Spruch:
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Karl Heinz G***** wurde am 18.Jänner 1995 um 8.45 Uhr wegen des Verdachtes des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch und anderer strafbarer Handlungen von Beamten der Bundespolizeidirektion Steyr auf Grund eines vom Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Steyr mündlich erteilten Haftbefehles festgenommen und am selben Tag um
11.20 Uhr in die Justizanstalt Steyr eingeliefert (S 6, 111).
Im Zuge der Vernehmung durch den Untersuchungsrichter nach § 179 Abs 1 StPO, die am 19.Jänner 1995 stattfand, wurde im Hinblick auf eine über den Beschuldigten vom Landesgericht Steyr zum AZ 11 Vr 293/94 rechtskräftig ausgesprochene Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die er sogleich antreten wollte, von der Verhängung der Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 4 StPO Abstand genommen (S 117 und ON 9). Dieser Beschluß wurde der Justizanstalt Steyr am 23.Jänner 1995 zugestellt (RS zu ON 9).
Am 24.Mai 1995 wurde Karl Heinz G***** im gegenständlichen Verfahren zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (ON 52, 58).
Gegen dieses Urteil erhob G***** die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, über die noch nicht entschieden wurde.
Am 3.Juli 1995 teilte die Justizanstalt Steyr dem Landesgericht Steyr zum AZ 11 Vr 23/95 mit, daß Karl Heinz G***** die in Vollzug gesetzte zehnmonatige Freiheitsstrafe "gemäß § 3 Amnestie 1995 mit 3.Juli 1995 8 Uhr verbüßt" habe und "daher ab dieser Zeit ... wieder in Untersuchungshaft übernommen" worden sei (ON 55).
Nach der Aktenlage ist Karl Heinz G***** nach wie vor in Haft.
Rechtliche Beurteilung
Die unmittelbar beim Obersten Gerichtshof eingebrachte Grundrechtsbeschwerde richtet sich gegen die Anhaltung in Haft während der Zeit vom 19.Jänner 1995 bis zum 23.Jänner 1995 und seit dem 4.Juli 1995 mit der Begründung, daß dieser Anhaltung "in Untersuchungshaft" keine entsprechende gerichtliche Verfügung zugrunde liegt.
Die Grundrechtsbeschwerde ist unzulässig.
Gemäß § 1 GRBG steht dem Betroffenen dann eine Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu, wenn er durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung nach Erschöpfung des Instanzenzuges in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt ist. Nach § 2 dieses Gesetzes liegt eine Grundrechtsverletzung dann vor, wenn in den (demonstrativ) aufgezählten Fällen oder auch sonst bei einer Festnahme und Anhaltung das Gesetz unrichtig angewendet (Abs 1) oder wenn die eine Freiheitsbeschränkung beendende gerichtliche Entscheidung oder Verfügung zu spät getroffen wurde.
Daraus folgt, daß Beschwerdegegenstand nur ein richterlicher Akt sein kann, der für eine Freiheitsbeschränkung oder Anhaltung ursächlich war (13 Os 229/93 mit weiteren Judikaturhinweisen), und sei es auch nur in der Weise, daß er als die Freiheitsentziehung beendender zu spät getroffen wurde. Eine solche richterliche Verfügung, gegen die sich eine Grundrechtsbeschwerde wenden könnte, wurde im vorliegenden Fall aber nicht gesetzt. Zwar erfolgte die Festnahme des Beschwerdeführers auf Grund eines richterlichen Haftbefehles (der nicht Gegenstand der Grundrechtsbeschwerde ist), doch verlor dieser mit der Vorführung vor dem Untersuchungsrichter (§ 179 Abs 1 StPO) seine Wirksamkeit. Die Entscheidung, von der Verhängung der Untersuchungshaft Abstand zu nehmen, um statt dessen - mit Einwilligung des Betroffenen - eine bereits rechtskräftig gewordene Strafhaft in Vollzug zu setzen, entspricht dem Gesetz (§ 180 Abs 4 StPO) und hatte zur Folge, daß die Anhaltung des Beschwerdeführers nach der untersuchungsrichterlichen Einvernahme bereits als Strafhaft anzusehen ist, ungeachtet dessen, daß die Justizanstalt Steyr den Beginn dieses Strafvollzuges erst mit 23.Jänner 1995 datierte. Nach dem klaren Wortlaut des § 1 Abs 2 GRBG aber kann der Vollzug von Freiheitsstrafen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen mit einer Grundrechtsbeschwerde nicht angefochten werden.
Was nun die über den 3.Juli 1995 hinausgehende weitere Anhaltung des Beschwerdeführers anlangt, so ist ihm zuzugeben, daß eine hiefür erforderliche Verhängung der Untersuchungshaft unterblieb. Damit mangelt es aber an einer mit einer Grundrechtsbeschwerde bekämpfbaren gerichtlichen Verfügung. Bei der hier gegebenen Fallkonstellation wäre eine Grundrechtsbeschwerde allenfalls nach einem - vom Betroffenen selbst (etwa durch einen Enthaftungsantrag) herbeizuführenden - Gerichtsentscheid entweder nach dessen erfolgloser Bekämpfung oder unter dem Aspekt einer verspäteten Enthaftung (§ 2 Abs 2 GRBG) möglich.
Das Fehlen einer solchen Entscheidung bewirkt jedoch die Unzulässigkeit der erhobenen Grundrechtsbeschwerde, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)