schon bei einem unterdurchschnittlichen Monatseinkommen von etwa S 11.000 zu bejahen. Der Unterhaltsschuldner wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 18.5.1993 (ON 34) zur Bezahlung des genannten Unterhaltsbeitrages verpflichtet, weil er als Schausteller nach eigenen Angaben im Jahr 1991 S 14.500 monatlich verdiente. In teilweiser Anwendung der Anspannungstheorie ging das Erstgericht auch für die saisonal bedingte Arbeitslosigkeit eines Schaustellers in den Wintermonaten von einer das Arbeitslosengeld übersteigenden Einkommensmöglichkeit des Unterhaltsschuldners aus (S 3 in ON 34). Das Erstgericht legte auch in der Folge bei den rechtskräftig gewordenen Abweisungen der Unterhaltsherabsetzungsanträge des Vaters (ON 51 und 54) den Entscheidungen ein tatsächlich erzieltes bzw erzielbares Durchschnittseinkommen des Unterhaltsschuldners zugrunde.

Seinen Herabsetzungsantrag vom 2.12.1994 (ON 55) begründete der Unterhaltsschuldner damit, daß er berufsbedingt einen (unstrittig teuren) PKW benötige, Schulden habe und daß vor allem sein Einkommen als Schausteller im Jahr 1993 auf S 52.868 gesunken sei.

Rechtliche Beurteilung

In der Anspannung des Unterhaltsschuldners durch das Rekursgericht auf ein erzielbares Einkommen in der vom Vater schon 1991 behaupteten Höhe liegt kein Abweichen von der oberstgerichtlichen Judikatur. Für die Ausmittlung der Höhe des fiktiven Einkommens ist das Verhalten eines pflichtbewußten rechtstreuen Elternteils in der Lage des Unterhaltspflichtigen maßgebend (RZ 1994/18). Ein solcher würde sich mit einer Arbeitslosigkeit über mehr als sieben Monate im Jahr und einem Nettoeinkommen von S 52.868 für eine Arbeitstätigkeit über vier Monate und zwanzig Tage (bei welcher überdies noch hohe PKW-Kosten als einkommensmindernd zu Buche schlagen sollen) nicht abfinden. Daß bei einem anderen Arbeitgeber im Schaustellergewerbe oder aber am gesamten Arbeitsmarkt auch für ungelernte Hilfskräfte das eingangs erwähnte Nettoeinkommen nicht erzielbar wäre, hat der Unterhaltsschuldner im Verfahren erster Instanz nie behauptet. Sein nunmehriges Vorbringen im Revisionsrekurs über die schlechte Wirtschaftslage im allgemeinen und im Schaustellergewerbe im besonderen verstößt gegen das im Rekursverfahren herrschende Neuerungsverbot. Seinen Herabsetzungsantrag (ON 55) hat der Unterhaltsschuldner nur mit seinem gesunkenen Einkommen bei der Firma L***** begründet, nicht aber damit, daß auch bei anderen Arbeitgebern ein höheres Einkommen nicht erzielbar wäre.

Da der rekursgerichtliche Beschluß im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung steht ist der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

Der Rekurs ist überdies verspätet.

Die Entscheidung der zweiten Instanz wurde zunächst nur dem Unterhaltsschuldner persönlich, nicht aber seinem Rechtsvertreter zugestellt. Diesem ist der angefochtene Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten am 26.4.1995 tatsächlich zugekommen (Rekursvorbringen S.6). Das Rechtsmittel war jedoch an das Bezirksgericht Tulln gerichtet und langte erst am 16.5.1995 beim zuständigen Erstgericht ein. Auch im Verfahren außer Streitsachen ist ein Revisionsrekurs gegen eine zweitinstanzliche Entscheidung beim Erstgericht einzubringen. Nicht beim Erstgericht eingebrachte Revisionsrekurse müssen, um rechtzeitig zu sein, innerhalb der Rekursfrist beim Erstgericht einlangen (EFSlg 70.337).

Auf den verspäteten Revisionsrekurs konnte auch nicht gemäß § 11 Abs.2 AußStrG Bedacht genommen werden, weil dem Kind durch die angefochtene Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsantrages bereits Rechte erwachsen sind.

Stichworte