Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde auf Grund des Wahrspruches der Geschworenen Heinz E***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 3 erster (zu ergänzen: und zweiter) Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in der Nacht zum 26.September 1994 in Wien Martina P***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafes zu nötigen versucht, "wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zur Folge hatte" und die Genannte "durch die Tat längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt" sowie "in besonderer Weise erniedrigt" wurde, indem er der aus dem Schlaf erwachenden Frau ein gezücktes Küchenmesser an die Kehle ansetzte, einen Schnitt im Kinnbereich zufügte, sie aufforderte, ruhig zu sein, und ihn nicht anzuschauen, sich auf den Bauch zu legen, sie fesselte und knebelte, ihr den Slip auszog, sich selbst entkleidete, zu ihr legte, zwischen ihre Beine griff und gegen ihren Willen mit ihr einen Geschlechtsverkehr durchzuführen trachtete, wobei sie durch die Tat (weil das Opfer auf der Flucht aus dem Fenster der im zweiten Stock gelegenen Wohnung sprang) - neben anderen Verletzungen - Brüche im Bereich des rechten Schenkelbeines, beider oberen und unteren Schambeinäste, der rechten Speiche, eines Mittelhandknochens sowie der Grundglieder zweier Finger der rechten Hand und den Verlust zweier Zähne erlitt und Bewußtlosigkeit eintrat.
Die Geschworenen bejahten die (anklagekonforme) Hauptfrage nach dem Verbrechen der (zweifach) qualifizierten Vergewaltigung stimmeneinhellig. Weitere Fragen wurden nicht gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen (nominell) ausschließlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Soweit die Rüge zunächst (grundsätzlich zutreffend) die Möglichkeit der Überprüfung der Richtigkeit der rechtlichen Unterstellung der im Wahrspruch festgestellten Tat im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens releviert, ist sie - auch unter Berücksichtigung des auf gänzlichen Freispruch "aus rechtlichen Erwägungen" abzielenden Rechtsmittelantrages (sachlich § 345 Abs 1 Z 11 a StPO) - mangels ausreichender Substantiierung einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.
Dem weiteren Beschwerdestandpunkt zuwider trifft es nicht zu, daß die den Geschworenen (allein) gestellte Hauptfrage nach dem Verbrechen der (mehrfach) qualifizierten Vergewaltigung durch die Aufnahme der strafsatzerhöhenden Umstände keine "Alternative" (in Form einer "Eventualfrage" - gemeint: einer uneigentlichen Zusatzfrage nach § 316 StPO - nach der den Beweisergebnissen zufolge vermeintlich indizierten Tatbegehung ohne Herbeiführung der besonderen Tatfolge) geboten worden sei, darüber hinaus die sprachliche Fassung der Schuldfrage hinsichtlich des Tatsachensubstrates der strafsatzändernden Qualifikationen nach dem ersten und zweiten Fall des § 201 Abs 3 StGB (schwere Folge bzw Versetzen in einen qualvolen Zustand) "weder der besonderen Konstellation des vorliegenden Falles noch dem Gesetzeswortlaut" Rechnung trage: Mit der - wortgetreu - an der Diktion des Gesetzes orientierten Aufnahme der Passage "... wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zur Folge hatte" im Zusammenhalt mit der (vom Angeklagten isoliert betrachteten) Passage, wonach das Opfer "durch die (detailliert umschriebene) Tat" die gegenständlichen, näher konkretisierten "schweren Verletzungen erlitt" und "längere Zeit in einen qualvollen Zustand versetzt ... wurde", ist hier nämlich dem im § 312 Abs 1 StPO normierten Gebot der Aufnahme der ins Treffen geführten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung in die Frage gesetzeskonform entsprochen worden. Einer Beschreibung zusätzlicher Tatsachenkomponenten in bezug auf weitere Einzelheiten des konkreten Kausalverlaufes bzw eines ausdrücklichen Hinweises auf die in § 201 Abs 3 erster Fall StGB nicht gesondert genannte (für die Herbeiführung der Erfolgsqualifikation ausreichende und hier ersichtlich angenommene) Schuldform der Fahrlässigkeit (§ 7 Abs 2 StGB) in der Hauptfrage bedurfte es indes (auch unter dem Aspekt der Tatindividualisierung) unter den gegebenen Umständen nicht: Genug daran, daß die Geschworenen in der (nicht bekämpften) schriftlichen Rechtsbelehrung (§ 321 Abs 2 StPO) klar und unmißverständlich auf die aktualisierten Fahrlässigkeitskomponenten und die Zurechnungsvoraussetzung der besonderen Tatfolge (einschließlich der Kriterien objektiver und subjektiver Vorhersehbarkeit) im