OGH 12Os83/95(12Os108/95)

OGH12Os83/95(12Os108/95)3.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.August 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Tschugguel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael G***** und Alice D***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Alice D***** sowie die Berufung des Angeklagten Michael G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.Feber 1995, GZ 6 d Vr 10.936/94-18, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Michael G***** gegen den zugleich mit diesem Urteil gefaßten Widerrufsbeschluß (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch betreffend die Angeklagte Alice D***** einschließlich der Verlängerung der Probezeit zur bedingten Strafnachsicht laut Vorverurteilung zu AZ 18 U 243/94 des Jugendgerichtshofes Wien aufgehoben und die Strafsache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Berufung der Angeklagten Alice D***** "wegen Schuld" wird zurückgewiesen.

Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe wird die Angeklagte Alice D***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Über die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten Michael G***** wird - soweit sich im zweiten Rechtsgang nicht erneut die Voraussetzungen des § 296 Abs 1 StPO ergeben - das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Michael G***** und Alice D***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG - letztere auch in Form des Versuches nach § 15 StGB -, Michael G***** als Beitragstäter nach § 12 (dritter Fall) StGB (I/A), ferner beide Angeklagten des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (I/B) und des Vergehens des versuchten Betruges nach §§ 15, 146 StGB (II) schuldig erkannt und der Erstangeklagte zu zwölf Monaten, die Zweitangeklagte zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Bei Michael G***** wurde eine bedingte Strafnachsicht widerrufen, bei Alice D***** vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht abgesehen, die Probezeit jedoch auf fünf Jahre verlängert.

Hinsichtlich der Zweitangeklagten führte das Schöffengericht - im Gegensatz zu dem keine bedingte Strafnachsicht enthaltenden Urteilsspruch - in den Entscheidungsgründen (US 11) aus: "Da zu erwarten ist, daß Alice D***** sich in Zukunft unter dem Eindruck der Drohung der ausgesprochenen Strafe weiterer strafbarer Handlungen enthalten wird, wobei insbesondere nach Rechtskraft mit der Weisung einer Behandlung ihrer Suchtgiftergebenheit nachzugehen, vorzugehen sein wird, war von der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB Gebrauch zu machen".

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Strafausspruch richten sich die aus Z 3 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufung der Alice D***** und die Berufung des Michael G*****, welcher außerdem (ausdrücklich) Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß erhob.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Die Beschwerdeführerin macht nämlich (dem Sinn nach) zutreffend geltend, daß das Strafurteil - indem es einerseits im Urteilsspruch keine bedingte Strafnachsicht vorsieht, andererseits in den Entscheidungsgründen für die Anwendung des § 43 Abs 1 StGB detaillierte Argumente ins Treffen führt - entgegen der mit Nichtigkeitssanktion ausgestatteten Vorschrift des § 260 Abs 1 Z 3 StPO widersprüchliche Angaben zur - hier ausdrücklich aktualisierten - Frage der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB enthält (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 260 ENr 98).

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil im Strafausspruch betreffend die Beschwerdeführerin einschließlich des Beschlusses auf Verlängerung der Probezeit aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang aufzutragen, wobei - hinsichtlich der Strafhöhe und des Absehens vom Widerruf - das Verschlimmerungsverbot (§§ 290 Abs 2, 293 Abs 3, 295 Abs 2 StPO) zu beachten sein wird.

Die von der Zweitangeklagten angemeldete, im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten jedoch nicht vorgesehene Berufung "wegen Schuld" war zurückzuweisen.

Mit ihrer Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe war sie auf diese Entscheidung zu verweisen.

Über die vom Angeklagten Michael G***** ergriffene Berufung gegen den Strafausspruch und seine Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß wird - ausgenommen den Fall des § 296 Abs 1 StPO und daher zweckmäßigerweise nach der die Angeklagte D***** betreffenden partiellen Verfahrenserneuerung - das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

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