OGH 11Os61/95

OGH11Os61/9525.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Juli 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Dr.Holzweber und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Tschugguel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz Günter F***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Ried im Innkreis vom 9.März 1995, GZ 7 Vr 523/94-48, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Fabrizy, und des Verteidigers Dr.Leeb, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Franz Günter F***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 22.Juli 1994 in Braunau am Inn seinen Sohn Volker Michael F***** durch einen Herzstich tötete.

Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage 1 in Richtung des Verbrechens des Mordes mit einer Gegenstimme und verneinten die Zusatzfrage 5 in Richtung Zurechnungsunfähigkeit sowie die Zusatzfrage 6 in Richtung Notwehr bzw Notwehrüberschreitung jeweils stimmeneinhellig. Die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 1 gestellten Eventualfragen 2 (§ 76 StGB), 3 (§§ 83 Abs 1, 87 Abs 2 StGB) und 4 (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1, 86 StGB) sowie die für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage 6 gestellte Eventualfrage 7 (§ 81 Z 1 StGB) ließen die Geschworenen im Einklang mit den ihnen hiezu erteilten Instruktionen unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Die auf die Gründe der Z 6 und 9 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz Günter F***** ist teils nicht berechtigt, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Gestützt auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung an die Geschworenen, weil die vom Schwurgerichtshof gestellte Hauptfrage nicht dem Anklagetenor (Tötung durch einen "Herzstich") entspräche, sondern zusätzlich auf die Verwendung eines Messers als Tatwaffe abstellte.

Nach § 312 Abs 1 StPO ist die Hauptfrage darauf gerichtet, ob der Angeklagte schuldig ist, die der Anklage zugrunde liegende strafbare Handlung begangen zu haben. Dabei sind alle gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung in die Frage aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat nach Ort, Zeit und Gegenstand soweit beizufügen, als es (ua) zur deutlichen Bezeichnung der Tat notwendig ist. Der Schwurgerichtshof ist zwar bei der Fragestellung an die Anklageschrift gebunden, muß aber den Anklagetenor in der Hauptfrage nicht wortgetreu wiedergeben. Abweichungen der Hauptfrage vom Anklagetenor durch Aufnahme eines bloß in der Begründung der Anklage erwähnten Tatumstandes (37/II), die - wie im vorliegenden Fall - nur der Konkretisierung, dh der deutlicheren Bezeichnung der Tat dienen und weder den gesetzlichen Tatbestand noch die Identität der Tat berühren, sind somit zulässig (vgl Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 312 E 10 ff). Dem Beschwerdevorbringen zuwider entspricht daher die vom Schwurgerichtshof spezialisierte Hauptfrage den Kriterien des § 312 StPO.

Darüber hinaus reklamiert der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Niederschrift der Geschworenen eine Undeutlichkeit des Wahrspruches (Z 9), weil sich die Geschworenen bei der Antwort auf die Zusatzfrage 6 (nach Notwehr bzw Notwehrüberschreitung) auch auf "Zeugenaussagen" stützten, obgleich bei der Tat außer dem Angeklagten und dem Getöteten keine weitere Person anwesend war.

Der Beschwerdeführer übersieht, daß der letztgenannte Nichtigkeitsgrund ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden kann, nicht aber aus der gemäß § 331 (3) StPO zu verfassenden Niederschrift Erwägungen, von denen sich die Geschworenen leiten ließen, sind kein Gegenstand der Antwort der Geschworenen. Sie können daher weder im Rahmen der Z 9 noch eines anderen Nichtigkeitsgrundes erörtert und wegen Undeutlichkeit, Unvollständigkeit oder eines inneren Widerspruches angefochten werden (Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 345 Z 9, E 6, 7, § 331 E 10 ff). Er bringt solcherart den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil er eine undeutliche, unvollständige oder in sich widersprüchliche Antwort der Geschworenen auf die gestellten Fragen, also sich aus dem Wahrspruch selbst ergebende Mängel gar nicht behauptet, sondern solche aus dem Vergleich des Wahrspruches mit dem Inhalt der Niederschrift der Geschworenen abzuleiten trachtet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB eine Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren und ordnete gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen die abnorme Persönlichkeit des Angeklagten und die der Tat vorangegangene Provokation.

Auch der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafreduktion anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Geschworenengericht im wesentlichen vollständig festgestellt und auch zutreffend gewertet. Die Berufung übersieht in ihren Einwänden, daß das Vorleben des Angeklagten bereits durch eine Vielzahl einschlägiger Vorverurteilungen belastet ist. Der Umstand, daß gleichzeitig auch die Unterbringung in einer Anstalt nach § 21 Abs 2 StGB ausgesprochen wurde, kann - der Beschwerdeauffassung zuwider - bei der Strafausmessung nicht zugunsten des Angeklagten Berücksichtigung finden.

Auf der Basis der vorliegenden Strafzumessungsgründe wurde die vom Geschworenengericht ausgesprochene Freiheitsstrafe nicht überhöht festgesetzt. Daran ändert auch der Hinweis des Berufungswerbers auf sein Alter von 55 Jahren nichts. Die verhängte Strafe entspricht der personalen Täterschuld und dem Unwert der Tat.

Es mußte darum auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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