OGH 6Ob1024/95

OGH6Ob1024/9522.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr.Hans-Georg B*****; 2) Dr.Ernst S*****, beide vertreten durch Dr.Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 14.Juni 1993 verstorbenen Dr.Franz M*****, vertreten durch Dr.Ulrich O.Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung, Widerruf und dessen Veröffentlichung (Gesamtstreitwert 500.000 S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 25.April 1995, AZ 5 R 19/95 (ON 97), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelwerberin übersieht, daß nach der neueren, nunmehr bereits gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dann, wenn durch eine Äußerung - wie hier - der Tatbestand des § 1330 Abs 1 ABGB und zugleich auch einer der Tatbestände des § 1330 Abs 2 ABGB erfüllt wird, der Verletzte auch die Rechte aus § 1330 Abs 2 ABGB geltend machen kann; er hat in diesem Fall nur die Tatsachenverbreitung zu beweisen, während es dem Täter obliegt, entweder den Wahrheitsbeweis zu erbringen oder (in bezug auf das Widerrufsbegehren) das Fehlen der Vorwerfbarkeit der unrichtigen Verbreitung zu beweisen (Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung Rz 80 und die dort unter FN 162 bis 164 angeführte Rechtsprechung). Nach den vorliegenden Tatsachenfeststellungen hat aber das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß der Beklagten weder die eine noch die andere Beweisführung gelungen ist.

Entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin ist auch nicht die Frage zu lösen, ob der Unterlassungsanspruch als allenfalls höchstpersönliches Recht des Verletzten mit dessen Tod erlischt, ist im vorliegenden Fall doch der Verletzer im Zuge des erstgerichtlichen Verfahrens verstorben. Die aus einem zivildeliktischen Verhalten des Täters resultierende Unterlassungspflicht ist aber keineswegs unvererblich; sie geht vielmehr auf den ruhenden Nachlaß und nach rechtskräftiger Einantwortung auf den (die) Erben über, sind doch lediglich die Persönlichkeitsrechte sowie in der Regel die persönlichen Familienrechte und -pflichten, Veräußerungs- und Belastungsverbote, Widerkaufs- und Verkaufsrechte, persönliche Dienstbarkeiten (im Zweifel) sowie Auftrag und Vollmacht unvererblich (Welser in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 531; EvBl 1992/113). Das kann im vorliegenden Fall umso weniger bezweifelt werden, als der Verstorbene ja die ehr- und kreditschädigenden unrichtigen Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit einer von ihm angeblich erworbenen rechtsgeschäftlichen Vermögensposition verbreitet hat, welche jedenfalls vererblich ist.

Ob durch den Tod des Verletzers die Wiederholungsgefahr als materiellrechtliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruches (Ciresa aaO Rz 116 und die dort unter FN 56 angeführte Rechtsprechung) weggefallen ist - für den Widerrufsanspruch ist entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin Wiederholungsgefahr keine Voraussetzung (Ciresa aaO Rz 80; ÖBl 1992, 146 - Bürgerinitiative Flötzersteig) -, mußte im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes nicht geprüft werden: Nach ständiger Rechtsprechung spricht nämlich - auch bei einem einmaligen Gesetzesverstoß (ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa"; ÖBl 1981, 122 - B & P Eisenwaren) - die Vermutung bis zur Erbringung des dem Unterlassungsschuldner obliegenden Beweises des Gegenteils immer dafür, daß er zur Begehung weiterer derartiger Eingriffe geneigt ist (Ciresa aaO Rz 117 und die dort unter FN 60 und 72 angeführte Rechtsprechung). Die beklagte Verlassenschaft hat es aber nicht nur unterlassen, nach dem Tod des Verletzers besondere Umstände darzutun, die eine Wiederholung seiner Handlung (durch sie oder den oder die späteren Erben) insbesondere wenn die Möglichkeit der neuerlichen Kundgabe einer reproduzierbaren schriftlichen Äußerung vorliegt, zwar nicht als völlig ausgeschlossen, aber doch zumindest als äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen, sondern sie beharrte demgegenüber sogar ausdrücklich darauf, daß der verstorbene Verletzer zu der beanstandeten Handlung berechtigt war (ON 83).

Daß der Widerruf einer Erklärung auch von der Verlassenschaft begehrt werden kann, wenn derjenige, der die Erklärung seinerzeit abgegeben hat, gestorben ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (SZ 25/201).

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