Sinne der relevierten Gesetzesstelle (§ 7 Abs 2 StGB) unter (durchaus noch) abstrakter Bezugnahme auf gleichgelagerte Sachverhaltskonstellationen (selbstschädigende Panikreaktion des Opfers auf Grund massiver sexueller Aggressionshandlungen des Täters) richtig und verständlich belehrt wurden (Punkt 3./ der allgemeinen Rechtsbelehrung bzw S 6 der Rechtsbelehrung Beilage ./C zu ON 58/II; Mayerhofer/Rieder3 E 19 a zu § 312 StPO). Gleiches gilt für die Belehrung der Laienrichter über die ihnen durch § 330 Abs 2 StPO eröffnete Möglichkeit einer bloß teilweisen Bejahung der - komplexen (die strafsatzerhöhenden zulässigerweise einschließenden, nicht einer gesonderten uneigentlichen Zusatzfrage zugeführten Modalitäten) - Hauptfrage nach qualifizierter Tatbegehung unter Beifügung entsprechender Beschränkungen. Inhaltlich der erhaltenen Instruktionen (allgemeine Rechtsbelehrung, Erläuterungen zur Antwortrubrik der Frage - Beilage ./A und ./C zu ON 58/II) wäre den Laienrichtern im (hier nicht aktuell gewordenen) Fall fehlender Überzeugung vom Vorliegen bestimmter Tatsachengrundlagen qualifizierter Vergewaltigung die in der Beschwerde angestrebte Ausklammerung einzelner (oder aller) im Gesetz namentlich angeführter Erschwerungsgründe nicht verwehrt gewesen. Im übrigen ist die Zurückführung der in die Frage aufgenommenen gesetzlichen Merkmale auf den ihnen zugrundeliegenden Sachverhalt Gegenstand der nach § 323 Abs 2 StPO abzuhaltenden mündlichen Besprechung (vgl Mayerhofer/Rieder aaO § 323 E 4 bzw § 345 Abs 1 Z 8 E 14), sodaß das auf die Deutung bestimmter Beweisergebnisse, insbesondere der Ausführungen des beigezogenen gerichtsärztlichen Sachverständigen, bezogene Vorbringen ins Leere geht.
Davon abgesehen reduziert sich im (vorliegenden relevanten) Bereich der Vorsatzdelinquenz die Prüfung, ob dem Täter (wenigstens) Fahrlässigkeit hinsichtlich des verursachten strafsatzerhöhenden Erfolges trifft, regelmäßig auf die Beurteilung der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit, weil die vorsätzliche Grundtat stets einen Verstoß gegen die nach § 6 StGB gebotene objektive Sorgfaltspflicht enthält (Foregger-Serini5 Erl III zu § 7 StGB). Nach dem der urteilsgegenständlichen Gewalttat zugrundeliegenden Tatplan umfaßte der Vergewaltigungsvorsatz die deliktsspezifische Drohung durch Anhalten eines Messers im Halsbereich sowie die Gewaltanwendung durch Knebelung und Fesselung des Opfers in seiner Wohnung. Bei diesem Sachverhalt liegt es aber auf der Hand, daß konkrete Anhaltspunkte dafür, die tatbedingte Fluchtreaktion durch einen (die schwere Körperverletzung bewirkenden) Sprung aus dem Fenster des massiv beeinträchtigten Opfers wäre dem Angeklagten nicht vorhersehbar gewesen, weder in der Hauptverhandlung konkret hervorgekommen sind noch in der Rechtsmittelausführung substantiiert behauptet werden konnten. Unter dem Aspekt der sohin allein in die Richtung jedenfalls schuldhaft herbeigeführten Verletzungserfolges weisenden Verfahrensergebnisse stellt sich das Unterbleiben der Anführung der Schuldform der Fahrlässigkeit in bezug auf die schwere Tatfolge in der Hauptfrage in concreto als nicht geeignet dar, bei den Geschworenen zu Unklarheiten über die subjektiven Merkmale der dem Nichtigkeitswerber zum Vorwurf gemachten (vorsätzlichen) strafbaren Handlung zu führen, zumal - wie schon dargelegt - in der Rechtsbelehrung auf sämtliche inneren Tatbestandserfordernisse (einschließlich der Kriterien der Erfolgszurechnung) eindeutig hingewiesen worden ist.
Da das der Fragestellung zugrundeliegende strafbare Verhalten im übrigen nach Ort, Zeit und sonstigen wesentlichen Modalitäten in einem Maße determiniert wurde, das zur Vermeidung einer Tatverwechslung bzw einer darauf beruhenden wiederholten Verfolgung des Angeklagten wegen derselben Tat ausreicht, erweist sich auch der weiters erhobene Einwand des Vorliegens sonstiger dem § 312 StPO widerstreitender Mängel der Tatindividualisierung in der Hauptfrage als nicht stichhältig. Die in diesem Zusammenhang unter Rückgriff auf (angebliche) Beweisergebnisse kritisierte (anklagekonforme) Aufnahme der Verletzung des Opfers im Kinnbereich in die Schuldfrage betrifft nicht nur ein unwesentliches - weder für die rechtliche Beurteilung des Grunddeliktes noch für eine der angenommenen qualifizierten Tatfolgen bedeutsames - Detail, sondern hätte gleichfalls aus der positiven Fragebeantwortung durch Beifügen entsprechender Beschränkungen von den Geschworenen ausgeklammert werden können.
