OGH 14Os51/95

OGH14Os51/958.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.August 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Pesendorfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wolfgang G***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9.Feber 1995, GZ 1 b Vr 16.464/93-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Janek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang G***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 und § 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 6.Oktober 1993 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Gerald P***** durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung eines verfälschten Beweismittels, nämlich durch die Vorlage einer im Wege mehrerer Montagen hergestellten Fotokopie eines angeblichen Testamentes des Hofrates Josef P***** vom 4.Mai 1993 und der Vorgabe, er (und nicht Gerald P*****) sei dessen rechtmäßiger Testamentserbe, zu einer Handlung, die Gerhard P***** an seinem Vermögen in einem 500.000,-- S übersteigenden Betrag schädigte bzw schädigen sollte, und zwar

1./ zur Übergabe von zwei Kapitalsparbüchern der Bank Austria mit den Nr 103587713 und 103587721 mit einem Einlagenstand von jeweils 210.661,60 S und einem frei verfügbaren Wert von jeweils zumindest 200.000,-- S verleitet und

2./ zur Übergabe eines dritten Kapitalsparbuches mit einem Einlagenstand von ca 200.000,-- S zu verleiten versucht.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider findet die Datierung des von Josef P***** durch spätere letztwillige Verfügungen außer Kraft gesetzten Testamentes vom 18.September 1987, dessen Text nach dem Urteilssachverhalt einen Teil des Inhaltes der vom Angeklagten als Täuschungsmittel verwendeten Fotokopie bildet, in den (mit der lediglich präzisierenden Anzeige übereinstimmenden) Bekundungen der Zeugen Hildegard R***** (insbesondere S 71 f), Elga M***** (S 73) und Gerald P***** (S 126 und 127) Deckung (vgl hiezu auch US 6).

Auch die weitere Feststellung, daß Josef P***** dieses Testament dem Angeklagten seinerzeit selbst ausgefolgt hatte, konnte das Erstgericht formell mängelfrei aus den Depositionen der beiden erwähnten Zeuginnen und dem früheren Naheverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Angeklagten ableiten (US 6), ohne daß es entsprechend der im § 270 Abs 2 Z 5 StPO normierten gedrängten Begründungspflicht hiezu noch weiterer Ausführungen bedurft hätte.

Entgegen der Beschwerdeauffassung hat das Erstgericht auch dargelegt, daß es sich bei dem vorliegenden Falsifikat um eine bloße Fotokopie handelt, die aus abgelichteten Teilen des Testamentes vom 18. September 1987 sowie aus angefügten Ergänzungen bestand (US 3 bis 5) und damit sowohl die Beschaffenheit des Falsifikates als auch dessen - nach Lage des Falles unzweifelhaft auch dem Angeklagten mögliche - Herstellung klargestellt. Damit erübrigte sich die Erörterung der Frage, ob der Beschwerdeführer zur Anfertigung eines derartigen Falsifikates technisch überhaupt in der Lage war.

Ob dem letzten Testament des Josef P***** vom 25.November 1991, mit welchem dieser alle vorausgehenden letztwilligen Verfügungen ausdrücklich aufgehoben und den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge angeordnet hatte (S 11), ein gültiges mündliches Testament gleichen Inhalts voranging, ist vorliegend ohne Bedeutung. Gegenteiliges vermag auch die Beschwerde nicht darzutun.

Daß für den Erblasser das Niederschreiben des vom Angeklagten behaupteten Testamentes vom 4.Mai 1993 zwar nicht unmöglich, aber immerhin doch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre, ergibt sich gleichermaßen aus der Bewertung des Zeugen Dr.Othmar S*****, wonach Josef P***** krankheitsbedingt mit der Hand nur noch schlecht zu schreiben vermochte (S 123), als auch aus der Einschätzung des Zeugen Gerhard P*****, derzufolge der Erblasser mit der rechten Hand fast überhaupt nicht mehr schreiben konnte und auch beim Maschinschreiben große Probleme hatte (S 128). Der behauptete Widerspruch in diesen Aussagen liegt somit nicht vor, weshalb aus der Nichterörterung dieser Aussagen auch kein Begründungsmangel abgeleitet werden kann.

