OGH 10NdS1/95

OGH10NdS1/9530.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu 37 Cgs 164/95h anhängigen Sozialrechtssache der klagenden Partei Umija H*****, vertreten durch Dr.Dipl.Dolm.Johann Zivic, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, wegen Witwenpension, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei, die Sozialrechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien zu delegieren, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei beantragte die Delegierung der Sozialrechtssache vom Landesgericht für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht an das außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes Graz gelegene Arbeits- und Sozialgericht Wien. Der ausgewiesene Klagevertreter habe seinen Kanzleisitz in Wien. Sein Einschreiten beim zuständigen Gericht würde zusätzliche Kosten verursachen; dies wäre besonders im Hinblick auf die geringen Einkünfte der Klägerin, die eine monatliche Witwenpension von nur S 3.252,70 beziehe, nicht wünschenswert. Eine Substitution sei nicht tunlich, weil die Klägerin der deutschen Sprache kaum mächtig, der Klagevertreter, der aber auch gerichtlich beeideter Dolmetsch sei. Er habe auch den verstorbenen Ehemann bei der Geltendmachung des Anspruches auf Zuerkennung einer Invaliditätspension und die Klägerin bei der Durchsetzung ihrer Witwenpension im Verwaltungsverfahren vertreten.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31 Abs 2 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei eine Delegierung aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen durch den Obersten Gerichtshof erfolgen. Die Gründe der Zweckmäßigkeit sind im Gesetz nicht näher dargelegt. Delegierungen dürfen jedoch nur ausnahmsweise verfügt werden, weil eine allzu großzügige Anwendung der genannten Bestimmung eine nicht mehr vertretbare Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zur Folge hätte (Mayr in Rechberger ZPO Kommentar Rz 4 zu § 31 JN, Arb 9.589 ua). Läßt sich deshalb im Einzelfall die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten einer Partei lösen, muß es mit dem im Gesetz vorgesehenen Gerichtsstand sein Bewenden haben. Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht (3 Ob 570/94 mwN).

Der Zweck der durch die ASGG-Novelle 1994 (BGBl 1994/624)

geschaffenen Zuständigkeitsregelung des § 7 Abs 2 Z 4 ASGG war, vor

allem im Interesse des Versicherten die Zufahrtswege und damit auch

die Zureisekosten zu verkürzen bzw. zu senken (1654 BlgNR 18. GP,

13). Da Delegierungen nur in Ausnahmefällen verfügt werden sollen,

ist eine Delegierung nicht zweckmäßig, wenn nicht unbeeinflußbare

Umstände, wie Wohnort der Parteien und Zeugen oder die Lage der

Augenscheinsgegenstände, sondern der vom Auswahlwillen der Partei

abhängige Kanzleisitz ihres Rechtsvertreters als Delegierungsgrund in

einem Verfahren geltend gemacht wird, in dem nicht einmal die

Notwendigkeit einer qualifizierten Vertretung besteht. Für die

Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist der Kanzleisitz des

Parteienvertreters nach der Rechtsprechung daher grundsätzlich ohne

Bedeutung (4 Nd 1/95).

Da die zur Begründung des Delegierungsantrages geltend gemachten Umstände keine weitere Aufklärung benötigen, konnte die sonst in § 31 Abs 3 JN vorgesehene Abforderung einer Äußerung der beklagten Partei und des angerufenen Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht unterbleiben.

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