OGH 14Os85/95

OGH14Os85/958.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.August 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Pesendorfer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mariusz M***** und Czeslaw K***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Czeslaw K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16.März 1995, GZ 5 d Vr 1.556/95-37, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, und des Verteidigers Dr.Ladstätter, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Czeslaw K***** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 5.Februar 1995 in Wien gemeinsam mit dem gleichzeitig abgeurteilten Mariusz M***** - der das Urteil nicht bekämpft - als Mittäter versucht hat, fremde bewegliche Sachen, nämlich stehlenswertes Gut unbekannten Wertes, den Besitzern der Wohnung in 1120 Wien, Breitenfurterstraße Nr 23/10, durch Einbruch mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Czeslaw K***** bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde der Z 9 lit b (der Sache nach auch Z 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO.

Sie versagt.

Das behauptete Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes freiwilligen Rücktritts vom Versuch leitet der Beschwerdeführer prozeßordnungswidrig aus der urteilsfremden Prämisse ab, daß er aus freien Stücken von der Fortsetzung des deliktischen Verhaltens Abstand genommen habe. Dem Urteilssachverhalt zufolge haben jedoch durch die Lärmentwicklung aufmerksam gewordene Hausbewohner die weitere Tatausführung vereitelt, sodaß von einer freiwilligen, das heißt aus eigenem Antrieb erfolgten Aufgabe der Tatausführung keine Rede sein kann. Die in der betreffenden Urteilspassage (US 5) enthaltene Feststellung, daß sich die beiden Täter nach kurzem Abwarten in Sicherheit glaubten, bezieht sich nach dem Kontext auf ihre Annahme, unentdeckt das Haus "fluchtartig" verlassen zu können, und - dem Vorbringen des Verteidigers im Gerichtstag zuwider - nicht darauf, daß bei ihnen trotz des Zwischenfalles gleichwohl die Vorstellung erhalten geblieben wäre, eine dem Tatplan entsprechende Tatvollendung sei noch möglich.

Auch der Vorwurf mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite entbehrt der gesetzmäßigen Darstellung, weil der auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete Vorsatz des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatausführung in den Entscheidungsgründen eindeutig konstatiert ist. Die vom Beschwerdeführer vermißte Aufklärung, ob sich die angeblich ihm gehörigen Küchenkästchen tatsächlich in der fraglichen Wohnung befunden haben, war mangels Entscheidungsrelevanz nicht geboten, weil nach Überzeugung der Tatrichter der Vorsatz des Beschwerdeführers (jedenfalls auch) auf die unrechtmäßige Aneignung fremder beweglicher Sachen gerichtet war (US 6).

Der Einwand, das Erstgericht hätte auf Grund der Aktenlage die Feststellung treffen müssen, daß die vom inkriminierten Tatgeschehen betroffene Wohnung seit ca zwei Monaten unbewohnt war, betrifft gleichfalls keinen für die rechtliche Beurteilung bedeutsamen Umstand. Allein entscheidungswesentliches Kriterium, ob einem Raumgebilde die Eignung als vom Schutzbereich des § 129 Z 1 StGB umfaßte "Wohnstätte" zukommt, ist dessen - im vorliegenden Falle unzweifelhaft zu bejahende - bestimmungsgemäße Funktion, der allenfalls auch nur vorübergehenden Befriedigung des Wohnbedürfnisses zumindest einer Person zu dienen (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 109 RN 3, 4); daß diese Zweckbestimmung in concreto nicht zum Tragen kam, ist ohne Bedeutung, weshalb die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung verwendete mißverständliche Formulierung, daß "die Besitzer der Wohnung Nr 10 diese als Wohnung benutzten" (US 8), auf sich beruhen kann.

Verfehlt ist schließlich auch die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, daß der ihm angelastete Diebstahlsversuch angesichts fehlender Diebstahlsobjekte in der leerstehenden Wohnung wegen absoluter Untauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) nicht strafbar sei. Absolut untauglich ist ein Versuch, wenn die Vollendung der Tat unter keinen Umständen möglich war, es also - sei es wegen der Untauglichkeit des Subjekts, der Handlung oder des Objekts - auch bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten (abstrakten) Betrachtungsweise geradezu denkunmöglich ist, daß er zur Vollendung der Tat führen könnte (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 15 RN 28 ff). Zur vom Beschwerdeführer angestrebten Annahme eines absolut untauglichen Diebstahlsversuches wegen Untauglichkeit des Objektes reicht es demzufolge nicht aus, daß sich die erhoffte Beute zur Tatzeit zufällig nicht am Tatort befunden hat, weil die Wohnung vorübergehend unbenutzt war. Ein Einbruch in eine solche (in der Regel als Diebstahlsobjekte in Frage kommende Gegenstände enthaltende) Wohnung bewirkt vielmehr nur eine relative Untauglichkeit (und damit Strafbarkeit) des Versuchs, weil er bloß infolge der akzidentiellen Umstände des Einzelfalles gescheitert ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung nahm das Erstgericht nur Milderungsgründe an, nämlich das Geständnis und den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten sowie den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist. Es verhängte über ihn nach § 129 StGB sieben Monate Freiheitsstrafe, die es für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Die dagegen, auf eine Herabsetzung des Strafausmaßes gerichtete Berufung des Angeklagten ist unbegründet, weil der Schöffensenat die Strafbemessungsgründe richtig und vollständig aufgezählt, aber auch ihrem tatsächlichen Gewicht entsprechend bewertet hat und der Berufungswerber dem nichts Entscheidendes entgegenzusetzen vermag.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht ist in § 390 a StPO begründet.

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