Der Beschwerdeauffassung zuwider ist es aber auch nicht entscheidungwesentlich, ob bei der angenommenen Täuschung des Gerald P***** über die rechtliche Relevanz der Testamentskopie (im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer behauptete Vorhandensein des Originals - US 3) und die aktuellen Bestimmungen des Erbschaftssteuerrechtes tätergewollt auch das Überraschungsmoment mitgespielt hat. Denn nach dem Urteilssachverhalt resultiert die Täuschung maßgeblich aus der Rechtsunkenntnis des Betrugsopfers sowie der durch die knappe Befristung des Zahlungsbegehrens bedingten Unmöglichkeit, vor Übergabe der Sparbücher sachdienliche Erkundigungen über den Inhalt der Testamtentskopie einzuholen (US 4).

Da das Erstgericht ferner ohnedies davon ausgegangen ist, daß das vorgelegte Falsifikat ausdrücklich als Testamentskopie deklariert war, bedurfte es auch keiner Erörterung der unbestritten gebliebenen Verantwortung des Angeklagten, Gerald P***** den Unterschied zu einem Originaltestament keineswegs verheimlicht zu haben. Wenn der Beschwerdeführer aber unter Zurückgreifen auf seine vom Schöffengericht als unglaubwürdig verworfene Verantwortung diesem Falsifikat bloß den Charakter eines als Diskussionsgrundlage gedacht gewesenen Entwurfes beigemessen wissen will, kritisiert er lediglich in einer unter dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund unzulässigen Weise die erstrichterliche Beweiswürdigung.

Der Beschwerdeeinwand schließlich, der Angeklagte hätte ab dem Erhalt der beiden Sparbücher am 6.Oktober 1993 bis zu der von Gerald P***** veranlaßten Kontensperre am 7.Oktober 1993 wegen eines (für beide vorhersehbaren) Krankenhausaufenthaltes zur Vornahme von Abhebungen gar keine Gelegenheit gehabt, betrifft ebenfalls keinen entscheidungswesentlichen Umstand. Genug daran, daß dem Beschwerdeführer während des erwähnten Zeitraumes die (wenn auch ungenützt gelassene) Möglichkeit zur Behebung der betreffenden Spareinlagen an sich offengestanden ist.

Damit erledigt sich vorweg auch sein Vorbringen in der Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit dem er das Fehlen von Feststellungen darüber vermißt, ob er infolge seines Krankenhausaufenthaltes überhaupt zur Realisierung der Sparbücher zeitlich in der Lage gewesen wäre.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, sachlich zum Teil auch Z 10) versagt aber auch im übrigen.

Soweit der Angeklagte - zum Teil auch im Rahmen der Mängelrüge - behauptet, daß das als Täuschungsmittel verwendete Schriftstück nicht als Beweismittel im Sinne des zweiten Falles der Z 1 des § 147 Abs 1 StGB, sondern als Urkunde nach dem ersten Fall dieser Gesetzesstelle zu beurteilen wäre, ist die Rüge (sachlich Z 10) nicht zu seinem Vorteil ausgeführt, weil die Qualifikationsfälle des § 147 Abs 1 Z 1 StGB rechtlich gleichwertig und demzufolge sanktionslos miteinander vertauschbar sind (Leukauf-Steininger Komm3 § 147 RN 57). Die Beschwerde erweist sich aber auch inhaltlich als unbegründet, weil die (ausdrücklich als solche deklarierte) Fotokopie eines - zudem in Wahrheit gar nicht existierenden - Originaltestamentes nicht den Charakter einer Urkunde besitzt, sondern sehr wohl als Beweismittel im Sinne des § 293 StGB einzustufen ist (vgl Leukauf-Steininger, aaO, RN 10; § 223 RN 19; § 293 RN 3).

Unberechtigt ist ferner der Einwand, die vom Angeklagten zur Täuschung verwendete Testamentskopie, die überdies entgegen der Formvorschrift des § 579 ABGB nur die Unterschrift von zwei Zeugen aufgewiesen habe, stelle wegen ihrer objektiven rechtlichen Bedeutungslosigkeit ein absolut untaugliches Mittel zur Begehung des Betruges dar. Die Frage, ob dem Verhalten des Beschwerdeführers in abstracto Täuschungseignung zukommt, wäre nämlich nur dann zu verneinen, wenn dieses zur Irreführung von vornherein gänzlich ungeeignet gewesen wäre. Davon kann vorliegend jedoch - wie der Geschehnisablauf beweist - keine Rede sein. Das Tatbild des Betruges erfordert kein besonders raffiniertes Vorgehen des Täters, sodaß es unerheblich ist, ob der Getäuschte durch entsprechende Vorsicht den Irrtum hätte vermeiden können.