Weder am Wahrspruch noch an Beweisresultaten orientiert sich der weitere Beschwerdeeinwand, wonach die schweren Verletzungen nicht unmittelbar durch die Vergewaltigung verursacht worden seien. Sowohl der vorliegenden Anklageschrift (die zugunsten des Angeklagten ohnehin nicht von einem vorsätzlich bewirkten Verletzungserfolg ausgegangen ist - ON 47/II) als auch der Niederschrift der Geschworenen (Beilage ./B zu ON 58/II) liegt nämlich die - durch keine gegenteiligen Verfahrensergebnisse in Frage gestellte - Annahme zugrunde, daß die schwere Tatfolge auf ein durch die vorsätzliche Straftat des Angeklagten fahrlässig ausgelöstes selbstschädigendes Fluchtverhalten des verzweifelten Opfers (spontaner Sprung aus dem Wohnungsfenster) zurückzuführen ist, sodaß die rechtliche Subsumtion des von den Geschworenen durch Bejahung der Schuldfrage festgestellten Sachverhaltes im Wahrspruch Deckung findet. Soweit der Angeklagte auch in diesem Zusammenhang - unsubstantiiert - die Aufnahme einer "Eventualfrage" vermißt, ist er neuerlich auf die vorangegangenen Ausführungen über die Möglichkeit eingeschränkter Bejahung der Hauptfrage zu verweisen.
Die abschließende Beschwerdebehauptung (Z 6) einer Verletzung der Bestimmung des § 313 StPO durch Unterlassen einer Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB, die auf Grund der Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr.Quatember und Dr.Pfolz zufolge des von diesen bekundeten Vorliegens einer schweren abnormen Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten angeblich indiziert gewesen sei, läßt unter sinnentstellender Herauslösung einzelner Gutachtenspassagen die gebotene Orientierung am inhaltlichen Gesamtzusammenhang der in Rede stehenden Expertisen vermissen. Haben doch beide Sachverständige ausdrücklich und insgesamt unmißverständlich dargelegt, daß beim Nichtigkeitswerber ungeachtet der erläuterten - von der Norm abweichenden - Verhaltensstörungen im sexuellen Bereich (die eine der Voraussetzungen für seine Unterbringung im Maßnahmenvollzug nach § 21 Abs 2 StGB bildeten) keine Anhaltspunkte für das Fehlen der Dispositions- und/oder Diskretionsfähigkeit zur Tatzeit gefunden werden könnten (insbesondere 383 in ON 32/I, 497 ff in ON 45/I und 89 ff/II). Da somit schon die Prämisse der Beschwerdeargumentation den relevierten Verfahrensergebnissen nicht aktenkonform Rechnung trägt, im übrigen auch nach den sonstigen Beweisresultaten vom Vorliegen schuldausschließender Faktoren zur Tatzeit keine Rede sein kann, ist die vermißte Fragestellung zu Recht unterblieben.
Die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Aber auch die Berufung ist nicht berechtigt.
Das Geschworenengericht hat bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die mehrfache Qualifikation der Tat nach § 201 Abs 3 StGB und die außergewöhnlich schweren Tatfolgen, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis des Angeklagten und den Umstand gewertet, daß es beim Versuch geblieben ist. Davon ausgehend hielt es eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Jahren für tatschuldangemessen und ordnete überdies die Unterbringung des Angeklagten in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB an. Die Argumente der - ausschließlich die Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebenden Berufung schlagen nicht durch.
Verfehlt ist zunächst die Prämisse, daß über den Angeklagten die gesetzliche Höchststrafe verhängt worden sei; liegen doch die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB vor, so daß die Überschreitung des gesetzlichen Strafrahmens bis zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren möglich gewesen wäre.
Erziehungsmängel können entgegen dem Berufungsvorbringen bei einem 25-jährigen mehrfach vorbestraften Straftäter nicht (mehr) mildernd wirken (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 5). Der geistig-seelischen Abartigkeit des Angeklagten hinwieder steht seine gerade daraus resultierende besondere Gefährlichkeit gegenüber. Schließlich kommt auch der (bloßen) Bereitschaft zur Bezahlung eines Schmerzengeldes an das Tatopfer nicht die Qualität eines besonderen Milderungsgrundes zu.
Die somit im wesentlichen richtig und vollständig angenommenen Strafzumessungsgründe hat das Geschworenengericht auch ihrem Gewicht entsprechend gewürdigt. Angesichts des hohen Schuld- und Unrechtsgehalts der vorliegenden Straftat ist die verhängte Freiheitsstrafe nicht zu hoch bemessen, sodaß einer Strafreduktion nicht nähergetreten werden konnte.
Es mußte darum auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)