Spruch:
Im Verfahren zum AZ U 137/93 des Bezirksgerichtes Hollabrunn wurde das Gesetz verletzt
1. durch das Urteil vom 5.Oktober 1994 (ON 13), soweit bei der Strafbemessung nicht auf das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 10.Oktober 1992, GZ 10 U 782/92-9, Bedacht genommen wurde, in der Bestimmung des § 31 StGB;
2. durch den Beschluß vom 5.Oktober 1994 (ON 13) in dem sich aus § 498 StPO ergebenden Verbot, nach Beschlußfassung über die endgültige Strafnachsicht (außerhalb eines diesen Beschluß betreffenden Rechtsmittelverfahrens) in der Sache nochmals zu entscheiden.
Der Strafausspruch des zu Punkt 1 bezeichneten Urteils und der Beschluß laut Punkt 2 werden aufgehoben und es wird dem Bezirksgericht Hollabrunn aufgetragen, die Strafe neu zu bemessen.
Text
Gründe:
Mit dem in gekürzter Form (§ 458 Abs 3 StPO) ausgefertigten rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Hollabrunn vom 5.Oktober 1994, GZ U 137/93-13, wurde Robert U***** des - am 30.April 1992 begangenen - Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer - gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von 15 Tagen verurteilt.
Zugleich verlängerte das Bezirksgericht Hollabrunn mit (gleichfalls rechtskräftig gewordenem) Beschluß unter Absehen vom Widerruf der Robert U***** mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17.Juni 1991, GZ 10 E Vr 8711/90-32, für eine Probezeit von drei Jahren gewährten bedingten Nachsicht der wegen des Vergehens der Umgehung der Wehrpflicht nach § 58 Abs 1 WehrG verhängten Freiheitsstrafe von zwei Monaten diese Probezeit auf fünf Jahre.
Bei der Festsetzung dieser Unrechtsfolgen ließ das Bezirksgericht Hollabrunn zum einen - § 31 StGB zuwider - das (seit dem 26.Februar 1993 rechtskräftige) Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 10. Dezember 1992, GZ 10 U 782/92-9, unberücksichtigt, mit dem Robert U***** des - am 6.Mai 1992 begangenen - Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt worden war. Zum anderen übersah das Bezirksgericht Hollabrunn bei der vorangeführten Beschlußfassung, daß das Landesgericht für Strafsachen Wien bereits mit Beschluß vom 7.September 1994, GZ 10 E Vr 8711/90-42, die endgültige Strafnachsicht ausgesprochen hatte.
Rechtliche Beurteilung
Das Vorgehen des Bezirksgerichtes Hollabrunn steht - wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend geltend macht mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 31 StGB ist über einen Täter, der bereits zu einer Strafe verurteilt worden ist und in der Folge wegen (weiterer) Straftaten schuldig erkannt wird, die nach der Zeit ihrer Begehung schon in dem früheren Verfahren hätten abgeurteilt werden können, (nur mehr) eine Zusatzstrafe zu verhängen, soweit nicht die Voraussetzungen für ein Absehen von einer solchen Sanktion nach § 40 StGB vorliegen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 31 StGB ist demnach, daß die im neuen Urteil zur Aburteilung gelangenden Straftaten vor der Fällung des früheren Urteils, auf das nunmehr Bedacht genommen werden soll, begangen worden sind. Im vorliegenden Fall hätte das Bezirksgericht Hollabrunn bei seiner Urteilsschöpfung daher auf das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 10.Dezember 1992, GZ 10 U 782/92-9, Bedacht zu nehmen gehabt, weil die von ihm abgeurteilte Tat am 30.April 1992 und damit vor der Fällung dieses Urteiles begangen worden war.
Der Beschlußfassung des Bezirksgerichtes Hollabrunn vom 5.Oktober 1994 über die Probezeitverlängerung hinwieder standen die schon mit Beschluß vom 7.September 1994 im Verfahren zum AZ 10 E Vr 8711/90 (ON 42) des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verfügte endgültige Strafnachsicht und die damit verbundene Sperrwirkung entgegen. Der Beschluß auf endgültige Strafnachsicht ist der materiellen Rechtskraft fähig und damit einer Behebung oder Abänderung nur im Rechtsmittelweg zugänglich. Daß der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Zeit der Beschlußfassung durch das Bezirksgericht Hollabrunn noch nicht rechtskräftig war (vgl ON 42 samt Zustellverfügung und ON 46 im Akt 10 E Vr 8711/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), ändert daran nichts.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)