Davon ausgehend zeigt sich aber, daß dem Bestreben des Angeklagten, Gerhard P***** mittels des - wenn auch formal mangelhaften - Falsifikates das Vorhandensein eines gültigen Originaltestamentes vorzutäuschen und im hiedurch - unter Ausnützung auch seiner Unkenntnis über die Formerfordernisse letztwilliger Verfügungen und über das Erbschaftssteuerrecht (vgl die im § 4 des Endbesteuerungsgesetzes, BGBl 1993/11, ursprüngliche Fassung, enthaltene Steueramnestie) - ein Sparbuch herauszulocken, nach Lage des Falles durchaus objektive Täuschungstauglichkeit zukommt. Daß die Herbeiführung des angestrebten Erfolges (im Faktum 2.) dann in concreto nicht gelang, war lediglich auf den Umstand zurückzuführen, daß P***** durch Einholung von Erkundigungen das Falsifikat als solches aufgedeckt hatte. Auch ein absolut untauglicher Versuch (§ 15 Abs 3 StGB) liegt demnach nicht vor.

Bei dem Täuschungsverhalten des Angeklagten war es bedeutungslos, daß Gerhard P***** tatsächlich keine Verfolgung aus erbschaftssteuerlichen Gründen zu befürchten hatte (vgl abermals die Bestimmung des § 4 des Endbesteuerungsgesetzes), weshalb sich die von der Beschwerde in dieser Hinsicht vermißten Feststellungen als entbehrlich erweisen.

Soweit der Angeklagte jedoch die Eignung des Falsifikates zur Täuschung des Gerald P***** durch Erörterung des Beweiswertes einzelner Verfahrensergebnisse in Zweifel zu ziehen sucht, bekämpft er lediglich unzulässigerweise die erstrichterliche Beweiswürdigung und bringt seine Rechtsrüge damit insoweit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Zu der - in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgeworfenen - Frage der rechtlichen Beurteilung des Urteilssachverhaltes als vollendeter (Punkt 1) bzw versuchter (Punkt 2) Betrug ist im Zusammenhang mit der Feststellung, daß die betreffenden Sparbücher durch Losungswort vinkuliert waren (§ 31 Abs 3 BWG), noch zu bemerken:

Vinkulierte Sparbücher sind zwar nach vorherrschender Rechtsprechung selbst dann keine selbständigen Wertträger, wenn der Täter das Losungswort kennt (Leukauf-Steininger aaO § 127 RN 10, § 146 RN 67), sodaß die angestrebte Bereicherung grundsätzlich erst durch die - betrügerische - Realisierung des Guthabens erreicht werden kann. Im konkreten Fall kommt jedoch der fehlenden Wertträgereigenschaft keine rechtliche Bedeutung zu. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen bestand die durch Täuschung herbeigeführte vermögensschädigende Verfügung des Getäuschten nämlich darin, daß er die Sparbücher dem Angeklagten - an Zahlungs Statt (§ 1414 ABGB) - zur Tilgung der von diesem behaupteten Nachlaßforderung von 600.000 S übergab und damit seine Forderungsrechte aus den Spareinlagen an den Angeklagen zedierte. Dabei ging das Recht aus der Spareinlage mit der Übergabe der Sparurkunden (als sachenrechtlicher Modus) auf den Angeklagten über (vgl Fremuth-Laurer-Linc-Pötzelberger-Ruess MKK BWG §§ 31, 32 RN 12) und schied damit aus dem Vermögen des Getäuschten aus. Bei dieser Sachlage trat demnach der zur Deliktsvollendung erforderliche effektive Verlust an Vermögenssubstanz - unabhängig davon, ob, wann und durch welchen Vorgang eine Verwertung der Spareinlage erfolgen sollte - bereits mit der Übergabe der Sparbücher ein.

Der Sachverhalt wurde somit ungeachtet der Tatsache, daß eine Einlösung der Sparbücher unterblieb, rechtsrichtig als vollendeter (Punkt 1) bzw (mangels Ausfolgung des Sparbuches) als versuchter Betrug (Punkt 2) beurteilt.

Zu einer Vorgangsweise nach § 290 Abs 1 StPO bestand demnach kein Anlaß.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390 a StPO.

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