OGH 3Ob81/95(3Ob1076/95)

OGH3Ob81/95(3Ob1076/95)30.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien

1.) Ing.Johann W*****, 2.) Gertrude W*****, beide vertreten durch Dr.Alexander Deskovic, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Darko M*****, vertreten durch Dr.Richard Köhler und Dr.Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versteigerung gemeinschaftlicher Liegenschaften (§ 352 EO) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 22.Juni 1995, GZ 47 R 53/95-37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 16.März 1995, GZ 4 E 431/93s-32, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs und die "Rekursbeantwortung" werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht setzte mit Beschluß vom 16.März 1995 die Bedingungen für die Versteigerung gemeinschaftlicher Liegenschaften gemäß § 352 EO fest (ON 32).

Die betreibenden Parteien bekämpften diese Entscheidung insoweit, "als der Ausrufpreis für die beiden Liegenschaften mit S 9,430.000,-- und das Vadium mit S 943.000,-- festgesetzt wurden" und beantragten, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses den "Ausrufpreis für die beiden zu versteigernden Liegenschaften mit S 5,000.000,-- und das Vadium mit S 500.000,--" festzusetzen (ON 34). Dagegen bekämpfte die verpflichtete Partei den Beschluß vom 16.März 1995 seinem "gesamten Inhalt nach" und beantragte, die angefochtene Entscheidung "zur Gänze" aufzuheben und "die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht" zurückzuverweisen oder jene hilfsweise insoweit abzuändern, "als nach Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens, unter Berücksichtigung der Bestandrechte, der Ausrufungspreis neu festgelegt" werde (ON 36).

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der betreibenden Parteien Folge, setzte den Ausrufungspreis mit S 5,000.000,-- und das Vadium mit S 500.000,-- fest, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu; dem Rekurs der verpflichteten Partei gab es dagegen nicht Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei (ON 37).

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist unzulässig.

Die verpflichtete Partei bekämpft die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ihrem "gesamten Inhalte nach" und beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und "die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht" zurückzuverweisen. Der außerordentliche Revisionsrekurs wendet sich also sowohl gegen den bestätigenden als auch gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes.

Die erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989 BGBl 343 ist mit der Anordnung, daß nur zur Gänze bestätigende Beschlüsse unanfechtbar seien, zur Rechtslage vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 BGBl 135 und zu den Grundsätzen des Judikates 56 zurückgekehrt. Nach Lehre und Rechtsprechung vor der ZVN 1983 war ein Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz, mit dem der Beschluß des Erstgerichtes teilweise bestätigt worden war, nur dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung in einem derart engen, unlösbaren Zusammenhang standen, daß sie voneinander nicht abgesondert werden konnten und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen war; hatte das Rekursgericht dagegen über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden, die in keinem solchen inneren Zusammenhang standen, sondern jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal hatte, waren sie, soweit es um deren Anfechtbarkeit in dritter Instanz ging, gesondert zu beurteilen; diesfalls waren die verschiedenen Aussprüche in der Frage der Rechtsmittelzulässigkeit so zu behandeln, als wären sie gesondert ergangen (JBl 1993, 459; RZ 1993/69; Kodek in Rechberger, Komm zur ZPO Rz 4 zu § 528 mwN). Diese Regeln sind, da das Vollzugsverfahren gemäß § 352 EO ein Exekutionsverfahren ist (RdW 1994, 11; MietSlg 38.861; RZ 1973/117; Heller/Berger/Stix, Komm 2537; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 812; aM Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 385), gemäß § 78 EO auch im vorliegenden Rechtsmittelverfahren anzuwenden.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes bezieht sich aber nun sowohl in ihrem bestätigenden als auch in ihrem abändernden Teil auf Fragen der Festsetzung des Ausrufpreises und des Vadiums und der diese Größen bestimmenden Verkehrswerte der zu versteigernden Liegenschaften; hervorzuheben ist dabei, daß keine Einigung der Parteien über den Ausrufpreis zustandekam (vgl ON 5 und ON 5 verso). Es liegt also zwischen beiden Teilen der rekursgerichtlichen Entscheidung ein derart enger unlösbarer sachlicher Zusammenhang vor, daß die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Das Rekursgericht hätte daher nur einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses in seine Entscheidung aufzunehmen gehabt, weil - wegen des beschriebenen Zusammenhanges - auch deren bestätigender Teil, träfen die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zu, anfechtbar wäre. Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist also nicht gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, soweit er sich auch gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz wendet. Im außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird aber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO aufgezeigt, die eine meritorische Behandlung durch den Obersten Gerichtshof erforderte.

Das Rechtsmittel der verpflichteten Partei ist daher gemäß § 78 EO und § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (§ 528 a iVm § 510 Abs 3 ZPO) zurückzuweisen.

Als unzulässig zurückzuweisen ist auch die "Rekursbeantwortung" der betreibenden Partei, weil es an einer gesetzlichen Bestimmung fehlt, nach deren Inhalt das Revisionsrekursverfahren im vorliegenden Fall zweiseitig wäre.

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